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Neuartige Arthrose-Behandlung bei Pferden macht Hoffnung
29.04.2024 / News

Arthrose zählt zu den großen Gesundheitsproblemen heutiger Pferde und ist die häufigste Ursache für Lahmheit und Gelenkschmerzen.
Arthrose zählt zu den großen Gesundheitsproblemen heutiger Pferde und ist die häufigste Ursache für Lahmheit und Gelenkschmerzen. / Symbolfoto: Archiv Petr Blaha

Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass ein injizierbares Gel die Gelenkheilung bei Pferden nachhaltig unterstützen und zu einer gesunden Geweberegeneration beitragen kann.

 

Arthrose (Osteoarthritis) ist eine weit verbreitete, entzündliche Erkrankung des gesamten Gelenks, die sowohl Tiere als auch Menschen betrifft – und es ist die häufigste Ursache für Lahmheit und Gelenkschmerzen bei Pferden. Es ist ein zentrales Gesundheitsproblem für zahlreiche Pferde, weshalb weltweit an neuen Möglichkeiten und Wegen geforscht wird, um betroffenen Pferden Linderung oder sogar Heilung zu bringen.

Ein vielversprechender Ansatz wurde kürzlich im Fachjournal ,AVMA Publications' präsentiert: In ihrer neuen Studie haben die Autoren gezeigt, dass 2,5 % Polyacrylamid-Hydrogel (PAAG), das in die Gelenke injiziert wird, eine wohltuende Art von Entzündung hervorruft, die Pferde zur langfristigen Linderung von Arthrose benötigen, und gleichzeitig ein Biogerüst bietet, das die gesunde Geweberegeneration unterstützen könnte.

Die leichte, mikroskopisch kleine Entzündung hält etwa 14 Tage nach der Injektion an und scheint das Immunsystem zu stimulieren, was Pferden helfen könnte, den degenerativen Krankheitsprozess zu bekämpfen. Das Biogerüst entwickelt sich unterdessen innerhalb der Synovialmembran (Gelenkauskleidung), während das Gewebe das arzneimittelfreie Gel vollständig aufnimmt, so Studien-Autor Jason Lowe, Tierarzt und geschäftsführender Gesellschafter bei Innovative Medical Solutions Vet in Cambridge, Neuseeland.

„In der Biologie gibt es gute und schlechte Entzündungen“, so Lowe gegenüber dem Portal TheHorse.com. „Eine gute Entzündung ist Teil der natürlichen Immunantwort des Körpers. Wenn wir also mit Produkten wie diesem Gel die natürliche Immunantwort des Körpers unterstützen, schaffen wir die Umgebung für eine natürliche Heilung.“ Dies stehe im krassen Gegensatz zu Kortison, das die Immunantwort künstlich unterdrücke, fügte er hinzu.

Während Forscher in jüngsten Studien gezeigt haben, dass PAAG-Injektionen die Lahmheit bei Pferden mit Arthrose zu verbessern scheinen, verstehen Experten immer noch nicht genau, was auf mikroskopischer Ebene in den Gelenken passiert, – genau dieser Frage wollten Lowe und seine Kollegen auf den Grund gehen.

Er und seine Forscherkollegen injizierten 13 Fessel- oder Karpalegelneken von 10 gesunden Vollblütern 2,5 % synthetisches vernetztes Polyacrylamidgel in einer Dosis von entweder 50 oder 100 Milligramm. Diese Pferde waren 3 bis 5 Jahre alt und hatten keine Anzeichen einer Gelenkerkrankung.

Die Forscher untersuchten jedes injizierte Gelenk unmittelbar nach der Behandlung und erneut entweder 14, 42 oder 90 Tage später. Während dieser Untersuchungen entnahmen die Forscher Synovialflüssigkeit zur Analyse – und die führte zu einem spannenden Ergebnis: Die Forscher stellten fest, dass die Zellzusammensetzung der Synovialflüssigkeit bis zum 14. Tag normal war, mit Ausnahme einer signifikanten Zunahme von Makrophagen, das sind Immunzellen, die dazu bestimmt sind, Fremdstoffe und Ablagerungen gleichsam zu „fressen“.

In weiteren Analysen stellten die Forscher eine mikroskopische Entzündungsreaktion fest, bei der hervorstehende Strukturen, sogenannte Zotten, anschwellen und sich mit mehr Makrophagen füllen. Sie stellten außerdem fest, dass in behandelten Gelenken mehr Blutgefäße vorhanden waren als in unbehandelten Gelenken.

Lowe erklärte, dass die Ergebnisse darauf hindeuten, dass die Wirkung des 2,5-prozentigen Gels nicht nur mechanischer Natur ist – es sorgt dafür, dass Gelenkstrukturen sanfter übereinander gleiten –, sondern auch eine natürliche Heilungswirkung auslöst.

In Bezug auf die Entzündung der Synovialmembran bedeutet dies, dass  mehr Synovialgewebe-Makrophagen „rekrutiert" würden – anders ausgedrückt: Es werden mehr Feuerwehrleute eingesetzt, um das Feuer zu bekämpfen.

Was das Gel selbst betrifft, stellten die Wissenschaftler fest, dass es sich vollständig und umfassend in das Gelenkgewebe integriert hatte und innerhalb von 14 Tagen nach der Injektion 3D-Strukturen erzeugte, die Gerüsten ähnelten, so Lowe weiter. Die zahlreichen Makrophagen verbrauchten das Hydrogel nicht wirklich, was bedeutete, dass das Produkt als Biogerüst an Ort und Stelle bleiben könne, um möglicherweise gesundes Gewebe im Gelenk wieder aufzubauen, das möglicherweise jahrelang Bestand habe.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Injektionen eine minimale und nicht irritierende Immunantwort hervorriefen, die die typische Reaktion des Körpers auf eine Fremdsubstanz darstellt, so Lowe. Die Forscher sahen keine Anzeichen einer Infektion oder einer Gewebeverhärtung, -verhärtung oder Narbenbildung: „Das ist einfach ein unglaublich sicheres Produkt“, so sein Resümee.

Obwohl die Entzündung gering ist, empfiehlt Lowe dennoch, das Training für Pferde, die während dieses zweiwöchigen Prozesses mit 2,5 % PAAG behandelt wurden, zu reduzieren und den Schwerpunkt stärker auf Schwimmen, Schritt gehen und allgemeine Rehabilitation zu legen. „Man kann sie fit halten – aber schalten Sie einen Gang zurück, um dem Körper die Chance zu geben, das zu tun, was er tun muss“, so Lowe.

Darüber hinaus, so der Forscher, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Gel besonders für ältere Pferde von Nutzen sein könnte. Das liegt daran, dass es sicher bei arthritischen Schmerzen helfen kann, ohne dass die mit Steroidinjektionen verbundenen Risiken im Zusammenhang mit Insulin auftreten. „Die Schönheit dieses Behandlungsansatzes liegt darin, dass er nicht pharmakologisch ist“, so Lowe abschließend.

Die Studie „Histologic and cytologic changes in normal equine joints after injection with 2.5% injectable polyacrylamide hydrogel reveal low-level macrophage-driven foreign body response" von Jason Lowe, Leigh de Clifford,  Alan Julian und Marc Koene ist am 21. Feb. 2024 in der Zeitschrift ,AVMA Publications' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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