Veränderungen in Haltung und Management sind Risikofaktor Nr. 1 bei Kolik 15.07.2019 / News
Veränderungen in der Haltung erhöhen das Kolik-Risiko signifikant – das bestätigt auch die aktuelle Untersuchung. / Symbolfoto: Archiv Martin Haller
Wissenschaftler der Universität von Nottingham haben in einer umfangreichen Untersuchung die wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten von Koliken bei Pferden herausgefiltert: Als Hauptursache wurden Veränderungen bzw. Umstellungen in Haltung und Management ausgemacht.
Es war ein Mammut-Projekt, dem sich die WissenschaftlerInnen Laila Curtis, John Burford, Gary England und Sarah Freeman von der Universität Nottingham/GB gestellt haben – aber zweifellos ein wichtiges, denn nach wie vor gilt Kolik als der häufigste Grund für eine Notfall-Behandlung in der Pferdemedizin: Etwa ein Fünftel aller Kolikfälle, zu denen Tierärzte gerufen werden, sind kritisch und erfordern eine intensive medizinische Versorgung, vielfach auch eine Operation – und im schlimmsten Fall das Einschläfern. Bis zu 16 % der Kolikfälle enden tödlich.
Was aber löst Koliken in der Praxis aus – welche Umstände oder Umstellungen sind für diesen medizinischen Notfall ursächlich? Dies war die zentrale Frage, die von den ForscherInnen aus Nottingham untersucht wurde. Ziel ihrer großangelegten Erhebung war es, jene Faktoren zu identifizieren, zu kategorisieren und zu bewerten, die mit einem erhöhten Kolik-Risiko bei erwachsenen Pferden verbunden sind. Aus einer enorm großen Zahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema (insgesamt 3.756) wurden schließlich 58 Studien herausgefiltert, die hinsichtlich ihrer Methodik und ihres Studiendesigns soweit vergleichbar waren, um sie einer detaillierteren systematischen Analyse unterziehen zu können.
Auf diese Weise konnten schließlich 22 Risikofaktoren für Kolik ermittelt werden. Diese teilen sich auf drei wesentliche Bereiche auf: pferdebezogene Faktoren, managementbezogene Faktoren und umweltbezogene Faktoren. Zu den pferdebezogenen Risikofaktoren zählten u. a. Alter, Geschlecht, Rasse, Stockmaß, Verhalten und medizinische Vorgeschichte. Zu den managementbezogenen Risikofaktoren zählten u. a. Fütterung, Pflegepersonal, Bewegungsmöglichkeiten, Weide, Wasser, Unterbringung, Entwurmungen, Transporte und Klinikaufenthalte, Impfungen und Zahnpflege bzw. Zahnkrankheiten. Umweltbezogene Faktoren für ein erhöhtes Kolikrisiko waren z. B. die Jahreszeit und der Standort des Betriebs.
Die meisten Hinweise auf ein erhöhtes Kolikrisiko gab es im Zusammenhang mit Änderungen bzw. Umstellungen bei der Haltung bzw. dem Management von Pferden. Acht Studien berichteten etwa über ein erhöhtes Risiko für Koliken im Zusammenhang mit der Fütterung, die untersuchten spezifischen Faktoren waren jedoch unterschiedlich. Eine Ernährungsumstellung war der am häufigsten registrierte Risikofaktor für Koliken. Drei Studien berichteten über ein erhöhtes Risiko bei einer Umstellung des Kraftfutters, vier Studien über ein erhöhtes Risiko bei einer Umstellung des Heus und zwei Studien über ein erhöhtes Risiko bei einer veränderten Rationsgestaltung. Der für die Umstellung festgelegte Zeitraum war unterschiedlich, wobei drei Studien eine Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen und zwei Studien eine Änderung innerhalb eines Jahres nach der letzten Kolikepisode festlegten. Drei Studien berichteten über ein erhöhtes Risiko bei der Fütterung von mehr als 2,5 kg Kraftfutter oder 2,7 kg Hafer pro Tag. Dies decke sich mit den Ergebnissen von physiologischen Studien, die Veränderungen in der Darmflora mit zunehmender Kohlenhydratzufuhr gezeigt haben, so die Forscher, die jedoch darauf hinwiesen, dass die genaue Menge und die Art von Kraftfutter, die mit einem erhöhten Kolikrisiko verbunden sind, noch eingehender untersucht werden müssen.
Eine bedeutende Rolle spielten auch Veränderungen bei der Unterbringung bzw. beim Weidegang – dies wurde in insgesamt drei Studien als signifikanter Risikofaktor für eine Kolik identifiziert, wobei in allen drei Untersuchungen diese Veränderungen bzw. Umstellungen erst kurz (zwei Wochen oder weniger) zurücklagen. Die Wissenschaftler dazu: „Veränderungen bei der Unterbringen oder der Aufstallung können auch mit einer Umstellung des Futters oder des Trainings verbunden sein, daher besteht vermutlich eine Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren.“
Veränderungen bei Haltung und Management sind seit langem mit Koliken in Verbindung gebracht worden, so die Forscher abschließend – die Resultate ihrer Erhebung würden dies jedenfalls untermauern. „Veränderungen bzw. Umstellungen zu vermeiden oder sie zumindest nur sehr behutsam und schonend umzusetzen sollte ein zentraler Aspekt im Sinne eines vorbeugenden Managements sein und kann dazu beitragen, das Kolik-Risiko bei Pferden zu verringern“, so die Wissenschaftler gegenüber dem Portal Horsetalk.co.nz.
Die Studie „Risk factors for acute abdominal pain (colic) in the adult horse: A scoping review of risk factors, and a systematic review of the effect of management-related changes“ von Laila Curtis, John Burford, Gary England und Sarah Freeman ist am 11. Juli 2019 in der Zeitschrift PLoS ONE erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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Kolik-Behandlung: Rasche Hilfe erhöht Heilungschancen 02.10.2017 / News
Pferdebesitzern fällt es oft schwer, zwischen einem normalen, spielerischen Wälzen und einem krankhaften, schmerzgeplagten Wälzen eines Pferdes zu unterscheiden ... / Symbolfoto: Simone Aumair
Frühzeitige Erkennung und rasche Behandlung sind die Schlüsselfaktoren, um eine Kolikerkrankung erfolgreich zu meistern.
Zeit ist ein Schlüsselfaktor bei einer erfolgreichen Kolikbehandlung – darauf weist die Tierärztin Dr. Annette McCoy von der Veterinärmedizinischen Lehrklinik Urbana der Universität Illinois in einem Interview für das Online-Portal thehorse.com hin. Der Zeit-Faktor ist dabei in zweierlei Hinsicht relevant – nämlich erstens bei der möglichst frühzeitigen Erkennung und Beurteilung der Kolik-Symptome und zweitens bei der raschen Einleitung der richtigen Behandlungsmaßnahmen durch den Tierarzt.
Eine Kolik kann durch viele, z. T. sehr unterschiedliche Symptome angezeigt werden: leichte bzw. ausgeprägte Appetitlosigkeit bis hin zu vollständiger Futterverweigerung, Niederlegen, Festliegen, Wälzen, Umsehen nach dem Bauch, Scharren, Schwitzen, Unruhe, beschleunigte Atmung, häufiger Harnabsatz, Müdigkeit oder auch auffallend „ruhiges“ Verhalten und längeres Liegen. Kolikgeplagte Pferde können in schlimmen Fällen auch unnatürliche Stellungen (z. B. ,sägebockartige' Stellung) einnehmen oder sich sogar heftig zu Boden werfen.
Bei der Beurteilung der unterschiedlichen Symptome sind eine genaue Beobachtungsgabe und hippologische Fachkenntnis von großem Vorteil: Eine leichte, geringgradige Kolik ist häufig am geänderten Fressverhalten erkennbar (Pferd isst nicht oder auffallend wenig, sucht bzw. pickt beim Futter herum etc.), ebenso daran, dass das Pferd Richtung Bauchraum tritt bzw. sich nach dem Bauch umsieht oder sich ungewöhnlich häufig hinlegt. Bei einer mittelgradigen Kolik können das Nach-dem-Bauch-Treten und das Wälzen auch heftiger ausfallen.
Das Wälzen ist ein Symptom, das besonders genaue Beachtung verdient, so Dr. McCoy: „Weil sich Pferde durchaus auch zum Spaß oder zur Fellpflege wälzen, haben Pferdebesitzer mitunter Probleme, zwischen einem spielerischen, normalen Wälzen und einem krankhaften, schmerzvollen Wälzen zu unterscheiden." Ein paar einfache Tipps können helfen, so Dr. McCoy weiter: „Pferde, die sich zum Spaß wälzen, rollen einmal oder zweimal hin und her, stehen dann auf, schütteln sich und gehen dann wieder ihren normalen Aktivitäten nach. Wenn sich Pferde aufgrund von Schmerzen wälzen, bleiben sie oft liegen, rollen immer wieder hin und hier – und wenn sie aufstehen, schütteln sie sich nicht, sondern stehen still mit einem dumpfen, depressiven Ausdruck."
Pferde mit sehr intensiven, hochgradigen Kolik-Symptomen werden sich oft in besonders aggressiver, fast panikartiger Manier wälzen oder austreten – ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit oder die anderer Personen oder Tiere um sie herum. Oft kommt es bei diesem wilden Um-sich-Schlagen zu Hautabschürfungen oder anderen Verletzungen. Ein Pferd, das ein solches Verhalten zeigt, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein medizinischer Notfall und muss umgehend von einem Tierarzt untersucht werden.
Vom Schweregrad der Symptome hängt auch ab, wie sich der Pferdebesitzer unmittelbar verhalten soll, so Dr. McCoy: „Wenn das Pferd keine heftigen Symptome zeigt, sollte man in jedem Fall das Umfeld genau betrachten: Hat das Pferd gemistet? Wie sieht der Mist aus? Hat das Pferd getrunken? Falls das Pferd nur sehr leichte Symptome zeigt, sollte man es leicht bewegen, etwa an der Hand führen. Viele Pferdebesitzer mit Erfahrung werden dem Pferd einmalig ein leichtes Schmerzmittel geben."
Doch diese Medikation sollte stets mit Bedacht und Umsicht erfolgen: Wenn sich die Symptome danach nicht besser oder sich möglicherweise sogar noch verschlechtern, ist umgehend der Tierarzt zu verständigen. Ein Pferd, das mittelgradige oder schwere Anzeichen einer Kolik zeigt, sollte raschestmöglich von einem Tierarzt angesehen bzw. untersucht werden, so Dr. McCoy weiter: „Man sollte nicht zu lange warten, bis man einen Tierarzt kontaktiert. Viele leichte Fälle, die eigentlich medikamentös behandelt werden können, landen schließlich auf dem OP-Tisch, weil man zu lange zugewartet hat."
Warum Pferde an einer Kolik erkranken – das ist, so Dr. McCoy, „die Millionen-Frage. Wir können nicht in allen Fällen eine genaue Ursache erkennen – aber wir können zumindest gewisse Risikofaktoren eingrenzen." Diese hängen in vielen Fällen mit Veränderungen der Tagesroutine zusammen – diese können den Pferde-Organismus stören und Koliken begünstigen. Diese Veränderungen können etwa durch Transporte, einen eingeschränkten Zugang zu Wasser, eine Veränderung der Futterquelle oder Futterzusammensetzung und sogar durch wechselndes Wetter verursacht werden.
Aus diesem Grund sollten Veränderungen oder Umstellungen in der Tagesroutine eines Pferdes immer nur möglichst behutsam und schrittweise durchgeführt werden: „Es gibt vieles, was wir über die Entstehung von Koliken noch immer nicht wissen, aber wir können zumindest deren Symptome erkennen und das Pferd entsprechend behandeln", so Dr. Annette McCoy. Das führe in der weitaus überwiegenden Anzahl der Kolik-Fälle zu einer guten Prognose: „75 % aller Kolikfälle in der Praxis sind medikamentös gut behandelbar. Mit einer raschen und angemessenen ärztlichen Behandlungen sind die Genesungs-Chancen von Kolik-Pferden mittlerweile recht gut.
Dr. McCoy empfiehlt ausdrücklich die ,REACT-Richtlinien' zur Kolik-Erkennung der Universität von Nottingham (siehe unseren Artikel dazu) sowie den ,Colic Risk Rater' – einen Online-Fragebogen der Universität Guelph, bei dem Pferdebesitzer insgesamt 31 Fragen in 10 Kategorien beantworten und damit das Kolik-Risiko von Pferden besser abschätzen können. Eine zweifellos gute Sache – leider bis auf weiteres nur in englischer Sprache verfügbar ...
11.05.2015 - Kolik-Symptome erkennen und richtig reagieren: 12 wichtige Fragen
Kolik-Symptome erkennen und richtig reagieren: 12 wichtige Fragen 11.05.2015 / Wissen
Wälzen oder längeres Liegen können Hinweise auf eine Kolik darstellen – das Pferd sollte dann kontinuierlich beobachtet werden. / Symbolfoto: Simone Aumair Leichte Bewegung wie etwa Schritt führen ist in der Regel günstig, wenn der Verdacht auf Kolik besteht. / Symbolfoto: Simone Aumair Pferd in Kolik-Intensivbox mit Infusionsbehandlung und zusätzlicher EKG-Dauerüberwachung. / Foto: Pferdeklinik Tillysburg Viele Kolikformen können erfolgreich konservativ behandelt werden – in manchen Fällen ist jedoch eine Kolik-OP unvermeidlich. / Foto: Pferdeklinik Tillysburg
Kolik ist eine gefürchtete Erkrankung und die mit Abstand häufigste unnatürliche Todesursache bei Pferden. Wie aber erkennt man eine Kolik – und wie verhält man sich als Pferdebesitzer bei Kolik-Verdacht richtig? Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer geben Antwort auf die wichtigsten Fragen rund um Kolik.
Unter einer „Kolik“ versteht man Schmerzen im Bauchraum. Diese Schmerzen können in verschiedenen Organen lokalisiert sein und verschiedene Ursachen haben:
• Darm: Darmkrampf („Spastische“ Kolik), Verstopfungen, Blähungen, Darmverschluss, etc.
• Magen: Magengeschwüre, Magenüberladung, etc.
• Blase
• Niere
• Eierstöcke
• Bauchfell
• Gallengänge
• Blutgefäße
Es gibt aber auch noch andere Erkrankungen und Zustände, die mit „kolikähnlichen“ Symptomen einhergehen können: z.B. Kreuzschlag, Geburt, Kreislaufprobleme, etc… Woran aber kann man eine Kolik verlässlich erkennen, und wie reagiert man richtig bei Verdachtsfällen? Auf diese und weitere wichtige Fragen geben die Tierärzte Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer Antwort.
1) Wie erkennt man Kolik?
Die Symptome bei Kolik können durchaus vielfältig sein: Appetitlosigkeit bis hin zur völligen Futterverweigerung, Niederlegen, Festliegen, Wälzen, Umsehen nach dem Bauch, Scharren, Schwitzen, Unruhe, beschleunigte Atmung, häufiger Harnabsatz. Aber auch Müdigkeit, auffallend „ruhiges“ Verhalten und längeres Liegen können auf Kolik hindeuten. Bei sehr hochgradiger Kolik kann es auch zum Einnehmen unnatürlicher Stellungen (Hundesitzige Stellung, sägebockartige Stellung) bis hin zum rücksichtslosen „Sich-Hinwerfen“ kommen.
2) Welche Ursachen gibt es für Kolik?
Die mit Abstand häufigste Ursache sind Futter- und Fütterungsfehler
Weitere Ursachen bzw. Kolik begünstigende Faktoren sind:
• Zahnprobleme
• Parasiten („Würmer“)
• Magen („Magengeschwüre“)
• Infektionen
• Wetter (insbesondere Wetterumschwünge)
• Bewegungsmangel
• Stress
3) Welche Futter- und Fütterungsfehler können zu Kolik führen?
Falsche Futterqualität: Verdorbenes bzw. verschimmeltes Futter (Verstopfungen, Blähungen, Rupturen, Darmentzündungen, Hufrehe,…); zu frisches Heu bzw. zu frischer Hafer (Durchfall, Blähungen, Hufrehe); erwärmtes Grünfutter (Blähungen); faulige Futtermittel (Durchfall, Hufrehe); gefrorene Futtermittel (Durchfall, Hufrehe); Stroh mit hohem Windhalmanteil (Dünndarmverstopfung); Giftpflanzen
Falsche Futterauswahl: Zu rohfaserarme und dafür zu stärkereiche Futtermittel (z.B. Weizen, Roggen,…) – es kommt zu Fehlgärungen, Magen- und Darmkatarrhen, Blähungen, Magenüberladung,…; einseitige Verwendung von rohfaserreichen Futtermitteln (z.B. reine Strohfütterung) – es kommt zu Verstopfungen, v.a. des Blinddarmes und/oder des Grimmdarmes.
Falsche Futterzubereitung: Zu kurz gehäckseltes Stroh (unter 2-3 cm) – Verstopfungen von Dünn-, Blind- und/oder Grimmdarm; zu kurz geschnittenes Gras (z.B. vom Rasenmäher) – Dünndarmverstopfung (verfilzter Darminhalt); nicht eingeweichte Trockenschnitzel – Schlundverstopfung, Magenüberladung, Ruptur.
Falsches Futtermanagement: Zu wenige Mahlzeiten, v.a. auch mit zu großen Mengen leichtverdaulicher Futtermittel (Kraftfutter) – Fehlgärungen im Magen, Übersäuerung des Blinddarms, wechselnde Fresslust, Hufrehe; unkontrollierte, übermäßige Futteraufnahme; plötzlicher Futterwechsel; zu starke körperliche Belastung unmittelbar nach der Fütterung; zu kaltes Wasser für durstige Pferde; zu große Wasseraufnahme während des Fressens; Wassermangel (und vermehrtes Schwitzen).
4) Wie verhalte ich mich bei Kolik?
Eine Kolik ist immer ein Notfall und muss dementsprechend ernst genommen werden. Die Pferde sollten kein weiteres Futter mehr zu sich nehmen (Futter wegnehmen), Wasser darf aufgenommen werden. Ideal ist in den meisten Fällen leichte Bewegung, z.B. Schritt führen. Falls das Pferd nur sehr ruhig ist und nichts frisst, empfiehlt es sich, die Körpertemperatur zu messen (Normal ist 37,5° - 38°), denn immer wieder haben solche Pferde keine Kolik, sondern sie fressen nicht, weil sie Fieber haben. Bei einer Kolik sollte immer ein Tierarzt konsultiert werden.
5) Wie verhalte ich mich bis zum Eintreffen des Tierarztes?
Kein Futter mehr verabreichen bzw. Futter wegnehmen; kontinuierliche Beobachtung des Patienten; leichte Bewegung ist in der Regel günstig (z.B. Schritt führen, selber bewegen lassen auf Reitplatz oder in Reithalle – Pferd darf sich hinlegen und auch wälzen); bei Schwitzen kann das Pferd zugedeckt werden.
6) Worüber sollte man nachdenken?
Kommt eine Einlieferung des Pferdes in eine Klinik in Frage, falls dies sinnvoll und notwendig ist? Für den Fall, dass eine Operation nötig wäre, kommt dies überhaupt in Frage? Wie kann das Pferd schnellstmöglich in eine Klinik transportiert werden? Falls das Pferd im Stall bleibt: Wie kann das Pferd überwacht werden und von wem? Gibt es die Möglichkeit, das Pferd einige Zeit kontinuierlich/regelmäßig zu überwachen – auch in der Nacht?
7) Wird jedes Pferd, das wegen Kolik in eine Klinik kommt, operiert?
Nein, operiert wird nur, wenn es notwendig ist. Aber in einer Klinik kann oft eine umfangreichere und genauere Kolikdiagnostik gemacht werden und dann entsprechend gezieltere Maßnahmen/Therapien durchgeführt werden. Viele Kolikformen können dann durchaus erfolgreich konservativ behandelt werden, z.B. durch die Verabreichung von großen Flüssigkeitsmengen mittels Infusion, etc… Wichtig ist aber, dass das Pferd rechtzeitig in die Klinik gebracht wird. Dies erhöht in der Regel die Heilungschancen erheblich und zwar sowohl für operative als auch für konservative Fälle. Ein Pferd mit Kolik, das nach dem ersten Besuch des Tierarztes nicht geheilt ist, ist im Regelfall ein Patient für die Klinik – es sei denn, dass eine exakte Diagnose gestellt werden kann und die diagnostizierte Kolikform ambulant gut behandelbar ist.
8) Was muss man bei der Fütterung beachten, um Koliken vorzubeugen?
Richtige Fütterung: Besser mehrere kleine Portionen als wenige größere Portionen füttern; Pferde nicht direkt vor dem Reiten füttern; immer zuerst Raufutter (z.B. Heu,…) füttern, dann erst Kraftfutter; nicht zu viel Kraftfutter füttern (Menge sollte sich an der tatsächlichen Arbeitsbelastung des Pferdes ausrichten). Qualitativ gutes Futter und qualitativ gute Einstreu verwenden. Qualitativ gutes Wasser anbieten. Das Pferd sollte 24 Stunden am Tag freien Zugang zu sauberem Wasser haben. Bei kalten Temperaturen empfiehlt es sich, das Wasser zu temperieren, um die Aufnahme von genügend Wasser zu gewährleisten.
9) Was muss ich bei Futterumstellungen beachten?
Etwaige Umstellungen (auch jährlicher Beginn des Koppelganges) sollten immer langsam erfolgen, damit sich das Verdauungssystem des Pferdes (und die darin enthaltene Bakterienflora) allmählich an die neue Fütterung gewöhnen kann. Zu rasche Futterumstellungen sind eine ganz typische Kolikursache.
10) Wie kann man (außer durch korrekte Fütterung) sonst noch Koliken vorbeugen?
• Regelmäßige Zahnkontrollen (mind. 1x jährlich)
• Regelmäßige Kotproben und bei Bedarf Entwurmungen
• Regelmäßige und ausreichende Bewegung
11) Warum sind Parasiten ein Problem?
Parasiten können den Verdauungstrakt erheblich schädigen bzw. die Verdauung stören und zwar durch:
• Entzündungen des Darmes bzw. der Darmwand (v.a. bei Bandwürmern,…)
• Verletzungen der Darmgefäße (z.B. Gefäßverschluss – daraus kann ein Absterben von Teilen der Darmwand resultieren)
• Verstopfungen durch zu viele Parasiten (z.B. bei Spulwürmern,…)
12) Kann man das Entstehen einer Kolik verhindern?
Nein, man kann das Entstehen einer Kolik nicht immer verhindern, aber man kann durch vorbeugende Maßnahmen das Risiko reduzieren; und durch richtiges Verhalten bei Kolik die Heilungschancen verbessern.
Autoren:
Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer
Pferdeklinik Tillysburg
4490 St. Florian
www.pferdeklinik.at
13.01.2017 - Studie bestätigt: Gute Chancen für Pferde nach Kolik-OP
Studie bestätigt: Gute Chancen für Pferde nach Kolik-OP 13.01.2017 / News
Eine Kolik-OP zählt zu den schwersten und komplizierten Operationen in der Pferdemedizin – doch operierte Pferde haben durchaus gute Heilungschancen, so die aktuelle Studie. / Foto: Redwings Horse Sanctuary
Finnische Wissenschaftler konnten in einer Langzeit-Studie bestätigen, daß die meisten Pferde sich gut von einer Kolik-Operation erholen und sogar wieder erfolgreich im Turniersport eingesetzt werden können.
Eine Kolik-Operation zählt zu den schwersten und kompliziertesten Operationen in der Pferdemedizin – und ist für das Pferd ein tiefgreifender und belastender Eingriff, der auch zu nachfolgenden Komplikationen führen kann. Informationen über die Heilungschancen und die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten nach einer Kolik-OP sind daher sowohl für die behandelnden Tierärzte, als auch für die Pferdebesitzer von großem Interesse – doch ausgerechnet zu diesen wichtigen Punkten gibt es nur wenig gesichertes Wissen und eine geringe Zahl wissenschaftliche Studien.
Diesen Informationsmangel wollten finnische Wissenschaftler nicht länger hinnehmen – und haben in einer aufwändigen Langzeit-Studie analysiert, was aus den Pferden geworden ist, die an der Veterinärmedizinischen Universität Helsinki zwischen 2006 und 2012 einer Kolik-Operation unterzogen wurden. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, wie erfolgreich diese Operationen generell verlaufen sind, ob es postoperative Komplikationen gab und wie die langfristigen Heilungschancen dieser Pferde sind bzw. waren.
Insgesamt konnten Daten von 236 kolik-operierten Pferden in die Untersuchung aufgenommen werden. Wie die Auswertungen zeigten, waren die Kolik-Operationen zum überwiegenden Teil erfolgreich: 195 der 236 Pferde (das sind 82,6 %) erholten sich von der Narkose – und 146 davon konnten geheilt aus der Klinik entlassen werden (das sind 74,9 % von 195 Pferden). 41 Pferde – das sind 17,4 % – mussten während der Operation eingeschläfert werden, 49 Pferde (20,8 %) verstarben nach der OP in der Tierklinik.
Der Beobachtungs-Zeitraum der Studie umfasste insgesamt acht Jahre und 10 Monate – die dabei ermittelte durchschnittliche Lebenszeit der operierten Pferde betrug nach der OP 79,2 Monate, also rund sechseinhalb Jahre. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Kolik-OP lag bei 8,9 Jahren, wobei sich das Alter der Pferde zwischen nur 4 Tagen und 22,2 Jahren bewegte. Die am häufigsten vertretene Rasse waren Warmblüter, die insgesamt 38,6 % aller in der Studie erfassten Pferde ausmachten.
Zu den überraschenden Ergebnissen zählte der hohe Anteil an Pferden, die es wieder zurück in den Turniersport schafften: Vier von fünf entlassenen Pferden (83,7 %) gelang ein erfolgreiches Comeback in ihrer vorherigen bzw. angestrebten Disziplin – und 78,5 % konnten in dieselbe oder eine höhere Leistungsklasse wie vor der OP zurückkehren. Das Alter des Pferdes, die Art der Kolik (Dickdarm- oder Dünndarmkolik) oder das Auftreten sonstiger postoperativer Kolik-Symptome hatten dabei keinen nachweislichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, wieder im Turniersport Anschluss zu finden.
Kolik-operierte Pferde hatten im Beobachtungszeitraum 0,18 Kolik-Episoden pro Pferde-Jahr, was bemerkenswert wenig ist. Es stellte sich jedoch das erste Jahr nach der Kolik-OP als besonders kritisch heraus – in diesem Jahr haben immerhin 20 % der Pferde eine neuerliche Kolik-Erkrankung. Dabei war die Art der Kolik bzw. der Ort ihres Auftretens von erheblichem Einfluss: Wie die Daten zeigten, war die Wahrscheinlichkeit einer postoperativen Kolik bei Pferden mit einer Dickdarmkolik 3,3 Mal so hoch als bei Pferden, die aufgrund einer Dünndarmkolik operiert worden waren.
Auch die meisten Pferdebesitzer (96,3 %) waren mit der tierärztlichen Versorgung ihrer Vierbeiner zufrieden, fast alle (98,5 %) bewerteten die Erholung nach der Kolik-Operation als zufriedenstellend oder besser.
Insgesamt kamen die Forscher zu einem positiven Resümee: „Wenn das Pferd nach einer Kolik-OP als geheilt aus der Klinik entlassen wird, dann sind die langfristigen Überlebenschancen und die Aussichten, seine sportliche Tätigkeit wieder auf dem früheren Leistungsniveau ausüben zu können, durchaus gut. Keiner der untersuchten Faktoren hat nachweislich die Wahrscheinlichkeit eines sportlichen Comebacks in der gleichen oder der gewünschten Disziplin nach einer Kolik-OP beeinträchtigt. Die Mehrzahl der Pferde konnte seine frühere Aktivität nach einer Kolik-OP wieder aufnehmen und mehrere Jahre lang zufriedenstellend ausüben."
Die Daten zeigten auch, daß die in der Studie erfassten Pferde eine 1,7 Mal höhere Wahrscheinlichkeit hatten, neuerlich an einer Kolik zu erkranken, als Pferde ohne Kolik-OP – auch das ist eine bemerkenswert niedrige Zahl: „Frühere Untersuchungen haben ergeben, daß kolik-operierte Pferde ein 2,8 bis 7,6 Mal höheres Risiko haben, neuerlich an einer Kolik zu erkranken, jeweils im Vergleich zu nicht-operierten Pferden."
Die Studie „Long-term follow-up on recovery, return to use and sporting activity: a retrospective study of 236 operated colic horses in Finland (2006–2012)" von Isa Anna Maria Immonen, Ninja Karikoski, Anna Mykkänen, Tytti Niemelä, Jouni Junnila und Riitta-Mari Tulamo ist am 5. Jänner 2017 in der Zeitschrift ,Acta Veterinaria Scandinavica" erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
08.12.2015 - Pferdedarm reagiert empfindlich auf Heu-Umstellung
Pferdedarm reagiert empfindlich auf Heu-Umstellung 08.12.2015 / News
Der Pferdedarm reagiert sehr sensibel auf eine abrupte Umstellung der Heu-Sorte, so eine französische Studie. / Foto: Archiv
Eine abrupte Veränderung der Heu-Sorte kann zu deutlichen Störungen der Darmflora bei Pferden führen und das mögliche Risiko einer Kolik erhöhen, das haben französische Forscher in einer neuen Studie nachgewiesen.
In früheren Untersuchungen konnte gezeigt werden, daß eine abrupte Veränderung der Heu-Sorte ein wesentlicher Risikofaktoren für Kolik ist – und daß Störungen des mikrobiellen Ökosystems im Pferdedarm eine Kolik auslösen können. Noch nicht geklärt war jedoch die Frage, ob die Umstellung auf eine andere Heu-Qualität das mikrobielle Ökosystem des Dickdarms beeinträchtigt. Dieser Frage gingen Wissenschaftler des Forschungsinstituts Agrosup Dijon rund um Pauline Grimm nach – und untersuchten dabei auch, ob die Gabe eines Hefe-Ergänzungsfutters während der Heu-Umstellung die Darmflora in irgendeiner Weise beeinflusst.
Das Forscherteam verwendete für seine Untersuchung sechs Pferde, die in zwei Gruppen geteilt wurden und jeweils eine fix definierte Futter-Ration (80 % Heu, 20 % Kraftfutter) erhielten. In den Untersuchungsperioden erhielten jede Gruppe zuerst vier Wochen lang ihre Ration mit Heu-Variante 1, anschließend drei Wochen lang mit Heu-Variante 2. Zusätzlich erhielt eine der beiden Gruppen ein Hefe-Ergänzungsfutter (Saccharomyces cerevisiae, 1g pro Tag) jeweils mit der Morgen-Ration. Blinddarm und Dickdarm-Proben wurden regelmäßig gesammelt, um Änderungen des mikrobiellen Ökosystems im Pferdedarm festzustellen.
Tatsächlich zeigte sich am ersten Tag, also unmittelbar nach der abrupten Heu-Umstellung, eine deutliche Zunahme der Bakterien Bacteroidetes sowie ein Trend zur Zunahme von Firmicutes im Blinddarm, ebenso ein signifikanter Anstieg der freien Fettsäuren und der Säurekonzentration im Dickdarm. Acht Tage nach der Umstellung war ein signifikanter Rückgang der Bacteroidetes sowie ein Trend zur Zunahme der Firmicutes im Dickdarm festzustellen. Pektinolytische Bakterien im Blinddarm zeigten nach acht Tagen einen deutlichen Anstieg, ebenso die Proprionsäure-Konzentration im Dickdarm nach 15 Tagen.
Die abrupte Heu-Umstellung verursachte also erhebliche Veränderungen bzw. Störungen der Darm-Flora – während die Gabe des Hefe-Ergänzungsfutters keinerlei messbare Auswirkungen auf das mikrobielle System des Pferdedarms nach sich zog. Die Forscher abschließend: „Obwohl die beiden Heu-Sorten hinsichtlich Zusammensetzung und Qualität eng beisammen lagen, konnten eindeutige Veränderungen unmittelbar nach der Umstellung beobachtet werden – was zeigt, daß das mikrobielle Ökosystem des Pferdedarms empfindlich auf solche Veränderungen reagiert. Es sollten weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um abschätzen zu können, in welchem Ausmaß derartige Störungen des mikrobiellen Ökosystems zu Koliken führen können – und um zu verstehen, wie Hefe-Ergänzungen eingesetzt werden können, um diese Störungen zu minimieren."
Die Studie „Effect of yeast supplementation on hindgut microbiota and digestibility of horses subjected to an abrupt change of hays" von P. Grimm, V. Julliand, C. Philippeau und S. Sadet-Bourgeteau ist im Journal ,Livestock science' im November 2015 erschienen und kann in einer kurzen Zusammenfassung hier nachgelesen werden (in englischer Sprache).
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