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Warum Slow-Feeder für Pferde auch in der Nacht sinnvoll sind
24.02.2020 / News

Bei den Tests kamen zwei verschiedene Slow-Feeding-Systeme zum Einsatz: Hier im Bild der ,Harmony Trickle Feeder
Bei den Tests kamen zwei verschiedene Slow-Feeding-Systeme zum Einsatz: Hier im Bild der ,Harmony Trickle Feeder' ... / Foto: http://www.harmonyfeeder.com
... und hier der sogenannten ,Pacefeeder
... und hier der sogenannten ,Pacefeeder', bei das Raufutter aus kreisförmigen Öffnungen gezupft werden muss, wobei sich der Deckel absenkt, je mehr von der Ration verzehrt wurde. / Foto: www.pacefeeder.ie

Pferde fressen rund um die Uhr und sollten auch nachts ausreichend mit der Futteraufnahme beschäftigt sein. Slow-Feeding-Systeme können dabei wertvolle Dienste leisten, wie eine aktuelle Studie herausfand.


Wenn aus gesundheitlichen Gründen bei Pferden die Futterration eingeschränkt werden muss, kommen gerne sogenannte ,Slow-Feeding-Systeme’ zum Einsatz – also unterschiedliche Methoden bzw. Vorrichtungen, um die Futteraufnahme zu verlangsamen und die Fütterungszeiten zu verlängern. Dafür stehen unterschiedlichste Varianten und Modelle zur Verfügung – vom Heunetz bis zu Kunststoff-Behältern mit diversen Lösungen für den Futterzugang. Das jeweils gewählte ,Rationierungs-System’ sollte stets individuell auf das Pferd abgestimmt werden: Was vom einen Pferd gut angenommen wird, muss beim anderen nicht ebenso funktionieren. Vor allem sollte man im Auge behalten, ob sich nach Einführung eines derartigen Fütterungs-Systems das Wohlbefinden oder das Verhalten eines Pferdes verändert oder sogar negativ beeinflusst wird – dann sollte man sich rasch eine Alternative überlegen.

Barbara Hardman, Absolventin der Royal (Dick) School of Veterinary Studies der Universität Edinburgh in Schottland hat gemeinsam mit zwei Kollegen die Wirksamkeit von zwei Slow-Feeding-Systemen näher unter die Lupe genommen – und sich dabei auf einen Aspekt konzentriert, der in der Erforschung derartiger Systeme bislang wenig Beachtung fand: nämlich auf deren Wirksamkeit während der Nacht. Nicht wenige Pferdehalter neigen dazu, die Nachtstunden nicht als Fütterungszeit zu betrachten – eine Fehlannahme, so die Wissenschaftlerin. Tatsächlich sind auch die Nächte ein wichtiger Teil jener 12 bis 16 Stunden, die ein Pferd unter natürlichen Bedingungen durchschnittlich für die Futteraufnahme aufwendet. „Die nächtliche Haltung ist eine oft übersehene Facette des Pferdemanagements“, so Hardman.

Pferde haben – im Gegensatz zu Menschen – einen nahezu kontinuierlichen Futterbedarf, der auch nachts nicht aufhört, wie Barbara Hardman bei der Präsentation ihrer Studie auf der 15. Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaft (ISES) 2019 in Guelph (Ontario, Kanada) erklärte. Ihnen sollte daher insbesondere Raufutter rund um die Uhr zur Verfügung stehen, um ihr artspezifisches Fressverhalten und eine gesunde Verdauung aufrechterhalten zu können. Jüngste Empfehlungen zeigen, dass Pferde nicht länger als vier Stunden ohne Unterbrechung ohne Futter sein sollten, so Hardman – eine Zeitspanne, die bei der nächtlichen Boxenruhe häufig überschritten wird. Wenn dieses Grundbedürfnis nicht erfüllt wird, können bei Pferden Magen-Darm-Probleme wie Koliken und Geschwüre sowie stressbedingte Erkrankungen (Stereotypien) wie Koppen und Weben auftreten.

Für ihre Studie führten Hardman und ihre Kollegen ein Forschungsprojekt mit insgesamt vier Pferden durch, die in Boxen mit Stroh-Einstreu untergebracht waren. Ziel war es, die Wirkung von Slow-Feedern auf das nächtliche Fütterungsverhalten der Pferden zu ermitteln. Die Pferde erhielten zuerst ihre normale Heulage-Ration auf dem Boden – danach kamen zwei unterschiedliche Slow-Feeding-Systeme zum Test-Einsatz, nämlich der ,Harmony Trickle Feeder’, ein Futterbehälter, bei dem das Raufutter in Bodennähe zwischen mehreren Stäben hervorgezupft werden muss – und zweitens der sogenannte ,Pacefeeder’, eine Kunststoff-Box, die mit einem Plastikdeckel mit gleichförmigen Löchern verschlossen ist, welcher sich absenkt, je mehr von der Ration aufgefressen wurde.

Das Verhalten der Pferde wurde mit Infrarot-LED-Kameras festgehalten, die alle 30 Sekunden jeweils eine Aufnahme machten, und zwar über einen Zeitraum von 16 Stunden hinweg. Die Beobachtung der Pferde erstreckte sich über einen Zeitraum von insgesamt sieben Tagen, wobei fünf Tage der Akklimsation dienten und zwei der eigentlichen Beobachtung. Bei jedem der Testdurchgänge erhielten die Pferde eine bedarfsgerechte Ration Heulage, die zuvor errechnet worden war.

Wie sich herausstellte, fraßen die Pferde signifikant häufiger, wenn die beiden Slow-Feeding-Systeme zum Einsatz kamen – es gab hingegen keine signifikanten Unterschiede, was das Ruheverhalten im Stehen (Mittelwert: 6 Stunden 47 Minuten, das Ruheverhalten im Liegen (Mittelwert: 1 Stunde 53 Minuten), Wachzeiten im Stehen (1 Stunde 37 Minuten) und Bewegungs-Phasen (17 Minuten) betrifft.

Durch die beiden Slow-Feeder kam es auch zu einer Verlängerung der Fresszeiten zwischen 95 (Harmony Trickle Feeder) und 120 % (Pacefeeder). Je nach verwendetem Fütterungssystem war sogar noch in den Morgenstunden zwischen 3 und 6 Uhr früh Heulage vorhanden, während bei der lose verstreuten Heulage die Ration meist schon zwischen 22 Uhr und Mitternacht verzehrt war. Wurde die Heulage einfach nur auf dem Boden verstreut, verbrachten die Pferde auch 72 % mehr Zeit dafür, in der Einstreu herumzustöbern und herumzusuchen, was unerwünschte Nebenwirkungen wie die Aufnahme von Fäkalien-Resten, eine vermehrte Energieaufnahme und eine Erhöhung des Kolik-Risikos haben könnte.

Das Resümee der Wissenschaftler: Die kontinuierliche, gleichsam häppchenweise Futteraufnahme durch die Verwendung von Slow-Feedern kann den Fütterungsprozess über Nacht deutlich verlängern, wodurch das Futter erheblich länger ausreicht, so Hardman. Je nach Futtertyp kann der Verzehr von Heu oder Heulage mehr als doppelt so lange dauern. Mit Pausen können die Pferde sogar noch in den frühen Morgenstunden Futter zur Verfügung haben, was ihren natürlichen Ernährungsgewohnheiten entgegenkommt und auch das Entstehen von Stereotypien vermeiden hilft.

Die Studie „A preliminary study investigating the effect of Slow/Trickle Feeders on
nocturnal feeding behaviour and time budgets of stabled horses" von B.J. Hardman, B. Lancaster und A.D. Ellis wurde im Rahmen der 15. ISES-Jahrestagung vom 19.–21. August 2019 in Guelph (Ontario, Kanada) vorgestellt.

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