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FEI-Urteil: Pferd wurde geschlagen und getreten, bis es erschöpft zusammenbrach
08.07.2019 / News

Der dramatische Moment nach dem Sturz, der auch im Video zu sehen ist – das rechte Röhrbein von Pferd Castlebar Nato ist gebrochen.
Der dramatische Moment nach dem Sturz, der auch im Video zu sehen ist – das rechte Röhrbein von Pferd Castlebar Nato ist gebrochen. / Foto: Screenshot Youtube-Video
Eine besonders widerwärtige Szene: Al Khatri wird von Personen in einem Begleitfahrzeug auch noch angefeuert, sein Pferd anzutreiben.
Eine besonders widerwärtige Szene: Al Khatri wird von Personen in einem Begleitfahrzeug auch noch angefeuert, sein Pferd anzutreiben. / Foto: Screenshot Youtube-Video

Vor wenigen Tagen wurde der Distanzreiter Khalid Jumaa Salem Al Khatri wegen Misshandlung seines Pferdes von der FEI gesperrt und mit einer hohen Geldstrafe belegt. Ein Youtube-Video spielte bei der Beweisführung eine entscheidende Rolle.

 

Vor kurzem hat die FEI in einem aufsehenerregenden Urteil harte Strafen gegen drei Distanzreiter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wegen der Misshandlung ihrer Pferde verhängt (siehe auch unseren Artikel dazu). Ein Reiter war mit einer Sperre von 18 Monaten, die zwei weiteren zu jeweils 30 Monaten sowie zu hohen Geldstrafen verurteilt worden – eine in dieser Härte bislang beispiellose Entscheidung des FEI-Tribunals.

Für öffentliche Empörung sorgte insbesondere der Fall des Reiters Khalid Jumaa Salem Al Khatri, der sein Pferd Castlebar Nato beim CEI1* über 100 km in Al Wathba/Abu Dhabi am 8. Dezember 2018 so übel misshandelte, dass es schließlich auf der Strecke zusammenbrach und mit einem geschlossenen Bruch des rechten vorderen Röhrbeins in eine Pferdeklinik gebracht werden musste.

Wie ein Blick in das vollständige Urteil des FEI-Tribunals zeigt, spielte bei der Beweisführung gegen Al Khatri ein Video eine entscheidende Rolle, das einen Zusammenschnitt des offiziellen Live-Streams des Ritts bietet und auch nach wie vor auf Youtube zugänglich ist. Das Video – insgesamt 12 Minuten und 46 Sekunden lang – ist ein bedrückendes Zeugnis der Grausamkeit und Pferdeverachtung, die den Distanzreitsport in manchen arabischen Ländern kennzeichnet – und es dokumentiert auch die verhängnisvollen Momente, die schließlich zum Sturz und zur schweren Verletzung des Pferdes Castlebar Nato geführt haben.

Ab Minute 2.02 des Videos ist Reiter Al Khatri mit Startnummer 89 zu sehen, wie er – mit seinem Schimmel noch voranliegend – kurz vor dem Ziel von einem Konkurrenten verfolgt wird. Al Khatri tut alles, um nicht überholt zu werden: Wie auf dem Video deutlich zu erkennen ist, schlägt er seinem Pferd mehrfach mit den Zügeln auf Kopf und Hals und rammt ihm die Fersen in die Flanken, um es anzutreiben. Im danebenfahrenden riesigen SUV wird er von anderen Personen – möglicherweise Fans oder Mitglieder seines Betreuerteams – dazu auch noch angefeuert, ein besonders widerwärtiger Moment. Das Pferd ist sichtlich erschöpft, hat dichten Schaum vor dem Maul, atmet schwer und ist erkennbar am Ende seiner Kräfte. Exakt bei Minute 3.00 kommt es schließlich zu Sturz – das Pferd bricht zusammen, der Reiter stürzt vornüber in den Sand, kann aber sofort wieder aufstehen. Die folgenden Sekunden sind nichts für schwache Nerven: Während das Pferd ebenfalls versucht, wieder auf die Beine zu kommen, kann man sehen, wie sich das rechte Röhrbein – offenkundig gebrochen – nach hinten durchbiegt – ein entsetzlicher, schwer zu ertragender Anblick.

Der Beschuldigte Al Khatri beteuerte in seiner Stellungnahme, dass er mit dem Zügel das Pferd lediglich „ermutigen“ wollte und dass „keinerlei Kraft angewendet wurde, um dem Pferd irgendeinen Schaden oder Unbehagen zu verursachen“. Und er führte zu seiner Verteidigung ein anderes Beispiel an, nämlich seine Teilnahme am ,Dubai Crown Prince Cuup’ über 119 km. Bei diesem Distanzritt habe er 5 km vor dem Ziel sein Pferd angehalten und aus dem Bewerb genommen, nachdem er das Gefühl gehabt habe, dass es zu müde war, um den Ritt zu beenden.

Diesen Argumenten konnte das FEI-Tribunal jedoch wenig abgewinnen. Nach Ansicht des Tribunals zeigen die Videobeweise klar, dass Al Khatri sein Pferd wiederholt mit den Zügeln am Hals geschlagen habe, und eine solche Handlung wird als „Peitschen“ bzw. „Schlagen“ (engl. ,whipping’) angesehen. Nach Ansicht des Tribunals war das Peitschen im Sinne von Artikel 142, Abs. 1/Buchst. i übermäßig. In dieser Hinsicht stimmt das Tribunal mit der FEI-Veterinärabteilung überein, dass schon ein einziger sehr harter Zügelschlag ungeachtet der Reaktion des Pferdes als übertrieben angesehen wird. In diesem Fall handelt es sich jedoch um ein wiederholtes Schlagen des Pferdes. Davon abgesehen spielt es in diesem Fall keine Rolle, ob das Peitschen übermäßig war oder nicht, da die FEI-Regeln und -Vorschriften klar regeln, dass jegliche Art des Peitschens bzw. Schlagens während eines Distanzritts untersagt ist (Article 810.2 der Regeln für das Distanzreiten).

Das Tribunal stellt ferner fest, dass es gemäß Artikel 142 Absatz 1 GR unerheblich ist, ob Herr Al Khatri beabsichtigt hatte, dem Pferd Schaden oder Unbehagen zuzufügen, sondern ob seine Handlungen „faktisch solche Schäden oder solches Unbehagen verursacht haben. Herr Al Khatri hat das Pferd mindestens 18 Mal geschlagen und es mehrmals mit Gewalt getreten, bis es schließlich vor Erschöpfung zusammenbrach. Seine Handlungen wurden alle im Live-Videomaterial festgehalten. Das Pferd wurde schließlich am Tor 4 für „lahm“ befunden. Das Tribunal stellt fest, dass seine Handlungen den Tatbestand der Pferdemisshandlung (horse abuse) erfüllen, da er dem Pferd zweifellos Schmerzen oder unnötiges Unbehagen verursachte, wie in Artikel 142 Absatz 1 der Allgemeinen Bestimmungen definiert.“

Das FEI-Tribunal stellte auch fest, dass die Behauptung von Al Khatri, dass er generell müde Pferde aus Wettbewerben zurückziehen würde und dies in der Vergangenheit auch schon getan habe, „ein ganz normales Verhalten ist, das von einem Reiter erwartet wird und nicht als mildernder Faktor angesehen werden kann. Nach Ansicht des Tribnals wäre eher das Gegenteil der Fall: Sollte sich eine derartige Pferdemisshandlung künftig nochmals wiederholen, könnte das vorliegende Urteil als erschwerender Faktor angesehen werden.“

Zudem weist das FEI-Tribunal auch darauf hin, dass sich die FEI ausdrücklich das Recht vorbehält, gegen jede andere an diesem Vorfall beteiligte Hilfsperson ein Verfahren einzuleiten. „In diesem Zusammenhang ist das Tribunal der Ansicht, dass der Schutz von Pferden und die Verhinderung von Pferdemisshandlungen, wie sie im Distanzreiten offenbar häufig vorkommen, absolute Priorität haben. Die FEI sollte sicherstellen, dass alle Tierquäler und Pferdemisshandler einschließlich des in diesem Fall involvierten Hilfspersonals entsprechend sanktioniert werden sollten.“

Auch für den Umstand, dass die Anzeige im vorgebrachten Fall nicht durch die FEI bzw. deren Funktionäre eingebracht wurde, sondern durch Pauline van Drumpt von der Vereinigung „Clean Endurance“ findet das Tribunal klare Worte: „Das Tribunal erinnert alle Teilnehmer aller Disziplinen, ob Reiter, Trainer, Besitzer oder Funktionäre, daran, dass „das Wohlergehen des Pferdes zu jeder Zeit absolute Priorität haben muss. Das Wohlergehen des Pferdes darf niemals wettbewerblichen oder kommerziellen Einflüssen untergeordnet werden.“ Und weiter heißt es: „Es ist die Pflicht der FEI und ihrer Mitglieder, der verantwortlichen Personen und Funktionäre, dass alle an FEI-Wettbewerben teilnehmenden Pferde angemessen geschützt werden. Das Tribunal hält es für inakzeptabel, dass Dritte das FEI-Tribunal und die Öffentlichkeit auf Proteste wegen mutmaßlichen Pferdemissbrauchs aufmerksam machen müssen, während die anwesenden FEI-Funktionäre während und nach dem Wettkampf, bei dem ein Pferd eindeutig misshandelt worden war und den Wettbewerb mit einem gebrochenen Bein beendet hat, geschwiegen haben.“

Da kann man nur sagen: Wahr gesprochen – Hut ab vor Mr. Cesar Torrente, den Vorsitzenden des FEI-Tribunals.

Das vollständige Urteil des FEI-Tribunals kann man hier nachlesen.

Hier ist auch jenes Youtube-Video zu sehen, das maßgeblich zur Verurteilung von Reiter Al Khatri beigetragen hat (Achtung – einige Szenen dieses Videos sind tatsächlich sehr verstörend) …

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