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Veränderungen in Haltung und Management sind Risikofaktor Nr. 1 bei Kolik
15.07.2019 / News

Veränderungen in der Haltung erhöhen das Kolik-Risiko signifikant – das bestätigt auch die aktuelle Untersuchung.
Veränderungen in der Haltung erhöhen das Kolik-Risiko signifikant – das bestätigt auch die aktuelle Untersuchung. / Symbolfoto: Archiv Martin Haller

Wissenschaftler der Universität von Nottingham haben in einer umfangreichen Untersuchung die wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten von Koliken bei Pferden herausgefiltert: Als Hauptursache wurden Veränderungen bzw. Umstellungen in Haltung und Management ausgemacht.

 

Es war ein Mammut-Projekt, dem sich die WissenschaftlerInnen Laila Curtis, John Burford, Gary England und Sarah Freeman von der Universität Nottingham/GB gestellt haben – aber zweifellos ein wichtiges, denn nach wie vor gilt Kolik als der häufigste Grund für eine Notfall-Behandlung in der Pferdemedizin: Etwa ein Fünftel aller Kolikfälle, zu denen Tierärzte gerufen werden, sind kritisch und erfordern eine intensive medizinische Versorgung, vielfach auch eine Operation – und im schlimmsten Fall das Einschläfern. Bis zu 16 % der Kolikfälle enden tödlich.

Was aber löst Koliken in der Praxis aus – welche Umstände oder Umstellungen sind für diesen medizinischen Notfall ursächlich? Dies war die zentrale Frage, die von den ForscherInnen aus Nottingham untersucht wurde. Ziel ihrer großangelegten Erhebung war es, jene Faktoren zu identifizieren, zu kategorisieren und zu bewerten, die mit einem  erhöhten Kolik-Risiko bei erwachsenen Pferden verbunden sind. Aus einer enorm großen Zahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema (insgesamt 3.756) wurden schließlich 58 Studien herausgefiltert,  die hinsichtlich ihrer Methodik und ihres Studiendesigns soweit vergleichbar waren, um sie einer detaillierteren systematischen Analyse unterziehen zu können.

Auf diese Weise konnten schließlich 22 Risikofaktoren für Kolik ermittelt werden. Diese teilen sich auf drei wesentliche Bereiche auf: pferdebezogene Faktoren, managementbezogene Faktoren und umweltbezogene Faktoren.  Zu den pferdebezogenen Risikofaktoren zählten u. a. Alter, Geschlecht, Rasse, Stockmaß, Verhalten und medizinische Vorgeschichte. Zu den managementbezogenen Risikofaktoren zählten u. a. Fütterung, Pflegepersonal, Bewegungsmöglichkeiten, Weide, Wasser, Unterbringung,  Entwurmungen, Transporte und Klinikaufenthalte, Impfungen und Zahnpflege bzw. Zahnkrankheiten. Umweltbezogene Faktoren für ein erhöhtes Kolikrisiko waren z. B. die Jahreszeit und der Standort des Betriebs.

Die meisten Hinweise auf ein erhöhtes Kolikrisiko gab es im Zusammenhang mit Änderungen bzw. Umstellungen bei der Haltung bzw. dem Management von Pferden. Acht Studien berichteten etwa über ein erhöhtes Risiko für Koliken im Zusammenhang mit der Fütterung, die untersuchten spezifischen Faktoren waren jedoch unterschiedlich. Eine Ernährungsumstellung war der am häufigsten registrierte Risikofaktor für Koliken. Drei Studien berichteten über ein erhöhtes Risiko bei einer Umstellung des Kraftfutters, vier Studien über ein erhöhtes Risiko bei einer Umstellung des Heus und zwei Studien über ein erhöhtes Risiko bei einer veränderten Rationsgestaltung. Der für die Umstellung festgelegte Zeitraum war unterschiedlich, wobei drei Studien eine Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen und zwei Studien eine Änderung innerhalb eines Jahres nach der letzten Kolikepisode festlegten. Drei Studien berichteten über ein erhöhtes Risiko bei der Fütterung von mehr als 2,5 kg Kraftfutter oder 2,7 kg Hafer pro Tag. Dies decke sich mit den Ergebnissen von physiologischen Studien, die Veränderungen in der Darmflora mit zunehmender Kohlenhydratzufuhr gezeigt haben, so die Forscher, die jedoch darauf hinwiesen, dass die genaue Menge und die Art von Kraftfutter, die mit einem erhöhten Kolikrisiko verbunden sind, noch eingehender untersucht werden müssen.

Eine bedeutende Rolle spielten auch Veränderungen bei der Unterbringung bzw. beim Weidegang – dies wurde in insgesamt drei Studien als signifikanter Risikofaktor für eine Kolik identifiziert, wobei in allen drei Untersuchungen diese Veränderungen bzw. Umstellungen erst kurz (zwei Wochen oder weniger) zurücklagen. Die Wissenschaftler dazu: „Veränderungen bei der Unterbringen oder der Aufstallung können auch mit einer Umstellung des Futters oder des Trainings verbunden sein, daher besteht vermutlich eine Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren.“

Veränderungen bei Haltung und Management sind seit langem mit Koliken in Verbindung gebracht worden, so die Forscher abschließend – die Resultate ihrer Erhebung würden dies jedenfalls untermauern. „Veränderungen bzw. Umstellungen zu vermeiden oder sie zumindest nur sehr behutsam und schonend umzusetzen sollte ein zentraler Aspekt im Sinne eines vorbeugenden Managements sein und kann dazu beitragen, das Kolik-Risiko bei Pferden zu verringern“, so die Wissenschaftler gegenüber dem Portal Horsetalk.co.nz.

Die Studie „Risk factors for acute abdominal pain (colic) in the adult horse: A scoping review of risk factors, and a systematic review of the effect of management-related changes“ von Laila Curtis, John Burford, Gary England und Sarah Freeman ist am 11. Juli 2019 in der Zeitschrift PLoS ONE erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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