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Gundulas Blog: Headshaking kann auch ungewöhnliche Ursachen haben
12.06.2021 / Blogs

Nicht immer ist die Ursache von krankhaftem Headshaking einfach zu bestimmen ...
Nicht immer ist die Ursache von krankhaftem Headshaking einfach zu bestimmen ... / Symbolfoto: privat/Gundula Lorenz

Gundula Lorenz ist von Kindheit an mit Pferden verbunden, geprüfter Behindertenreitlehrwart (heute „Lehrwart für integratives Reiten“) und hat sich viele Jahre intensiv mit der funktionellen Anatomie und dem Bewegungsapparat des Pferdes beschäftigt. Sie besuchte die Fachschule für osteopathische Pferdetherapie von Barbara Welter Böller und entwickelte das Konzept Equino FIT® – ein ganzheitliches Trainings- und Ausbildungsprogramm für Reiter und Trainer, bei dem unphysiologische und verbrauchende Bewegungsmuster vermieden, Selbstheilungskräfte unterstützt und ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier gefördert werden sollen. In ihre Arbeit und ihre vielfältigen Erfahrungen bei der Pferdeausbildung gibt sie auf ihrem ProPferd-Blog Einblick!

 

Kopfschütteln – das sogenannte ,Headshaking‘ – bei Pferden ist keine Erkrankung an sich, sondern Symptom bzw. Ausdruck eines tieferliegenden gesundheitlichen Problems. Unter normalen Umständen ist das Kopfschütteln eine ganz normale Verhaltensweise des Pferdes – so können etwa Insekten am Kopf vertrieben oder auch das Gegenüber bei Dominanzspielen eingeschüchtert werden. Krankhaftes Headshaking ist hingegen eine ernste Bedrohung des Pferdewohls und kann verschiedene Ursachen haben – etwa Lichtempfindlichkeit, eine periodische Augenentzündung, Schmerzen im Ohr, Probleme im Halsbereich bis hin zu Zahn- oder auch Nervenentzündungen u.v.a.m. Eine noch detailliertere Auflistung findet Ihr unter differentialdiagnosen-des-headshaking.pdf (masterhorse.de)

Doch mitunter gibt es Ursachen, die sich nicht so einfach bestimmen und zuordnen lassen. So war es auch bei einem Pferd, zu dem ich vor einiger Zeit gerufen wurde. Die Stute hatte sich eine Verletzung am Karpalgelenk zugezogen und musste deshalb einige Wochen Boxenruhe halten. Und weil diese Verletzung sehr schmerzhaft war, entlastete sie natürlich auch das betroffene Bein.

Nach einiger Zeit beobachtete die Besitzerin, dass ihre geliebte Stute immer öfter anfing, heftig den Kopf zu schütteln, was sie bis dato nie gemacht hat. Sie zeigte diese Verhaltensweise nicht nur, als sie an der Hand Schritt geführt wurde, sondern auch, wenn sie allein auf die Koppel ging.

Zudem bemerkte die Besitzerin eine Beule ein kleines Stück hinter den Ohren, und zwar auf der gleichen Seite, wo auch die Karpalgelenksverletzung war. Die Stute versuchte auch immer wieder, sich an dieser Stelle zu reiben.

Eine solche Beule kann von einer verspannten Muskulatur kommen, wichtig ist nur zu ergründen, warum sich die Muskulatur an dieser Stelle verspannt – und ob sich darunter ein entzündeter Schleimbeutel ist, die Stelle also schmerzempfindlich ist. In einem solchen Fall muss unbedingt ein Tierarzt zugezogen werden.

Nachdem sich die Stute aber die Beule selbst gerieben hat, ich sie auch berühren durfte, ohne dass eine Schmerzreaktion kam, war ein entzündeter Schleimbeutel jedoch auszuschließen. Auffällig war auch, dass die Stute in sich schief war – sie hatte aufgrund der Verletzung und der Schmerzen eine Schonhaltung eingenommen, und daraus resultierte letztlich auch die Beule am oberen Halsbereich.

Um es stark vereinfacht zu erklären: Stellt Euch vor, Eure Arme wären die Vorderbeine und stützt beide mal am Tisch auf. Jetzt geht Ihr in eine Schonhaltung, d.h. ihr belastet nur einen Arm, mit dem Ihr das ganze Gewicht trägt. Automatisch verschiebt Ihr Euren Oberkörper zu Seite des „gesunden“ Arms. Dadurch bekommt Ihr ein bisschen „Schräglage“, auch Eure Augen sind auf unterschiedlicher Höhe. Das ist auf DAuer unangenehm – und man versucht, dies über Muskeln im Bereich des Halses auszugleichen. Dadurch kommt es zu einer vermehrten Belastung einer ganz speziellen Muskelstruktur, woraus letztlich eine Beule resultieren kann.

Jeder von uns weiß, wie unangenehm eine verspannte Nackenmuskulatur sein kann. Oft ziehen wir dann die Schultern hoch oder machen andere lustige oder kreisende Bewegungen, um sie zu lockern. Am meisten freue ich mich dann auf eine Massageeinheit. (Jeder, der mich ein bisschen kennt, oder auch meine Blogs verfolgt, weiß, dass mir immer wichtig ist, an der Ursache anzusetzen und nicht nur Symptompflege zu betreiben.) Massage ist zwar super, wichtig wäre aber auch, nach den darunterliegenden Ursachen für die Verspannung zu suchen, z.B. auf seine Haltung zu achten usw.

Worauf ich hinauswill: Mit dem Reiben der „Beule“ hat sich die Stute quasi selbst massiert und sich dadurch Erleichterung verschafft. Auch das Kopfschütteln der Stute war nichts anderes als der Versuch, auf diese Weise die Verspannung zu lösen und sich Erleichterung zu verschaffen, absolut vergleichbar mit unserem Schultern-Hochnehmen, Kopf zu Seite-Drehen etc., um das verspannte Areal zu entlasten.
Mein Zugang wäre die Muskelverspannung zu lösen – und sobald das Ok vom Tierarzt für Schrittarbeit da ist, sie vom Boden aus im Schritt zu gymnastizieren und sie so aus ihrer Schonhaltung herauszubekommen, damit sie nicht immer wieder in diese Muskelverspannung fällt.

Ihr seht: Headshaking kann auch auf Grund einer Verletzung am Vorderbein bzw genauer: aus einer Schonhaltung heraus entstehen – auch wenn diese Ursache nur selten bei den üblichen ,Headshaking‘-Diagnosen auftaucht. Pferde sind eben auch in solchen Fragen immer für eine Überraschung gut …

Eure Gundula

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