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Wissenschaftler warnen eindringlich vor Selbstversuchen mit Ivermectin
11.04.2020 / News

Ivermectin wird als Entwurmungsmittel für Pferde, aber auch im Humanbereich zur Behandlung von Kopfläusen und Krätzemilben eingesetzt – es sollte aber niemals zweckentfremdet bzw. in Selbstversuchen verwendet werden, warnen Wissenschaftler.
Ivermectin wird als Entwurmungsmittel für Pferde, aber auch im Humanbereich zur Behandlung von Kopfläusen und Krätzemilben eingesetzt – es sollte aber niemals zweckentfremdet bzw. in Selbstversuchen verwendet werden, warnen Wissenschaftler. / Symbolfoto: Archiv

Nachdem Meldungen über die vermeintliche Wirksamkeit eines Entwurmungspräparats gegen das Covid-19-Virus im Internet kursieren, warnen Wissenschaftler nun eindringlich vor Selbstversuchen jeglicher Art – diese seien nicht sicher und könnten im schlimmsten Fall tödlich enden.

 

Die Verlockung war für manche Medien einfach zu groß: In den sozialen Netzwerken kursieren derzeit Meldungen über eine australische Studie, in der die möglichen antiviralen Effekte des Wirkstoffs Ivermectin – der u. a. als Entwurmungsmittel für Pferde eingesetzt wird – auf das Covid-19-Virus beschrieben wurde. „Pferdemedikament tötet Coronaviren in 48 Stunden" und ähnliches war zu lesen – was zwar nicht ganz falsch war, aber zumindest eine grobe Vereinfachung – und jedenfalls dazu angetan, bei den LeserInnen falsche Hoffnungen zu wecken (insbesondere bei jenen, die nur die Überschrift konsumieren und sich damit hinreichend informiert fühlen). Tatsächlich hatte sich in Laborversuchen herausgestellt, dass Ivermectin in der Lage war, die zellbasierte RNA des Covid-19-Virus innerhalb von 48 Stunden nahezu vollständig aus Zellkulturen zu entfernen – ein vielversprechendes Resultat, so die Forscher, das hinsichtlich des Nutzens für den Menschen weiter untersucht werden muss. Die Betonung liegt aber wohlgemerkt auf LABORVERSUCHE und ZELLKULTUREN.

Dass ein Bericht der ,Australian Broadcasting Corporation' über die Studie im wahrsten Sinn des Wortes ,viral' ging und weltweite Beachtung fand, ist in Zeiten der Corona-Pandemie nicht wirklich überraschend – auch nicht die Tatsache, dass manche Medien daraus ,Klick-Kapital' schlagen wollten. Was sich aber in den letzten Tagen in den sozialen Netzwerken rund um diese Meldungen abspielte, war nicht mehr lustig und ging nun auch einigen Wissenschaftlern entschieden zu weit: Sie sahen sich veranlasst, einige wichtige Sachverhalte klarzustellen und eindringlich davor zu warnen, dass Menschen tierische Ivermectin-Produkte kaufen, um sich selbst zu behandeln. Davon sei dringend abzuraten, denn derartige Produkte seien explizit nicht für Menschen empfohlen – und ihre Einnahme mit möglicherweise fatalen, schlimmstenfalls sogar tödlichen Folgen verbunden.

Das betont Dr. Soren Rodning, Tierarzt und Professor für Tierwissenschaften der Universität Auburn, in einer Stellungnahme auf dem Universitäts-Portal ,Alabama Extension': „Wir wissen immer noch nicht, wie effektiv eine Behandlung mit Ivermectin für COVID-19 beim Menschen wirklich ist", so Dr. Rodning. „Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass tierische Rezepturen von Ivermectin NICHT für den menschlichen Gebrauch empfohlen werden."

Dringende Warnung: „Behandeln Sie sich niemals selbst mit tierischen Ivermectin-Produkten!"
Dr. Rodning verwies zudem darauf, dass die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) entsprechende Warnhinweise auf tierischen Ivermectin-Produkten verlangt, die die Menschen davor warnen, es einzunehmen: „Die Konzentration von Ivermectin in diesen Produkten oder einige der in Tierrezepturen verwendeten inaktiven Inhaltsstoffen sind für den menschlichen Gebrauch möglicherweise nicht sicher – oder haben sich bereits in klinischen Arzneimittelstudien als nicht sicher für die Verwendung durch Menschen erwiesen", so Dr. Rodning. Seine dringende Warnung daher: „Behandeln Sie sich niemals selbst mit tierischen Ivermectin-Produkten. Ich kann das nicht genug betonen.“

Ivermectin wird lt. Dr. Rodning häufig als Antiparasitikum bei Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Pferden und Haustieren wie Hunden und Katzen eingesetzt. Natürlich gibt es auch Ivermectin-hältige Präparate in der Humanmedizin – etwa „zur Behandlung von parasitären Erkrankungen des Menschen, insbesondere in Entwicklungsländern", so Rodning. „Zum Beispiel wird es derzeit zur Behandlung einer durch Spulwürmer verursachten parasitären Krankheit eingesetzt, von der weltweit schätzungsweise 30 bis 100 Millionen Menschen betroffen sind." Der große und wichtige Unterschied bestehe jedoch darin, dass derartige Humanpräparate langjährige Tests im Labor und bei lebenden Organismen durchlaufen müssen, bevor sie für den Einsatz beim Menschen zugelassen werden.

Der feine Unterschied: ,In vitro' gegen ,In vivo'
Davon sei man bei der Bekämpfung des Covid-19-Virus aber noch weit entfernt: Die australische Studie, die in den sozialen Medien soviel Beachtung fand, war ausdrücklich eine ,In-vitro'-Studie. „In vitro bedeutet, dass die Forschung außerhalb eines lebenden Organismus durchgeführt wurde, beispielsweise in einer Petrischale", so Dr. Rodning. „In vivo wird jedoch an einem lebenden Organismus wie Mäusen, Kaninchen oder Menschen durchgeführt."

Arzneimittelstudien für Infektionskrankheiten beginnen typischerweise in vitro. Verbindungen, die positive Wirkungen zeigen, gelangen dann zu In-vivo-Studien. Dr. Rodning: „Eine frustrierende Realität für Forscher ist, dass viele Medikamente möglicherweise In-vitro-Effekte zeigen, aber nicht die gleichen Ergebnisse erzielen, wenn die In-vivo-Tests beginnen."

Ivermectin habe in den letzten Jahren gezeigt, dass es ,in vitro' eine antivirale Aktivität gegen ein breites Spektrum von Viren aufweist – doch haben sich diese Ergebnisse bei Versuchen in lebenden Organismen nicht immer bestätigt, so Dr. Rodning: „Speziell Ivermectin hat bei in vitro-Tests Aktivität gegen das Zika-Virus und das Dengue-Virus gezeigt. Bei in vivo-Tests bei Mäusen hat Ivermectin aber keine antiviralen Wirkungen gegen das Zika-Virus gezeigt." Im Rahmen einer klinischen Studie am Menschen in Thailand wurde das Medikament auch gegen das Dengue-Virus getestet, doch konnte dabei kein klinischer Nutzen festgestellt werden.

Das Fazit von Dr. Rodning: „Es gibt Grund zu der Hoffnung, dass sich Ivermectin gegen COVID-19 als nützlich erweisen könnte, aber dazu muss noch viel mehr Forschung betrieben werden", sagte Rodning. „Wir sind einfach noch nicht soweit."

Tödlicher Selbstversuch mit Malarmia-Mittel Chloroquin
Dass man mediale Schlagzeilen gerade in Corona-Zeiten gründlich missverstehen kann, hat nicht zuletzt auch das Beispiel eines älteren Ehepaares in der Umgebung von Phoenix (Bundesstaat Arizona/USA) gezeigt: Die beiden hatten als vermeintliche Vorbeugung gegen eine Covid-19-Infektion Chloroquin-Phosphat eingenommen, das u. a. zur Reinigung von Aquarien verwendet wird. Sie kamen sofort ins Krankenhaus, der Mann verstarb in der Folge, der Zustand der Frau ist weiter kritisch.

Das Malariamedikament Chloroquin, das ursprünglich in den 1940er Jahren zugelassen wurde und auch zur Behandlung der Autoimmunerkrankung Lupus und rheumatoider Arthritis eingesetzt wird, wird zusammen mit der sichereren, häufiger verwendeten Version Hydroxychloroquin zur Behandlung schwerer Symptome von COVID-19 eingesetzt, jedoch nicht als COVID-19-Prophylaxe, wie Wissenschaftler betonen.

Für Fische bestimmte Arzneimittel sind online leicht erhältlich, und viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass es sich dabei um von der FDA zugelassene Arzneimittel handelt, die auch von Menschen verwendet werden können, warnt Dr. Bradon Bookstaver, außerordentlicher Professor am Institut für Pharmazie der Universität von South Carolina in Columbia. „Diese Medikamente, einschließlich Chloroquin, sind mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, einschließlich schwerwiegender Herzbeschwerden. Sie sind nicht von der FDA zugelassen, nur für Fische bestimmt und sollten niemals beim Menschen angewendet werden“, meinte er gegenüber dem Portal ,Pharmacy Practical News'.

Dieses tragische Beispiel zeigt, dass man die Finger von tierischen Arzneien lassen sollte – und vor allem niemals und unter keinen Umständen medizinische Selbstversuche durchführen soll, weil diese im schlimmsten Fall tödlich enden können ...

Kommentare

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2) Ragin: https://youtu.be/e40EYxdIflk
Montag, 10. Mai 2021
1) Ragin: Sehr geehrte Damen und Herren,
dass Sie von einem Selbstversuch, sich mit Ivermectin für Veterinärmedizin abraten, ist angebracht und ratsam. Jedoch finde ich, dass es dann wiederum nicht in Ihren Bereich fällt, über die Behandlung mit Ivermectin für Menschen zi urteilen.
Hierzu liegen nämlich sehr viele Studien vor, die eher einen sehr positiven Effekt bestätigen.
In den USA wurde bereits von Gerichten die Behandlung in Krankenhäusern erwirkt.
https://youtu.be/_jBsEOjRNFk
Montag, 10. Mai 2021
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