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Pferde können menschliche Emotionen wie Freude und Angst riechen
06.03.2023 / News

Pferde sind in der Lage, zwischen menschlichen Gerüchen zu unterscheiden, die mit Angst und Freude verbunden sind – das konnten französische ForscherInnen in einer Studie demonstrieren. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Pferde menschliche Emotionen nicht nur durch Hören und Sehen, sondern auch über den Geruchssinn wahrnehmen können.

 

Ein Beispiel einer der Welsh Pony-Stuten, die ihr linkes bzw. rechtes Nasenloch benutzt, um an der Probe zu schnüffeln. Foto: Plotine Jardat

 

Studienautorin Plotine Jardat und ihre ForscherkollegInnen wiesen einleitend darauf hin, dass es allgemein angenommen wird, dass Tiere menschliche Emotionen durch Geruch wahrnehmen. Tatsächlich ist die Chemorezeption das wohl ursprünglichste und universellste Sinnesorgan, und Gehirnregionen, die für die Verarbeitung von Gerüchen verantwortlich sind, gehören zu den ältesten Strukturen in der Evolution von Säugetieren.

Die WissenschaftlerInnen der Universität von Tours gingen von der Hypothese aus, dass Chemosignale auch an der Kommunikation zwischen Arten beteiligt sein könnten. „Die Kommunikation von Emotionen ist für soziale Interaktionen unerlässlich, aber nur sehr wenige Studien haben eindeutig gezeigt, dass Tiere menschliche Emotionen durch Geruch wahrnehmen können“, sagten sie.

In ihrer Studie verwendeten die ForscherInnen ein detailliertes Gewöhnungs- und Unterscheidungs-Protokoll, um zu testen, ob 30 Welsh Pony-Stuten zwischen menschlichen Gerüchen unterscheiden konnten, die erzeugt wurden, während die Testpersonen Angst oder Freude empfanden. Die verwendeten Gerüche waren Achselschweiß, gesammelt von 15 Erwachsenen, die zwei 20-minütige Videos ansahen, von denen eines Angst (ein Horrorfilmausschnitt) und das andere Freude hervorrief.

Die Teilnehmer wurden zudem gebeten, zwei Tage vorher keine stark riechenden Speisen zu essen, die ihren Schweiß beeinflussen könnten, wie Knoblauch oder Blauschimmelkäse, und trugen für das Experiment auch geruchsneutrale, unparfümierte T-Shirts.

Gemäß dem Protokoll wurden die Pferde mit einem der gesammelten Gerüche auf einem Stück Stoff am Ende eines Holzstabs in einem kleinen Stand konfrontiert. In der Gewöhnungsphase wurde jedem Pferd für zwei Minuten der Geruch präsentiert, den sie erschnüffeln durften. Eine Minute später wurde eine zweite Probe des gleichen Geruchs für weitere zwei Minuten präsentiert.

Von den 30 Pferden beschnüffelten fünf während der Gewöhnungsphase keine der Proben und wurden daher von der weiteren Analyse ausgeschlossen.

Dann, nachdem eine weitere Minute verstrichen war, wurden den verbliebenen Pferden in der Unterscheidungsphase zwei Proben auf Stöcken im Abstand von 50 cm präsentiert. Einer trug eine dritte Probe des ursprünglichen Geruchs, und der andere trug eine Probe, die von der entgegengesetzten Emotion gesammelt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde jedes Pferd zwei Gerüchen desselben Menschen im Angst- oder Freudenzustand ausgesetzt.

 

Das verwendete Gewöhnungs- und Unterscheidungs-Protokoll (habituation/discrimination) der Studie:  a zeigt eine schematische Darstellung des Versuchsaufbaus; während b die Geruchsproben-Präsentation zeigt. (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Plotine Jardat)

 

Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Das Studienteam stellte fest, dass die Pferde den neuartigen Geruch länger schnupperten als den wiederholten Geruch, was darauf hindeutet, dass sie zwischen menschlichen Gerüchen unterschieden, die in den Kontexten ,Angst’ und ,Freude’ erzeugt worden waren.

Und auch ein anderer Umstand war für das Forscherteam erstaunlich: „Wenn der wiederholte Geruch und der neuartige Geruch während der Unterscheidungsphase gleichzeitig dargeboten wurden, benutzten Pferde bevorzugt ihr linkes Nasenloch, um den wiederholten Geruch zu schnüffeln, und ihr rechtes Nasenloch, um den neuartigen Geruch zu schnüffeln. Dazu die WissenschaftlerInnen: „Dieser Befund stimmt mit der früheren Beobachtung überein, dass Pferde bevorzugt ihr rechtes Nasenloch zum Schnüffeln neuartiger Objekte verwendeten, und liefert zusätzliche Beweise dafür, dass Pferde zwischen den beiden Gerüchen unterschieden haben.“

Daraus ergibt sich für die AutorInnen eine weitere spannende Frage: „Wenn Pferde die emotionalen Gerüche des Menschen wahrnehmen können, stellt sich die Frage, welche Verbindungen die chemische Grundlage für eine solche Kommunikation zwischen verschiedenen Spezies sind.“

Beim Menschen wurden mehrere Verbindungen im Schweiß, wie Adrenalin oder Androstadienon, als Kandidaten vorgeschlagen, die emotionale Informationen transportieren. Die Wahrnehmung menschlicher emotionaler Informationen, die in Schweißgerüchen enthalten sind, impliziert die Existenz von Rezeptoren für solche Verbindungen. „Diese Rezeptoren könnten in Pferden vorhanden sein, entweder als Ergebnis der Domestikation oder durch Vererbung von einem gemeinsamen Säugetier-Vorfahren.“

Die ForscherInnen wiesen darauf hin, dass Geruch der älteste und universellste Sinn ist, und die Gehirnstrukturen, die Gerüche verarbeiten, entwickelten sich sehr früh bei Säugetieren. Die Evolutionshypothese wird auch durch die jüngste Erkenntnis gestützt, dass Menschen Angst- und Nicht-Angst-Gerüche im Pferdeschweiß erkennen könnten, was durch das Vorhandensein gemeinsamer chemischer Verbindungen und ihrer Rezeptoren in allen Säugetieren erklärbar wäre.

Die Tatsache, dass die Pferde während der Gewöhnungsphase ihr linkes Nasenloch deutlich häufiger als ihr rechtes Nasenloch benutzten, deutet darauf hin, dass sie diese menschlichen Körpergerüche mit einer Ausrichtung auf die linke Hemisphäre untersuchten. „Eine solche Präferenz wird normalerweise beobachtet, wenn positive oder vertraute Reize bei Haussäugern untersucht werden; Diese Ergebnisse deuten also darauf hin, dass die Pferde in diesem Experiment menschliche Körpergerüche als positive oder vertraute Reize wahrnahmen, was durch eine insgesamt positive Beziehung zum Menschen erklärt werden kann.“

Im Gegensatz dazu benutzten die Pferde in der Unterscheidungsphase ihr rechtes Nasenloch signifikant mehr als das linke. „Es ist möglich“, so die AutorInnen, „dass Pferde, nachdem sie in der Gewöhnungsphase erkannt hatten, dass die beiden Proben in derselben emotionalen Verfassung von derselben Person produziert wurden, etwas überrascht waren über die unterschiedliche emotionale Verfassung, die sie in Probe B rochen. In der Tat haben andere Studien festgestellt, dass die rechte Hemisphäre für die Bewertung neuartiger Reize und Situationen bevorzugt wird, die schnelle Reaktionen erfordern können“, so ihre Erklärung

Insgesamt habe ihre Studie gezeigt, „dass Pferde zwischen menschlichen Gerüchen unterscheiden können, die in einem Kontext von Freude und Angst erzeugt werden. Darüber hinaus deuten Unterschiede in der Gewöhnungsgeschwindigkeit und der asymmetrischen Verwendung der Nasenlöcher je nach Geruch auf eine unterschiedliche emotionale Verarbeitung der beiden Gerüche hin. Diese Studie fügt dem Hören und dem Sehen somit auch den Geruchssinn als Sinnesorgan hinzu, durch die Pferde menschliche Emotionen wahrnehmen und von ihnen beeinflusst werden können“, so das Resümee des Forscherteams.

Die Studie „Horses discriminate human body odors between fear and joy contexts in a habituation-discrimination protocol" von Plotine Jardat, Alexandra Destrez, Fabrice Damon, Zoé Menard-Peroy, Céline Parias, Philippe Barrière, Matthieu Keller, Ludovic Calandreau und Léa Lansade ist am 25. Feb. 2023 in der Zeitschrift ,Scientific Reports' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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