Schottland verschärft Tierschutzgesetz: Nun fünf Jahre Haft für Tierquäler möglich 29.07.2020 / News
Schottland setzt ein Zeichen für den Tierschutz und verschärft die Höchststrafen für Tierquälerei signifikant. / Symbolfoto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Es ist ein historischer Erfolg für den Tierschutz: In Schottland tritt diese Woche ein neues Gesetz in Kraft, das die Höchststrafen für Tierquälerei deutlich erhöht – statt der bisherigen 12 Monate kann es künftig bis zu fünf Jahren Haft für besonders schwere Verstösse geben.
Es ist ein mutiger und ermutigender Schritt, der wohl weltweit für Aufsehen sorgen wird: Der ,Animal Health and Welfare (Scotland) Act 2006’, der im Juni einstimmig von den Mitgliedern des schottischen Parlaments verabschiedet worden war, hat letzten Dienstag (21. Juli 2020) die Zustimmung des britischen Königshauses erhalten und damit die letzte legislative Hürde genommen, um als Gesetz in Kraft zu treten. Die wohl spektakulärste Neuerung: Die maximale Haftstrafe für Tierquälerei wurde von bislang 12 Monaten auf fünf Jahre hinaufgesetzt – was von Tierschutzorganisationen jahrelang eingefordert worden war. Die bisherige Höchststrafe von 12 Monaten gehörte zu den niedrigsten in Europa – nur fünf andere Länder (einschließlich England und Wales) hatten niedrigere Strafen, wie Recherchen der Tierschutzorganisation ,Battersea’ zeigten. Nun lässt Schottland fast alle hinter sich – und führt eines der modernsten und strengsten Tierschutzgesetze der Welt ein.
Die Erhöhung der Gefängnis-Höchststrafen für Tierquälerei ist freilich nicht die einzige Änderung: Das neue schottische Gesetz bedeutet auch, dass Tierschutzorganisationen früher mit dem sogenannten ,Rehoming’ beginnen können – also dem Vermitteln von abgenommenen Tieren an private Pflegeplätze. Außerdem sieht es einen verbesserten Austausch von Informationen mit Behörden vor, um mögliche Gefährdungen von Menschen effizienter zu verhindern und zu bekämpfen (Tierquälerei ist in vielen Fällen eine Vorstufe für Gewalt gegen Menschen). Und das neue Tierschutzgesetz enthält auch ,Finn’s Law’, das 2019 in England und Wales in Kraft trat und das Assistenztiere im öffentlichen Dienst, besonders Polizeipferde und -hunde, unter besonderen Schutz stellt. (Anm.: Das Gesetz verdankt seinen Namen dem Polizeihund Finn, der 2016 während eines Einsatzes schwer verletzt wurde, als er den Polizeibeamten Dave Wardell vor einem Messerangriff schützen wollte. Der Angreifer erhielt damals lediglich eine achtmonatige Gefängnisstrafe wegen Körperverletzung und Waffenbesitz – die lebensbedrohliche Attacke gegen Polizeihund Finn war juristisch lediglich als ,Sachbeschädigung’ zu beurteilen, was für heftige öffentliche Empörung sorgte. Eine landesweite Kampagne, an der sich auch Dave Wardell mit großem Engagement beteiligte, führte schließlich 2019 zur Einführung des ,Animal Welfare (Service Animals) Act’, womit der rechtliche Status von Polizeipferden und -hunden deutlich aufgewertet wurde. Selbstverteidigung kann nun nicht länger als Entschuldigung dafür geltend gemacht werden, dass man Assistenztieren während ihres dienstlichen Einsatzes Schaden zufügt.)
Für die schottischen Tierschützer ist der ,Animal Health and Welfare (Scotland) Act 2006’ jedenfalls ein Meilenstein – und ein Grund zum Feiern. Die Organisation ,Battersea’ jubelte: „Die schottische Regierung hat eine klare Botschaft ausgesandt, dass Schottland die abscheulichsten Verbrechen der Tierquälerei nicht länger tolerieren und entsprechend reagieren wird. Wir glauben, dass diese Gesetzesänderung dazu beitragen wird, unschuldige Tiere zu schützen und diejenigen, die Tiere missbrauchen und misshandeln, in angemessener Weise abzuschrecken.“
Tatsächlich könnten sich nun viele europäische Länder ein Beispiel an Schottland nehmen – allen voran Österreich, das mit seiner Maximalstrafe von zwei Jahren Gefängnis für Tierquälerei nun zu den Schlusslichtern im europäischen Vergleich zählt. Zum Vergleich: In Deutschland sowie in der Schweiz beträgt der Strafrahmen für Tierquälerei jeweils drei Jahre. Vielleicht ist es auch hier an der Zeit, nachzubessern …
Besonderer Druck kommt durch die Entscheidung des schottischen Parlaments natürlich auf die Kollegen in England zu, wo strengere Strafbestimmungen für Tierquäler bereits seit Jahren in der parlamentarischen Warteschleife festhängen: Wie ,Battersea’ schreibt, wurde ein entsprechendes Gesetz bereits zweimal veröffentlicht, aber durch den Beschluss von Neuwahlen und die anschließende Auflösung des britischen Unterhauses im Herbst 2019 nicht mehr in Kraft gesetzt. Im Februar 2020 wurde ein neuer Gesetzesentwurf in Westminster eingebracht, doch der Termin für die zweite Lesung – ursprünglich für 12. Juni angesetzt – wurde aufgrund der Corona-Krise mehrmals verschoben. Diese soll nun am 23. Oktober 2020 stattfinden – alle britischen Tierschützer werden diesen Termin mit Argusaugen überwachen. Im Falle einer Annahme würde sich die maximale Haftstrafe für schwere Fälle von Tierquälerei von derzeit sechs Monaten auf fünf Jahre erhöhen.
Bei ,Battersea’ ist man jedenfalls optimistisch, dass auch England schon bald in Sachen Tierschutz mit Schottland gleichzieht: „Gemeinsam werden wir sicherstellen, dass Westminster Schottlands Beispiel folgt. Wir wissen, dass die politische Unterstützung da ist – es ist Zeit, diese endlich auch über die Ziellinie zu bringen.“ An soviel Engagement könnte man sich doch auch hierzulande ein Beispiel nehmen …
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:12.01.2016 - Höhere Strafen für Tierquälerei in Kraft
Höhere Strafen für Tierquälerei in Kraft 12.01.2016 / News
Seit 1. Jänner 2016 drohen Tierquälern Haftstrafen bis zu maximal zwei Jahren. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Mit 1. Jänner 2016 sind im Zuge einer Novellierung des Strafgesetzbuchs auch die Strafen für Tierquälerei in Österreich verschärft worden. Tierschützern geht die neue Regelung dennoch nicht weit genug.
Mit 1. Jänner 2016 wurde – wie ProPferd bereits berichtete – der § 222 des Strafgesetzbuchs (StGB) zum Tatbestand „Tierquälerei" neu formuliert: Anstelle der bisherigen Strafandrohung von bis zu einem Jahr Haftstrafe oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen droht Tierquälern ab sofort eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, die Verurteilung zu einer Geldstrafe ist nicht mehr möglich. Diese Erhöhung des Strafmasses hat auch zur Folge, daß ab sofort nicht mehr die Bezirksgerichte für Tierquälerei-Verfahren zuständig sind, sondern die Landesgerichte.
Tierschützer sehen die durchgeführten Anpassungen zwar grundsätzlich positiv – hätten sich jedoch in mehrerlei Hinsicht noch schärfere Regelungen gewünscht. In einer Pressemitteilung hat der Verein gegen Tierfabriken (VGT) ausführlich zur neuen gesetzlichen Reglung Stellung genommen – und ist dabei ebenfalls zu einem geteilten Resümee gekommen: Begrüßt wird insbesondere die Verschiebung der Zuständigkeit hin zu den Landesgerichten: „Das ist eine klare Aufwertung und lässt auch eine deutliche qualitative Verbesserung der Verfahren erwarten. Am Bezirksgericht wird die Anklage bei der Verhandlung nur von sogenannten BezirksanwältInnen vertreten. Das sind Laien und keine JuristInnen. Mangels Ausbildung wagen sie im Allgemeinen nicht, sich in irgendeiner Weise in das Geschehen im Gerichtssaal einzumischen. Die Anklage und damit die Tiere waren also praktisch nicht vertreten. Am Landesgericht ist das nun anders. Hier sind nun endlich StaatsanwältInnen bei den Verhandlungen anwesend, um die Interessen der Anklage zu vertreten, Angeklagte und Zeugen zu befragen, Anträge einzubringen, Beweise vorzutragen etc. Die Erhöhung der Strafdrohung hat auch andere positive Auswirkungen. So ist durch § 286 StGB nun auch die Unterlassung der Verhinderung von Tierquälerei strafbar. Ferner sind nun gewisse Ermittlungsmaßnahmen zulässig, wie beispielsweise die Observation über einen Zeitraum von mehr als 48 Stunden.
Harald Balluch, Geschäftsführer des VGT: „Es ist sehr erfreulich, dass es nun endlich zu einer Aufwertung des Tierschutzes im Strafgesetzbuch kam. Dem Wertewandel der letzten Jahrzehnte wird diese Reform aber nicht gerecht. Tierschutz ist nämlich zu einem weithin anerkannten und bedeutsamen öffentlichen Interesse geworden, wie das im Übrigen auch der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Anhebung der Strafdrohung auf zwei Jahre deutlich zu gering. Sowohl in Deutschland als auch der Schweiz liegt das Strafmaß schon lange bei drei Jahren Haft. In Österreich haben wir zwar nun von ein auf zwei Jahre erhöht, hinken im internationalen Vergleich aber, wie man sieht, nach wie vor hinterher. Und das obwohl die Politik nicht müde wird, zu erklären, dass Österreich die strengste Tierschutzgesetzgebung Europas oder gar der Welt hätte", so Harald Balluch.
Fahrlässigkeit weiter kein Tatbestand
Ein klares Manko der neuen Strafbestimmungen ist die Tatsache, daß fahrlässig verursachte Tierquälerei weiter straffrei bleibt – ausgenommen Tierquälerei im Zusammenhang mit der Beförderung von Tieren lt. § 222, Abs. 2 („Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, im Zusammenhang mit der Beförderung mehrerer Tiere diese dadurch, dass er Fütterung oder Tränke unterlässt, oder auf andere Weise längere Zeit hindurch einem qualvollen Zustand aussetzt.). Für Harald Balluch, Geschäftsführer des VGT, ist diese Einschränkung völlig unverständlich: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum fahrlässig verursachte Tierquälerei nach wie vor nicht strafbar ist. Nehmen wir als Beispiel 1.000 Schweine, die qualvoll verbrennen, weil ein Landwirt oder eine Landwirtin die Belüftungsanlage nicht warten lässt und keine entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen trifft. Tatsächlich kommt es in Österreich regelmäßig zu solchen Vorfällen. Es ist ein Skandal, dass der Täter oder die Täterin nach geltendem Gesetz straffrei davon kommt, obwohl er oder sie beispielsweise für den ernorm qualvollen Verbrennungs-Tod von 1.000 Schweinen verantwortlich ist. Das entspricht mit Sicherheit nicht dem Rechtsempfinden der Bevölkerung.“
Ebenso wird kritisiert, daß der § 220a StGB (Werbung für Unzucht mit Tieren) nunmehr gestrichen wurde. Der VGT dazu: „Begründet wird das damit, dass es nur selten zu Anzeigen kam und dass Beitragstäter zu einer Tierquälerei ohnehin strafbar wären. Dabei wird allerdings einerseits übersehen, dass die Häufigkeit eines Vorfalls nichts damit zu tun hat, ob er pönalisiert sein soll oder nicht. Morde z.B. kommen verhältnismäßig selten vor, trotzdem wäre es befremdend, sie deshalb zu erlauben. Andererseits wird ignoriert, dass Landesgrenzen angesichts der Globalisierung im Internetzeitalter bei weitem nicht mehr diese Rolle spielen wie früher. Wenn jemand in Österreich eine sexuell konnotierte Tierquälerei bewirbt, die im Ausland stattfindet, so ist diese Person nun nicht mehr strafbar."
Die Neufassung des Tierquälerei-Paragraphen und die Hinaufsetzung der Höchststrafe im StGB ist also ein sinnvoller, wenngleich nur kleiner Schritt vorwärts – es bleibt noch viel zu tun, um Tieren eine noch bessere rechtliche Stellung in unserer Gesellschaft zu geben und sie vor Misshandlungen und Quälerei effektiver zu schützen.
25.02.2015 - Tierschutz geht uns alle an!
Tierschutz geht uns alle an! 25.02.2015 / Wissen
Für Pferdefreunde sind Bilder wie diese schwer erträglich... / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband Schwer vernachlässigt und unterernährt – dieses Pferd ist unverzüglich den zuständigen Behörden (Polizei, Bezirkshauptmannschaft) zu melden. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband Diese Hufe wurden monatelang nicht gepflegt – mit dramatischen Folgen. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband Stacheldrahtzäune sind als Umzäunung für Pferdekoppeln verboten. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat man, wenn man Tierquälerei beobachtet – und welche Strafen sieht das Gesetz bei Verstößen gegen den Tierschutz vor? Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner informiert.
Bilder von Pferden zu sehen, die vernachlässigt, misshandelt und gequält werden, ist für jeden Pferdefreund verstörend und unerträglich – umso mehr dann, wenn es nicht nur Abbildungen in Zeitungen oder Fernsehsendungen sind, sondern die nackte, grausame Realität. Aber was kann und soll man als Tier- und Pferdefreund tun, wenn man derartige Szenen beobachtet – wie soll man sich verhalten, an wen kann ich mich wenden?
Extreme Fälle von Tierquälerei sind glücklicherweise selten – dennoch zeigen sie, wie wichtig es ist, dass man, als Mensch und als Tierfreund, stets wachsam zu sein – und nötigenfalls mit Zivilcourage einzuschreiten. Das Gesetz bietet dazu einige Möglichkeiten – die Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner für ProPferd zusammengestellt hat.
Prinzip des gelindesten Mittels
Wichtigste gesetzliche Grundlage ist das Tierschutzgesetz (BGBl. I Nr. 118/2004 TSchG i.d.F. BGBl. I Nr. 80/2010) samt den dazu verlautbarten Tierschutzverordnungen. Das Tierschutzgesetz schützt das Tier als Individuum, wobei nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch das Leben jeden einzelnen Tieres als geschütztes Gut gesehen wird und normativ zwei Prinzipien zugrunde gelegt sind:
Zunächst das „Grundsatz-Ausnahme-Prinzip“, welches regelt, dass einerseits Bestimmungen, durch welche Beeinträchtigungen grundsätzlich zugelassen werden, immer unter Bedachtnahme auf den Schutz des Lebens und des Wohlbefindens, also mit restriktiver Interpretation, zu sehen sind und andererseits das „Gebot der Anwendung des gelindesten Mittels“, welches den Menschen verpflichtet, immer das tierschonendste Mittel anzuwenden, sofern mehrere geeignete Mittel zur Erreichung eines gerechtfertigten Zwecks zur Verfügung stehen.
Durch das Tierschutzgesetz ist dem jeweiligen Halter (Eigentümer, Verwahrer u.dgl. mehr) eine umfassende Obsorgepflicht auferlegt worden.
Was ist Tierquälerei?
In § 5 des TSchG ist das Verbot der Tierquälerei normiert. Auch wenn durch die Tierschutzbestimmungen Leidenszufügungen oder Beeinträchtigung von Tieren nicht generell verhindert werden, so werden sie durch die Regelung des § 5 insoweit verpönt, als diese unbegründet sind. Der Verfassungsgerichtshof (VfSlg 5649) hat dazu ausgeführt, dass die Strafbestimmung wegen Tierquälerei auf dem Grundgedanken beruht, dass die Verursachung sinnloser Leiden an Tieren nur insoweit statthaft sein kann, als die Wahrung berechtigter höherstehender Interessen es notwendig macht; es handelt sich also um den strafrechtlichen Schutz der Tiere gegen ihnen unnötig verursachte Leiden.
§ 5 TSchG stellt somit klar, dass es verboten ist, einem Tier ungerechtfertigte Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen (Abs. 1). Im Absatz 2 werden insbesondere bestimmte unzulässige Verhalten verpönt, wobei wiederum nachstehend Verstöße hervorzuheben sind:
§ 5 Abs. 2:
Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer (u.a.)
7) einem Tier Reiz- oder Dopingmittel zur Steigerung der Leistung von Tieren, insbesondere bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen, zuführt;
9) einem Tier Leistungen abverlangt, sofern damit offensichtlich Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst für das Tier verbunden sind;
10) ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden oder schwere Angst zufügt;
13) die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird …
Vorsatz oder Fahrlässigkeit?
Im § 222 Strafgesetzbuch (StGB) ist die gerichtlich strafbare Tierquälerei geregelt, die das Tierquälen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen pönalisiert:
§ 222 Abs. 1 StGB: „Wer ein Tier roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt, ist mit einer Freiheitsstrafe …“
Der Unterschied zwischen dem Tierschutzgesetz und dem § 222 StGB liegt auf der inneren Tatseite; denn gerichtlich strafbar ist nur ein Verhalten, das vorsätzlich gesetzt wird. Verwaltungs-(straf-)rechtlich ist jeder zu verfolgen, der die Tat auch nur fahrlässig begeht.
Unnötige Quälerei – oder zulässige Bestrafung?
Schwierig ist es zu unterscheiden, wo Tierquälerei beginnt und die normale „Bestrafung eines Tieres“ endet. Dies kann sicher nur für den Einzelfall und hier nur von Sachverständigen endgültig festgestellt werden. Als Grundregel wird man aber davon ausgehen können, dass jedes unnötige „Bestrafen“, welches Pferden Schmerzen zufügt oder es in Angst versetzt, Tierquälerei bedeutet.
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum StRÄG 1971, 19, wurde dazu folgendes ausgeführt:
„Eine Quälerei ist dann nicht unnötig, wenn sie die Grenzen des Vertretbaren nicht überschreitet und zugleich bewusst als Mittel angewendet wird, um einen vernünftigen und berechtigten Zweck zu erreichen.“ So liegt etwa keine unnötige Quälerei vor, wenn durch die Handlung das Tier zu einer zumutbaren Arbeitsleistung oder zum Gehorsam angehalten wird (z.B. maßvolle Verwendung einer Peitsche oder eines Stockes) oder wenn die Erziehung des Tieres gewisse Zwangsmaßnahmen erfordert (z.B. Anlegen der Kantare bei einem Pferd). Die Frage, was „nötig“ oder „unnötig“ ist, kann nur über die Beantwortung der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Der Begriff der „rohen Misshandlung“ im Sinne des § 222 StGB wird von der Judikatur dahingehend interpretiert, dass die Misshandlung dann als roh angesehen wird, wenn nach dem Ausmaß und der Intensität der gegen das Tier gesetzten Tätlichkeiten und Schmerzen im Zusammenhang mit dem Fehlen eines vernünftigen oder berechtigten Zweckes auf eine gefühllose Gesinnung des Täters geschlossen werden kann (Lewisch (JBl. 1998, 137)).
Welche Strafen drohen Tierquälern?
Wenn Tierquälerei festgestellt und der Betroffene gerichtlich oder verwaltungsbehördlich zur Verantwortung gezogen wird, kann dies schwerwiegende Folgen für ihn haben. Wird ein Täter wegen § 222 StGB gerichtlich bestraft, so hat er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr zu rechnen; im Zusammenhang mit verwaltungsbehördlichen Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sind Geldstrafen bis zu € 7.500,--, im Wiederholungsfall bis zu € 15.000,-- und in schweren Fällen der Tierquälerei eine Mindeststrafe von € 2.000,-- im § 38 TSchG normiert.
Wurde eine Person wegen Tierquälerei wenigstens einmal gerichtlich oder von der Verwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) mehr als einmal rechtskräftig bestraft, ist die Behörde berechtigt, die Haltung von Tieren für einen bestimmten Zeitraum oder gar auf Dauer zu verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz in Zukunft voraussichtlich verhindert wird (§ 39 TSchG).
So wurde über einen Vorarlberger Pferdehalter, welcher insgesamt 19 Pferde ohne Unterstand, zumindest einen Tag ohne Wasser gehalten und sonst vernachlässigt hat, für die Dauer von 6 Jahren die Tierhaltung untersagt und eine Geldstrafe von mehreren tausend Euro verhängt (VwGH 18.12.2009, 2008/02/0389).
Was kann der Einzelne tun?
Was kann und soll der Einzelne nun tun, wenn er Verstöße gegen das Tierschutzgesetz oder gar Tierquälerei wahrnimmt – wie soll er sich verhalten, welche Schritte soll ich setzen?
Zunächst ist es wichtig, den Vorfall zu dokumentieren, um nicht in Beweisprobleme zu schlittern. Am besten ist es, so möglich, ein Video mit Handy oder Kamera aufzunehmen. Auch Zeugen sind jeweils tunlichst beizuziehen.
Zu dokumentieren ist daher, anbetrachts der gesetzlichen Grundlagen, das Zufügen ungerechtfertigter (übertriebener, unnötiger) Schmerzen oder Schäden, das Verabreichen von Reiz- oder Dopingmitteln, das Überfordern oder das Vernachlässigen.
Sofern eine ausreichende Beweissicherung erfolgt ist, ist eine Anzeige bei der Polizei oder bei der Verwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) einzubringen oder die Polizei zur Unterstützung und Beweissicherung herbeizurufen, die Behörde ist dazu verpflichtet. Die Anzeige kann klarerweise – wie jede sonstige Anzeige – auch anonym gemacht werden.
Wie oben bereits ausgeführt, ist es im Zusammenhang mit Verletzungen der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes meist erforderlich, einen Sachverständigen beizuziehen. Dieser wird von der Behörde in der Person des Amtssachverständigen, also des Amtstierarztes, gesehen und beigestellt. In der Praxis ist es sicher auch ausreichend, den Amtstierarzt vom Verdacht einer Tierquälerei zu verständigen.
Weitere Möglichkeit: ein Sachverständiger
Weil auch der Amtstierarzt zwangsläufig eine subjektive Beurteilung vornimmt, kann es auch hier zu Auffassungsunterschieden kommen. Soferne man der Überzeugung ist, dass Tierquälerei vorliegt, bleibt noch die Möglichkeit, einen gerichtlich zertifizierten Pferdesachverständigen aufgrund dessen Spezialkenntnissen beizuziehen oder aber den jeweiligen Tierschutzverein zu benachrichtigen, und um Hilfestellung zu bitten.
Tierschutz geht uns alle an; im Einzelfall ist es aber aufgrund der tierschutzrechtlichen Bestimmungen letztlich immer eine Auslegungsfrage, was nunmehr Tierquälerei ist oder nicht. Auch wenn im Einzelfall die Beurteilung problematisch oder auch kontrovers ausfallen kann, sollte man stets die Zielsetzung des Tierschutzgesetzes im Auge behalten, wie sie im § 1 leg.cit. normiert ist: „Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf“. Und diese Verantwortung trägt jeder von uns. Dr. Peter Lechner
KASTEN
Tierschutzombudsstellen in Österreich
Mit dem Tierschutzgesetz 2005 wurden auch unabhängige und weisungsungebundene Tierschutzombudsstellen geschaffen, die im Wesentlichen die Aufgabe haben, die Interessen des Tierschutzes zu vertreten – sie stehen somit auch für Fragen rund um den Tierschutz zur Verfügung. (Stand: Februar 2015)
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