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Zustand nicht akzeptabel: Deutschland sucht Auswege aus dem Wolf-Dilemma
15.04.2019 / News

Die Rückkehr des Wolfs stellt viele Nutztierhalter vor gravierende Probleme.
Die Rückkehr des Wolfs stellt viele Nutztierhalter vor gravierende Probleme. / Symbolfoto: Fotolia

Bei einer Diskussionsveranstaltung Ende April wollen deutsche Pferdezuchtverbände offen die Probleme ansprechen, die für Pferde- und Nutztierhalter durch die Rückkehr des Wolfs in Deutschland entstehen – und nach Lösungsmöglichkeiten suchen.

 

Zuerst waren es nur Wildtiere, später meist Ziegen und Schafe, mittlerweile aber sind auch vereinzelt Rinder und Pferde dem Wolf zum Opfer gefallen, was für weitere Aufregungen und Diskussionen gesorgt hat. Kein Zweifel – die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland bewegt die Gesellschaf und ist eine Herausforderung vor allem für Nutztierhalter in den betroffenen Regionen. Aus diesem Grund laden drei große deutsche Pferdezuchtverbände (Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes e.V., Pferdestammbuch Schleswig-Holstein e.V. und Trakehner Verband e.V.) zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung mit namhaften Referenten ein – und zwar am Montag, den 29. April um 19 Uhr in die Fritz-Thiedemann-Halle des Holsteiner Verbandes (Westerstraße 93-95, 23336 Elmshorn). Information und anschließend offene Diskussion stehen im Fokus der Veranstaltung, die für alle Halter von landwirtschaftlichen Nutztieren offen ist. Sowohl Experten und Verbandsvertreter, als auch Politiker der Landtagsfraktionen sind zu dieser Diskussion einen Monat vor der Europawahl eingeladen. Die Moderation und Leitung hat der Sprecher der Landespressekonferenz, Andreas Otto, übernommen.

Der Wolf ist in Deutschland wieder heimisch

Laut Zahlen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) vom November 2018 leben in Deutschland 73 Rudel und 30 Wolfspaare. Damit sind die Zahlen im Vergleich zum November 2017 um 13 Rudel, bzw. 9 Wolfspaare gestiegen. Zudem werden auch residente Einzelwölfe erfaßt. Das Wolfsmonitoring und -management liegt in der Verantwortung der Bundesländer, unterstützt vom BfN. Das gilt auch für den Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen.

Das Wolfsvorkommen in Deutschland konzentriert sich weiterhin auf das Gebiet von der sächsischen Lausitz in nordwestliche Richtung über Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen bis nach Niedersachsen. Zum ersten Mal seit der Ausrottung der Art in Deutschland vor mehr als 150 Jahren ist zudem ein Rudel in Bayern bestätigt. Die meisten Tiere leben in Brandenburg, gefolgt von Sachsen und Niedersachsen. Prognosen besagen, das sich der Wolfsbestand ohne Jagddruck jährlich um bis zu ein Drittel erhöhen könnte. Daraus resultieren Probleme und Schäden für Nutztierhalter, die auch Schleswig-Holstein längst erreicht haben und sich in weiter sinkender Akzeptanz für den strengen Schutz des Raubtiers Wolf ausdrücken.

Unbefriedigende Situation

Dabei steht für die Verbände, Landwirte und Hobbytierhalter keinesfalls eine Anti-Wolfstrategie im Mittelpunkt, sondern die Interessen des Wolfsschutzes und die der Tierhalter auszugleichen, um den sich verschärfenden Kollisionskurs zu beenden.

Die Situation für die Nutztierhalter unter den Richtlinien der EU und auch deren Umsetzung in Deutschland ist weitgehend unbefriedigend. Auch in Schleswig-Holstein sind massive Probleme bereits aufgetreten, jüngstes Beispiel sind Nutztierrisse im Landkreis Pinneberg. Für den Wolf GW 924m, der in Pinneberg Schafe gerissen und dafür stromführende und korrekt aufgestellte Schutzzäune überwunden hat, wurde durch das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein eine Abschußgenehmigung erteilt. Ein Maßnahme, die im Übrigen auch vom NABU ausdrücklich nicht in Frage gestellt wird. Die Umsetzung dieser Maßnahme stellt für die damit Beauftragten indes eine echte Herausforderung dar.

Kollision von Eigentumsrechten und Schutzinteressen

Der NABU und andere Verbände erhalten für ihre Arbeit erhebliche Mittel von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt, um sich für die Ausbreitung der Wölfe mit hoher Intensität einzusetzen.

Damit wird allerdings auch massiv in die Eigentumsrechte der Tierhalter und Grundeigentümer eingegriffen. Es müssen Wege gefunden werden, die Probleme zwischen den Parteien sachlich auszudiskutieren. Die immer wiederkehrenden Erläuterungen aus Brüssel sind dabei wenig hilfreich. Auch Minister Jan Philipp Albrecht (MELUND), die Fraktionen und Ausschüsse im schleswig-holsteinischen Landtag müssen sich der Diskussion stellen, damit die Wut der ländlichen Bevölkerung nicht noch größer wird, die Konfrontation mit Wolfsschützern nicht eskaliert.

Der jetzige Zustand ist nicht akzeptabel. Das Eigentum und das Jagdrecht des Eigentümers bzw. Jagdpächters darf nicht angetastet werden. Es ist ganz und gar nicht hinnehmbar, dass z.B. Jäger sich fürchten müssen, wenn sie sich bereit erklären, Aufgaben zum Schutze der Tierhalter wahrzunehmen. Tierhalter andererseits müssen und werden akzeptieren, dass der Wolf auch in der schleswig-holsteinischen, dafür eigentlich nicht geeigneten Kulturlandschaft ohne große Waldgebiete zu Hause ist.

Aber die Wolfsfreunde müssen auch akzeptieren, dass Wölfe, die besonders gefährlich für Mensch und Weidetier sind, von der Jägerschaft zu erlegen sind. Alle müssen erkennen, dass das Leben eines Tieres nicht mehr Wert ist als das eines anderen Tieres!

Drängende Fragen ohne Antwort

Für die Nutztierhalter - hier insbesondere die Schäfer - sind die Kosten und Mühen für Schutzzäune mit der Zunahme der Wölfe eine ganz besondere Herausforderung. Nicht zuletzt aufgrund der Haltungsform von Schafen, die u.a. für den effektiven Deichschutz unverzichtbar sind. Aber auch auf Rinder- und Pferdehalter kommen ungeahnt große Herausforderungen zu. Das beginnt mit aufwändigen Schutzzäunen und endet bei der Frage der Folgen: Mit den Verhaltensänderungen durch verunsicherte oder gar traumatisierte Weidetiere nach einem Wolfsangriff müssen Nutztierhalter allein zurechtkommen. Dabei helfen weder die EU, die schleswig-holsteinische Landespolitik, noch ein Naturschutzbund.

Das Wolfskonzept kollidiert wesentlich auch mit Maßnahmen wie z.B. der extensiven Beweidung, die dem Naturschutz und der Biodiversität dienlich sein soll. Wie soll und kann Politik und Naturschutz diesen Konflikt lösen? Kein Nutztierhalter will und kann sehenden Auges seinen Tierbestand massiven Gefahren aussetzen.

Unbeantwortet blieben bislang Fragen, die sich aus den Folgen der Wolfsansiedlung ergeben:

Was passiert z.B. bei Unfällen durch in Panik geratene Pferde, Rinder, Schafe? Gibt es einen Versicherungsschutz für Tierhalter?

Was würde massiv veränderte Weide- und Nutztierhaltung für den Tourismusstandort Schleswig-Holstein bedeuten?

Und schließlich steht eine der größten Fragen überhaupt bislang völlig unbefriedigend beantwortet im Raum: Wie können ein intelligentes Raubtier und eine wolfs-unerfahrene Gesellschaft konfliktarm nebeneinander existieren?

Programm und Referenten

Auf der Informations- und Diskussionsveranstaltung am 29. April sind folgende Vorträge geplant:

1. Situationsbeschreibung zum Wolf in Deutschland und in Schleswig- Holstein, Referent: Gregor Beyer, Forum Natur Brandenburg e.V.

2. Standpunkt zum Wolf vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Eingeladen: Minister Jan Philipp Albrecht

3. Einschätzungen der Jäger zum Wolf in Schleswig-Holstein , Referent: Wolfgang Heins, Präsident des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein

4. Auswirkungen durch den Wolf auf die Weidewirtschaft in Schleswig-Holstein, Referent: Eingeladen Präsident Werner Schwarz, Bauernverband Schleswig-Holstein

5. Welche Versicherungsfragen und Antworten ergeben sich bei Wolfsrissen, Referent: Albert Ziegler, R+V Versicherungen Wiesbaden

6. Podiumsdiskussion mit Politikern der Landtagsfraktionen aus Schleswig-Holstein direkt vor der Europawahl

7. Offene Diskussion mit den Besuchern der Veranstaltung

Quelle: Presseinformation des Verbandes der Züchter des Holsteiner Pferdes e.V.

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