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Studie: Angst vor Lärm ist ein ernstes Problem bei Pferden
30.05.2022 / News

Verängstigte Pferde leiden nicht nur psychisch, sondern sind auch häufiger Verletzungen infolge von Lärmereignissen wie z.B. Feuerwerk ausgesetzt.
Verängstigte Pferde leiden nicht nur psychisch, sondern sind auch häufiger Verletzungen infolge von Lärmereignissen wie z.B. Feuerwerk ausgesetzt. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Angst vor Lärm äußert sich in einer Überreaktion auf laute Geräusche, die bei Pferden durchaus häufig auftritt und sich stark auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken kann. Laut einer aktuellen Studie ist mehr als jedes fünfte Pferd von dem Problem betroffen.


Angst vor Lärm ist ein weit verbreitetes Verhaltensproblem bei Pferden, bei dem betroffenen Tiere auf laute Geräusche überreagieren und gesundheitliche Probleme entwickeln können, wie eine Studie italienischer Wissenschaftlerinnen bestätigt. Erschwerend kam hinzu, dass die ängstlichsten Tiere im Laufe der Zeit auch kaum Anzeichen einer Besserung zeigen – die Angst vor Lärm sich also als besonders hartnäckiges und schwer zu bekämpfendes Problem herausstellte, so Autorin Maria Giorgia Riva und ihre Forscherkolleginnen in der Zeitschrift ,Animals'.

Angst vor Lärm ist eine Überreaktion auf laute Geräusche, die häufig bei Haustieren auftreten. Es kann nicht nur ihr Wohlergehen, sondern auch ihr Management stark beeinträchtigen. „Als Beutetier haben sich Pferde entwickelt, um schnell auf potenzielle Gefahren zu reagieren, und laute Geräusche können als solche wahrgenommen werden“, sagten sie. „Daher können sie bei lauten Veranstaltungen verschiedene Angstverhalten zeigen, darunter Schwitzen, Zittern und Fluchtversuche, die zu schweren Unfällen für das Pferd und den Reiter/Besitzer führen können.“

Forscher der Studie der Universität Turin wollten anhand einer Online-Umfrage erheben, wie britische und amerikanische Besitzer die Schwere des Problems bei ihren Pferden wahrnehmen, welche Managementstrategien sie anwenden und wie effektiv diese sind. Der Fragebogen wurde über div. soziale Netzwerke geteilt und mit „Wovor hat dein Pferd Angst?“ beworben. Insgesamt wurden 1836 Fragebögen ausgefüllt, wobei zwei Drittel der Antworten aus dem Vereinigten Königreich stammten.

Das zentrale Ergebnis: Insgesamt gaben 409 Besitzer oder 22 Prozent an, dass ihr Pferd während eines Lärmereignisses ungewöhnliches Verhalten gezeigt hatte. Mit anderen Worten: Mehr als jedes fünfte Pferd ist vom Problem betroffen – wenngleich in unterschiedlicher Weise: Die Forscher fanden heraus, dass sich die betroffenen Pferde in zwei Gruppen einteilen ließen: sehr ängstliche oder nur leicht ängstliche Pferde.

Sehr ängstliche Pferde zeigten häufiger ängstliche Verhaltensweisen sowie Anzeichen von Geräuschreaktivität – und ihre Ängstlichkeit besserte sich mit der Zeit auch nicht. Die am häufigsten verwendeten ,Gegenmaßnahmen’ bestanden darin, die ganze Nacht über Heu bereitzustellen (insbesondere zu Zeiten, an denen mit Feuerwerk zu rechnen ist), Pferde je nach den Umständen in den Stall zu bringen bzw. sie rauszulassen oder sie auf einen Paddock in möglichst großer Entfernung zum Lärmereignis zu bringen. Diese Techniken waren aber meist nur bei leicht ängstlichen Probanden wirksam, wie aus der Befragung hervorging. Auch die Bereitstellung von Heu während der Nacht war nur bei den leicht ängstlichen Pferden eine effektive Strategie, so das Studienteam. Verletzungen infolge von Lärmereignissen waren eher in der Gruppe der sehr ängstlichen Pferde zu finden.

Das am häufigsten beobachtete Verhalten bei ängstlichen Pferden war das Umhergehen in der Box bzw. das Laufen am Koppelzaun entlang, gefolgt von starkem Schwitzen. Andere von den Besitzern gemeldete Symptome waren Appetitlosigkeit, Durchfall, Ausbrechen, Weben, Buckeln, Zittern, Wiehern und Fieber. Obwohl Fieber in der Umfrage selten auftauchte, beobachteten drei Teilnehmer während der Lärmangst einen Anstieg der Körpertemperatur bei ihren Pferden.

Ängstliches Verhalten war bei 80 % der Pferde in der leicht ängstlichen Gruppe auf die Dauer des lauten Ereignisses beschränkt, verglichen mit 49 % in der sehr ängstlichen Gruppe. „In einigen Fällen, insbesondere bei sehr ängstlichen Tieren, hielt das ängstliche Verhalten bis zu zwei Stunden nach Ende des lauten Ereignisses an (35 %) – oder sogar bis zum nächsten Tag oder länger (14 %).“

Die Ergebnisse seien ein klares Indiz dafür, dass Angst vor Lärm ein wachsendes Verhaltensproblem ist, das zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohlergehens von Pferden führen kann. Schwere Lärmangst kann physiologische Auswirkungen wie Magen-Darm-Probleme und starkes Schwitzen sowie unerwünschte Verhaltensweisen wie Durchgehen oder Ausbrechen auslösen. Die Besitzer – ganz besonders jene von sehr ängstlichen Pferden – bestätigten auch, dass sie „sehr besorgt“ über dieses Problem bei ihren Pferden sind.

Die AutorInnen schlagen vor, dass neue Strategien in Betracht gezogen werden sollten, um dem Problem Herr zu werden – einschließlich der Verwendung von Arzneimitteln, um Verhaltens- und physiologische Probleme zu reduzieren und betroffenen Pferden zu helfen, mit den Lärmereignissen fertig zu werden. Wenig überraschend waren die Besitzer von sehr ängstlichen Pferden für die Verwendung solcher Produkte eher aufgeschlossen als Besitzer von nur leicht ängstlichen Pferden.

Die Studie „The Impact of Noise Anxiety on Behavior and Welfare of Horses from UK and US Owner’s Perspective" von Maria Giorgia Riva, Francesca Dai, Mirja Huhtinen, Michela Minero, Sara Barbier und Emanuela Dalla Costa ist am 21. Mai 2022 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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