Pferde in Gruppenhaltung benötigen mehr Liegefläche 06.11.2022 / News
In Gruppenhaltungen wecken sich Pferde in den verfügbaren Ruhebereichen gegenseitig auf und zwingen sich etwa alle 10 Minuten, sich zu bewegen. Und wenn der Raum zu klein ist, bekommen sie am Ende nur etwa halb so viel Schlaf wie bei größeren verfügbaren Liegeflächen, so die schwedischen Forscherinnen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Die Unterbringung von Pferden in Gruppenhaltung fördert zwar ihr allgemeines Wohlbefinden, aber Hauspferde sind nicht unbedingt gut darin, sich kleine Ruheflächen zu teilen, so das Resümee einer schwedischen Studie.
„Die Gruppenhaltung bietet Pferden die Möglichkeit, sich freier zu bewegen – und auch mehr Gelegenheiten, ihr soziales Verhalten zu zeigen“, so Linda Kjellberg, Doktorandin in der Abteilung für Anatomie, Physiologie und Biochemie an der schwedischen Universität von Agrarwissenschaften, in Uppsala, gegenüber dem Portal TheHorse.com. Doch genau dieses soziale Verhalten kann in der Gruppe zu gestörten Schlafmustern führen: „Schlaf ist essentiell für das Wohlbefinden von Pferden, und wir müssen ihnen genügend Gelegenheit zum Schlafen geben. Es ist wichtig sicherzustellen, dass wir nicht das allgemeine Wohlbefinden von Pferden beeinträchtigen, nur um es in einigen Teilbereichen zu verbessern.“
Haltung wirkt sich auf den Schlaf aus
Gruppenhaltung sei in Schweden und anderen Teilen Europas populär geworden, so Kjellberg – es ist aber noch weitgehend unerforscht, wie sich diese Haltungsform auf den Schlaf von Pferden auswirkt. Deshalb untersuchten Kjellberg und ihre Forscherkollegen die Schlafgewohnheiten von 12 schwedischen Warmblut-Wallachen im Alter von 3 bis 17 Jahren am schwedischen nationalen Reitsportzentrum Strömsholm. Die Pferde wurden drei bis vier Tage pro Woche für Reitunterricht und Training eingesetzt, waren zwischen 165 und 178 cm Stockmaß groß und vor der Studie in einer Gruppe untergebracht.
Die Forscher platzierten die Pferde für 10 Tage in vier unterschiedlichen Haltungssituationen:
– Boxenhaltung: 10,6 m2 große Einzelboxen bei Nacht und Gruppenkoppel bei Tag;
– kleiner Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit einem Unterstand, der 8 m2 Liegefläche pro Pferd bietet;
– mittlerer Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit zwei Unterständen, die 18 m2 Liegefläche pro Pferd bieten; und
– großer Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit einem Unterstand, der 28 m2 Liegefläche pro Pferd bietet.
Die Boxen waren mit Sägespänen eingestreut, in den Unterständen wurden die Liegeflächen mit etwa 12 cm Stroh eingestreut.
Viel Schlaf bei Einzelboxen und mittelgroßen Liegeflächen
In allen Unterständen, egal welcher Größe, störten sich die Pferde gegenseitig und standen etwa alle 10 Minuten auf, sagte Kjellberg. Der zur Verfügung stehende Platz spielte eine Rolle, wenn es um die Gesamtmenge an Schlaf ging, die Pferde bekamen, einschließlich des Liegens in Brustlage und des Liegens auf der Seite – das ist jene Position, in der Pferde im Allgemeinen in die erholsamste Schlafphase eintreten (obwohl Pferde diesen Zustand manchmal auch in Brustlage mit auf den Boden gesenkten Köpfen erreichen können), so Kjellberg.
Pferde hatten in der Studie auf dem kleinsten Gruppenruheplatz am wenigsten Schlaf, so Kjellberg. Im Durchschnitt legten sich die Pferde seltener und für kürzere Zeiträume hin – nur 69 Minuten in einer 24-Stunden-Periode, verglichen mit 145 Minuten in Boxen, die 52 Minuten vollständiges Liegen auf der Seite beinhalteten.
Die durchschnittliche Zeit, die sie in dem kleinen Ruhebereich auf der Seite lagen, betrug 22 Minuten pro 24 Stunden, so Kjellberg weiter. Drei der Pferde verbrachten nur halb so viel Zeit damit, auf der Seite zu liegen – und eines legte sich nie vollständig hin. Dieses Pferd, fügte sie hinzu, legte sich auch in der Einzelbox nie auf die Seite – was darauf hindeutet, dass Pferden Schlafmangel droht, wenn es in einem Stall oder auf einer Koppel mit nur einem kleinen Ruhebereich gehalten wird.
Im Gegensatz dazu bekamen die Pferde in Einzelboxen und mittleren Liegebereichen ähnlich viel Schlaf – durchschnittlich 130 Minuten in einer 24-Stunden-Periode. Der Unterschied in der Liegezeit zwischen den mittleren und großen Flächen (132 Minuten) war nicht signifikant, was darauf hindeutet, dass man als Stallbesitzer nicht unbedingt in übermäßig große Ruheflächen investieren muss.
„Nicht alle Gruppen sind beste Freunde"
Liegen kam in den 24 Stunden in mehreren Runden vor und variierte je nach Haltungssituation, so Kjellberg. Jedes Pferd legte sich ein- bis sechsmal in den Boxen hin, zwei- bis sechsmal bei der mittleren und null- bis fünfmal bei der kleinen Ruhefläche, so Kjellberg. Zwischen den einzelnen Pferden wären hingegen keine signifikanten Unterschiede festgestellt worden.
Auf den Punkt gebracht: In Gruppenhaltungen wecken sich Pferde in den verfügbaren Ruhebereichen gegenseitig auf und zwingen sich etwa alle 10 Minuten, sich zu bewegen. Und wenn der Raum zu klein ist, bekommen sie am Ende nur etwa halb so viel Schlaf wie bei größeren verfügbaren Liegeflächen.
Wenn Pferde in freier Wildbahn in Gruppen schlafen, so Kjellberg, können sie ihre Gruppe auswählen – im Gegensatz zu Hauspferden. „Nicht alle Gruppen sind beste Freunde“, sagte sie. „Sie respektieren vielleicht, dass sie ihren Raum teilen müssen, aber das ist etwas anderes, als beste Freunde zu sein. Sie brauchen also möglicherweise mehr Platz.“
Paddocks und Weiden
Pferde legen sich zwar auch auf härteren Böden hin, aber sie schlafen eher länger und häufiger, wenn die Einstreu bequem ist und sie sich sicher und geborgen fühlen, so Kjellberg. „Ich denke nicht, dass es für Pferde immer eine sichere und bequeme Gelegenheit ist, sich einfach draußen auf der Koppel hinzulegen. Wenn ihnen aber nichts anderes geboten wird, legen sie sich vielleicht trotzdem hin … In unserer Studie gab es ein Pferd, das wir während des Tests im kleinen Liegebereich zweimal auf den harten Boden außerhalb des eingestreuten Bereichs liegen sahen, was wir zuvor noch nie beobachtet hatten. Es musste sich einfach hinlegen, und offenkundig war es für das Pferd nicht bequem genug, sich zwischen die anderen Pferde zu quetschen.“
Das Resümee der ForscherInnen war daher eindeutig: „Das Liegeverhalten wurde durch das Verhalten anderer Pferde und auch signifikant durch die verfügbare Liegefläche beeinflusst. Mit mehr verfügbarer Fläche im Unterstand legen sich Pferde fast doppelt so oft und fast doppelt so lange hin wie auf einer kleineren Fläche. Die Häufigkeit des Hinlegens und das Verhalten beim Aufstehen aus der Liegeposition wurden ebenfalls von der verfügbaren Liegefläche beeinflusst. Daher ist davon auszugehen, dass der Platzbedarf, um dem Ruhebedürfnis der Pferde gerecht zu werden, bei Pferden in Gruppenhaltung größer sein dürfte als bei Pferden in Einzelboxen."
Die Ergebnisse der schwedischen Studie decken sich auffallend mit einer im Vorjahr erschienen italienischen Untersuchung, in der sich die Nachtruhe im Stall (in Einzelboxen) als förderlich für die Schlafqualität und positiv für das Wohlbefinden der untersuchten Pferde herausgestellt hat. Die erholsame Nachtruhe im geschützten, von Umwelteinflüssen weitgehend abgeschirmten Stall wäre demnach eine sinnvolle Ergänzung des ganztägigen Weidegangs mit seinen vielfältigen Sozialkontakten und Bewegungsanreizen, die es den Pferden erleichtert, chronischen Stress abzubauen und sich psychisch zu regenerieren (siehe auch unseren ausführlichen Artikel dazu).
Die Studie „Horses’ resting behaviour in shelters of varying size compared with single boxes" von Linda Kjellberg, Hanna Sassner und Jenny Yngvesson ist im September 2022 in der Zeitschrift ,Applied Animal Behaviour Science erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:25.07.2021 - Nachtruhe im Stall sorgt für weniger Stress bei Pferden
Nachtruhe im Stall sorgt für weniger Stress bei Pferden 25.07.2021 / News
Die Nacht im geschützten Stall fördert den Schlaf und führt zu geringerem chronischen Stress bei Pferden, so italienische Wissenschaftler. / Symbolfoto: Archiv
Die Nacht im geschützten, von Umwelteinflüssen weitgehend abgeschirmten Stall zu verbringen fördert den Schlaf und hilft Weidepferden dabei, chronischen Stress abzubauen, berichten italienische Forscher.
Wissenschaftler der Universität Mailand haben über die Ergebnisse einer Studie mit 47 Freizeitpferden berichtet, deren Spiegel des Stresshormons Cortisol im Rahmen einer einjährigen Studie anhand von Haarproben überwacht wurden. Silvia Michela Mazzola und ihre Forscherkollegen stellten in der Zeitschrift Animals fest, dass der Erfüllung der Verhaltensbedürfnisse von Pferden immer mehr Bedeutung beigemessen wird. „Es wächst das Bewusstsein, dass Pferde, die in Einzelboxen gehalten werden, sowohl in ihren sozialen Kontakten als auch ihren Möglichkeiten, natürliche Verhaltensweisen auszuleben, eingeschränkt sind. Aber auch auf der Koppel können viele praktische Faktoren die Lebensqualität der Pferde beeinflussen“, so die AutorInnen.
Die Forscher beschrieben ein Experiment, das sich auf drei Ställe in der Region Gardasee in Norditalien konzentrierte, basierend auf drei verschiedenen Haltungs- bzw. Managementstrategien, die von den Pferdebesitzern gewählt wurden.
In den Ställen 1 und 2 konnten Pferdebesitzer wählen, ob sie ihr Pferd den größten Teil des Tages auf der Weide in Gruppen von etwa zehn Tieren verbringen ließen. Jeden Abend wurden die Pferde wieder in ihre Einzelboxen gebracht, wo sie ihre Heu- und Futterration erhielten und die Nacht verbrachten. Die Autoren bezeichneten diese Pferde als ,Gemischte-Haltungs-Gruppe’ (Gruppe 1).
Alternativ konnten die Pferdebesitzer ihr Pferd auch dauerhaft auf den Koppeln lassen, auch über Nacht. Ansonsten wurden diese Pferde genauso gepflegt wie die gemischte Führungsgruppe. Sie erhielten Heu und Futter und eine ähnliche tierärztliche Versorgung. Diese Pferde bildeten die sogenannte ,Koppelgruppe’ (Gruppe 2).
Die dritte Gruppe wurde von den Prinzipien der naturnahen Haltung inspiriert. Die Pferde lebten in einer Herde auf sechs Hektar Land, Wald und Olivenhainen. Zwei natürliche Teiche ermöglichten Pferden den Zugang zu Wasser. Es gab drei an einer Seite offene Ställe, die den Tieren Unterschlupf boten, und vier Heuraufen wurden weit auseinander verteilt, um die Pferde zum Bewegen zu ermutigen. Probanden, die zusätzliches Kraftfutter benötigten, waren mit einem Computerchip ausgestattet, der vom automatischen Haferspender gelesen wurde, um täglich die individuell richtige Futtermenge zu verabreichen. Diese Pferde bildeten die ,Natur-Haltungs-Gruppe’ (Gruppe 3). Die Pferde aller drei Gruppen waren in Bezug auf Geschlecht und Alter ähnlich strukturiert.
In dem Experiment wurden allen Pferden viermal im Jahr, einmal in jeder Jahreszeit, am selben Tag Haarproben entnommen, anschließend wurden die Haarkortisolkonzentrationen, die als zuverlässiger Marker für langfristigen (chronischen) Stress gelten, im Labor ermittelt und analysiert.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Die Forscher fanden heraus, dass die höchsten Haarkortisolwerte im Herbst und Sommer festgestellt wurden, unabhängig von der verwendeten Haltungsstrategie, und die Werte waren auch bei den älteren Pferden (über 15 Jahre) signifikant höher. Die Cortisolkonzentration im Haar wurde nicht durch das Geschlecht oder die Fellfarbe der Pferde beeinflusst. Der Vergleich der verschiedenen Haltungsstrategien zeigte jedoch, dass im Sommer, Herbst und Winter der Haarcortisolspiegel bei Pferden, die ihre Nachtruhe in der Einzelbox im Stall verbrachten (Pferde der Gruppe 1 – ,Gemischte Haltungs-Gruppe’), signifikant niedriger war.
„Die Nacht im Stall zu verbringen, scheint sich positiv auf das Wohlbefinden der Pferde auszuwirken, und dies könnte zumindest teilweise mit der Schlafqualität zusammenhängen“, so die Erklärung des Studienteams. „Schlaf ist ein wesentlicher Faktor für körperliches Wohlbefinden und optimale geistige Leistungsfähigkeit, insbesondere wenn man bedenkt, dass Pferde als große Beutetiere durchschnittlich nur drei Stunden am Tag schlafen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Stall für Pferde, die den Tag auf der Weide verbrachten, mit sozialer Interaktion und freier Bewegung eine nächtliche Umgebung darstellen könnte, die den Schlaf fördert.“ Die erholsame Nachtruhe im geschützten, von Umwelteinflüssen weitgehend abgeschirmten Stall wäre demnach eine sinnvolle Ergänzung des ganztägigen Weidegangs mit seinen vielfältigen Sozialkontakten und Bewegungsanreizen, die es den Pferden erleichtert, chronischen Stress abzubauen und sich psychisch zu regenerieren.
Pferde, die auf der Koppel bzw. Weide übernachten, könnten hingegen von mehreren Faktoren negativ betroffen sein, so die Wissenschaftler. Dazu gehören etwa das Wetter, die Umgebungstemperatur, Insekten oder Interaktionen mit anderen Pferden. Sie meinten, dass das Fehlen signifikanter Cortisol-Unterschiede im Frühjahr mit dem milden Klima dieser Jahreszeit in dieser besonderen Region Italiens zusammenhängen könnte.
Eine weitere interessante Beobachtung ergab sich durch die Tatsache, dass einige Pferde der ,Gemischte-Haltungs-Gruppe’ während der kältesten Monate durchgehend eine Decke trugen – und dies offenkundig mit einem erhöhten Cortisolspiegel bei diesen Pferden verbunden war: „Obwohl die Anzahl der Probanden begrenzt war, ergab die statistische Analyse, dass diejenigen ohne Decken einen statistisch signifikant niedrigeren Haarcortisolspiegel aufwiesen.“
Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass Pferde die Decke eher als Bewegungseinschränkung denn als thermischen Vorteil erleben würden, da sie keinen besonders anspruchsvollen thermoregulatorischen Herausforderungen ausgesetzt waren. Die Forscher sagten, dass die höheren Cortisolkonzentrationen, die bei Pferden über 15 Jahren gefunden wurden, mit der geringeren Fähigkeit älterer Pferde zusammenhängen könnten, mit Stressoren umzugehen, weshalb ältere Pferde noch sorgfältiger behandelt werden sollten.
Zusammenfassend meinten die Autoren, dass es bei Pferdebesitzern ein wachsendes Bewusstsein dafür gebe, dass das Wohlergehen von Freizeitpferden sehr erheblich mit der Befriedigung ihrer natürlichen Verhaltensbedürfnisse zusammenhängt – und diese Tatsache macht es zunehmend notwendig, diese Fragen auch aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu untersuchen. „Aus Mangel an wissenschaftlicher Literatur über die Auswirkungen der Haltung auf das Pferdewohl können sich Züchter, Stallmanager und Besitzer derzeit nur auf ihre Erfahrung und den gesunden Menschenverstand verlassen.“
Die Ergebnisse ihrer Studie könnten, wenn sie durch weitere Studien bestätigt werden, nützlich sein, um das Wohlergehen der Pferde zu verbessern und bei der Entscheidungsfindung über das Haltungssystem zu helfen, so das Resümee der Wissenschaftler.
Die Studie „Do You Think I Am Living Well? A Four-Season Hair Cortisol Analysis on Leisure Horses in Different Housing and Management Conditions" von Silvia Michela Mazzola, Carla Colombani, Giulia Pizzamiglio, Simona Cannas, Clara Palestrini, Emanuela Dalla Costa, Alessia Libera Gazzonis, Arianna Bionda und Paola Crepaldi ist am 20. Juli 2021 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
28.09.2022 - Je tiefer die Einstreu, desto besser der Pferdeschlaf
Je tiefer die Einstreu, desto besser der Pferdeschlaf 28.09.2022 / News
Die Einstreudicke ist mitentscheidend für die Schlafqualität von Pferden – und sie könnte folglich auch Stimmung und Leistungsfähigkeit beeinflussen, wie die aktuelle Untersuchung nahelegt ... / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Wenn die Einstreu tiefer und daher auch weicher ist, verbringen Pferde deutlich mehr Zeit im erholsamen REM-Schlaf, so eine aktuelle Studie. Und es gibt auch Hinweise darauf, dass schlechtere Schlafqualität sogar die Stimmung von Pferden negativ beeinflussen kann ...
Pferde schlafen in der Regel länger, wenn sie eine tiefere Einstreu haben – und das könnte sich auch auf ihre Stimmung und folglich auf ihr Wohlbefinden sowie ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten auswirken, so Amber Matthews, Pferdedozentin an der Hartpury University in Gloucestershire, Großbritannien. „Wir beginnen immer mehr zu sehen, wie wir die Schlafmenge eines Pferdes durch die Einstreupraxis beeinflussen können“, so Matthews während der Konferenz der International Society for Equitation Science (ISES) 2022, die vom 9. bis 12. August in Hartpury stattfand und über den das Portal TheHorse.com berichtete. Das könnte bedeuten, dass wir „ein glücklicheres Pferd haben könnten“, so Amber Matthews weiter – und das „würde natürlich das Wohlergehen des Pferdes insgesamt und möglicherweise auch die Leistung erhöhen.“
Diese Entdeckung ist freilich nicht ganz neu – Forscher wissen bereits aus früheren Untersuchungen, dass die Einstreutiefe für den Pferdeschlaf wichtig ist, so Matthews. Die Tiefe der Einstreu kann die Länge der REM-Schlafphasen (= Rapid Eye Movement) bei Pferden beeinflussen, in denen das Pferd auf der Seite oder manchmal in Brustlage mit der Nase auf dem Boden liegt. Ein Mangel an REM-Schlaf kann dazu führen, dass Pferde im Stehen in den Tiefschlaf fallen und dann buchstäblich zusammenbrechen.
Den WissenschaftlerInnen ging es aber vor allem um einen anderen Punkt – nämlich um die Frage, welche Auswirkungen schlechter Schlaf auf die Stimmung von Pferden hat. Amber Matthews und ihre KollegInnen testeten sechs gemischtrassige Reitschulpferde, die im Durchschnitt 15 Jahre alt und auf unterschiedlich tiefer Sägespänen-Einstreu untergebracht waren. Die Hälfte der Pferde schlief fünf Nächte lang bei einer Einstreuteife von 2 Zoll (5 Zentimeter) – die andere Hälfte fünf Nächte lang bei einer Einstreuteife von 6 Zoll (15 Zentimeter). Nach der ersten Testphase folgte eine fünftägige Ruhepause, in der alle Pferde wieder auf ihrer jeweiligen Standardeinstreu untergebracht waren – anschließend folgte Testphase 2, in der die sechs Pferde in die jeweils entgegengesetzte Einstreu-Tiefe wechselten, und zwar abermals für fünf Nächte.
Das Team überwachte jedes Pferd mittels Infrarotkamera in der Zeitspanne von 19.00 Uhr abends bis 7 Uhr morgens in seinem gewohnten Stall. Sie bewerteten die Zeit, die die Pferde vollständig im Liegen verbrachten, in Brustlage mit oder ohne Nase nach unten lagen oder im Stehen schliefen (Non-REM-Schlaf). Die Ergebnisse waren eindeutig und zeigten, dass die Pferde deutlich mehr Zeit im REM-Schlaf – als auch im Nicht-REM-Schlaf – in der tieferen Einstreu verbrachten, so Amber Matthews.
Doch hatte die Schlafqualität tatsächlich einen Einfluss auf die Stimmung der Pferde? Dies wollten die WissenschaflterInnen mit einem ganz speziellen Test überprüfen: Vor Beginn der Studie trainierten sie die Pferde darauf, in einem Eimer, der an einem bestimmten Standort innerhalb des Testareals platziert war, Leckerlis vorzufinden – und in einem weiteren Eimer an einem anderen Standort nichts zu finden.
Anschließend stellten sie einen Eimer zwischen die beiden ursprünglichen Standorte und beobachteten, wie wahrscheinlich es war, dass die Pferde den neuen Eimer überprüften. Dies war der Beginn eines sogenannten „kognitiven Bias-Tests“, bei dem es generell um Verzerrungen in unseren Wahrnehmungen und Urteil geht und der im konkreten Fall den „Optimismus“ der Pferde messen sollte, sprich: ob sie eher erwarten würden, ein Leckerli im Eimer vorzufinden – oder eben nicht.
Um festzustellen, ob und wie sehr der erhaltene Schlaf diesen „Optimismus“ der Pferde beeinflusst, testete das Team deren Interesse an den „Zwischeneimern“ nach jedem fünftägigen Aufenthalt in der jeweils untersuchten experimentellen Einstreudicke. Und tatsächlich zeigte sich: Die Pferde, die nachts besser geschlafen haben, zeigten im kognitiven Bias-Test tendenziell mehr Optimismus, so Amber Matthews. Trotz dieser Tendenz erreichten die Ergebnisse dieser kleinen Studie – möglicherweise aufgrund der geringen Zahl der Testpferde – jedoch keine wissenschaftlich statistische Signifikanz, fügte sie hinzu.
Diese Ergebnisse stützen frühere Studienergebnisse, die zeigen, dass die Einstreutiefe den Schlaf des Pferdes beeinflusst – und sie deuten auf einen Zusammenhang zwischen dem Schlaf des Pferdes und deren Stimmung hin, wenngleich dieser Zusammenhang (noch) nicht statistisch belegt werden konnte. Wie sich dies auf die Stimmung, den Optimismus und evtl. auch auf die Trainingsleistung auswirken könnte, muss noch näher untersucht werden, erklärte Matthews: „Es ist auf jeden Fall interessant, darüber nachzudenken“, so das Resümee der Wissenschaftlerin.
Als Mensch wäre man über den Zusammenhang zwischen Schlafqualität und Stimmung alles andere als überrascht: Wehe, wenn wir schlecht geschlafen haben …
11.11.2021 - Studie: Größere Liegeflächen erhöhen auch die Liegezeiten von Pferden
Studie: Größere Liegeflächen erhöhen auch die Liegezeiten von Pferden 11.11.2021 / News
Je größer die Liegefläche, desto intensiver wird sie von den Pferden auch genutzt – so das Resümee der schwedischen Studie. / Symbolfoto: Archiv
Schwedische Wissenschaftlerinnen haben das Verhalten und die Verweildauer von Pferden in Liegebereichen unterschiedlicher Größe analysiert – und herausgefunden, dass Pferde größere Liegeflächen deutlich bevorzugen und schon eine geringe Vergrößerung dieser Ruhezonen positive Auswirkungen hat.
Linda Kjellberg und ihre Forscherkolleginnen von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften haben im Rahmen ihrer Studie den Einfluss von Haltungssystemen auf die Gesamtliegezeit und das Liegeverhalten von Pferden unter die Lupe genommen – und wie sich Veränderungen der verfügbaren Liegefläche auf diese Ruhezeit auswirken können. Sich ausreichend Liegezeit zu gönnen und vor allem auch tief und erholsam zu schlafen sei für das Wohlbefinden von Pferden entscheidend, wie die Forscher vorab festhielten – wobei die Liegezeit je nach Faktoren wie Klima, Bewegung, Einstreu und Haltung variieren könne. Das Schlafverhalten von Pferden in Gruppenhaltung kann auch durch soziale Beziehungen und Konkurrenz um Platz beeinflusst werden.
In ihrer Studie wurden zwei Offenställe mit Liegeflächen von 8, 15 und 18 Quadratmetern für jedes Pferd verwendet. Das Verhalten der Pferde wurde auf Video aufgezeichnet und mittels Scan-Sampling und Intervallbeobachtungen protokolliert. In Einzelboxen gehaltene Pferde dienten als Kontrolle.
Die Auswertung der Video-Aufzeichnungen ergab schließlich ein eindeutiges Bild: Es wurde festgestellt, dass die Pferde länger im Liegebereich („lying hall“) verweilen, wenn die verfügbare Liegefläche jeweils 18 Quadratmeter betrug, und zwar verglichen mit einer Liegefläche von 8 Quadratmetern pro Pferd – die gesetzliche Mindestanforderung nach schwedischem Recht. Durch die Vergrößerung der Liegefläche hat sich auch die Gesamtverweildauer sowie die Gesamtliegezeit in diesem Bereich erhöht, so die Wissenschaftlerinnen weiter.
Sie fanden auch heraus, dass die Liegezeit eines Pferdes in einer Einzelbox der Liegezeit eines Pferdes in einer Gruppenhaltung mit einem Zugang zu 18 Quadratmetern pro Pferd entspricht – die Einzelbox schnitt unter diesem Gesichtspunkt also vergleichsweise gut ab, was sich auch mit den Ergebnissen einer anderen kürzlich veröffentlichten Untersuchung deckte (siehe auch unseren ausführlichen Artikel dazu).
Insgesamt deuten ihre Ergebnisse somit darauf hin, dass die derzeitigen Mindestanforderungen an die Liegefläche von Pferden – zumindest die von der schwedischen Gesetzgebung vorgeschriebenen – möglicherweise zu gering sind und dass diese Mindestanforderungen erhöht werden könnten, um deren Wohlergehen besser zu gewährleisten. „Unsere Empfehlung, um das Wohlergehen von Pferden im Offenstall zu verbessern, ist, den Mindestbedarf der Liegefläche um den Faktor 20 bis 100 % zu erhöhen.“
Diese Empfehlung basiert auf der Erkenntnis, dass schon das Angebot einer um nur 20 % erweiterten Liegefläche die Pferde dazu ermutigte, diesen speziellen Liegebereich zu bevorzugen. „Darüber hinaus hat die Vergrößerung der verfügbaren Liegefläche sowohl die Nutzung der Liegefläche als auch die Liegezeit erhöht.“ Das Resümee der Forscher war daher eindeutig: „Um allen Pferden in Gruppenhaltung genügend Ruheraum zur Verfügung zu stellen, empfehlen wir, den Mindestbedarf zu überdenken und zu erhöhen.“
Eine weitere Anmerkung war den ForscherInnen wichtig: Da es für das Wohlergehen der Pferde von entscheidender Bedeutung ist, dass sie genügend Schlaf bekommen, ist auch die Wahl der Einstreu ein wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Es bedarf jedoch weiterer Studien, um die optimale Liegefläche pro Pferd und Einstreumaterial in einer Liegehalle zu ermitteln, um den Schlafkomfort jedes Einzelnen zu maximieren.
Die Studie „Horses’ Use of Lying Halls and Time Budget in Relation to Available Lying Area“
von Linda Kjellberg, Jenny Yngvesson, Hanna Sassner und Karin Morgan ist am 10. Nov. 2021 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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