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Umweltgifte könnten EMS bei Pferden begünstigen
14.02.2019 / News

An der Entstehung von EMS könnten auch Umweltgifte – sogenannte endokrine Disruptoren, die den Hormonhaushalt stören – beteiligt sein.
An der Entstehung von EMS könnten auch Umweltgifte – sogenannte endokrine Disruptoren, die den Hormonhaushalt stören – beteiligt sein. / Symbolfoto: Archiv

Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt, dass hormonaktive Substanzen in der Umwelt – sogenannte endokrine Disruptoren – bei der Entstehung des gefürchteten ,Equinen Metabolischen Syndroms' (EMS) beteiligt sein könnten.


Das Equine Metabolische Syndrom ist ein immer häufiger diagnostiziertes Krankheitsbild, das auf eine Störung des Energiestoffwechsels zurückzuführen ist. Typische Symptome einer EMS-Erkrankung sind Fettleibigkeit (Adipositas), Insulinresistenz und Hufrehe – die gesundheitlichen Folgen sind oft dramatisch. Als Ursachen für EMS werden meist ein Übermaß an Futter und ein Mangel an Bewegung angeführt, im Wesentlichen also die Folgen der vom Menschen vorgegebenen Haltungsbedingungen.

Eine aktuelle Untersuchung aus den USA weist nun auf einen bislang wenig beachteten Faktor im Zusammenhang mit EMS hin: An der Entstehung der gefürchteten Erkrankung könnten sogenannte ,endokrine Disruptoren' (EDCs = endocrine-disrupting chemicals) beteiligt sein – also Chemikalien, die das Hormonsystem stören und die in zahlreichen synthetisch hergestellten Materialien (z. B. in Pestiziden, Lösungsmitteln, Plastikflaschen, Kosmetikbehältern etc.) enthalten sind.

Durch eine Vielzahl von Studien ist mittlerweile belegt – und auch seitens der Welt-Gesundheits-Organisation WHO anerkannt – dass EDCs bei Mensch und Tier zu einer Reihe von schweren Schädigungen und Erkrankungen führen können, etwa zu hormonsensitiven Krebserkrankungen, metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Unfruchtbarkeit, neuronalen Entwicklungsstörungen usw. Besonders gefährdet sind Embryonen, Föten und Kinder. EDCs sind stark in der Umwelt verbreitet und entfalten im Körper von Menschen und Tieren eine hormonähnliche Wirkung, wodurch das natürliche Hormonsystem verändert und die Gesundheit nachhaltig geschädigt werden kann.

EDCs werden meist mit der Nahrung aufgenommen – und das dürfte, wie die aktuelle Studie zeigt, auch bei Pferden der Fall sein: Sie nehmen die Umwelthormone vermutlich mit dem Futter zu sich – und zwar, je nach Belastungsgrad der Region, in unterschiedlicher Intensität und Menge. „Beim Erscheinungsbild von EMS gibt es erhebliche Umweltschwankungen, die nicht durch die bislang erhobenen Faktoren wie Ernährung, Bewegung oder Jahreszeit erklärt werden können – und das lässt darauf schließen, dass auch andere Umweltfaktoren an der Entstehung von EMS beteiligt sind. Wie wir wissen, sind endokrine Disruptoren (EDCs) mit dem metabolischen Syndrom und anderen hormonellen Anomalien beim Menschen verbunden – und das hat uns zur Hypothese geführt, dass EDCs auch im Blut von Pferden nachweisbar sind und eine Rolle bei der Entwicklung von EMS spielen können", so die Wissenschaftler.

Um diese Hypothese zu überprüfen, haben die Forscher Blutproben von insgesamt 301 Pferden auf 32 Reitställen bzw. Gestüten in den USA und in Kanada labortechnisch analysiert. Sie konzentrierten sich dabei auf Welsh Ponys und Morgan Horses, da diese beiden Rassen häufiger an EMS erkranken als andere. Die Forscher sammelten zudem umfassende Daten zum ,Lebensstil' der Pferde, also zu Haltung, Ernährung, Bewegung, zur Krankheitsgeschichte und der unmittelbaren Lebensumgebung. Die EDCs im Blut wurden über ihre Auswirkungen auf bestimmte Rezeptoren (Östrogen/EEQ und Aryl-Hydrocarbon-Rezeptoren/TEQ) nachgewiesen. Gleichzeitig wurde ermittelt, ob die Blutbilder der einzelnen Pferde (einschließlich Insulin und Glucose im Ruhezustand sowie nach Verabreichung einer definierten Glucosemenge) mit jenem von EMS-Pferden übereinstimmten bzw. wesentliche Gemeinsamkeiten zeigten. Das Forscherteam analysierte sämtliche Ergebnisse, um nach Korrelationen zwischen den EDC-Konzentrationen im Blut und den anderen Variablen zu suchen.

Und tatsächlich konnte man starke Indizien für derartige Korrelationen nachweisen: „Wir konnten zeigen, dass EDCs im Blut von Pferden vorhanden sind und einige der Umwelt-Variablen erklären könnten, die bei EMS nachgewiesen wurden. Dies ist das erste Beispiel für EDCs, die mit der klinischen Erscheinungsform von EMS bei Haustieren in Verbindung gebracht werden können", so die Wissenschaftler zusammenfassend. Studien-Autorin Prof. Dr. Molly McCue sprach sogar von einem „entscheidenden Element in einem sehr komplizierten Puzzle". Und ihre Kollegin Dr. .Kelly Diehl fügte hinzu: „Je mehr wir über eine Krankheit – insbesondere über eine so verheerende und unheilbare wie EMS – wissen, desto mehr können wir innovative finden, um sie zu verhindern."

Es ist dies die erste Studie, in der mögliche Zusammenhänge zwischen EDCs und bestimmten Krankheiten bei Haustieren untersucht wurden. Prof. Dr. McCue meinte abschließend, dass es noch abzuwarten sei, wie bedeutend dieser Zusammenhang tatsächlich ist – sie hofft aber, dass weitere Studien das wissenschaftliche Verständnis verbessern und die tierärztliche Betreuung von Pferden voranbringen können.

Die Studie „Associations between endocrine disrupting chemicals and equine metabolic syndrome phenotypes" von S.A. Durward-Akhurst, N.E. Schultz, E.M. Norton, A.K. Rendahl, H. Besselink, P.A. Behnisch, A. Brouwer, R.J. Geor, J.R. Mickelson und M.E. McCue ist in der Zeitschrift ,Chemosphere' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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