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Tierschützer schlagen Alarm: Weltweite Esel-Population könnte zusammenbrechen
26.11.2019 / News

Die Esel-Populationen in vielen Ländern der Welt sind gefährdet – wegen der unersättlichen Gier Chinas nach der Gelatine in ihrer Haut.
Die Esel-Populationen in vielen Ländern der Welt sind gefährdet – wegen der unersättlichen Gier Chinas nach der Gelatine in ihrer Haut. / Foto: The Donkey Sanctuary

Die internationale Tierschutzorganisation ,The Donkey Sanctuary’ schlägt in einem aktuellen Bericht Alarm: Esel befinden sich in einer globalen Krise, in einer Reihe von Ländern droht der Zusammenbruch der Population. Der Grund ist Chinas schier unersättlicher Bedarf nach der Gelatine, die aus der Eselhaut gewonnen und zum Heilmittel Ejiao verarbeitet wird.
 
Der aktuelle Bericht von ,The Donkey Sanctuary’ trägt den bezeichnenden Titel ,Under the Skin’ – und er geht im wahrsten Sinn des Wortes unter die Haut. Die weltweiten Recherchen der Organisation haben ergeben, dass die lokalen Eselpopulationen in einer Reihe von Ländern zusammengebrochen sind – und mittlerweile von einer globalen Krise gesprochen werden muss.

Der Grund für die enome Nachfrage nach Eseln in China hat eine einfache Erklärung: Aus der Eselhaut wird Gelatine gewonnen, die ein wesentlicher Bestandteil des Heilmittels Ejiao in der Traditionellen Chinesischen Medizin ist. Ejiao gilt in China als äußerst populäres Medikament gegen eine Vielzahl von Beschwerden und wird insbesondere als Blut-Tonikum eingesetzt: Es soll den Blutkreislauf verbessern und die Blutzellenbildung fördern. Es wird bei Blutarmut, Menstruations- und Kreislaufproblemen ebenso verwendet wie bei Schlaflosigkeit, Schnupfen und Erkältungen. Ejiao wird üblicherweise in Form von Gelatine-Blocks oder von Kügelchen angeboten. Die Gelatine wird oft in heißem Wasser oder Alkohol aufgelöst oder auch in Form von Salben für die Behandlung von Beingeschwüren eingesetzt.

Die riesige Nachfrage nach Ejiao in den letzten 25 Jahren dazu geführt, dass die Esel-Population in der Volksrepublik China dramatisch geschrumpft ist. Längst kann das Land den enormen Bedarf nicht mehr im Inland decken – und geht auf weltweite Einkaufstour, in Afrika, Asien und Südamerika. Doch Chinas Gier nach den Eselhäuten stößt auch dort mittlerweile an Grenzen. ,The Donkey Sanctuary’ schätzt, dass für die Ejiao-Produktion jährlich rund 4,8 Millionen Eselhäute benötigt werden – ein Volumen, mit dem die Zucht längst nicht mehr mithalten kann, was zu einer fortschreitenden Dezimierung vieler nationaler und lokaler Populationen geführt hat. Allein in China wurde der Eselbestand von 11 Millionen im Jahr 1992 auf aktuell 2,6 Millionen dezimiert – ein Rückgang um 76 %. Seit 2007 sind aber auch die Eselpopulationen in Brasilien um 28%, in Botswana um 37% und in Kirgisistan um 53% zurückgegangen.

,The Donkey Sanctuary’ fordert nun dringend, den weitgehend unregulierten weltweiten Handel mit Eselhäuten einzustellen, bevor in einigen Gebieten Esel praktisch ausgelöscht werden. Mit knapp fünf Millionen Häuten, die jedes Jahr für die Ejiao-Produktion benötigt werden, würde die Branche in den nächsten fünf Jahren mehr als die Hälfte der derzeitigen weltweiten Eselpopulation benötigen, um den Bedarf zu decken. Ein völliger Zusammenbruch vieler Bestände wäre die unausweichliche Folge, was sich dramatisch auf den Lebensunterhalt von geschätzten 500 Millionen Menschen in einigen der ärmsten Regionen der Welt auswirken würde, in denen Esel nach wie vor ein unverzichtbares Transportmittel sind. Mit ihnen werden  Waren zum Markt gebracht, sie transportieren Wasser und Holz, bieten Zugang zu Bildung und sind eine wichtige Einnahmequelle für kleine Gewerbetreibende und Landwirte, insbesondere für Frauen.

Der Bericht enthüllt zudem entsetzliche Missstände hinsichtlich Tierschutz und Hygiene in jeder Phase des Handels mit der Eselhaut, sowohl in seiner legalen als auch in seiner illegalen Form. Zehntausende von Eseln, von denen viele gestohlen wurden, werden zusammengetrieben, um lange Fahrten zu Schlachthöfen mit überfüllten Lastwagen zu überstehen, ohne Zugang zu Nahrung, Wasser oder Ruhe zu haben. Bis zu 20% der Tiere kommen bereits beim Transport ums Leben. Die Nachfrage nach den Fellen ist so hoch, dass auch trächtige Stuten und Jungfohlen sowie kranke und verletzte Esel entgegen den internationalen Tierschutzrichtlinien wahllos gefangen und in Schlachthöfe gebracht werden.

Die Bedingungen dort sind vielfach entsetzlich. Der Naivasha-Schlachthof in Kenia wurde sofort geschlossen, nachdem Zeugen Aufnahmen von toten und sterbenden Eseln, einige mit offenen, von Maden befallenen Wunden, aufgenommen hatten. Im brasilianischen Bahia wurden 800 Esel in engen Gehegen aufgefunden, die dem Hungertod nahe waren, zusammen mit Hunderten von verrottenden Kadavern, die die einzige Wasserquelle verunreinigt hatten. Mehr als 60.000 Esel starben in diesem Jahr in Westafrika auf jenen Handelsrouten, die nach Angaben der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH, World Organisation for Animal Health) mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Eselhaut-Handel verbunden sind.

The Donkey Sanctuary hat auch Zusammenhänge zwischen dem Eselhaut-Handel und Wildtierkriminalität aufgedeckt – einige Händler bieten Eselhäute zum Verkauf auf Online-Plattformen an, die auch illegale Wildtierprodukte wie Elfenbein, Pangolin-Schuppen und Nashorn-Horn verkaufen. In einem Fall wurden Tigerhäute unter Eselshäuten versteckt gefunden.

,The Donkey Sanctuary’ ruft die Ejiao-Industrie dazu auf, die Verbindungen zum globalen Hauthandel zu kappen und sich auf nachhaltigere Rohstoffquellen zu konzentrieren, wie sie etwa die sogenannte ,zelluläre Landwirtschaft’ bieten könnte. Dabei werden Fleisch- oder auch Hautzellen künstlich im Labor gezüchtet und kultiviert – ohne dass ein lebendes Tier sterben muss. Die Organisation appelliert auch an die chinesischen Regierung, die Einfuhr von Eseln und ihren Fellen auszusetzen, bis sichergestellt werden kann, dass beide frei von Krankheiten, human, nachhaltig und sicher sind und die nationalen Regierungen sofort Schritte unternehmen, um den Handel zu stoppen.

Mike Baker, Geschäftsführer von ,The Donkey Sanctuary’: „Das durch den Eselhaut-Handel verursachte Leiden hat ein enormes und inakzeptables Ausmaß erreicht. Es beschränkt sich nicht nur auf Esel, sondern bedroht auch den Lebensunterhalt von Millionen von Menschen. Der Hauthandel ist die größte Bedrohung für das Wohlergehen von Eseln, die wir je gesehen haben. Es muss dringend gehandelt werden.“

Den vollständigen Bericht ,Under the skin’ von ,The Donkey Sanctuary’ kann man hier in englischer Originalfassung nachlesen.

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