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Warum Schwalbennester ein Segen für Pferdehöfe sind
20.06.2020 / News

Einst ein alltäglicher Anblick – aber heutzutage fast schon eine Rarität: ein Schwalbennest auf einem Pferdehof.
Einst ein alltäglicher Anblick – aber heutzutage fast schon eine Rarität: ein Schwalbennest auf einem Pferdehof. / Symbolfoto: Pixabay

Schwalben gelten als Glücksbringer und sind auf Bauernhöfen und in Reitställen als Insektenvertilger hochgeschätzt. Doch leider geht ihre Zahl seit Jahren zurück – ein neues Projekt möchte dieser Entwicklung entgegenwirken und die exakten Bestände in NÖ ermitteln.


„Wenn Schwalben am Haus brüten, geht das Glück nicht verloren" – so lautet ein altes Sprichwort, und wie so oft verbirgt sich eine tiefe Weisheit darin. Denn Schwalben sind nicht nur verlässliche Frühlingsboten, die nach einer langen Reise aus dem tropischen Afrika im März und April bei uns ankommen und das Ende des Winters verbürgen, sondern auch geniale Insektenbekämpfer, die speziell in Reitställen Großes leisten und damit vielen Pferden das Leben deutlich erleichtern.

Das klappt allerdings nur dort, wo Schwalben auch tatsächlich Nester bauen und ihren Nachwuchs heranziehen können – denn der ist nimmersatt, und die Eltern unermüdlich und hocheffizient bei der Nahrungsbeschaffung: Bis zu 200 Stechfliegen soll ein Schwalbenpaar in nur zwei Stunden fangen, um ihre Kleinen satt zu bekommen – man kann sich also leicht ausrechnen, wie rasch ganze Insektenschwärme auf einem Pferdehof dahingerafft werden, wenn mehrere brütende Schwalbenpaare unterwegs sind. Kurz: Als Abfangjäger für lästiges Ungeziefer sind die eleganten Flugakrobaten unschlagbar – einen besseren Insektenschutz für einen Pferdehof gibt es nicht, und das ganz ohne Gift und Chemie. Ein Schwalbennest sollte man auch keinesfalls entfernen, denn die Zugvögel sind sehr standortreu und kehren jeden Frühling wieder zum gleichen Nest zurück. Sie sind darauf angewiesen, dieses intakt vorzufinden.

Leider aber geht seit Jahren der Bestand an Mehl- und Rauchschwalben zurück, wie auch der Naturschutzbund Österreich bestätigt: Neben Nahrungsmangel macht ihnen vor allem auch zunehmender Nistplatzverlust zu schaffen: Die Tiere finden immer weniger geeignetes Material zum Bau ihrer Nester – und es werden immer mehr kleine und mittelgroße Bauernhöfe aufgegeben, die über Generationen ideale Brutbedingungen für Schwalben geboten haben.

Eine neue Initiative der Österreichischen Vogelwarte/Außenstelle Seebarn der Veterinärmedizinischen Universität Wien möchte dies nachhaltig ändern – und hat vor kurzem das Projekt ,SchwalbenNESTwerk' ins Leben gerufen. In einem ersten Schritt soll dabei der aktuelle Bestand von Mehl- und Rauchschwalben in Niederösterreich ermittelt werden – wobei man auf die Mithilfe von privaten Hausbesitzern, Landwirten und ganz besonders an die Betreiber von Reitställen, Gestüten und Pferdehöfen setzt. Man arbeitet gleichsam Hand in Hand mit den Bürgern als wissenschaftlichen Helfern – im Fachjargon nennt sich das ,Citizen Scientists'.

Dazu Projekt-Koordinatorin Janette Siebert: „Gemeinsam mit der Bevölkerung, unseren Citizen Scientists (= Bürgerwissenschafterinnen und -wissenschafter) möchten wir die aktuelle Bestandssituation von Mehl- und Rauchschwalben in Niederösterreich erfassen. Hierfür wird die Zahl besetzter und nicht-besetzter Nester beider Schwalbenarten ermittelt. Über die Anzahl der beobachteten Jungvögel im Nest wird in weiterer Folge der Bruterfolg erhoben. Längerfristig betrachtet, können die gesammelten Informationen dazu beitragen, Aussagen über Bestandsentwicklungen zu treffen. Vergleiche aktueller Bestandsdaten und Informationen über die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber den beiden Schwalbenarten am eigenen Haus und Hof bringen uns zudem wichtige Erkenntnisse über deren aktuelle Situation in den Gemeinden von Niederösterreich. Ebenso können wir eventuell bestehende Konflikte zwischen Bevölkerung und Schwalben ermitteln und Hilfestellungen zum Schwalbenschutz am eigenen Haus und Betrieb geben."

Bereits 2019 wurde gemeinsam mit der Bevölkerung in mehreren Gemeinden Niederösterreichs begonnen, die Bestände von Mehl- und Rauchschwalben zu erforschen. Die Auswertung erster exemplarischer Analysen in den Gemeinden Langenlois und Grafenwörth zeigte, dass sich besonders viele Mehlschwalbennester an der Fassade einer Hauswand mit einem Abstand von weniger als fünf Metern zueinander finden lassen. Interessant war zudem, dass über 50 Prozent der Befragten gerne wieder Schwalben am eigenen Haus oder im Hof brüten sehen würden.

Wer immer auf seinem Haus oder Hof Schwalbennester hat, kann und soll diese im Rahmen des Projekts ,SchwalbenNESTwerk' melden, am besten einfach per E-Mail an janette.siebert@vetmeduni.ac.at. Dazu die Koordinatorin: „Interessierte zukünftige SchwalbenNESTwerker erhalten von uns detaillierte Informationen über die Brutbiologie der Schwalben, die es ermöglichen, selbstständig den Brutbestand der Schwalben zu ermitteln. Vorkenntnisse über diese fliegenden Glücksbringer sind daher nicht nötig. SchwalbenNESTwerker kontrollieren "ihre" Schwalbennester am eigenen Haus oder übernehmen – koordiniert durch uns – einen eigenen Standort, zum Beispiel einen Reitstall in ihrer Nähe in Niederösterreich. Besonders wichtig für das Projekt ist eine regelmäßige Kontrolle bestehender Nistplätze über mehrere Jahre hinweg. Dies ist notwendig, um etwaige Populationsschwankungen zu erfassen. Von der gemeinsamen Zusammenarbeit profitieren alle."

Ein wichtiges Ziel ist es für Janette Siebert auch, „die Bevölkerung für die Natur vor ihrer Haustür zu sensibilisieren und damit ein gutes Zusammenleben zwischen Mensch und Wildtier zu ermöglichen. Natur- und Freiräume spielen für unsere Lebensqualität eine wichtige Rolle. Mit zunehmender Verdichtung der Siedlungsräume geraten jedoch genau diese Flächen und damit auch die Lebensräume der Wildtiere immer mehr ins Hintertreffen."

Zweifellos eine gute Sache – die man tatkräftig unterstützen sollte! Wer beim ,SchwalbenNESTwerk' mitmachen möchte, kann sich direkt an Projekt-Koordinatorin Janette Siebert (E-Mail: janette.siebert@vetmeduni.ac.at) wenden. Alles Wissenswerte zum Projekt erfährt man hier: https://at.wildenachbarn.at/tiere/schwalbennestwerk


Wie man selbst aktiv zum Schwalbenschutz beitragen kann
Der Naturschutzbund Österreich gibt folgende Tipps, um Schwalben beim Nestbau zu unterstützen:

– Stellen Sie den Schwalben Pfützen zum Sammeln von Baumaterial zur Verfügung. Einfach auf lehmigem Untergrund Wasserlacken im Durchmesser von ½ bis 1m anlegen!

– Wenn genügend Nestbaumaterial in der Umgebung vorhanden ist, hilft oft das Befestigen eines sogenannten Schwalbenbrettes an der Wand. Damit haben die Vögel eine sichere Nestunterlage.

– Oder hängen Sie Nistkästen in Ihrer Umgebung auf.

– Beziehen können Sie die Vogelbehausungen u.a. beim Naturschutzbund Burgenland (E-Mail: burgenland@naturschutzbund.at), der schon seit Jahren Kunstnester aus Holzbeton an interessierte Vogelfreunde verteilt, die mit diesen Nestern den Rauch- und Mehlschwalben in ihrer Wohnungsnot helfen wollen. Auch der gut sortierte Fachhandel (z.B. www.schwegler-natur.de) hat geeignete Nisthilfen im Angebot.

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