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CBD bewährt sich bei Behandlung eines koppenden Pferdes
14.02.2023 / News

Italienische und brasilianische WissenschaftlerInnen berichten von einer 22-jährigen Quarter Horse-Stute, die ein langjähriger Kopper war und vier Wochen lang mit Cannabidiol (CBD) behandelt wurde – mit spektakulärem Erfolg.

 

Die in der Zeitschrift ,Veterinary and Animal Science’ veröffentlichte Fallstudie gilt als erster Bericht über den erfolgreichen therapeutischen Einsatz von Phytocannabinoiden bei Verhaltensstörungen von Pferden. Das Pferd erhielt die CBD-Behandlung über einen Zeitraum von vier Wochen. Der Besitzer gab an, dass das pensionierte Sportpferd die stereotype Verhaltensweise 15 Jahre lang gezeigt habe – und dass sämtliche Bemühungen, die Situation zu verbessern, erfolglos geblieben seien. Dazu gehörten die Verwendung einer speziellen Halskrause, Veränderungen in der Haltung, Ernährungsumstellungen bis hin zur Verabreichung von Beruhigungsmitteln – nichts von alledem half nachhaltig. Die Stute war im Alter von 10 Jahren in den Ruhestand geschickt worden und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre lang gekoppt.

Stereotypien sind Verhaltensstörungen, die sich im Regelfall wiederholen und für das Tier keinen offensichtlichen Nutzen haben. Solche Verhaltensstörungen bei Pferden können ein Indikator für schlechtes Wohlbefinden sein.

Rodrigo Zamith Cunha und seine KollegInnen der Universität von Bologna (Italien) sowie der Universität von Sao Paolo (Brasilien) erläuterten in ihrer Studie, dass von Cannabisarten abgeleitete Moleküle unter verschiedenen medizinischen Bedingungen untersucht wurden. Das therapeutische Potenzial von Phytocannabinoiden hängt mit der Wirkung von Delta-9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol (CBD) sowie anderen Verbindungen zusammen. Cannabidiol entfalte innerhalb des Zentralnervensystems vielfältige Wirkungen bzw. Aktivitäten, etwa anxiolytische (zur Behandlung von Angstzuständen), antidepressive, antipsychotische, krampflösende und entzündungshemmende. Sie stellten fest, dass einige Studien der jüngeren Vergangenheit die potenzielle und erfolgreiche therapeutische Verwendung von Phytocannabinoiden auch in der Veterinärmedizin gezeigt haben.

Das Forscherteam merkte an, dass derzeit keine speziellen, aus Cannabis gewonnenen Tierarzneimittel in der Europäischen Union (EU) oder Nordamerika zugelassen seien. Der Off-Label-Use von Humanarzneimitteln bei Tieren kann aber in bestimmten EU-Ländern oder in den USA erlaubt sein, wenn von der EU bzw. der USFDA zugelassene Produkte verwendet werden – die Anwendung liege dann im Verantwortungsbereich der behandelnden Tierärzte.

In ihrem Fallbericht wurde die Quarter Horse-Stute mit einem kommerziell erhältlichen isolierten CBD-Produkt in einer Dosis und Häufigkeit behandelt, die auf früheren Fallberichten und tierärztlichen pharmakologischen Studien basierten. Während der Behandlung gab es keine Veränderungen in der Futterqualität oder -quantität oder im Tagesablauf des Pferdes.

Bereits eine Stunde nach der ersten oralen Verabreichung des CBD-Präparats zeigte die Stute einen verbesserten Appetit und ein gesteigertes Futtersuchverhalten. Zwischen der ersten und der zweiten Behandlungswoche wurde eine signifikante Abnahme der Stunden, während denen das Pferd koppte, bei einer anhaltenden Verbesserung des Appetits beobachtet. Das Pferd wurde unter anderem auf Koliken, Lethargie, Appetitlosigkeit, Schwankungen der Körpertemperatur, Durchfall, Herz- und Atmungs-Störungen bzw. -Schwankungen überwacht, aber nichts dergleichen wurde beobachtet.

Den Behandlungserfolg darf man durchaus als spektakulär bezeichnen: Wurde vor der Behandlung (Tag 0) das Koppen noch an durchschnittlich 16 Stunden pro Tag beobachtet, so waren es an Tag 1 nur noch 6 Stunden und an Tag 3 nur noch 2 Stunden. In Woche 4 wurde die Verhaltensstörung sogar nur noch eine halbe Stunde pro Tag registriert, also sehr selten.

Durchschlagender Behandlungserfolg: Grafik a zeigt den Rückgang der Stunden, die mit der Verhaltensstörung Koppen vor, während und nach der Verabreichung von CBD verbracht wurden. Der Wert von Tag 0 ist der Durchschnitt der täglich mit Stereotypie verbrachten Stunden der 7 Tage vor der Therapie. Grafik b zeigt die Gewichtszunahme während der Therapie mit Cannabidiol. Grafik: Rodrigo Zamith Cunha et.al.

 

Weitere positive Effekte blieben ebenfalls nicht aus: Nach 30 Tagen hatte sich der Körperzustand des Pferdes verbessert, ebenso der Zustand des Fells. Darüber hinaus berichteten der Pfleger und die Besitzer von positiven Veränderungen im Verhalten der Stute, die sich von einer niedergeschlagenen und depressiven Haltung zu einer fröhlichen und aufmerksamen Haltung entwickelte.

Nach Abschluss der Behandlung hielt das Team noch weitere drei Wochen lang zweimal wöchentlich telefonischen Kontakt mit den Besitzern. Diese berichteten, dass der Behandlungserfolg auch nach Beendigung der medikamentösen Therapie anhielt und die Stute weniger als 1 h/Tag koppte, also drastisch weniger als zuvor.

Beim letzten telefonischen Kontakt mit den Besitzern erfuhr man leider von einem unvorhersehbaren und tragischen Ereignis: Die Pferdebesitzer informierten das Forscherteam darüber, dass die Stute nach einem traumatischen Beinbruch leider eingeschläfert werden musste. Es war ein bedrückender Schlusspunkt dieser Untersuchung, auch wenn der Vorfall mit hoher Sicherheit mit der CBD-Anwendung in keinerlei Zusammenhang stand.

 

Bild a zeigt die ungleichmäßige Abnutzung und Erosion der oberen und unteren Schneidezähne aufgrund des Koppens. Foto b zeigt die Verhaltensstörung: Die Stute stand dabei immer an der Rückseite ihrer Box, stützte ihren Kopf auf die Boxentüre und knabberte daran. Die Bilder c bis e zeigen die körperliche Entwicklung der Stute vor, während und nach der CBD-Therapie; klinischer Besuch 1 Woche vor der Behandlung, Body Score 2, wo man die Knochenstrukturen sehen und fühlen kann, obwohl eine dünne Muskelschicht vorhanden ist (Bild c); drei Wochen nach Beginn der oralen Einnahme von CBD mit sichtbarem Muskelaufbau und Fettablagerung (Bild d); 45 Tage nach Behandlungsbeginn Bodyscore Grad 4 mit deutlicher Gewichts- und Fellverbesserung (Bild e). Fotos: Rodrigo Zamith Cunha et.al.

 

Trotz dieses unglücklichen Endes der Pilotstudie zog das Forscherteam ein positives Resümee: „Dieser Fall verdeutlichte den möglichen Einsatz von CBD in Fällen, in denen herkömmliche Therapien bei Verhaltensstörungen keinen Erfolg hatten. Es war der Wunsch der Autoren, dass die Beschreibung dieses Falls dazu beitragen würde, weitere Forschungen zur Verwendung von Phyto- und Endo-Cannabinoiden nicht nur bei Pferden, sondern auch bei anderen Tierarten anzuregen. Die bei dem Pferd in diesem Bericht verwendete Dosierung betrug etwa 0,5 mg/kg/Tag und hat sich als wirksam bei der erfolgreichen Behandlung und Behandlung der Verhaltensstörung erwiesen, es liegen jedoch nur wenige Informationen über das beste Dosierungsschema für Pferde vor. Umfangreiche Forschung und klinische Studien sind erforderlich, um die Bioverfügbarkeit, Dosierung und Arzneimittelwechselwirkungen bei Pferden sowie die potenzielle Verwendung für bestimmte Pathologien zu ermitteln.“

Und weiter: „Die Ergebnisse nach 30 Tagen Therapie waren positiv, und die Besitzer sahen nach Beendigung der Behandlung keine Verhaltensregression. Nach bestem Wissen der Autoren ist dies der erste veröffentlichte Fall, der die erfolgreiche Behandlung und das Management eines chronisch koppenden Pferdes mit der oralen Verabreichung von CBD beschreibt, wodurch das Wohlbefinden und die Lebensqualität verbessert wurden."

Die Studie „The use of cannabidiol as a novel treatment for oral stereotypic behaviour (crib-biting) in a horse" von Rodrigo Zamith Cunha, Letícia Locatelli Felisardo, Giulia Salamanca, Gabriela Gomes Marchioni, Orlando Iazzetti Neto und Roberto Chiocchetti wird in der März-Ausgabe 2023 des Journals ,Veterinary and Animal Science' erscheinen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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