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Gundulas Blog: Welche Ausbildungsmethode ist die richtige für mein Pferd?
13.03.2021 / Blogs

Kenntnisse der Anatomie sind auch in der Pferdeausbildung wichtig – denn jeder Organismus ist nur so stark wie seine schwächste Stelle, und die sollte man erkennen können.
Kenntnisse der Anatomie sind auch in der Pferdeausbildung wichtig – denn jeder Organismus ist nur so stark wie seine schwächste Stelle, und die sollte man erkennen können. / Foto: privat/Gundula Lorenz

Gundula Lorenz ist von Kindheit an mit Pferden verbunden, geprüfter Behindertenreitlehrwart (heute „Lehrwart für integratives Reiten“) und hat sich viele Jahre intensiv mit der funktionellen Anatomie und dem Bewegungsapparat des Pferdes beschäftigt. Sie besuchte die Fachschule für osteopathische Pferdetherapie von Barbara Welter Böller und entwickelte das Konzept Equino FIT® – ein ganzheitliches Trainings- und Ausbildungsprogramm für Reiter und Trainer, bei dem unphysiologische und verbrauchende Bewegungsmuster vermieden, Selbstheilungskräfte unterstützt und ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier gefördert werden sollen. In ihre Arbeit und ihre vielfältigen Erfahrungen bei der Pferdeausbildung gibt sie auf ihrem ProPferd-Blog Einblick!

 

Heute möchte ich ein Thema ansprechen, das mir sehr am Herzen liegt – nämlich die zahlreichen Arten und Methoden der Pferdeausbildung. Hier gibt es bekanntlich die verschiedensten Strömungen – von der Horsemanship-Philosophie, die sich sehr mit dem natürlichen Verhalten der Pferde und mit der Bindung Pferd-Mensch beschäftigt, bis hin zur klassischen Ausbildung in all ihren Facetten, in dem die Gymnastizierung und das Erlernen bestimmter Lektionen (bis zur Hohen Schule) im Zentrum steht. Dazwischen gibt es alles Erdenkliche und viele individuelle Ausprägungen, auch und vor allem im Freizeitbereich.

Ich kann mich noch erinnern, als ich das erste Mal von der Skala der Pferdeausbildung hörte, ich Bücher über Pferdeausbildung verschlang, und dennoch nicht wusste, wie ich es angehen sollte.

Natürlich hatte auch ich in einer Reitschule reiten gelernt, doch mit meinem eigenen Pferd stand ich dann plötzlich allein und auch irgendwie ratlos da. Vor allem, als er körperliche Probleme bekam, die man mit dem richtigen Wissen – das ich damals noch nicht hatte – schon frühzeitig hätte abwenden können (siehe dazu auch meinen allerersten Blog).

Ein entscheidender Punkt wurde für mich die Erkenntnis, dass ein Organismus nur so stark ist wie seine schwächste Stelle. Diese sollte man erkennen können und durch gutes Training beheben.

Doch wie erkennt man diese Schwäche?

Mir half das Studium der Anatomie und vor allem das Zusammenspiel des Pferdekörpers in der Bewegung weiter. Man kann sich das – ungefähr und auch sehr vereinfacht – wie ein Skateboard vorstellen. Arbeiten alle Räder gleich gut, fährt es gerade aus. Eiert ein Rad, kommt es zu keiner geraden Fahrlinie. Dann muss man erkennen können, welches Rad ich einstellen und neu justieren muss, damit alles wieder rund läuft. Ich habe insgesamt vier Möglichkeiten – erwische ich gleich am Anfang das richtige Rad, spare ich Zeit und Nerven und bewahre mein Skateboard vor weiterem Verschleiß. Auf den Punkt gebracht: Ich mache eine Analyse  bevor ich ans Reparieren gehe.

Beim Pferd sollte man im Prinzip ähnlich vorgehen – selbstverständlich habe ich hier aber bei weitem mehr Varianten als bei meinem simplen Skateboard. Beim Lebewesen Pferd mache ich zuerst eine Bewegungsanalyse, bevor ich die Schwerpunkte meines Trainings bestimme.

Was ich damit sagen möchte: Jede Strömung hat in gewisser Weise ihre Berechtigung.  Ich vermisse aber beim Horsemanship oft den körperlichen Aspekt – und in anderen Bereichen die Emotionen, die auch sehr wichtig sind.

Der Körper wird durch Emotionen beeinflusst – nicht nur unserer, sondern auch der des Pferdes. Das Pferd ist ein Fluchttier. Ist es aufgeregt, nervös, … wird sich dies in seinem Köper widerspiegeln. Und sogar unserer Emotionen spiegelt das Pferd wider.

Aus eigener Erfahrung mit meiner Stute weiß ich, dass man den Körper sehr weit in eine gesunde Bewegung bringen kann. Doch kaum gibt es für das Pferd Stress, fällt er in sein altes Bewegungsmuster zurück.

Aber es spiegelt sich auch das Bemühen und die Freude im Pferd wider – denn im Grund wollen sie gefallen!

Wenn wir nur den Körper betrachten, ist es auch zu wenig. Denn wie schon erwähnt, Körper und Geist/Psyche gehen immer Hand in Hand!!!

Was das körperliche Training anbelangt, hilft es sehr viel, wenn man weiß, wie ein gesundes Bewegungsmuster aussieht. Man kann allein vom Körperrelief Rückschlüsse auf Bewegungsmuster schließen. Wie das geht? Stellt euch einen Marathonläufer und einen Gewichtheber vor. Es ist zwar jetzt ein krasser Unterschied, aber deutlich erkennbar, dass der kräftigere nicht gerade Marathon läuft. Genauso ist es mit einzelnen Muskeln: diejenigen, welche öfter benutzt werden, sind mehr ,definiert‘, also besser ausgebildet. Unter diesem Aspekt kann die Anatomie richtig spannend sein12

Mein Ratschlag lautet daher: Denkt bei der Ausbildung eures Pferdes methodenunabhängig! Betrachtet Euer Pferd sowohl von der körperlichen als auch von der mentalen Seite – man kann beide niemals trennen! Wie ein alter Freund mir einmal sagte: „Es gibt keine gute oder schlechte Reitweisen, es gibt nur gutes oder schlechtes Reiten.“

Eure Gundula

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