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Tradition mit Zukunft: Bogenschießen zu Pferd
18.03.2019 / News

Oberstes Ziel der ,Kassai Horseback Archery
Oberstes Ziel der ,Kassai Horseback Archery' ist die Einheit von Pferd, Bogen und Reiter. / Foto: Philipp Broos
Im Wettkampf ist die drehbare Zielscheibe 9 m links vom Reiter platziert.
Im Wettkampf ist die drehbare Zielscheibe 9 m links vom Reiter platziert. / Foto: Philipp Broos
Der Bogenschütze muss sowohl gerade nach vorne, als auch zur Seite und nach hinten schießen können.
Der Bogenschütze muss sowohl gerade nach vorne, als auch zur Seite und nach hinten schießen können. / Foto: Philipp Broos

Bogenschießen zu Pferd ist eine jahrtausendealte asiatische Tradition, die vor rund 30 Jahren vom Ungarn Lajos Kassai wiederentdeckt und als moderne Sportart neu belebt wurde. Die Kassai Horseback Archery School gibt es mittlerweile in mehreren Ländern, darunter auch Österreich.

 

Die Kassai Horseback Archery School in Österreich ist eine von mehreren Kassai-Schulen, die es weltweit gibt. Zuerst war Bogenschießen zu Pferd eine alte ungarische Tradition, welche für den Kampf entwickelt wurde. Später hat der Ungar Lajos Kassai einen modernen Sport daraus gemacht und solche Schulen gegründet. Dieser Gründungsprozess fand in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts statt, die österreichische Schule wurde im Jahr 2002 gegründet. Kassai war zuerst Bogenbauer und lernte von Archäologen, die aus den Resten der in Hunnengräbern gefundenen Reiterbögen Modelle schufen, wie sie einst aussahen. Seither baut er sie mit anderen, moderneren Materialien, aber in alter Form nach. Die Kassai-Schule in Österreich steht unter der Leitung von Johannes Fischnaller. Johannes traf Lajos erstmals auf den ersten internationalen „Horseback Archery Festivals“ und bekam von ihm das Angebot, bei ihm in Ungarn zu lernen. „So wurde ich selbst berittener Bogenschütze. Ich hatte endlich gefunden, was ich lange gesucht hatte, ohne es zu wissen: die Einheit von Pferd, Bogen und Reiter“ (Johannes Fischnaller). Aktuell gibt es 11 Kassai-Schulen in Ungarn,  der Slowakei und Österreich. Die Schulanlagen bestehen in der Regel aus einem Schießplatz, wo das Schießen am Boden geübt wird, dazu kommen ein Reitplatz und eine Wettkampfbahn. Auch die Pferde werden auf den Anlagen untergebracht, sie stehen in den meisten Schulen auf Weiden, da ein großer Auslauf wichtig ist, um sie entspannt zu halten.

Mensch und Pferd
Besonders wichtig beim berittenen Bogenschießen ist die Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Man muss sich auf sein Pferd verlassen können, und das Pferd soll sich auch auf den Reiter verlassen. Der Reiter sollte äußerst geschickt sein und ein gutes Gleichgewichtsgefühl entwickeln. Bogenschießen vom Pferd kann man mit allen Pferderassen ausüben; wichtig ist aber ein gut ausgebildetes Tier, das auch Interesse und Spaß beim Sport zeigen sollte. Zudem erwartet der Reiter von seinem Pferd Intelligenz, Achtsamkeit, und Respekt.

Ausbildung in Österreich
Der angehende Bogenschütze hat die Aufgabe, ständige Aufmerksamkeit oder „Achtsamkeit“ zu entwickeln. Man muss „mit dem ganzen Körper denken“ können. Die nötigen Fertigkeiten werden erlernt und so lange geübt, bis man sich ihrer bedienen kann, ohne daran denken zu müssen. Ohne intensives Training ist die notwendige Harmonie zwischen Reiter, Pferd und Bogen nicht zu erreichen.

Am Anfang lernt man zunächst einmal das Bogenschießen und Reiten getrennt. Ein gut aufgebautes Trainingssystem mit verschiedenen Prüfungen hilft den Schülern dabei, ihren Weg konsequent und sicher zu gehen. So gibt es aufbauende Prüfungen für das Bogenschießen am Boden, Reiten ohne Sattel und Bogenschießen vom Pferd aus. Danach kann man auf der Wettkampfbahn die verschiedenen Schülergrade erreichen.

Zudem gibt es auch noch drei Prüfungen für die Anfänger.  In der ersten Prüfung wird von den Schülern das Können ohne Pferd unter Beweis gestellt, mit dem Schwerpunkt Aufmerksamkeit. Bei der zweiten Prüfung muss der Schüler anhand von Manövern ohne Sattel und mit einhändiger Zügelführung sein reiterliches Können beweisen. In der dritten Prüfung wird dann Reiten und Bogenschießen kombiniert mit einer gewissen Schussanzahl innerhalb einer Zeitangabe. Dieser Stoff für die drei Prüfungen kann je nach Training in 10 bis circa 20 Monaten gelernt werden.

Die Kassai Horseback Archery School in Österreich bietet neben dem normalen Training auch Camps für Kinder, Erlebnis-Nachmittage, Vorführungen und vieles mehr an.

Equipment
In der Kassai-Tradition gibt es verschiedenste Arten von Bögen. Jede Art hat ihre eigene Herkunft und Geschichte. Sehr häufig werden die Bögen der Steppenvölker verwendet, wie z. B. Skythische, Hunnische, Awarische, Ungarische, Mongolische, Türkische, etc. Dazu gehören die meist bunt verzierten Köcher aus Leder, welche die Pfeile enthalten. Die meisten Schützen tragen den Köcher am Körper. Allerdings nimmt der Schütze sich vor dem ersten Schuss eine gewisse Anzahl an Pfeilen senkrecht in die bogenführende Hand, damit er in möglichst kurzer Zeit zum nächsten Pfeil greifen kann. Der Rekord von Lajos Kassai lag bei 13 Pfeilen im Ziel in einer Zeit von unter 20 Sekunden. Die Pfeile bestehen aus Holz, Aluminium oder Carbon. Die Steppenreiter von einst schossen meist auf Distanzen zwischen 25 und 50 Metern, aber auch weit größere Schussweiten waren möglich.

Wettkampf
Von Frühling bis Herbst finden jährlich die Wettkämpfe statt, die nach gewissen Bedingungen und Regeln ausgeführt werden. Besonders wichtig ist dabei der freundliche Umgang mit den Mitmenschen und die exakte Einhaltung der Regeln. Seit neuerem ist es auch für Nicht-Mitglieder der Kassai-Schule möglich, einen Platz auf der Weltrangliste zu bekommen. Allerdings müssen dabei die allgemein gültigen Regeln beachtet und eingehalten werden. Jeder, der über eine regelkonforme Wettkampfbahn verfügt und die Regeln beherzigt, darf Wettkämpfe veranstalten, deren Ergebnisse auf die Weltrangliste kommen. Dieses Jahr wird es 38 Wettkämpfe weltweit geben, in Ungarn, der Slowakei, Österreich, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Südafrika, Kanada und den USA.

Der Wettkampf findet auf einer dafür vorgesehenen Bahn statt. Die Bahn ist eine gerade Strecke von genau 99 m und am Anfang und am Ende mit einem Lichtschranken ausgestattet, der für eine genaue Zeitmessung verantwortlich ist. In der Mitte der Strecke, 9 m nach links versetzt, befindet sich die drehbare Zielscheibe. Aufgabe ist es, diese Strecke im Galopp zu durchreiten und dabei möglichst viele Pfeile auf die Zielscheibe zu bringen – in einer Zeit von unter 20 Sekunden. Damit dies möglich ist, dreht sich die Zielscheibe mit dem Schützen mit. Der Schütze muss sowohl gerade nach vorne, als auch zur Seite und nach hinten schießen können. Das Wettkampfjahr der Kassai-Schule schließt im Oktober mit der Veröffentlichung der Weltrangliste. Ähnlich wie bei anderen Pferde-Wettbewerben werden auch hier die Prüfungen von einem Richter abgenommen. Am Vorabend der Wettkämpfe findet das Abschlusstraining für die Teilnehmer des nächsten Tages statt. Kriterien für die Zulassung sind weder Kleidung, Schießstil noch zu erwartende Punktezahlen, sondern allein die Qualität der Zusammenarbeit des Mensch-Pferd-Teams.

Übrigens: Im Film „Ostwind – Aris Ankunft“, der seit Ende Februar in unseren Kinos läuft, ist das Bogenschießen vom Pferd ein zentrales Thema. Der Trainer der Hauptdarstellerin Luna Paiano war Johannes Fischnaller, der Leiter der österreichischen Kassai Schule.

Infos und Veranstaltungen
Die Kassai Schule Österreich bietet laufend Kurse und Veranstaltungen zum Thema Bogenschießen vom Pferd und Natural Horsemanship an. Von 23.–24. März 2019 findet das nächste Seminar statt, in dem die Teilnehmer die wichtigsten Grundlagen zum Bogenschießen vom Pferd lernen. Das Seminar behandelt Techniken, Waffenlehre, dem Beziehungsaufbau zwischen Mensch und Pferd und letzten Endes auch das Bogenschießen vom Pferd. Die Kosten für den Wochenendkurs liegen bei knapp 330,– Euro (Unterkunft und Verpflegung sind im Seminarpreis nicht enthalten).

Weitere Infos zu der Schule und ihren Angeboten gibt’s auf www.kassai.at.

Philipp Broos

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