News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Thermografie zeigt: Darum sind Longierhilfen beim Pferd sinnvoll
08.12.2019 / News

Hier ist die Kopf-Hals-Partie in den vier untersuchten Longier-Varianten zu sehen: mit frei beweglichem Kopf (A), mit Chambon (B), mit Gummi-Ausbinder (C) sowie mit Dreieckszügel (D). (Anmerkung: Gelb und Rot zeigen höhere Temperaturbereiche an, Grün und Blau niedrigere.)
Hier ist die Kopf-Hals-Partie in den vier untersuchten Longier-Varianten zu sehen: mit frei beweglichem Kopf (A), mit Chambon (B), mit Gummi-Ausbinder (C) sowie mit Dreieckszügel (D). (Anmerkung: Gelb und Rot zeigen höhere Temperaturbereiche an, Grün und Blau niedrigere.) / Foto: Malgorzata Maśko et.al.
Diese Thermografie-Aufnahmen zeigen sechs wesentliche Muskelpartien nach einer Trainingseinheit: ganz oben bei einem Pferd mit frei beweglichem Kopf (Bilder A–F), darunter mit Gummi-Ausbinder (Bilder G bis L), mit Chambon (Bilder M bis R) und mit Dreieckszügel (Bilder S bis X).
Diese Thermografie-Aufnahmen zeigen sechs wesentliche Muskelpartien nach einer Trainingseinheit: ganz oben bei einem Pferd mit frei beweglichem Kopf (Bilder A–F), darunter mit Gummi-Ausbinder (Bilder G bis L), mit Chambon (Bilder M bis R) und mit Dreieckszügel (Bilder S bis X). / Foto: Malgorzata Maśko et.al.

Polnische Wissenschaftler haben mit Hilfe von Thermografie-Aufnahmen die Auswirkungen von Longierhilfen auf wichtige Muskelpartien des Pferdes untersucht – und kamen zu einem eindeutigen Ergebnis: Longierhilfen leisten einen positiven Beitrag zur Muskel-Aktivierung und sind ein insgesamt sinnvolles Tool bei Training und Ausbildung.

 

Longieren ist ein Teil der klassischen Ausbildung und wird eingesetzt, um das Gleichgewicht zu schulen und Fortschritte im Training zu erzielen – aber auch als unkomplizierte Möglichkeit der Gymnastizierung. Die allermeisten greifen dabei gerne auf Ausbinder zurück – die beliebten Longierhilfen gibt es in zahlreichen Varianten und Modellen, jede davon hat ihre spezifischen Vorzüge und Nachteile – und manche sind immer wieder Gegenstand heftiger Diskussionen. Longierhilfen können zur Regulierung der Kopf- und Halsposition eingesetzt werden, womit sich u. a. auch spezielle Muskelpartien trainieren lassen. Sie beeinflussen aber auch die Bewegung im thorakolumbalen Bereich – also im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, wo der Sattel sitzt – und auch die Bewegung der Gliedmaßen.

Wie das genau funktioniert und welche Muskelpartien dabei aktiviert werden, haben Forscher der Warschauer Universität für Lebenswissenschaften in Polen im Rahmen einer Studie untersucht, und zwar mit der Methode der Thermografie. Die Thermografie ist eine nicht-invasive, berührungslose Bildgebungstechnik, die auf der Erfassung der emittierten Infrarotstrahlung basiert, welche die Temperatur der Körperoberfläche darstellt. Diese wird im Wesentlichen durch den Muskelstoffwechsel und die Durchblutung beeinflusst.

Malgorzata Maśko und ihre Kollegen haben ausführliche Testreihen mit insgesamt 16 Freizeitpferden durchgeführt, die mittels Longearbeit in Schritt, Trab und Galopp trainiert wurden, und zwar in vier unterschiedlichen Varianten: einmal ohne Ausbindezügel mit frei beweglichem Kopf, weiters mit Gummi-Ausbinder, mit Chambon sowie mit Dreiecks-Zügel, die alle einen gewissen Einfluss auf Kopf- und Halsposition ausübten, indem sie jeweils unterschiedliche Kräfte auf Gebiss, Kopf, Brust, Bauchgurt und Widerrist übertragen. Gummi-Ausbinder und die seitlichen Dreieckszügel sorgen für eine geschlossene Kopf-Hals-Position, während diese beim Chambon offen ist.

Von jedem Pferd wurden vor und nach dem Longieren umfangreiche thermografische Aufnahmen angefertigt – insgesamt fast 900 Bilder, mit deren Hilfe die Durchschnittstemperaturen sowie Minimum-Maximum-Unterschiede für insgesamt elf Regionen in Hals, Brust, Rücken und Hinterhand festgestellt und analysiert wurden.

Beim Longieren mit Gummi-Ausbinder wurden tendenziell höhere Temperaturen im oberen Halsbereichsowie entlang der Rückenmuskulatur vom Mähnenansatz aufwärts, was anzeigt, dass diese Muskelpartien stärker beansprucht wurden. Der restliche Halsbereich zeigte niedrigere Durchschnittstemperaturen.

Beim Longieren mit Chambon waren die Durchschnittstemperaturen entlang des gesamten Halses und der Wirbelsäule höher.

Beim Longieren mit Dreieckszügeln waren die Durchschnittstemperaturen im Nackenbereich, entlang der Wirbelsäule und an der Hinterhand höher.

Insgesamt zeigte sich ein positiver Effekt von Longierhilfen auf die Variabilität der Durchschnittstemperaturen sowie der Minimal-Maximal-Differenzen in den meisten beobachteten Muskelregionen, so die Wissenschaftler. Wenn Pferde länger mit Longierhilfen trainiert wurden, zeigte sich eine geringere Variation der Temperaturen in den Regionen 2 bis 4 (also im Hals- und Nackenbereich) sowie 7 (Rückenbereich) im Vergleich zum Zustandsbild vor dem Longieren sowie zum Longieren mit frei beweglichem Kopf. Das Longieren mit Dreiecks-Zügel war sogar noch vorteilhafter, weil es zusätzlich auch das thermografische Muster in den Regionen 9 und 10 (also an der Hinterhand) veränderte. Longieren ohne Longierhilfen bzw. Ausbinde-Zügeln war mit einer geringeren Variation der Oberflächentemperaturen in den beobachteten Regionen verbunden.

Zudem habe sich die Thermografie in der Untersuchung „als nützliches Instrument zur Bestimmung von Oberflächen-Temperaturveränderungen beim Longieren von Pferden“ erwiesen, so die Forscher. Die Anwendung verschiedener Longierhilfe hat die Oberflächen-Temperaturen verändert – und damit möglicherweise auch die Beweglichkeit von Pferdehals und -rücken. Die Auswahl der optimalen Longierhilfe sei für jedes Pferd individuell zu treffen – und insbesondere auch davon abhängig, welche genauen Trainingszwecke verfolgt werden.

„Aufgrund der kleinen Größe der Untersuchungsgruppe können wir nur annehmen, dass Gummi-Ausbinder möglicherweise die Muskelaktivität von Hals und Rücken eher verringern, während Dreieckszügel eine positive Funktion bei der Aktivierung der Beweglichkeit von Hals, Rücken und Hinterhand haben“, so die Wissenschaftler. Sie kamen zu dem eindeutigen Schluss, dass „das Arbeiten von Pferden an der Longe mit Longierhilfen vorteilhafter für die Pferde ist als das Longieren mit frei beweglichem Kopf. (…) Die richtige Anwendung von Longierhilfen aktiviert die Muskulatur entlang der Wirbelsäule und erhöht die Rückenmobilität.“

Die Studie „The Pattern of Superficial Body Temperatures in Leisure Horses Lunged with Commonly Used Lunging Aids“ von Malgorzata Maśko, Lukasz Zdrojkowski, Malgorzata Domino, Tomasz Jasinski und Zdzislaw Gajewski ist am 7. Dez. 2019 in der Zeitschrift ,animals’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen