Die Vetmeduni Wien würdigt jährlich alle AbsolventInnen, die vor 50 Jahren ihr Doktorat erfolgreich abgeschlossen haben. Insgesamt 22 Goldene PromovendInnen haben sich am Donnerstag, 3. November 2022, zum diesjährigen Festakt an ihrer Alma Mater eingefunden – darunter auch der bekannte Tierarzt, Sicherheitsexperte, Gutachter und Autor Dr. Reinhard Kaun.

Rektorin Petra Winter und Vizerektor für Lehre und Klinische Veterinärmedizin Jürgen Rehage stellten nach einem halben Jahrhundert noch einmal die Promotionsleistung in den Mittelpunkt und überreichten den Absolvent:innen die Goldene Doktoratsurkunde. Zu dieser Feier waren ausnahmsweise – aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen der Vorjahre – drei Abschlussjahrgänge (1970–72) eingeladen, wobei aus dem Jahrgang 1970 einer zweifellos besondere Beachtung verdient und auch für „besonders verdienstvolle Tätigkeit“ gewürdigt wurde: nämlich Veterinärrat Univ.-Lektor Mag. Dr. med.vet. Dr. Reinhard Kaun, ProPferd-LeserInnen durch seine zahlreichen Fachartikel und Fallstudien seit vielen Jahren bestens bekannt und vertraut.

Wir dürfen den schönen Anlass daher auch für einen kleinen Blick zurück auf ein imposantes Lebenswerk nutzen, das noch lange nicht abgeschlossen ist, doch schon jetzt an Wirkkraft und Nachhaltigkeit seinesgleichen sucht. Dr. Kaun – geboren in den letzten Kriegstagen am 18. März 1945 in St. Florian bei Linz –  hat wie kaum ein anderer die Entwicklung der österreichischen Pferde- und Pferdesportszene geprägt und tatkräftig mitgestaltet, wie ein kleiner Streifzug durch seine jahrzehntelange Laufbahn verdeutlicht.

Vorab jedoch die wichtigsten beruflichen Stationen:

1963: Matura am Khevenhüller-Realgymnasium in Linz
1969: Sponsion zum Diplomtierarzt (Mag. med.vet.), Praxiseröffnung in Linz
1970: Promotion zum Dr.med.vet.
1972: Praxissitz bis 2012 in Altmünster am Traunsee
1984: Anerkennung als offizieller Tierarzt des Weltpferdesportverbandes FEI
1989: Eintragung in die Liste der Allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen
1990: Ernennung zum Fachtierarzt für Pferde
1990: Gründung der Ausbildung zum „Österreichischen Pferdesporttierarzt“

Bis zur Mitte der 1980er  Jahre gab es nur vereinzelt tierärztliche Turnierbetreuungen. Eine Reihe schwerer Unfälle veranlasste Dr. Kaun zusammen mit DDr. Rautschka und HR Dr. Zach einen planmäßigen tierärztlichen Turnierdienst zu etablieren, der auch an gehobene Ausrüstung gebunden war.

Pferdeschleppe mit Vakuummatratze und Seilzug gehörte zur Standardausrüstung von Dr.Kaun bei vielen nationalen und internationalen Turnieren.

Neu war auch die Einrichtung eines „Emergency-Centers“ mit Rettung, Low-Loading – Pferdetransporter und Tierarzt sowie Hufschmied.

Die Veranstalter wurden angehalten, die Turnier-Funktionäre klar zu kennzeichnen und - vor allem – eine Security-Mannschaft aufzustellen.

1995: Gründung der Ausbildung zum Österreichischen Pferdesanitäter.

Der erste Kurs fand mit 130 Teilnehmern in Tullnerbach statt – bis heute verfügt unser Land über etwa 1000 ausgebildete und geprüfte Pferdesanitäter. Häufige Übungen und Fortbildungen mit Realfällen haben an verschiedenen Örtlichkeiten stattgefunden. (Details siehe www.pferdesicherheit.at)

„Mitstreiter“ in Sachen Pferdesanitäter waren von Beginn an Martina Klama, Dr. Andreas Sendlhofer und Dr. Günther Dobretsberger.

1999    Ernennung zum Veterinär-Rat für besondere Verdienste im Pferdesport insbesondere als Dopingkontrolltierarzt

2000    Sachverständigenbüro für klinische und forensische Veterinärmedizin, Tierhaltung und forensische Hippologie mit einem – österreichweit – einzigartigem Beeidungsumfang

Durch ständige Weiterbildungen und Zertifizierungsprüfung wurde ein großer Beeidungsumfang erworben, der Dr. Kaun als gesuchten Gerichtsgutachter im gesamten Bundesgebiet herumführte. Präzision, genaue Rekonstruktionen und nachvollziehbare und schlüssige Gutachten zeichnen die Arbeit bis heute aus.

2004: Ernennung zum Fachtierarzt für physikalische Therapie und Rehabilitationsmedizin.

In seinem Pferdespital PRO EQUO befasste sich Dr. Kaun vornehmlich mit „austherapierten“ Patienten unter Verwendung vieler naturheilkundlicher (Akupunktur, Merdianmassage, Moxa-Therapie) und physikalischer Methoden: Theracell©, Matrix-Rhythmus-Therapie©, IR-Paneele, Hydrosun, Laser, TENS, Scenar© , Equidrain©und viele andere.

2005: Gründung der Ausbildung zum Fire & Emergency VET

In praktischen Übungen, in denen Realfälle simuliert wurden, lernten die Kursteilnehmer auch das richtige Verhalten gegenüber Angehörigen bei tödlichen Reitunfällen.

Dr. Kaun war über viele Jahre Mitglied des Kriseninterventions-Teams des ÖRK Gmunden, sowie psychologischer Debriefer.

Die Ausbildung von Veterinärstudenten beiderlei Geschlechts in präklinischem Notfallmanagement wurde als Vorlesung von Dr. Kaun  an der VetMedUni Vienna abgehalten, bei Notfallübungen zusammen mit Feuerwehren, Rotem Kreuz und Notärzten wurde die Realität geübt.

Notfallübung in Rittham bei Pinsdorf mit der FF Wiesen und Veterinärstudenten.  Thema: Rettung eines liegenden Pferdes unter Brandsituation. Kdt. Thomas Treiblmeier sowie die Notärzte Dr. Hohn und Dr. Koller unterstützten die Übungen. Mitglieder des Roten Kreuzes Gmunden halfen regelmäßig mit ihrem Können bei der realistischen Unfalldarstellung.

Demonstration einer Helikopter-Rettung eines unter dem Übungspferd „Gustav“ liegenden verletzten Reiters bei einer Retter-Messe in Wels, bei der Dr. Kaun mit Pferdesanitätern und Fire&Emergency Vets sowie als Fach-Vortragender jahrelang mitwirkte.

Notfallübung in Gallneukirchen „Rettung eines verletzten Menschen und eines verletzten Pferdes aus einem Bach“  – eine Person spielte regelmäßig die „hysterische Pferdebesitzerin“, die die Arbeit der Einsatzkräfte behindert.

In praktischen Übungen mit Feuerwehren, die von Dr. Kaun, in vielen Fällen unterstützt von VR Dr. Otto Zeilinger, in fast allen Bundesländern ohne Honorar durchgeführt hat, wurden Feuerwehrleute im risikoarmen und korrektem Umgang mit Pferden geschult.

Ein wesentlicher Beitrag zur Sicheren Rettung von Pferden war die Entwicklung eines Rettungswege-Systems.

Ab 2010    Entwicklung einer methodisch – forensischen Hippologie und Hippiatrie zusammen mit Landes- und Bundeskriminalämtern

Lehraufträge:
Veterinärmedizinische Universität Wien ab 1995
– Trainingslehre für Sportpferde
– Präklinisches Notfallmanagement und Katastrophenmedizin für Tierärzte
– Gutachterwesen und forensische Veterinärmedizin

Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft, Wien ab 2007
– Sport-, Lieblings- und Nutztiere im Zivil- und Strafverfahren
– Ausbildung zum Sicherheitsexperten für Pferdehaltung und Pferdesport
– Befundaufnahme und Beweissicherung
– Nachvollziehbare Gutachten

Akademie für Pferde-Physiotherapie, Kärnten ab 2000
– Angewandte Hippologie
– Rechtskunde für Pferdephysiotherapeuten
– Ausgewählte Kapitel der physikalischen Medizin

Pferdesport:
Ab 1984 zahlreiche Ausbildungen in pferdesportlicher Hinsicht als Aktiver und auf Funktionärsebene u.a. Dopingkontrolltierarzt, FEI-Steward, internationaler Richter für Gespannfahren, Materialrichter, Parcoursbauassistent.
Einsatz als Präsident der Veterinärkommission bei 8 Welt- und Euromeisterschaften verschiedener Disziplinen, häufiger Einsatz als Foreign Veterinary Delegate bei internationalen Turnieren.

– Von 1999 bis 2009: Mitglied des Kriseninterventions-Teams des Österreichischen Roten Kreuzes
– 1995: Autor des Lehrbuches „Sportpferde in Training und Wettbewerb“

Laufend:
– Vortragstätigkeit für Feuerwehren zum Thema „Pferderettung“
– Internationale Vortragstätigkeit zu Themen der klinisch- forensischen Veterinärmedizin
– Autor von Fachartikeln in Print – und Online-Medien
– Zertifizierung als Gerichtsgutachter bis 2027

Und diese Liste ist wohl noch lange nicht komplett! Wir ziehen jedenfalls den Hut, gratulieren ganz herzlich zum Goldenen Doktorats-Diplom und verneigen uns tief vor diesem eindrucksvollen Lebenswerk im Dienste der Pferde! Ad multos annos, lieber Hr. Dr. Kaun!!!