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Massiver Zeckenbefall kostet zwei Pferden fast das Leben
12.06.2019 / News

Die vollgesaugten Zecken hatten sich vor allem am Mähnen- und Schweifansatz festgebissen.
Die vollgesaugten Zecken hatten sich vor allem am Mähnen- und Schweifansatz festgebissen. / Foto: Trumpp et. al.
Während der Lähmung wurde die dreijährige Stute auf ein Wasserbett gelegt.
Während der Lähmung wurde die dreijährige Stute auf ein Wasserbett gelegt. / Foto: Trumpp et. al.

In den USA sind zwei Miniponys nach einem dramatischen Zeckenbefall an der sogenannten Zeckenparalyse erkrankt – konnten aber durch rasche Behandlung gerettet werden.

 

Es sind die ersten beiden Fälle von Zeckenparalyse in den USA, die bei Pferden nachgewiesen wurden – weshalb sie auch wissenschaftlich interessant sind und es vor kurzem sogar ins renommierte ,Journal of Veterinary Internal Medicine’ geschafft haben. Die zwei betroffenen Pferde – zwei amerikanische Miniaturpferde – waren im Mai 2018 gemeinsam an die Veterinärklinik der Purdue Universität in Indiana überwiesen worden. Das erste Pferd – eine dreijährige Jungstute mit einem Körpergewicht von 93,6 kg – hatte zusehends Schwierigkeiten beim Gehen und eine allgemeine Schwäche, sodaß es schließlich nicht mehr aufstehen konnte. Das zweite Pferd – eine vierjährige Stute mit einem Körpergewicht von 108,6 kg – litt ebenfalls an Schwächesymptomen, war aber noch in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen, wenngleich unsicher. Beide Pferde waren neun Tage zuvor vom neuen Besitzer von einem privaten Streichelzoo gekauft worden. 24 Stunden vor der Einweisung in die Veterinärklinik hatten sich die ersten Anzeichen körperlicher Schwäche und  Koordinationsprobleme eingestellt, die sich in der Folge rasch verschlimmerten.

Bei den ersten Untersuchungen stellte sich heraus, dass beide Pferde einen verringerten Zungen- und Schweifmuskeltonus aufwiesen, die Wirbelsäulenreflexe aber normal waren. Der Test auf das Herpesvirus 1 für Pferde war negativ. Bei beiden Pferden wurde jedoch ein massiver Zeckenbefall mit Dermacentor variabilis (auch amerikanische Hundezecke oder Waldzecke genannt) festgestellt. Die dreijährige Stute wies nicht weniger als 150 vollgesaugte Zecken auf, die sich hauptsächlich bei Mähnen- und Schweifansatz konzentrierten. Die ältere Stute hatte an den gleichen Stellen etwa 100 Zecken. Die Blutsauger wurden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in der Tierklinik entfernt.

Beide Pferde wurden lokal mit Permethrin – einem Antiparasitikum – behandelt. Die weitere unterstützende Behandlung umfasste die Verabreichung von Flüssigkeiten sowie häufiges Umlagern während der Liegephasen, zusätzlich wurden auch Hornhautgeschwüre behandelt. Innerhalb von 48 Stunden nach der Zeckenentfernung waren beide Pferde wieder neurologisch normal und konnten auch wieder aus eigener Kraft aufstehen.

„Dies ist der erste gemeldete Fall von mutmaßlicher Zeckenparalyse bei Pferden in Nordamerika", so die Hauptautoren Kelsey Trumpp und Ashley Parsley, die zusammen mit ihren Kollegen den Fall wissenschaftlich dokumentiert haben.

Das Krankheitsbild der Zeckenparalyse bzw. Zeckenlähmung wurde bislang vor allem bei Hunden und seltener bei Katzen festgestellt – und in raren Einzelfällen auch beim Menschen. Die Zeckenparalyse wird durch den Stich bzw. Biss einer weiblichen Zecken ausgelöst, deren Speichel ein Neurotoxin enthält und so in den Blutkreislauf des Wirts gelangt. Das für das Krankheitsbild verantwortliche Nervengift wird jedoch erst nach etwa fünf bis sieben Tagen Saugtätigkeit von der Zecke gebildet, weshalb die Zeckenparalyse ein sehr seltenes Krankheitsbild darstellt – meist werden die Zecken früher entdeckt und entfernt, noch bevor sie das gefährliche Toxin absondern können. Das Nervengift wirkt auf die präsynaptischen Membranen am neuro-muskulären Übergang und verhindert die Freisetzung von Acetylcholin – des wichtigsten Neurotransmitters des peripheren Nervensystems – was zu einer zunehmenden motorischen Lähmung führt. Diese kann schließlich durch einen Ausfall der Atemmuskulatur sogar tödlich enden.

Dieses Schicksal ist den beiden Miniaturpferden glücklicherweise erspart geblieben: Beide Pferde zeigten nach Entfernung der Zecken eine auffallend rasche Besserung und konnten nach einer längeren Beobachtungsphase schließlich nach 10 bzw. 15 Tagen aus der Klinik entlassen werden – jedoch mit der Anweisung, sie möglichst von Waldgebieten fernzuhalten und regelmäßig auf Zeckenbefall zu kontrollieren. Sie zeigten bei anschließenden Routinechecks keinerlei neurologischen Folgeschäden. „Angesichts des Mangels an wissenschaftlichen Berichten über Zeckenparalyse bei Pferden in Nordamerika ist es wahrscheinlich, dass Pferde relativ resistent gegen die Entwicklung klinischer Symptome sind“, so die Wissenschaftler abschließend.

Die Studie „Presumptive tick paralysis in 2 American Miniature horses in the United States" von Kelsey M. Trumpp, Ashley L. Parsley , Melissa J. Lewis, Joseph W. Camp Jr. und Sandra D. Taylor ist am 3. Juni 2019 im ,Journal of Veterinary Internal Medicine' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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