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Die Fälle des Dr. K.: Verletzung eines Fohlens mit Todesfolge durch Fehlschuss
13.05.2022 / News

Bei einbrechender Dunkelheit schoss ein Jäger auf eine Wildschweinrotte, die über eine vermeintlich leerstehende Pferdekoppel lief, ein Schuss verfehlte dabei sein Ziel und verletzte ein weiter hinten weidendes Stutfohlen so schwer, dass es in der Folge eingeschläfert werden musste. Dr. K. hatte als Gutachter zu klären, ob eine Kausalität zwischen der Schussverletzung und der Notwendigkeit zur Euthanasie bestand.  


Am 23.10.20XX schoss ein Jäger, der zu diesem Zeitpunkt seit etwa einem Jahr die Jagdausübungsberechtigung besaß, zwischen 19.15 und 19.30 Uhr (laut Polizeiprotokoll Seite 3) auf eine, aus drei Stücken bestehende Schwarzwildrotte, die über eine vermeintlich leerstehende Pferdekoppel lief. Aus einer – nach seinen Angaben – Entfernung von 80 m trug er aus einem Repetiergewehr Steyr - Mannlicher - Kaliber 5,6 x 57 der mittleren Sau einen Schuss an. Dieser Schuss verfehlte jedoch sein Ziel und traf ein hinter der Sauenspur weidendes Fohlen, welches im Bereich der Dornfortsätze der Brustwirbelsäule getroffen worden ist.
Der Pferdehalter und Züchter des Fohlens wurde von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt und er verständigte zunächst eine Tierärztin, die nach einer Erstversorgung eine Überweisung in die Pferdeklinik T. veranlasste. Die dortige Untersuchung des Fohlens förderte derartig massive Verletzungen zutage, dass mit einem Aufkommen des Tieres kaum, mit einer späteren Reitverwendung überhaupt nicht gerechnet werden konnte.
Das Fohlen wurde euthanasiert und die, im Anschluss durchgeführte Autopsie bestätigte die Korrektheit dieser Vorgangsweise.

Die verpflichtete Versicherung des Jagdverbandes wollte mit einem Sachverständigen-Gutachten geklärt haben, ob eine Kausalität zwischen der Schussverletzung und der Notwendigkeit zur Euthanasie (Kausalität der Euthanasie) bestand.

 

Befunde
Polizeiprotokoll (zit.)
– Bei einbrechender Dunkelheit zwischen 19.15 und 19.30 Uhr schoss NN. auf eine, aus einem kleinen Waldstück ausbrechende und über die leer stehende Pferdekoppel laufende Windschweinrotte, bestehend aus drei Sauen.
– Aus einer Entfernung von ca. 80 m gab er einen Schuss aus seinem Jagdgewehr Marke „Steyr-Mannlicher, Repetierer, Kaliber 5,6 x 57“ in Richtung der Sauen ab, wobei er auf die vermeintlich zweite Sau zielte.
– Das Projektil traf jedoch kein Wildschwein, sondern eine im Rückraum der Schussrichtung in einer weiteren Pferdekoppel weidende Pferdestute in den Rücken.
– Bei der anschließenden Beutesuche entdeckten sie das verletzte Pferd.
– Diesen Vorfall meldeten die beiden Jäger anschließend dem Pferdehalter B., wobei sie angaben, auf Fasane geschossen zu haben.
– B. verständigte seinen Tierarzt………der zur genaueren Untersuchung und Behandlung die Verbringung in die Pferdeklinik T. anordnete.
………………..
– Wegen der schlechten Prognose hinsichtlich der zukünftigen Reitbarkeit …. wurde das Pferd am nächsten Tag euthanasiert.

– Die Pferdebesitzerin hatte im Sommer das nun sieben Monate alte Quarterhorse-Fohlen von B. erworben und dort bei der Mutterstute als Einstellpferd belassen.  

Befunderhebung des Sachverständigen
Divergierend sind die Angaben über den Zeitpunkt der Schussangabe, wobei der Schütze angab, zwischen 18.30 und 18.45 Uhr geschossen zu haben, habe B. den Schuss erst nach 19.15 Uhr gehört.
Diese zunächst unbedeutend erscheinende Zeitverschiebung hat Relevanz wegen des sog. „Büchsenlichts“.

Angaben des Schützen (zit.)
– „Gegen 18.30 bis 18.45 Uhr sahen wir aus einer Entfernung von ca. 80 m die Wildschweine aus dem dort befindlichen Waldstück in südlicher Richtung kommen. Zuerst liefen sie in unsere Richtung, drehten dann aber in westlicher Richtung ab und liefen im offenen Gelände, es ist dies eine brach liegende Pferdekoppel. Durch das Fernglas konnten wir drei Wildschweine sicher erkennen.
– Im Zielfernrohr hatte ich die Sau gut im Visier…
– Auf der Suche kamen wir durch einen „Staudenriedl“, mit Büschen bewachsener ca. 1-2 m breiter Ackerrain.
Dahinter befand sich eine weitere Pferdekoppel, in der sich einige Pferde befanden. Diese weitere Pferdekoppel war für uns nicht einsehbar und wir vermuteten auch keine solche.“

Vernehmung des Pferdehalters B.
– „„….hielt ich mich bei meiner Pferdekoppel auf, welche unmittelbar etwa 30 m von meinem Haus entfernt in westlicher Richtung liegt. Kurz nach 19 Uhr ging ich ins Haus.
– Etwa  zwischen 19.15 und 19.30 Uhr hörte ich laut und deutlich einen Schuss.

– Ergänzend möchte ich sagen, dass der Jagdleiter und Vater des Schützen mir angab, auf einen Fasan geschossen zu haben. Später stellte sich heraus, dass sie auf ein Wildschwein schießen haben wollen.

– Ich sage mit Sicherheit, dass keine Wildsau da war auf meinem Grund.“(zit.)

Unter der Internetadresse www.Sonnenuntergang/Orte .com
Eine Recherche nach dem verfügbaren Schusslicht ergab, dass die Sonne am Vorfalltag in dieser Region um 18.01 Uhr untergegangen ist. Es ist in den einschlägigen Verkehrskreisen bekannt, dass Schwarzwild in der Dämmerung oder in der Nacht besonders schwer anzusprechen ist.  

 

Befunde und Röntgenbilder der Pferdeklinik T.
Dem Arztbrief angefügt war eine Serie von Röntgenaufnahmen, die die Wirkung des Geschosses an der Wirbelsäule des Pferdes dokumentiert.
Röntgenbilder: Pferdeklinik T.

 

 

Die folgenden Bilder zeigen das Ausmaß der pathologisch-anatomischen Zerstörungen als Folge des Treffers mit dem Gewehrschuss (Obduktion).

 

 

 

Der Rechtsvertreter der geschädigten Pferdeeigentümerin regte die sachverständige Beurteilung eines möglichen Affektionsinteresses nach § 1331 ABGB an und wird diese  in die vertiefte Prüfung miteinbezogen.

Der Sachverständige konnte erheben, dass die Mutter des Fohlens von einem Direktimport aus den USA stammt, wo sie erfolgreich bei Turnieren und auf Shows eingesetzt war. Der Vater des Fohlens ist ein ebenfalls in USA gehaltener Hengst, die Befruchtung erfolgte mittels künstlicher Besamung.

 

 

Eine Lichtbildserie 1- 11 (übermittelt vom Rechtsvertreter der Geschädigten) zeigt das Fohlen in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung innerhalb seines kurzen Lebens. Das Stutfohlen ist der seltenen und sehr gefragten Farbe „Gold – Isabell“ zuzuordnen, die in angloamerikanischen Ländern als „Palomino“ bezeichnet wird und durch das Cream-Gen eine Aufhellung der Fuchsfarbe erfährt.
Im Vergleich kann die Entwicklung von Jungfohlen zur Halbjährigen mit gutem Muskelansatz nachvollzogen werden.
Die Fotos beweisen große charakterliche Ausgeglichenheit im Umgang mit Hunden, die Bilder  und  große Bezogenheit zum Menschen.
Eine ebenfalls von der Kanzlei des Rechtsvertreters der Geschädigten übermittelte Videoaufzeichnung mit dem Fohlen unterstreicht den Eindruck der Lichtbilder

Sachverständige Fallanalyse

Bei der fachlichen Beurteilung der Kausalkette, die letztendlich zum Tod des Fohlens geführt hat, ist es unbedeutend, aus welchem Grunde die Jäger ausgerückt sind. Soweit jedoch nachvollziehbar, lag keinerlei jagdlicher Notfall vor, der eine risikoreiche bewaffnete Intervention verlangt hätte. Auch ist es nicht Aufgabe des Gutachtens, eventuelle Ausschließungsgründe für die Haftung aufzuzeigen, sehr wohl muss aber von fachlicher Seite der Vorgang von allen Seiten beleuchtet werden.

Die Jäger bezogen auf Grund eines angeblichen Anrufes Stellung in der Nähe des Anwesens B. Seitens der aufnehmenden PI wurden keine Erhebungen durchgeführt, ob der gewählte Standort der Jäger geeignet war, von dort aus die Jagd auszuüben bzw. ob dort wegen zu großer Nähe zu menschlichen Siedlungen die Jagd dort zu ruhen habe [OÖ Jagdgesetz § 4 (e)]

Die Jäger haben keine jagdliche Einrichtung (Hochstand, Kanzel) benützt, von welcher aus „in den Boden“ geschossen würde, sondern nahmen ihren Standplatz auf der Straße bei ihrem PKW ein, was eine Schusslinie in der Höhe der liegenden Waffe (fast) parallel zum Boden  bedingt und die Bedeutung des Kugelfangs oberste Priorität haben muss.

3.1.8: Vor Abgabe eines Schusses hat sich der Schütze zu vergewissern, dass niemand gefährdet wird.
3.2.2: Der Büchsenschuss darf nur abgegeben werden, wenn ein
geeigneter Kugelfang vorhanden ist. Als geeigneter Kugelfang ist der Hintergrund des Geländes anzusehen. Der Wald ist auf Grund hoher Gellergefahr kein geeigneter Kugelfang.
(Jagdunfallverhütungsvorschrift,, Stand  Jänner 2013

Den verfahrensgegenständlichen Jägern war das Gebiet, in dem sie sich befanden,  wohl bekannt, weil – wie sie selber angegeben haben – dort regelmäßig ausgehen und außerdem seit vielen Jahren unweit von dort beheimatet sind.
Es hat sich also dort keineswegs plötzlich und unvermutet ein pferdehaltender Betrieb aufgetan, sondern sie wussten sehr wohl, dass dort Pferde gezüchtet und auf den Weiden gehalten werden, die streckenweise durch Weidenriegel getrennt und schlecht einsehbar sind. Davon abgesehen würde eine unbekannte landschaftliche Topografie in Schussrichtung und im Kugelfang a priori ein Schussverbot bedingen.

Der Schütze, der den Schaden am Pferd verursacht hat, hat für seine jagdlichen Absichten eine spezielle Jagdwaffe mitgenommen, die als Waffe, vom Kaliber und der Munition her für Schwarzwild prinzipiell geeignet ist, nicht jedoch zur Fasanenjagd verwendet wird.
Insoferne ist die ursprüngliche Behauptung, man wäre auf einen Fasan gegangen, als Schutzbehauptung für einen vermutlichen Schussfehler durch Hochziehen des Laufes zu werten. Es ist nämlich sonst schwer zu erklären, dass ein Geschoß bei bereits fallender Bascule ein Objekt in größerer Höhe trifft als dem Zielobjekt angetragen wurde, es sei denn man zieht einen Geller in Betracht, der nach oben oder schräg-oben abgewendet hat.

Die Ansprechbarkeit von Schwarzwild in der Dämmerung ist, wie bereits erwähnt, bekanntermaßen sehr schwierig, weshalb bei geringstem Zweifel ein Schuss zu unterlassen ist.

Die Jagd zur Nachtzeit ist aber generell verboten [OÖ Landesjagdgesetz § 62 (5)], mit der Ausnahme von schädlichem Wild, wozu aber Schwarzwild in OÖ nicht zählt.  Als Nachtzeit zählt die Zeit ab einer Stunde nach Sonnenuntergang.
Sonnenuntergang war am Vorfallstage um 18.01 Uhr, was bedeutet, dass ab 19.01 Uhr die Jagd zu ruhen gehabt hätte. Im Protokoll der Polizeiinspektion wird auf die Diskrepanz in der Angabe der Vorfallzeit zwischen den Jägern (18.30 bis 18.45 Uhr) und dem Zeugen B. (nach 19.15 Uhr) hingewiesen, wobei im offiziellen Polizeiprotokoll einmal 19.15 Uhr und einmal 19.15 – 19.30 Uhr als Zeit der Schussabgabe angeführt ist.  
Folgt man den Angaben des Schützen, so gab er den Schuss zwischen 18.30 und 18.45 Uhr, also noch im erlaubten Büchsenlicht ab, rauchte anschließend eine Zigarette und ging dann etwa 80 m zur vermeintlichen Stelle, wo das getroffene Wild hätte liegen müssen, ging anschließend weiter um nach etwa 40 m das angeschossene Pferd zu finden. Dann ging er sofort zum Auto zurück, und meldete sich gegen 19.45 Uhr, also eine Stunde nach Abgabe des Schusses, beim Zeugen B. [zit. dem Sinn nach].
Der SB wird zu würdigen haben, ob er diesen Zeitaufwand für wenige hundert Meter nachvollziehen kann, oder ob die tatsächliche Schusszeit möglicherweise schon innerhalb des Nachtjagdverbotes gelegen war.

Zusätzliche Brisanz bekommt der Vorfall, wenn berücksichtigt wird, dass der Zeuge B. bis kurz nach 19 Uhr sich noch selber auf der 30 m von seinem Anwesen entfernten Koppel befunden hat!

Am Beginn der Kausalkette steht also eine Reihe von Abweichungen vom jagdlichen Rechts- und Regelbetrieb.
Das Einschreiten der Behörde beruht auf dem Verdacht der Sachbeschädigung gem. § 125 StGB, wobei aber in realiter eine schwere Sachbeschädigung im Sinne des § 126 (1)7 vorliegt, weil der Schaden € 3000.00 übersteigt.
Nach Ansicht des SV kann aber die Verletzung eines „Lieblingstieres“ mit Todesfolge – wie z.B. eines Fohlens – nicht nur im Sinne der Schadensregulierung als Sachschaden betrachtet werden.

Der § 285 a ABGB definiert die Stellung des Tieres im Wertesystem der Gesellschaft: Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt.  
Eines dieser Schutzgesetze ist das Bundestierschutzgesetz, das den Schutz der Tiere als Obliegenheit des Menschen als sittlich verantwortliches und dispositionsfähiges Wesen darstellt.  Es handelt sich dabei nicht bloß um eine moralische, sondern Kraft des Gesetzes, um eine rechtliche Verpflichtung, die grundsätzlich allen Menschen, unabhängig davon obliegt, ob sich das Tier im Eigentum oder in der Gewahrsame des Menschen befindet oder  ob es sich in seinem natürlichen Lebensraum aufhält.

Der § 5 TschG verbietet es, Tieren ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder sie in schwere Angst zu versetzen. Mit diesem Absatz ist der Generaltatbestand der verwaltungsstrafrechtlichen Tierquälerei geregelt, der – quasi als Prophylaxe – die TierhaltungsV als Mindestnormenliste entgegenhält, um auf der Basis artgerechter Haltung Tieren körperliches, soziales und psychisches Wohlbefinden zu garantieren.

Eine völlig andere Dimension bekommt   der Vorwurf der Tierquälerei nach dem Strafgesetz  § 222 StGB – wenn zu begutachten ist, ob Tiere roh misshandelt oder ihnen unnötige Qualen zugefügt wurden.

Zunächst zu den Definitionen:
– unter Misshandlung ist jeder Angriff auf ein Tier zu verstehen, der dessen physisches Wohlbefinden nicht ganz unerheblich beeinträchtigt;
– roh wird die Misshandlung dann, wenn aus dem Ausmaß und der Intensität der gegen das Tier gesetzten Handlung und der dem Tier zugefügten Schmerzen in Verbindung mit dem Fehlen eines vernünftigen und berechtigten Zwecks auf eine gefühllose Gesinnung des Täters geschlossen werden kann;
– Zufügen unnötiger Qualen, das sind körperliche Schmerzen von nicht ganz kurzer Dauer, aber auch die Herbeiführung anderer Qualen wie Hunger oder Angstzustände.

Der § 222 StGB ist der einzige Paragraph des Strafgesetzes, der nicht menschliches Interesse, sondern das Wohlbefinden des einzelnen Tieres zum Rechtsgut erhebt.
Das angesprochene physische Wohlbefinden, das nicht unerheblich beeinträchtigt sein muss, um dem Tatbestand der Tierquälerei zu entsprechen, ist aber neben körperlicher Empfindung auch stark abhängig vom psychischen und sozialen Wohlbefinden. So sind in der geltenden Rechtsprechung regelmäßig auch Qualen das Thema, die in länger dauernden Schmerz- und Angstzuständen resultieren, die nicht zur Wahrung überwiegend menschlicher Interessen notwendig erscheinen.

Im vorliegenden Fall wurde das Pferd um ca. 19 Uhr verletzt, im Laufe der Nacht zuerst ambulant und dann stationär notversorgt und schließlich wegen schlechter Prognose eingeschläfert.  

Es kann also aus Erfahrung davon ausgegangen werden, dass in dieser Zeitspanne das Wohlbefinden des Fohlens durch die Schussverletzung per se, durch die Injektionen, durch den Transport, die Untersuchungen und Behandlungen nicht unerheblich beeinträchtigt war, wenn auch die Schmerzen medikamentell weitgehend unter Kontrolle waren. Die Emotion ANGST durch Schussverletzung, Transport und Klinikmilieu war mit Sicherheit bis zum Dyskomfort vorhanden.

Psychischen Schmerz erlitt aber nicht nur das Fohlen, sondern auch die Mutterstute, die sich plötzlich ihres Saugfohlens beraubt sah. In versierten Pferdekreisen bedient man sich altbewährter Methoden, die einer Mutterstute die Möglichkeit geben, sich von einem plötzlich gestorbenen Fohlen zu lösen. Dieser Verabschiedungsvorgang fiel gegenständlich naturgemäß   weg.

Die Entscheidung der erstversorgenden Tierärztin, das Pferd in eine Pferdeklinik zu überweisen, war professionell und korrekt. Die weiterführenden Untersuchungen, die ambulant in dieser Tiefe nicht möglich gewesen wären, brachten das Ausmaß der Verletzung in vollem Umfang zur Geltung, wie es im Tierarztbrief, in den Röntgenbildern und in den anschließenden Obduktionsfotos nachvollzogen werden kann.
Die Euthanasie des Pferdes war sowohl im Hinblick auf sein Aufkommen (quo ad vitam) wie auch auf seine spätere Verwendung (quo ad functionem) die richtige Entscheidung.


Das Besondere am Ankauf eines Fohlens besteht für deren Besitzer darin, dass sie einen „hohen Preis“ dafür bezahlen, dass nach nicht unerheblichen Anschaffungskosten auch noch vier Jahre Aufzucht – und Ausbildungskosten notwendig sind, bevor zum ersten Male „Lustgewinn“ im Sinne der Ausübung des Pferdesports möglich ist.
Auf dieser Basis entsteht bei Fohlenbesitzern regelmäßig eine sehr enge und tiefe psychische Bindung an ein Pferd, es wird zum „Leibpferd“, meist anders, als wenn das Pferd schon im reifen Alter erworben wird.
Der Verlust eines Lieblingstieres auf eine derart sinnentleerte Weise wie im vorliegenden Fall bedeutet je nach individueller Persönlichkeitsstruktur eine psychische Traumatisierung unterschiedlicher Dimension, die dann im Sinne des § 1331 ABGB den Wert der besonderen Vorliebe zu fordern berechtigt, wenn der Schaden aus Mutwillen oder durch eine, nach   dem Strafgesetz verbotenen Handlung entstanden ist.


ZUM AUTOR: Dr. Reinhard Kaun ist Tierarzt seit 1969 und ständig beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, der im Laufe seiner 33-jährigen Tätigkeit als Gerichtsgutachter mehr als tausend Gutachten erstattet  hat. Neben vielen Qualifikationen im Pferdesport (z.B. FEI-Tierarzt, Turnier- und Materialrichter, FEI-Steward, Dopingbeauftragter)  war er  als Fachtierarzt für Pferdeheilkunde und Fachtierarzt für Physikalische Therapie und Rehabilitationsmedizin tätig. Die „Fälle des Dr. K." haben sich tatsächlich zugetragen, wurden aber jeweils in Text und  Bildern verfremdet und anonymisiert,  womit  geltendem Medienrecht und Datenschutz vollinhaltlich genügt wird. Die Fälle wurden vom Autor um das „Fall-spezifische“ bereinigt und werden somit nun als neutraler Lehrstoff von allgemeiner hippologischer Gültigkeit  für interessierte Verkehrskreise zur Weiterbildung dargestellt.

VORSCHAU: Die Klägerin besuchte im Rahmen einer Ausbildung das Kurs-Modul „Sättel und Gebisse“ am Reitergut K. Bei einem übungshalber durchgeführten Tastbefund an den Zähnen eines Übungspferdes wurde der Klägerin ein Teil ihres Mittelfingers abgebissen – sie klagte auf Schadenersatz. Dr. K. hatte als Gutachter zu untersuchen, ob ein schuldhaftes Verhalten seitens der Beklagten während dieses Vorgangs feststellbar war – etwa eine mangelhafte Beaufsichtigung des Pferdes, unklare Anweisungen etc..

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