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Verwendung von Gefriersperma beeinträchtigt Entwicklung des Pferde-Embryos erheblich

03.07.2019 / News

Ob Frisch- oder Gefriersperma bei der Pferdezucht eingesetzt wird, ist keineswegs egal, wie die aktuelle Studie spanischer Wissenschaftler zeigt.
Ob Frisch- oder Gefriersperma bei der Pferdezucht eingesetzt wird, ist keineswegs egal, wie die aktuelle Studie spanischer Wissenschaftler zeigt. / Symbolfoto: Irene Gams

Der Einsatz von Gefriersperma in der Pferdezucht bleibt nicht ohne Konsequenzen für die damit gezeugten Embryos: Das Einfrieren und Auftauen der Spermien habe einen „tiefgreifenden Einfluss“ auf das sogenannte Transkriptom – also die Menge sämtlicher RNA-Moleküle früher Embryonen, wie spanische Wissenschaftler herausfanden.


Die künstliche Befruchtung mit kryokonservierten (tiefgefrorenem) Sperma ist bei vielen Nutztierarten – etwa in der Rinder- und Schweinezucht – und seit Jahrzehnten auch in der Pferdezucht weit verbreitet, nicht zuletzt deshalb, weil sie gegenüber dem Natursprung oder auch der künstlichen Befruchtung mit Frischsperma zahlreiche technische, zuchttechnische und auch wirtschaftliche Vorteile bietet. Auch im Humanbereich ist die Verwendung von tiefgefrorenem Sperma im Rahmen der Reproduktionsmedizin längst zur Routine geworden. Zu den bislang bekannten Nachteilen von kryokonserviertem Sperma zählt eine durchschnittlich geringere Fruchtbarkeit, die damit im Vergleich zu Frischsperma erzielt wird – und zwar über alle Spezies hinweg. Die Technologie der Spermakryokonservierung führt, wie bereits vorangegangene Studien zeigen konnten, u.a. zu einer Schädigung der Spermienzellmembranen und bewirkt eine metabolische und funktionelle Veränderung der Spermien, insbesondere ihrer Mitochondrien.

Die direkten Auswirkungen der Kryokonservierung von Spermien auf die Entwicklung der daraus resultierenden Embryonen sind jedoch weitgehend unerforscht – und genau an diesem Punkt setzt die von spanischen Wissenschaftlern rund um Fernando Peña von der Universität Extremadura durchgeführte Studie an. Zentrales Ziel ihrer Untersuchung war es, Unterschiede in der Genexpression zwischen Embryonen zu analysieren, die aus der Befruchtung mit frischem oder kryokonserviertem Sperma hervorgegangen sind.  

Die Ergebnisse ihrer Studie bergen einige Brisanz – denn sie zeigen einen „tiefgreifenden Einfluss“ der Kryokonservierung auf das sogenannte „Transkriptom“ (das ist die Menge aller RNA-Moleküle, Anm.) früher Embryonen ausübt, wobei auch zahlreiche entwicklungwichtige Gene betroffen sind. Es sei, so die Autoren, der erste wissenschaftliche Beweis für eine veränderte Transkription in Embryonen, die durch Befruchtung mit gefrorenem Samen entstanden sind.

Im Rahmen der Untersuchung wurden Pferde-Embryonen in drei unterschiedlichen Entwicklungsstadien (8, 10 bzw. 12 Tage nach dem Eisprung) untersucht, die in aufeinanderfolgenden Zyklen entweder mit frischem Sperma oder mit gefrorenem und wieder aufgetautem Sperma desselben Hengstes besamt worden waren, wodurch effektiv an jedem Tag passende Embryonenpaare erhalten wurden. Die RNA wurde aus zwei passenden Paaren (4 Embryonen) für jeden Tag zur Analyse isoliert.

Das Transkriptionsprofil – die sogenannte Genexpression auf RNA-Ebene – von Embryonen, die mit gefrorenem, aufgetautem Sperma gewonnen wurden, unterschied sich dabei signifikant von jenem der Embryonen, die aus frischem Sperma gewonnen wurden, und zeigte eine deutliche „Herunterregulierung“ bestimmter Gene. „Herunterregulierung“ ist der Prozess, durch den eine Zelle die Menge einer zellulären Komponente, wie z. B. RNA oder Protein, die von den Genen kodiert wird, verringert. Betroffen waren davon insbesondere Gene,  die mit der Replikation und Assemblierung von DNA und der sogenannten „oxidativen Phosphorylierung“ (ein wichtiger Mechanismus, durch den die Aktivität von Proteinen nach ihrer Bildung verändert werden kann) zusammenhängen, ebenso mit DNA-Bindung, DNA-Replikation und Immunantwort. Die beobachteten Veränderungen in diesen Genen sind, so die Forscher, dabei hilfreich, „die verringerte Fruchtbarkeit zu erklären, die bei kryokonserviertem Sperma zu beobachten ist und auf eine erhöhte frühe Embryo-Sterblichkeit zurückzuführen ist.“

Dies deutet darauf hin, so die Wissenschaflter weiter, „dass nicht nur Gene, die mit dem Stoffwechsel und damit dem Wachstum von Embryonen zusammenhängen, sondern auch Gene, die in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Organanlagen, dem Überleben von Embryonen und der Gesundheit von Nachkommen stehen, von der Verwendung von kryokonserviertem Sperma betroffen sind. Während die Mechanismen hinter den hier berichteten Effekten noch unklar sind, kann ein Hauptfaktor die gut dokumentierte oxidative Schädigung sein, die das Genom und das Epigenom während der Kryokonservierung und des Auftauens erleiden. Die Kryokonservierung ist eine Hauptursache für oxidativen Stress und Lipidperoxidation (Abbauvorgang, der zu Zellschädigung führt, Anm.) bei Hengstspermien.“

Die Folgen der Kryokonservierung könnten sogar noch weitreichender sein: „Interessanterweise gab es auch Hinweise bezüglich der männlichen und weiblichen Unfruchtbarkeit. Dies rechtfertigt eine weitere Untersuchung der Auswirkung der Spermienherkunft auf die Fruchtbarkeit der resultierenden Nachkommen“, so die Wissenschaftler.

Das Resümee der Forscher: „Zusammenfassend bietet die vorliegende Studie zum ersten Mal eine transkriptomische Analyse von Pferdeembryonen in Bezug auf den Umgang mit Samen, der für ihre Herstellung verwendet wurde. Wir erkennen den vorläufigen und beschreibenden Charakter dieser Untersuchung an, aber unsere Daten liefern starke Beweise dafür, dass die Spermien-Kryokonservierung einen tiefgreifenden Einfluss auf das Transkriptom früher Embryonen ausübt. Unsere Erkenntnisse sollten weitere Forschungen zur Verbesserung dieser Biotechnologie bei Mensch und Tier anregen.“

Die Studie „Transcriptome analysis reveals that fertilization with cryopreserved sperm downregulates genes relevant for early embryo development in the horse" von José M. Ortiz-Rodriguez, Cristina Ortega-Ferrusola, María C. Gil, Francisco E. Martín-Cano, Gemma Gaitskell-Phillips, Heriberto Rodríguez-Martínez, Katrin Hinrichs, Alberto Álvarez-Barrientos, Ángel Román und Fernando J. Peña ist am 25. Juni 2019 in der Zeitschrift PlOSOne erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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