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Abschneiden der Tasthaare ab 2021 auf FEI-Turnieren verboten
25.11.2020 / News

Die Tasthaare an Maul, Nüstern, Augen und Ohren sind für ein Pferd essentiell und haben eine wichtige Schutz- und Orientierungsfunktion.
Die Tasthaare an Maul, Nüstern, Augen und Ohren sind für ein Pferd essentiell und haben eine wichtige Schutz- und Orientierungsfunktion. / Symbolfoto: Archiv/Irene Gams

Auf ihrer Generalversammlung hat die FEI beschlossen, das sogenannte ,Clippen', also das Abschneiden bzw. Rasieren der Tasthaare, bei Turnierpferden nicht mehr zu dulden: Ab Juli 2021 wird ein strenges Verbot gelten – geclippte Pferde bei FEI-Turnieren werden disqualifiziert.

 

Wie das britische Pferdemagazin ,Horse&Hound’ in seiner Online-Ausgabe berichtet, hat die FEI-Generalversammlung am 23. November beschlossen, das sogenannte ,Clippen’ – also das Abschneiden bzw. Rasieren der Tasthaare – bei Turnierpferden ab Juli 2021 zu untersagen. Das Verbot wird Teil der FEI-Veterinärbestimmungen und umfasst alle Pferde, die unter den Reglements der FEI international an den Start gehen, in welcher Disziplin bzw. Sparte auch immer. Ausgenommen davon ist lediglich die Entfernung von Tasthaaren aus medizinischen Gründen, etwa zur Behandlung bzw. Versorgung einer Verletzung. Der Beschluss zu dieser Neuregelung erfolgte einstimmig.

Wörtlich heißt es , dass Pferde nicht an FEI-Veranstaltungen teilnehmen dürfen, „wenn die Tasthaare des Pferdes abgeschnitten und/oder rasiert oder auf andere Weise entfernt wurden, es sei denn, einzelne sensorische Haare wurden von einem Tierarzt entfernt, um dem Pferd Schmerzen oder Unbehagen zu ersparen.“ Dazu heißt es präzisierend: „Haarbereiche, die abgeschnitten, rasiert oder entfernt werden müssen, um eine tierärztliche Behandlung zu ermöglichen, sind von dieser Regel ausgenommen. Ab dem 1. Juli 2021 gilt die Strafbestimmung 39 in Anhang VI.“ Bei dieser Strafbestimmung handelt es sich um die Disqualifikation des betreffenden Pferdes.

Die Begründung des FEI-Veterinärausschusses folgt – so ,Horse&Hound’ weiter – im Wesentlichen der Gesetzgebung in einigen nationalen Verbänden, „in denen das Clippen/Trimmen bzw. Entfernen von Tasthaaren verboten und in einigen Fällen mit empfindlichen Strafen belegt ist“. Dazu gehören neben Frankreich, Deutschland und der Schweiz auch Österreich. In den drei letztgenannten Ländern ist das Verbot des ,Clippens’ sogar in den nationalen Tierschutzgesetzen festgeschrieben.

Entsprechend positiv nahm man in diesen Ländern den Beschluss der Generalversammlung auf. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) forderte in ihrer Stellungnahme sogar ein noch weitgehenderes Verbot: „Diese Regel sollte – wie in Deutschland – auch für die Haare in den Ohren des Pferdes gelten, die ebenfalls Teil eines Organs sind und eine Schutzfunktion haben. Das Abschneiden der Haare, die aus der Ohrmuschel herausragen, ist zulässig.“

Eine deutlich andere Linie vertrat der US-Pferdesportverband (USEF), der bei der neuen Regelung hinreichende Klarheit vermisst und einwandte, dass sich die Tasthaare beim Auge, wenn sie in voller Länge belassen werden, etwa in den Scheuklappen des Fahrzaums verfangen und so dem Pferd Unbehagen bereiten könnten. Das FEI-Veterinärkomitee konnte diesen Einwand allerdings nicht nachvollziehen – bestätigte aber, dass in der neuen FEI-Bestimmungen die Haare innerhalb der Ohren tatsächlich nicht als ,Tasthaare’ betrachtet würden.

Unter Experten gilt das Verbot des Clippens als großer Fortschritt im Sinne des Tierschutzes, der einhellig begrüßt wird. So schrieb Dr. Karl Fikuart bereits 1998 in einem Merkblatt der ,Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz' (TVT): „Bei den Tasthaaren, den ,Vibrissen', die unter anderem besonders im Kopfbereich vorkommen, handelt es sich um Haare, die in hochempfindlichen, mit einer Vielzahl verschiedener Nervenzellen ausgestatteten Follikeln enden. Sie dienen dem Pferd u. a. dazu, den durch die Augen nicht kontrollierbaren Teil des Kopfes, etwa zur Prüfung des Futters bei der Futteraufnahme, zu nutzen oder die Kopfpartien vor ungewollten, möglicherweise schmerzhaften oder gefährlichen Berührungen zu schützen. Die Haare sind unabdingbarer Bestandteil eines Tastorganes, das bei ihrer Entfernung nicht mehr funktionsfähig ist. Hierzu liegen übereinstimmende wissenschaftliche Arbeiten vor. Durch das Entfernen der Haare wird willentlich eine Verhaltensänderung der Tiere bewirkt, die zu einer unnatürlichen Körperhaltung führt." Und zum speziellen Punkt der Ohrenhaare ergänzte er: „Die starke Behaarung des Ohreinganges dient dem Schutz des Tieres, da sie u.a. das Eindringen von In- sekten oder Fremdkörpern in den Gehörgang verhindern soll. Insoweit sind diese Haare integraler Bestandteil der Hörorgans. Auch hier gilt das zuvor Gesagte."

Auch wenn dieser letzte Punkt noch nicht bis zur FEI vorgedrungen ist, darf man sich über einen wichtigen Fortschritt in Sachen Tierschutz freuen!

Wieso sich das Clippen dennoch so hartnäckig in vielen Ländern hält und dafür sogar eine (höchst umstrittene) wissenschaftliche Studie angeführt wird – das können Sie in dem Kommentar „Kein Kavaliersdelikt: Wieso das Clippen von Pferden zu Recht verboten ist" nachlesen.

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