News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Diese drei Dinge können Boxenhaltung für Pferde etwas erträglicher machen
06.09.2019 / News

Die Haltung in Einzelboxen ist nicht ideal – dennoch können gewisse Faktoren mithelfen, das Wohlbefinden der Pferde zumindest ein wenig zu verbessern.
Die Haltung in Einzelboxen ist nicht ideal – dennoch können gewisse Faktoren mithelfen, das Wohlbefinden der Pferde zumindest ein wenig zu verbessern. / Symbolfoto: Archiv

Boxenhaltung ist vor allem bei Sportpferden noch immer weit verbreitet – obwohl sie erhebliche Nachteile für Pferde hat. Doch wie kann man das Leben von Boxenpferden zumindest etwas angenehmer machen? Eine französische Studie hat immerhin drei derartige Faktoren entdeckt.

 

Boxenhaltung ist für Pferde nicht ideal – das ist den meisten Pferdehaltern durchaus bekannt und auch wissenschaftlich gut belegt. Die Haltung von Pferden in Einzelboxen schränkt vitale Grundbedürfnisse von Pferden – insbesondere jene nach freier Bewegung, kontinuierlicher Futtersuche und vielfältigen Sozialkontakten – und damit auch ihr Wohlbefinden deutlich ein. Wie die AutorInnen der aktuellen Studie bestätigen, lässt sich dieses geminderte Wohlbefinden an insgesamt vier Verhaltens-Äußerungen festmachen, die mit langdauernder Boxenhaltung vielfach einhergehen: die Ausprägung von Stereotypien, Aggressivität gegenüber Menschen, Abstumpfung gegenüber der Umwelt und stressbedingte Verhaltensweisen.

Weshalb die Haltung in Einzelboxen trotzdem immer noch weit verbreitet ist und – je nach Land – zwischen 32 und 90 % der Sportpferde betrifft, ist im Wesentlichen darin begründet, dass diese Haltungsform praktikabel, sicher und für den Halter, aber auch die Pferde gewisse Vorteile hinsichtlich Handling und Management bietet. Sie gilt als bewährt und als gut machbar bzw. bewältigbar – weshalb viele Pferdebesitzer nur sehr widerwillig bereit sind, neue Formen wie etwa Aktiv- oder Offenstallsysteme auszuprobieren.

In ihrer Studie wollten die französischen Forscher herausfinden, ob sich diese negativen Effekte der Boxenhaltung durch bestimmte Faktoren beeinflussen bzw. abmildern lassen. Insgesamt zwölf Einzelfaktoren wurden von den Wissenschaftlern in dieser Hinsicht unter die Lupe genommen: nämlich Geschlecht, Alter, die Reitsport-Disziplin (Dressur, Springen, Vielseitigkeit), das Leistungsniveau, die Zahl der gestarteten Turniere, die Intensität des Reitens, die Häufigkeit des Longierens bzw. der Bewegung in der Schrittmaschine, das Vorhandensein eines Boxenfensters als Anbindung zur Außenwelt, das Vorhandensein eines vergitterten Fensters zur Nachbarbox, das Einstreu-Material, die Zahl der täglichen Futtergaben (drei oder vier pro Tag) sowie die Futtermenge.

Insgesamt wurden in die Studie 187 Warmblut-Sportpferde aufgenommen, die in vier unterschiedlichen Stallgebäuden in Einzelboxen untergebracht waren, ohne Zugang zu Koppeln oder Weiden. Sämtliche Boxen waren 9 Quadratmeter groß und wurden täglich ausgemistet. Die individuellen Merkmale der Haltung und diverse Management-Faktoren variierten jedoch – so hatten etwa einige der Boxen Außenfenster, anderen hatten Gitterfenster zwischen den Boxen, die visuellen und eingeschränkten physischen Kontakt zu den Nachbarpferden zuließen. Einige Pferde hatten Stroh als Einstreu – und die Pferde erhielten je nach körperlicher Verfassung und Aktivität unterschiedliche Mengen an Kraftfutter.

Jedes Pferd wurde – über einen Zeitraum von insgesamt neun Monaten – an insgesamt 50 nicht aufeinanderfolgenden Tagen von der wissenschaftlichen Leiterin Alice Ruet begutachtet. Ruet gilt als fachkundige und erfahrene Spezialistin für Pferdeverhalten – und untersuchte, ob die Pferde bei der Kontrolle unterschiedliche Verhaltensweisen zeigt, die auf ein eingeschränktes Wohlbefinden hindeuteten, etwa Koppen oder Weben, Aggressionen oder Teilnahmslosigkeit. Jedes Pferd wurde an den Untersuchungstagen zumindest fünf Mal untersucht.

„Es ist – um die durch die Einzelboxen-Haltung verursachten Einschränkungen abzumildern – ein verlockender Gedanke, dass einige Haltungs- oder Management-Faktoren sich positiv auf das Wohlbefinden von Pferden auswirken könnten. Dies könnte etwa bei einer erhöhten physischen Aktivität der Fall sein, sei es durch Reiten, Longieren oder der Bewegung in der Schrittmaschine – oder durch bestimmte Einrichtungen in der Box, etwa einem vergitterten Fenster zum Nachbarpferd“, so die Autoren. Doch diese Hoffnung bewahrheitete sich nicht: „Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall ist.“

Und weiter: „Insgesamt kommt diese Studie zum Ergebnis, dass die durch die räumlichen, sozialen und ernährungstechnischen Einschränkungen dieses Haltungssystems bedingten negativen Auswirkungen nicht durch kleine Fenster oder Gitter in der Box oder durch Änderungen der Managementpraktiken gemildert werden können."

Zu diesem generellen Befund gibt es eine kleine, aber dennoch interessante Ergänzung – denn unter den zwölf untersuchten Haltungs- bzw. Management-Faktoren gab es immerhin drei, die zumindest einen gewissen Einfluss auf die Verbesserung des individuellen Wohlbefindens erkennen ließen: nämlich das Vorhandenseins eines Außenfensters zur Umwelt, die Verwendung von Stroh als Einstreu und eine geringere Menge Kraftfutter: Jene Pferde, die während der gesamten Untersuchungsdauer ein Außenfenster in ihrer Box hatten sowie jene, die auf Stroh gehalten wurden, waren weniger aggressiv als Pferde, die kein Fenster hatten bzw. auf anderer Einstreu gehalten wurden. Pferde auf Stroh-Einstreu zeigten auch häufiger eine Körperhaltung der Wachsamkeit. Mit der Menge des täglich verabreichten Kraftfutters schien hingegen der Ausdruck oraler Stereotypien zuzunehmen – je geringer die Kraftfuttermenge, desto seltener waren solche Verhaltensweisen festzustellen.

Dennoch haben diese drei vorteilhaften Faktoren, wie die Forscher anmerkten, nur begrenzte Auswirkungen. „Je länger Pferde in Einzelboxen leben, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie eine anhaltende Teilnahmslosigkeit gegenüber der Umwelt zeigen." Das zentrale Resümee der Wissenschaftler: „Um das Wohlergehen der Pferde zu erhalten, erscheint es notwendig, freie Bewegung, Sozialkontakte mit anderen Pferden und Rauhfutter-Aufnahme so oft wie möglich zuzulassen, um die natürlichen verhaltensbezogenen und physiologischen Grundbedürfnisse der Pferde in ausreichender Weise zu befriedigen".

Die Studie „Housing Horses in Individual Boxes Is a Challenge with Regard to Welfare" von
Alice Ruet, Julie Lemarchand, Céline Parias, Núria Mach, Marie-Pierre Moisan, Aline Foury, Christine Briant und Léa Lansade ist am 28. August in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen