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Pferd brach sich Bein nach Kastrations-OP: Tierarzt nicht schadenersatzpflichtig
18.02.2019 / News

Für einen Tierarzt gelten andere Aufklärungspflichten als für Humanmediziner, wie das OLG Dresden in seinem aktuellen Erkenntnis festhielt.
Für einen Tierarzt gelten andere Aufklärungspflichten als für Humanmediziner, wie das OLG Dresden in seinem aktuellen Erkenntnis festhielt. / Foto: Archiv/Petr Blaha

In einem langjährigen Rechtsstreit hat das OLG Dresden nun entschieden, dass der Besitzer eines nach einer Kastrations-OP verunglückten Pferdes keinen Anspruch auf Schadenersatz hat – da für Tierbesitzer andere Aufklärungspflichten anzuwenden sind als für Menschen.

 

Am 1. Oktober 2013 wurde beim Pferd R. an der von den Beklagten betriebenen Tierklinik eine Kastrationsoperation unter Narkose durchgeführt worden. In der Aufwachphase kam das operierte Pferd jedoch zu Sturz und brach sich dabei ein Bein – es musste eingeschläfert werden. Der Kläger hatte daraufhin gegen die Tierklinik geklagt – man hätte ihn nicht über das Risiko einer möglichen Fraktur nach der Kastrations-OP informiert, dadurch hätte die Klinik ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem tierärztlichen Behandlungsvertrag verletzt, so das Klagsbegehren, dem das Landgericht Dresden in erster Instanz auch folgte.

Gegen dieses Urteil legte die verurteilte Tierklinik Berufung ein – und bekam nun vom Oberlandesgericht Dresden auch Recht: Die Schadenersatz-Forderung des Pferdebesitzers wurde abgewiesen. Im Kern verwies das OLG Dresden in seinem Urteil (4 U 1028.18) darauf, dass die Grundsätze, die für die Aufklärungspflichten der Humanmediziner gegenüber ihren Patienten gelten, nicht in gleicher Weise für den Tierarzt gegenüber seinem Auftraggeber anwendbar sind. Dazu das OLG: „Die Grundsätze über Art und Umfang der humanärztlichen Aufklärungspflicht können dabei nicht ohne weiteres auf den tiermedizinischen Bereich übertragen werden, da das Selbstbestimmungsrecht des Patienten in der Tiermedizin keine Rolle spielt. Zudem unterscheidet sich die wirtschaftliche und rechtliche Zweckrichtung in der Tiermedizin maßgeblich von der im Bereich der Humanmedizin, da sie sich nach wirtschaftlichen Erwägungen richten muss, die in der Humanmedizin im Rahmen des Möglichen zurückzustellen sind."

Die Tierklinik habe dem Pferdebesitzer vor der Operation ein Informationsblatt „Aufklärung über Narkose- und Operationsrisiken" übergeben, dies sei ein ausreichender Hinweis, so das OLG Dresden: „Zum einen gehört die Aufwachphase auch zur Narkose und stellen sich die hier auftretenden Risiken dem Sachverständigen zufolge noch als allgemeine Narkoserisiken dar, die sich beim Pferd als Fluchttier in dieser Phase häufiger verwirklichen als bei anderen Tieren. Selbst wenn das pferdespezifische Risiko, in der Aufwachphase eine Fraktur zu erleiden, nicht als allgemeines Narkoserisiko anzusehen wäre, hätten die Beklagten aber keine weitergehende Aufklärung geschuldet." Es wäre stattdessen beim Pferdebesitzer gelegen, von sich aus nach einer weiteren Beratung bzw. Aufklärung zu fragen – was jedoch unterblieben ist.

Und weiter heißt es: „Schließlich war eine Aufklärung über das Frakturrisiko in der Aufwachphase auch deshalb nicht geschuldet, weil es nach dem Sachverständigengutachten ohnehin sehr gering war. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten angegeben, dass die perioperative Todesrate bei Routineoperationen des Pferdes ausweislich einer Studie bei 0,9 % liegt. In lediglich 23 % dieser Fälle (= 0,207 %) habe sich das Pferd eine Fraktur in der Aufwachphase zugezogen. Es erscheint daher aus Sicht der Beklagten auch wenig plausibel, dass dieses Risiko bei der Entscheidung des Klägers eine ausschlaggebende Rolle gespielt hätte, zumal der Kläger für die Beklagten erkennbar ein Interesse an der Durchführung der Kastration des Hengstes hatte." Auch über den postoperativen Ablauf und insbesondere die Unterlassung der Verwendung von Aufstehhilfen musste der Kläger nicht aufgeklärt werden, wie das OLG festhielt.

Nachdem die gesamte Operation samt Nachbetreuung ordnungsgemäß durchgeführt worden war, konnte keine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt werden. Der Pferdebesitzer habe daher keinen Anspruch auf Schadenersatz, sondern muss auch noch die in Rechnung gestellten Operationskosten zahlen, wie das OLG abschließend festhält: „Der Tierarztvertrag unterliegt als Behandlungsvertrag Dienstvertragsrecht. Der Zahlungsanspruch ist nicht vom Erfolg der Operation abhängig."

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