Wieso Pferde am Mist schnüffeln und dabei sehr schlau vorgehen 18.06.2024 / News
 Pferde hinterlassen reichlich Mist auf Koppeln und Weiden und untersuchen diesen zwanghaft. Das lässt darauf schließen, dass sie aus dem Mist artrelevante Informationen gewinnen können. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Durch Schnüffeln am Mist gewinnen Pferde eine Vielzahl relevanter Informationen – über Artgenossen, mögliche Konkurrenten und ihr näheres Umfeld. Eine Studie konnte zeigen, dass Pferde dabei ein ausgeprägtes Kurzzeitgedächtnis haben – und sie der Mist vom Vortag deutlich weniger interessiert als frische Kothaufen.
Pferde schnüffeln aus vielerlei Gründen an Mist – zur Kommunikation, für ihr Sozialverhalten und um über ihr Umfeld Bescheid zu wissen. Mist enthält chemische Signale, die Informationen über das Individuum, das ihn hinterlassen hat, wie etwa dessen Identität, Geschlecht und Fortpflanzungsstatus, vermitteln können. Pferde können Mist an bestimmten Stellen hinterlassen, um ihre Anwesenheit zu markieren, um territoriale Grenzen kommunizieren oder anzuzeigen, dass ein bestimmter Bereich häufig von bestimmten Individuen oder Gruppen genutzt wird.
In Studien konnte u.a. gezeigt werden, dass Pferde durch das Schnüffeln an Mist andere Pferde erkennen und Informationen über sie sammeln können. Es kann Pferden auch helfen, soziale Strukturen und Hierarchien innerhalb einer Gruppe zu verstehen, sodass sie dominante Individuen erkennen und potenzielle Konflikte vermeiden können. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2011 konnte beispielsweise nachweisen, dass Pferde dem Kot jener Artgenossen die meiste Aufmerksamkeit schenkten, die ihnen am aggressivsten begegneten – was vermuten lässt, dass Pferde (beiderlei Geschlechts!) einzelne Konkurrenten in ihrer Gruppe anhand des Kot-Geruchs unterscheiden können.
Möglicherweise gewinnen Pferde aber auch noch andere Informationen aus dem Kot, wenngleich dazu noch konkrete Forschungen fehlen: So konnte eine Studie an Mandrillen in Zentralafrika im Jahr 2017 nachweisen, dass das Riechen am Kot den Primaten dabei hilft, gesund zu bleiben: Indem sie den Geruch von Darmparasiten in den Fäkalien ihrer Gruppenmitglieder aufspüren, können sie herausfinden, wer krank ist – und es dann auch vermeiden, bei diesen Individuen Fellpflege zu betreiben, weil die Darmparasiten auch auf dem Fell vorhanden sind. Ein ähnlicher Mechanismus wäre durchaus auch bei Pferden vorstellbar.
In ihrer aktuellen Untersuchung gingen Audrey EM Guyonnet und Ian Q. Whishaw vom ,Canadian Centre of Behavioural Neuroscience’ der Universität von Lethbridge (Provinz Alberta, Kanada) jedoch einer anderen Frage nach – nämlich wie Pferde Ort, Geruch und Erinnerung im Zusammenhang mit ihren Begegnungen mit Mist wahrnehmen und nutzen. Dabei wurden die Testpferde in unterschiedlichen Zeitabständen zu ausgewählten Objekten oder zu Mistablagerungen geführt, an denen sie schnüffeln durften.
An der Studie nahmen 22 Pferde teil. Die Tests wurde in insgesamt sechs Reithallen durchgeführt – zwei in der Halle und vier im Freien. Das Forschungsteam machte Videoaufnahmen von den Pferden, die auf die Objekte und den Mist trafen. Durch die Einzelbild-Videoanalyse wurden mehrere Faktoren untersucht: die Art und Weise, wie sich die Pferde den Objekten oder Mistablagerungen näherten, die Dauer des Schnüffelns, die Verwendung der Nüstern, die Ohrenposition und das Blinzeln im Zusammenhang mit der Untersuchung des Mists.
Die Forscher fanden heraus, dass Pferde sich Mistablagerungen durchweg länger näherten und auch länger daran schnüffelten als an Objekten, die kein Mist waren. Während sie schnüffelten, bewegten die Pferde ihre Köpfe über die gesamten Misthaufen – „untersuchten“ diese also sehr eingehend und genau. Sie zeigten keine spezielle Vorliebe für ein bestimmtes Nasenloch, wenn sie das Ziel unter die Lupe nahmen, und sie neigten dazu, zu blinzeln, wenn sie mit dem Schnüffeln aufhörten.
Insbesondere ein Ergebnis erregte die Aufmerksamkeit des Forscherteams: Pferde näherten sich seltener und schnüffelten kürzer, wenn sie Misthaufen wieder besuchten, die sie bereits am Tag zuvor entdeckt hatten, und zwar unabhängig von der genauen Position.
Die Forscher vermuten, dass dies auf ein starkes Kurzzeitgedächtnis für Mist und dessen Position hinweist – d.h. dass ihr Interesse für ,frischen’ Mist (also Mist, der vom selben Tag stammt) sehr ausgeprägt ist, am nächsten Tag aber schon deutlich nachlässt. Einmal untersucht, ist der Mistfund gleichsam im Gedächtnis abgespeichert – und die Aufmerksamkeit richtet sich auf neue Duftreize.
Dieses Muster spiegelt sogenanntes „adaptives Vergessen“ wider, wodurch sich Pferde auf aktuelle Umweltreize konzentrieren können. („Adaptives Vergessen“ bezeichnet den Mechanismus des Gehirns, bestimmte Informationen absichtlich zu vergessen, um die Gedächtnisfunktion und kognitive Leistungsfähigkeit zu optimieren. Das kann dabei helfen, relevante und wichtige Informationen zu priorisieren und veraltete, irrelevante oder redundante Daten zu verwerfen. Dieser Prozess soll das Lernen, die Entscheidungsfindung und die allgemeine kognitive Leistung verbessern.)
Die Forscher vermuten, dass dieses Phänomen des adaptiven Vergessens, bei dem die Aufmerksamkeit für den am Vortag besuchten Mist nachlässt, für Pferde biologisch von Vorteil sein könnte: Es optimiert die Risikobewertung, indem es unnötige Unterbrechungen der Futtersuche durch Artgenossen verhindert und sicherstellt, dass ihre Aufmerksamkeit auf aktuelle und möglicherweise relevantere Umweltreize gerichtet bleibt. Getreu dem Motto, das auch uns Menschen nicht ganz unbekannt ist: Was interessiert mich der Mist von gestern ...
Die Studie „Adaptive forgetting of place/object memory for dung in the domestic horse (Equus ferus caballus): Memory for a day“ von Audrey EM Guyonnet und Ian Q. Whishaw ist im April 2024 in der Zeitschrift ,Behavioural Processes' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:06.03.2023 - Pferde können menschliche Emotionen wie Freude und Angst riechen
Pferde können menschliche Emotionen wie Freude und Angst riechen 06.03.2023 / News
Pferde sind in der Lage, zwischen menschlichen Gerüchen zu unterscheiden, die mit Angst und Freude verbunden sind – das konnten französische ForscherInnen in einer Studie demonstrieren. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Pferde menschliche Emotionen nicht nur durch Hören und Sehen, sondern auch über den Geruchssinn wahrnehmen können.
Ein Beispiel einer der Welsh Pony-Stuten, die ihr linkes bzw. rechtes Nasenloch benutzt, um an der Probe zu schnüffeln. Foto: Plotine Jardat
Studienautorin Plotine Jardat und ihre ForscherkollegInnen wiesen einleitend darauf hin, dass es allgemein angenommen wird, dass Tiere menschliche Emotionen durch Geruch wahrnehmen. Tatsächlich ist die Chemorezeption das wohl ursprünglichste und universellste Sinnesorgan, und Gehirnregionen, die für die Verarbeitung von Gerüchen verantwortlich sind, gehören zu den ältesten Strukturen in der Evolution von Säugetieren.
Die WissenschaftlerInnen der Universität von Tours gingen von der Hypothese aus, dass Chemosignale auch an der Kommunikation zwischen Arten beteiligt sein könnten. „Die Kommunikation von Emotionen ist für soziale Interaktionen unerlässlich, aber nur sehr wenige Studien haben eindeutig gezeigt, dass Tiere menschliche Emotionen durch Geruch wahrnehmen können“, sagten sie.
In ihrer Studie verwendeten die ForscherInnen ein detailliertes Gewöhnungs- und Unterscheidungs-Protokoll, um zu testen, ob 30 Welsh Pony-Stuten zwischen menschlichen Gerüchen unterscheiden konnten, die erzeugt wurden, während die Testpersonen Angst oder Freude empfanden. Die verwendeten Gerüche waren Achselschweiß, gesammelt von 15 Erwachsenen, die zwei 20-minütige Videos ansahen, von denen eines Angst (ein Horrorfilmausschnitt) und das andere Freude hervorrief.
Die Teilnehmer wurden zudem gebeten, zwei Tage vorher keine stark riechenden Speisen zu essen, die ihren Schweiß beeinflussen könnten, wie Knoblauch oder Blauschimmelkäse, und trugen für das Experiment auch geruchsneutrale, unparfümierte T-Shirts.
Gemäß dem Protokoll wurden die Pferde mit einem der gesammelten Gerüche auf einem Stück Stoff am Ende eines Holzstabs in einem kleinen Stand konfrontiert. In der Gewöhnungsphase wurde jedem Pferd für zwei Minuten der Geruch präsentiert, den sie erschnüffeln durften. Eine Minute später wurde eine zweite Probe des gleichen Geruchs für weitere zwei Minuten präsentiert.
Von den 30 Pferden beschnüffelten fünf während der Gewöhnungsphase keine der Proben und wurden daher von der weiteren Analyse ausgeschlossen.
Dann, nachdem eine weitere Minute verstrichen war, wurden den verbliebenen Pferden in der Unterscheidungsphase zwei Proben auf Stöcken im Abstand von 50 cm präsentiert. Einer trug eine dritte Probe des ursprünglichen Geruchs, und der andere trug eine Probe, die von der entgegengesetzten Emotion gesammelt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde jedes Pferd zwei Gerüchen desselben Menschen im Angst- oder Freudenzustand ausgesetzt.
Das verwendete Gewöhnungs- und Unterscheidungs-Protokoll (habituation/discrimination) der Studie: a zeigt eine schematische Darstellung des Versuchsaufbaus; während b die Geruchsproben-Präsentation zeigt. (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Plotine Jardat)
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Das Studienteam stellte fest, dass die Pferde den neuartigen Geruch länger schnupperten als den wiederholten Geruch, was darauf hindeutet, dass sie zwischen menschlichen Gerüchen unterschieden, die in den Kontexten ,Angst’ und ,Freude’ erzeugt worden waren.
Und auch ein anderer Umstand war für das Forscherteam erstaunlich: „Wenn der wiederholte Geruch und der neuartige Geruch während der Unterscheidungsphase gleichzeitig dargeboten wurden, benutzten Pferde bevorzugt ihr linkes Nasenloch, um den wiederholten Geruch zu schnüffeln, und ihr rechtes Nasenloch, um den neuartigen Geruch zu schnüffeln. Dazu die WissenschaftlerInnen: „Dieser Befund stimmt mit der früheren Beobachtung überein, dass Pferde bevorzugt ihr rechtes Nasenloch zum Schnüffeln neuartiger Objekte verwendeten, und liefert zusätzliche Beweise dafür, dass Pferde zwischen den beiden Gerüchen unterschieden haben.“
Daraus ergibt sich für die AutorInnen eine weitere spannende Frage: „Wenn Pferde die emotionalen Gerüche des Menschen wahrnehmen können, stellt sich die Frage, welche Verbindungen die chemische Grundlage für eine solche Kommunikation zwischen verschiedenen Spezies sind.“
Beim Menschen wurden mehrere Verbindungen im Schweiß, wie Adrenalin oder Androstadienon, als Kandidaten vorgeschlagen, die emotionale Informationen transportieren. Die Wahrnehmung menschlicher emotionaler Informationen, die in Schweißgerüchen enthalten sind, impliziert die Existenz von Rezeptoren für solche Verbindungen. „Diese Rezeptoren könnten in Pferden vorhanden sein, entweder als Ergebnis der Domestikation oder durch Vererbung von einem gemeinsamen Säugetier-Vorfahren.“
Die ForscherInnen wiesen darauf hin, dass Geruch der älteste und universellste Sinn ist, und die Gehirnstrukturen, die Gerüche verarbeiten, entwickelten sich sehr früh bei Säugetieren. Die Evolutionshypothese wird auch durch die jüngste Erkenntnis gestützt, dass Menschen Angst- und Nicht-Angst-Gerüche im Pferdeschweiß erkennen könnten, was durch das Vorhandensein gemeinsamer chemischer Verbindungen und ihrer Rezeptoren in allen Säugetieren erklärbar wäre.
Die Tatsache, dass die Pferde während der Gewöhnungsphase ihr linkes Nasenloch deutlich häufiger als ihr rechtes Nasenloch benutzten, deutet darauf hin, dass sie diese menschlichen Körpergerüche mit einer Ausrichtung auf die linke Hemisphäre untersuchten. „Eine solche Präferenz wird normalerweise beobachtet, wenn positive oder vertraute Reize bei Haussäugern untersucht werden; Diese Ergebnisse deuten also darauf hin, dass die Pferde in diesem Experiment menschliche Körpergerüche als positive oder vertraute Reize wahrnahmen, was durch eine insgesamt positive Beziehung zum Menschen erklärt werden kann.“
Im Gegensatz dazu benutzten die Pferde in der Unterscheidungsphase ihr rechtes Nasenloch signifikant mehr als das linke. „Es ist möglich“, so die AutorInnen, „dass Pferde, nachdem sie in der Gewöhnungsphase erkannt hatten, dass die beiden Proben in derselben emotionalen Verfassung von derselben Person produziert wurden, etwas überrascht waren über die unterschiedliche emotionale Verfassung, die sie in Probe B rochen. In der Tat haben andere Studien festgestellt, dass die rechte Hemisphäre für die Bewertung neuartiger Reize und Situationen bevorzugt wird, die schnelle Reaktionen erfordern können“, so ihre Erklärung
Insgesamt habe ihre Studie gezeigt, „dass Pferde zwischen menschlichen Gerüchen unterscheiden können, die in einem Kontext von Freude und Angst erzeugt werden. Darüber hinaus deuten Unterschiede in der Gewöhnungsgeschwindigkeit und der asymmetrischen Verwendung der Nasenlöcher je nach Geruch auf eine unterschiedliche emotionale Verarbeitung der beiden Gerüche hin. Diese Studie fügt dem Hören und dem Sehen somit auch den Geruchssinn als Sinnesorgan hinzu, durch die Pferde menschliche Emotionen wahrnehmen und von ihnen beeinflusst werden können“, so das Resümee des Forscherteams.
Die Studie „Horses discriminate human body odors between fear and joy contexts in a habituation-discrimination protocol" von Plotine Jardat, Alexandra Destrez, Fabrice Damon, Zoé Menard-Peroy, Céline Parias, Philippe Barrière, Matthieu Keller, Ludovic Calandreau und Léa Lansade ist am 25. Feb. 2023 in der Zeitschrift ,Scientific Reports' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
31.07.2022 - Geruchstest mit Pferden: Diesen Duft mögen sie ganz besonders
Geruchstest mit Pferden: Diesen Duft mögen sie ganz besonders 31.07.2022 / News
 So lief der Test ab: Bild A zeigt einen Geruchsbehälter mit Drahtgitterdeckel. Darin befindet sich ein Ballaststein und Filterpapier (mit einer Geruchsprobe). Bild B zeigt den Behälter direkt vor dem Stall des Pferdes. Die Schnüffeldauer wurde ab dem Zeitpunkt gemessen, an dem sich das Maul des Pferdes innerhalb eines Abstands von 12 cm vom Eimer entfernt befand. / Foto: Maria Vilain Rørvang et.al.
Forscherinnen aus Schweden und Tschechien haben herausgefunden, dass die Geruchswahrnehmung von Pferden und ihr Interesse an Gerüchen mit dem Alter und der Trächtigkeit variieren. Aus vier überprüften Düften stach in den Tests einer ganz besonders hervor.
Pferde haben hochentwickelte Riechorgane, trotzdem ist ihr Geruchssinn bislang nur wenig erforscht, so Studien-Autorin Maria Vilain Rørvang von der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala. Dabei sei evident, dass Pferde empfindlich auf Gerüche in ihrer Umgebung reagieren und von ihnen beeinflusst werden: „Diese Fähigkeiten werden in pferdewissenschaftlichen Büchern erwähnt, aber in der Praxis oft ignoriert. Wie Pferde auf Gerüche reagieren, ist wichtig, da dies eine Schlüsselrolle in ihrem täglichen Leben und damit in ihrem Wohlbefinden spielt“, so Rørvang weiter.
Die Reaktion von Pferden auf Gerüche – und die Fähigkeit, diese Reaktionen vorherzusagen – sind für den Menschen von entscheidender Bedeutung, um beim Umgang mit und dem Training von Pferden sicher agieren zu können. Ein Geruch kann für das Pferd neutral sein, er kann eine anziehende Wirkung haben oder auch Abwehr und Vermeidungsverhalten provozieren – je nachdem, wie das Pferd ihn wahrnimmt.
Das derzeitige begrenzte Wissen über das Geruchsempfinden von Pferden berge das Risiko, dass ihr Verhalten in bestimmten Situationen nicht den menschlichen Erwartungen entspricht, da Pferde möglicherweise ängstlich reagieren, wenn sie bestimmten Gerüchen ausgesetzt werden, die Menschen als harmlos oder sogar als angenehm empfinden. Mehr über Pferdegeruch zu erfahren, könnte daher unser Verständnis für das Verhalten von Pferden verbessern und das Risiko gefährlicher Situationen verringern, so die Autorinnen – zudem könnte es bislang unbekannte Möglichkeiten in der Verwendung von Gerüchen in verschiedenen praktischen Situationen geben, in denen Menschen mit Pferden interagieren.
In ihrer Studie untersuchte Rørvang zusammen mit ihren Kolleginnen Klára Nicova (Abteilung für Verhaltensforschung am Institut für Tierwissenschaften der Universität Prag) und Jenny Yngvesson (Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala/Schweden) das Verhalten und die Geruchsempfindlichkeit von 35 Islandpferden. Die Pferde wurden in einem Versuchsprotokoll vier Duftölen – Pfefferminze, Orange, Lavendel und Zedernholz – ausgesetzt. Alle vier sind komplexe Gerüche, die ausgewählt wurden, da sie natürlichen Ursprungs und ungiftig, billig, zugänglich und leicht zu standardisieren sind.
Die vier Düfte wurden aus 36 möglichen Gerüchen ausgewählt, da die Forscher der Ansicht waren, dass sie den Pferden unbekannt sein müssten, da ihnen keiner der Gerüche bislang in ihrem Futter, Heu oder als Bestandteil von auf dem Bauernhof verwendeten Produkten wie Cremes oder Seifen begegnet war. Darüber hinaus stellten sie auf der Grundlage der menschlichen Wahrnehmung die Hypothese auf, dass die vier Gerüche als voneinander verschieden wahrgenommen würden.
Jeder Geruchsstoff (10 Tropfen Öl auf einem Stück Filterpapier) wurde in einen beschwerten Behälter gegeben, über dem ein feines Drahtgitter angebracht war. Jeder Behälter wurde dann so platziert, dass er sich von ihrem Stall aus in Reichweite befand. Ihre Interaktionen mit jedem Behälter wurden penibel überwacht und analysiert.
Jeder Geruch wurde dreimal hintereinander für eine Minute dargeboten, mit einer Pause von zwei Minuten dazwischen. Nachdem der erste Geruchsbehälter dreimal in Reichweite gebracht wurde, hatte das Pferd noch einmal zwei Minuten Pause, bevor ihm der nächste Geruchsbehälter mit einer anderen Duftnote präsentiert wurde.
Die Dauer des Schnüffelns war bei den Pferden unterschiedlich, während Verhaltensreaktionen hauptsächlich Lecken und Beißen beinhalteten, während Schnauben oder Zurückweichen nur selten beobachtet wurden. Es wurden aber nicht nur die Verhaltensreaktionen der Pferde untersucht, sondern auch der mögliche Einfluss von Alter, Geschlecht und Trächtigkeit.
Die Analyse zeigte, dass sich die Pferde im Verlauf der drei Versuche an jeden einzelnen Geruch gewöhnten, mit einer signifikanten Abnahme der Schnüffeldauer pro Präsentation. Das Interesse wurde erneuert, wenn ein frischer Geruch vorgestellt wurde – dann stiegen auch die Schnüffelzeiten wieder an. „Pferde konnten somit alle vier Gerüche erkennen und unterscheiden“, so das Studienteam.
Der wohl bemerkenswerteste Befund: Die Pferde verbrachten deutlich mehr Zeit mit dem Schnüffeln, wenn sie dem Pfefferminz-Duft ausgesetzt waren. Mehr Pferde zeigten Lecken, wenn ihnen Pfefferminze vorgesetzt wurden – verglichen mit Zedernholz und Lavendel. Die Pferde, sagten sie, könnten Pfefferminzgeruch als essbar wahrgenommen haben, obwohl keines der Pferde diesem Duft jemals zuvor in Leckereien oder Futter begegnet war.
Zwei weitere interessante Befunde: Trächtige Stuten (acht der Testpferde waren tragend) schnüffelten beim Kontakt mit den Gerüchen weniger als nicht tragende Stuten, fanden die Autoren heraus. Und junge Pferde (unter 5 Jahren) schnüffelten länger an Zedernholz als ältere Pferde. Das Geschlecht hatte keinen Einfluss auf die Reaktion der Pferde, fanden die Forscher heraus.
„Die Ergebnisse zeigen, dass das Erkundungsverhalten und das Interesse von Pferden an Gerüchen mit dem Alter und der Trächtigkeit variiert – und dass Pferde, denen der Geschmack eines Substrats nicht bekannt ist, möglicherweise in der Lage sind, den Geruch mit Geschmack zu verknüpfen, was zuvor noch nicht beschrieben wurde“, so die Wissenschaftlerinnen weiter.
Das Resümee der Autorinnen: „Die Ergebnisse können helfen, die Verhaltensreaktionen von Pferden auf verschiedene Gerüche zu verstehen, und es könnte in Zukunft möglich sein, diese mit der Physiologie und Gesundheit von Pferden in Verbindung zu bringen. Gerüche können für Pferde eine Bereicherung ihrer Umwelt darstellen – entweder direkt als angenehme Düfte oder auch als neue Düfte in Verbindung mit bereits vorhandenen Materialien oder Gegenständen.“
Die Studie „Horse odor exploration behavior is influenced by pregnancy and age" von
Maria Vilain Rørvang, Klára Nicova und Jenny Yngvesson ist am 28. Juli 2022 in der Zeitschrift ,Frontiers in Behaviorla Neuroscience' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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