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Die neuen Fälle des Dr. K.: Über die leichte Hand und die geballte Faust
31.08.2024 / News

Statt des abschließenden Grußes, bei dem Freude und Gelassenheit zum Ausdruck kommen sollte, hat heute vielfach die geballte Faust als Geste des Triumphes in der Reitarena Einzug gehalten – eine Entwicklung, die nicht jedem gefällt, auch nicht Dr. K.

Symbolfoto: Archiv/Julia Rau

 

„Grundsätzlich gilt: Die Hand des Reiters darf – von seltenen Ausnahmefällen abgesehen – nichts fordern, sondern im Prinzip nur das annehmen, was das Pferd von selbst anbietet. Und die verwahrende Hand darf niemals über den Widerrist hinüberdrücken, denn dann wirkt sie nicht mehr auf das gleichseitige Hinterbein – jede Hand des Reiters hat immer auf ihrer Seite zu bleiben!
Es gibt so gut wie keinen Reiter, dem man zu wenig Handeinwirkung bescheinigen könnte – gemäß dem Zitat: Die virtuose Hand ist das größte Geschenk, das Götter den Reitern machen können!
Aus Michael Strick „Die Natur der Deutschen Reitlehre“ WuWei 2011

 

Die Hand einer Reiterin, die Hand eines Reiters, die Hand von Fahrern (aller möglichen und erdenklichen  geschlechtlichen Varianten – das Correctness- Wort „Fahrsportausübende“ will mir, der ich seit bald achtzig Jahren meine deutsche Muttersprache österreichischer Färbung mit Liebe, Freude und Stolz pflege, nicht heraufkommen) ist und muss auch immer im Fokus der Beurteilung durch Reitlehrer, Trainer, Turnierrichter – aber auch im Blickwinkel von Tierärzten und Pferdephysiotherapeuten oder ähnlichen Berufen stehen.

Die pferdesportlichen TV-Übertragungen aus Paris und aus Aachen – jeweils 2024 - haben mich in meiner Ansicht bestärkt, dass sich - trotz enormer athletischer Steigerung im Vermögen Großteils ausgezeichneter – aber zu junger und oft müder – Pferde sowohl  Reitsport wie auch Fahrsport sukzessive jeder Eleganz und Vornehmheit entblößen – zwei Eigenschaften, die den Pferden geschuldet sind und nichts mit Blasiertheit oder Überheblichkeit vermeintlich „Bessergesellter“ zu tun haben;  nur noch wenige, die im Sattel oder Kutschbock sitzen, sind auch Eigentümer dieser Pferde, es überwiegen die berittenen und bespannten (und bezahlten) Gladiatoren, für die es um Sieg oder Niederlage und Erhalt des Sponsors geht. Es hat sich seit Jahren eingebürgert, dass die Kamera bei Reitsportübertragungen auf jenen kleinen Balkon schwenkt, auf dem sich während der Prüfung eines „Nationalhelden auf dem Felde der Ehre“  Sponsoren, Trainer, Besitzer, Eigentümer, Funktionäre in der albernen und geschmacklosen Aufmachung eines „corporate identity looks“ (billigwirkende Leiberl mit lächerlichen Texten oder Nationalstatements) zusammenrotten, um vermittels ihrer Mimik und Körpersprache – die beobachtende TV-Kamera stets im Augenwinkel – kund zu tun, wie Prüfung und anschließender Richterspruch „in ihrer Wirklichkeit“ tatsächlich zu bewerten wären.

Diesem Schauspiel setzen die „Fernsehkommentatoren“ noch Steigerungsstufen an Geschmacklosigkeiten und Unerträglichkeiten drauf – lange hatte ich gedacht, dass Herr Carsten Sostmeier in dieser Kunst nicht zu überbieten wäre, wurde aber während der Olympiade von marktschreierischen Schwätzern auf EURO-Sport eines Besseren belehrt – Milieu: billigster Ringkampf am Heumarkt! 

Eine wohltuende Ausnahme bot der Kommentator des ORF, Michael Roscher, der sachlich, zurückhaltend, nur dann sprach, wenn Information angebracht war – sonst ließ er, was ich persönlich besonders angenehm empfand, das „Bild“ wirken, im berechtigten Vertrauen darauf, dass die Zuseher am Bildschirm wissen, worum es geht und eine persönliche Meinung entwickeln können.    

Bei großen pferdesportlichen Prüfungen – und überall dort, wo die Fernseh-Manager das Diktat übernommen haben – besteht  ständiger Zeitdruck; diesem Druck musste zunächst der korrekte und ordnungsgemäße Gruß des Reiters und Fahrers weichen, der auf eine joviale Geste in Baustellenart amputiert wurde – Ehrerbietung dem Publikum und den Richtern gegenüber fällt weg, weil ein schnöde Sicherheitsvorwand willfährig  Zylinder und Bowler von den Köpfen verbannt hatte, mit der fatalen Folge, dass eine korrekte Grußaufstellung (als wichtiger Teil der Prüfung: Pferde stehen ruhig, losgelassen, am Gebiss, Reiterinnen hinterlegen die Zügel, senken einen Arm und – anmutig – das Haupt, Reiter hinterlegen die Zügel und entblößen ihr Haupt; vom Bock aus werden Pferd oder Pferde ruhig, losgelassen auf allen Vieren und am Gebiss stehend präsentiert, während am Bock die Leinen und die Peitsche in die linke Hand hinterlegt werden – und je nach Geschlecht der Gruß durch Senken oder Entblößen des Hauptes entboten wird) – ein kurzer Moment zum „losgelassenen Durchatmen“ für Pferde und Aktive – ein langer Moment für die Beurteilung dieser Aufgabe durch ein kundiges Richterauge! Die gleiche Prozedur hatte sich – früher – am Ende einer Prüfung zu wiederholen – beide Grußaufstellungen, also am Anfang und am Ende einer Prüfung – wurden benotet und flossen in die „Schlussnoten“ ein, die auch zum überwiegenden Teil eliminiert wurden – Ruhe und Losgelassenheit war gefordert – und nicht die überall präsente Aufgeregtheit!

Statt des abschließenden Grußes, der zur flüchtigen, kumpelhaften Geste verkommen ist, hat die geballte Faust am (drohend) erhobenen rechten Arm Einzug in die „Arena der Gladiatoren“ gehalten; unter dem „tosenden“ Applaus des Publikumswird mit erhobener und geballter Faust ausgeritten oder ausgefahren – mit der Sorge im Herzen, ob ein Bestehen in den Augen des Sponsors WSch. wohl gelungen sei, der – wie kürzlich in seinem „Statement“ zu vernehmen war – dem Reiter eben seine „Aufmerksamkeit gespendet“ hat – nota bene!!

Aber – noch nie war die geballte und erhobene Faust ein Symbol für Freude und Gelassenheit – sie zeigt vielmehr in meiner Betrachtungsweise eine Haltung, die ja schon zur Abschaffung der Grußaufstellung zu Beginn der Prüfung geführt hat: Trotz, Respektlosigkeit, rücksichtsloser Siegeswille, Verachtung des Pferdes, dem die Minute der sammelnden Besinnung vor der Prüfung zum Erhalt seiner Losgelassenheit und der Dank am Ende der Prüfung geraubt wurde.

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Geballte und erhobene Fäuste erscheinen in der politischen Ikonografie seit dem 19. Jahrhundert unter anderem in propagandistischen Darstellungen und Karikaturen; nach dem Ersten Weltkrieg erhielt das Symbol einen höheren Stellenwert.[1] Ein Beispiel für eine frühe Verwendung in den USA ist eine Zeichnung in der gewerkschaftlichen Zeitung Solidarity der Industrial Workers of the World 1917.[2]

In der Weimarer Republik war die erhobene Faust der Gruß und das Symbol des Roten Frontkämpferbunds. Dessen Abzeichen wurde von John Heartfield auf der Basis einer Zeichnung von George Grosz gestaltet.[3] In einem Beitrag zur Symbolik sozialer Bewegungen in Deutschland halten Gottfried Korff und Harry Drost fest, dass diese Entwicklung des Symbols als kreative Schöpfung eines Künstlers die Nähe der Arbeiterbewegung zur künstlerischen Avantgarde gezeigt habe.[3] Heartfield habe mit der geballten Faust einen elementaren Ausdruck der Wut in eine feste symbolische Form überführt, die als Geste und Bild leicht zu vermitteln sei, so Korff und Drost. Die Faust sei damit eine Antwort auf den Gruß der italienischen Faschisten gewesen.[3] Nach Lutz Heusinger im Handbuch Politische Ikonographie wurde so „aus einem politisch noch ungebundenen Zeichen“ ein „Symbol des antifaschistischen Widerstands“.[4]

„Der Gruß mit der erhobenen Faust ist bekanntlich der Gruß der Kommunisten. […] Für die Kommunisten ist die erhobene Faust die kampfbereite revolutionäre Drohung an Kapitalismus und Faschismus, und die Faust wird erhoben, um sie auf die Feinde de[s] Proletariats niedersausen zu lassen.“

Die erhobene Faust wurde auch im Spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republik und von den Internationalen Brigaden genutzt.[6] 1937 verwendete Joan Miró das Symbol für ein antifaschistisches Plakat.[6] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die erhobene Faust zum „sozialistischen Gruß“ und erschien auf zahlreichen Denkmälern und Kunst am Bau sozialistischer Länder.[6]

Eine populäre Variante des Symbols der geballten Faust geht auf einen Holzschnitt des amerikanischen Grafikers Frank Cieciorka zurück, der diesen ursprünglich 1967 für das Student Nonviolent Coordinating Committee angefertigt hatte.[7] Nachdem es auf Buttons Verbreitung gefunden hatte, wurde das Symbol von unterschiedlichen Organisationen in ihr Logo eingearbeitet oder für Kampagnen genutzt.[7]
Unter Verweis auf die vielfältige Verwendung der erhobenen Faust durch Protestierende in den 2000ern kommt Lutz Heusinger zum Schluss, dass die Faust „in der politischen Praxis der Gegenwart das Widerstandssymbol schlechthin“ sei.[8]

Quelle: Wikipedia: Suchbegriff: Geballte Faust – erhobener Arm

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In meinen Augen ist jeder Person, der auf Grund eines korrekten, fairen und transparenten Qualifikationsverfahrens, einem Bemühen, das Beste zu geben und der Rückkehr gesund und mit gesundem Pferde hinkünftig das ehrenvolle Prädikat „Olympiateilnehmer“ zugesprochen wird, höchster Respekt und höfliche Ehrerbietung zu zollen – hochgesteckte Ziele müssen sein, zu hoch gesteckte Ziele verwendet der journaillistische (sic!)  Boomerang als grausame Waffe, wenn sie vertan werden [Der Boomerang, eine Waffe zum Betäuben oder Töten, wird nach dem Ziel geschleudert – verfehlt er es, kommt er zurück und trifft den Schützen] – weniger öffentliche Vollmundigkeit wäre der beste Schutz vor dem schalen Eingeständnis, trotz nicht (annähernd) erreichter Ziele „hochzufrieden“ zu sein – erinnert doch sehr an die Parabel vom „Fuchs und den Trauben“.
Dass ehrenvolle Teilnahme mit gesundem und gesundgebliebenem Pferde am olympischen Wettstreit eine hohe Auszeichnung darstellt, kann meiner Meinung nach nicht genug wertgeschätzt werden – insbesondere wenn man sich vor (österreichische) Augen hält, dass ein Olympiasieg immer auch unter dem Aspekt der konkurrierenden Nationen zu bewerten ist – aber 1980 hatten einige Mitmenschen das erhellende Licht der Pferdesport-Welt noch nicht erblickt.  

 

Die Schöne  und das Biest – Reitunfall mit Traktorgespann
Der geschilderte Vorfall trug sich vor mehr als 25 Jahren zu – der Verfasser war vom erkennenden Gericht [11 x xxx/98 x] zum Gutachter bestellt worden, mit dem Auftrag, neben Beurteilung von Wertverlust des Pferdes und Berechtigung der Behandlungskosten, den Unfallhergang zu rekonstruieren, insbesondere die Reaktion eines Pferdes beim Vorbeifahren eines Traktors mit Anhängern. Ferner sollte die Frage erörtert werden, ob Scheuklappen als Adjustierung des Pferdes, welches verletzt wurde, am Unfallhergang etwas geändert hätte bzw. ob das Ausrüsten eines Pferdes mit Scheuklappen der Üblichkeit entspräche.

Ferner solle im Gutachten ausgeführt werden, wie ein Reiter möglichen Reaktionen eines Pferdes in einer, wie der vorher geschilderten Situation, also Vorbeifahren eines Traktors mit Anhängern, entgegenwirken könne.

Folgendes hatte sich zugetragen:

Der Kläger und eine junge Frau ritten auf einer Gemeindestraße auf Höhe von zwei Bauernhöfen, als ein Traktor mit zwei, mit Zuckerrüben beladenen Anhängern, die beiden Reiter überholte. Dabei streifte ein Anhänger das Pferd des Klägers an der linken Kruppe und riss eine tiefe Lappenwunde. Der Lenker des Traktors (nun Erstbeklagter vor seiner Versicherung) hatte seiner Aussage zufolge, den Vorfall wegen des toten Winkels im Rückspiegel nicht bemerkt und war weitergefahren. Der Kläger saß von seinem Pferde ab, sah die ernst zu nehmende Verletzung und führte das Pferd an der Hand auf schnellstem Wege zu seinem Stall. Während er dort auf das Eintreffen eines Tierarztes wartete (in einer nahe gelegenen Pferdeklinik war kein Tierarzt einsatzbereit gewesen – Wochenende!), machten sich zwei Bekannte des Klägers auf die Suche nach dem Traktor mit den Anhängern, forschten die Fahrzeuge des nunmehr Beklagten aus und fanden an einer vorstehenden Stelle des ersten Anhängers an dessen rechter Hinterkante Spuren, die der Haarfarbe nach dem verletzten Pferde zugeordnet werden konnten.

Der beim Stall mittlerweile eingetroffene Tierarzt versorgte das Pferd chirurgisch und notfallmedizinisch, und ordnete an, dass das Pferd ausgebunden stehen müsse und sich keinesfalls niederlegen dürfte, um eine Nahtdehiszenz mit Aufplatzen der Wunde zu verhindern. Da das noch junge Pferd diese Zwangsmaßnahme nur schlecht akzeptierte, wurden auf Geheiß des Tierarztes laufend peroral Sedativa verabreicht. Das Pferd war für 9 Tage hochgebunden, wurde nicht geführt und bei Bedarf (Unruhe) sediert. Nach wenigen Tagen kam es zu einem Kreislaufkollaps, der den Kläger zur Einlieferung des Pferdes in die in der Nähe befindliche Pferdeklinik veranlasste, wo das Pferd weiterbetreut wurde und nach seiner Entlassung noch immer rekonvaleszent ist.

Befunde:

Fotos der Wunde vom Tag des Unfalls: Lappenverletzung im Bereich der linken Kruppe, von der Spitze eines etwa gleichschenkeligen Wunddreiecks etwa eineinhalb Handbreit neben der Schweifwurzelzieht der obere Wundrand etwa 30 cm parallel zur Mittellinie nach vorne. Der zweite Wundrand verläuft in einem Winkel von etwa 45 Grad mit gleicher Länge hinter dem Hüftgelenk vorbei.

An der Spitze und der Basis der Wunde sind Drainageschläuche befestigt. An den Wundrändern sind dunkelblaue Substanzen (Blauspray?) sichtbar.

Fotos, die 14 Tage nach dem Unfall aufgenommen wurden, zeigen eine schlecht granulierende Wunde, die mit Silberpuder bestreut ist.

Befundaufnahme am Pferd:

Das Pferd, (Stute 4 a, braun n. Cis) präsentierte sich ruhig, aufmerksam und kooperativ. Die Spitze der Wunde, die als Narbe noch darstellbar ist, liegt 148 cm über dem Boden, unter dem nun etwa 0.5 cm dicken Narbenwulst hat sich – nach Mitteilung des Klägers – eine etwa 3 cm tiefe „Fleisch- Wunde“ befunden, die dann nach cranial in einen oberflächlichen Lappen mündete. Nach Angabe des Klägers schwillt das gesamte Narbengebiet bei Bewegung an.

Zum Unfallzeitpunkt war das Pferd „western“ adjustiert, der hinter Rand des Westernsattels ist 30 cm, der Unterlegdecke 20 cm vom vorderen Narbenwulst entfernt. Der Kläger beschreibt das Pferd als – vor dem Unfall- absolut verkehrssicher, ohne eine gute oder schlechte Körperseite zu haben.

Der Kläger hat eine Körpergröße von 189 cm, ist schlank und trug zum Unfallzeitpunkt Jeans und Stiefeletten.

Im Schritt bewegt sich das Pferd bei der Befundaufnahme unauffällig, im Trabe wird die linke Hinterextremität verkürzt vorgeführt; Galopp, speziell auf die linke Hand, ist kratzend und erinnert an Schweinsgalopp. Das Pferd wurde seit dem Unfall nicht mehr geritten, hat aber Koppelgang und Arbeit an der Longe. Die Ultraschall- Untersuchung wies schwartige Verdickungen von 1 cm im caudalen Wundgebiet nach.

Befundaufnahme am Fahrzeug:

Auf vorgelegten Fotos wird dargestellt, dass sich im Bereich der rechten hinteren Abkippvorrichtung des (ersten) Anhängers Spuren von Haaren und Blut befinden, in einer Höhe von 150 cm auf einer Metallkante. Diese hat eine seitliche Dimension von 4 cm, in Längsrichtung von 8 cm. Diese Kante hat die Schärfe eines Formrohres.

Befundaufnahme an der Unfallstelle:

Als Bezugspunkt wird nach Angabe des Klägers ein „Kanaldeckel“ angenommen – die Straße verläuft eben, zu den verkehrstechnischen Details hatte der bestellte hippologische Sachverständige von den verbindlichen Feststellungen des vorher bestellten Verkehrssachverständigen auszugehen, weshalb eigene Vermessungen von Straßenbreite, Bankette und anschließendem Grüngürtel unterblieben.

Aus dem Gutachten des bestellten KFZ- und Verkehrssachverständigen:

– „Feststellung: Asphaltbreite 3m, danach ein 0.5 m breiter Wiesenstreifen.
– Selbst wenn der Traktor mit der linken Begrenzung am äußerst linken Fahrbahnrand fährt, ist es so, dass zum rechten Fahrbahnrand nur ein Abstand von 60 cm aufgebaut werden kann.
– Die Bedarfsbreite des Pferdes muss ja zumindest, wenn man die ausgestellten Knie und Oberschenkel berücksichtigt, mit etwa 80 oder 100 cm angegeben werden.
– Es ergibt sich zwangsläufig, dass bereits vor der Kollision eine gewisse Seitwärtsstellung des Pferdes vorhanden gewesen sein muss und das Pferd offensichtlich auch in einer leichten Rotationsbewegung mit der Hinterhand, und im Uhrzeigersinn drehend, bei der Kollision war.“ {zit.]

Sachverständige Analyse der Befunde:

Die unfallkausalen Behandlungskosten waren schlüssig und nachvollziehbar und stellen in diesem Artikel nicht das Hauptthema dar.

Der Wertverlust des Pferdes, das zum Zeitpunkt des Unfalles altersbedingt nicht sehr weit gefördert war, wird mit ATS 74.000.00 (ca. € 5500.00) geschätzt, bei einem Zeitwert – nach dem Vergleichswertverfahren – vor dem Unfall von ATS 80.000.00 (ca. € 5800.00); auf Grund der Unmöglichkeit einer exakten Prognose über die physischen und psychischen Folgen des Unfalls verkörpert das verfahrensgegenständliche Pferd zur Zeit lediglich einen Schätzwert von ATS 6000.00 (ca.€ 440.00).

Die Narbe im Bereich der Verletzungsstelle könnte ein hippologisch Unkundiger, wie der Vertreter der Anspruch genommen Versicherung, als reinen Schönheitsfehler abtun.

Energiebahnen des Pferdes – Poster von Dr. Reinhard Kaun, Eigenverlag 1995

Pferdesportlich Kundige hingegen wissen um die Komplexität des Pferderückens, seiner Strukturen und Anhangsgebilde – und um die Wichtigkeit von deren Gesundheit und Funktionalität. Es ist vor Allem – zumindest in den nächsten sechs Monaten – von Wetter- und Stressbedingten Störungen auszugehen, die besonders bei hoch im Blut stehenden Stuten zu Leistungs-Imponderabilien, Schonhaltung und Lahmheit führen können – für ein Turnierpferd wäre somit eine 50 %ige Beeinträchtigung zu erwarten.

Völlig offen muss zunächst die Einschätzung der psychischen Verletzungsfolgen bleiben. Die junge Stute ist ein nerviges Pferd, erfahrungsgemäß ist also eine verringerte Belastbarkeit der jetzigen Verkehrssicherheit dann zu erwarten, wenn eine Situation jener des Unfallherganges ähnelt: Ein Pferd, das bei jedem Annähern eines Traktors oder Scheppern eines Anhängers außer Kontrolle gerät, ist auch als reines Freizeit- oder Ausreitpferd ungeeignet und risikobehaftet.

Dies bedingt, dass der Kläger im Falle eines Verkaufes der Stute die für ein Freizeitpferd wichtigste Zusicherung „Straßen-Sicherheit“ nicht geben kann, was den Wert des Pferdes auf ein Minimum reduziert – aus epigenetischer Sicht ist eine Zucht mit Stuten, die solche Erfahrungen gemacht haben, zumindest kritisch zu hinterfragen. Ein Verschweigen der Unfallepisode würde als arglistiges Täuschen ausgelegt werden.

Die vom Gericht aufgetragene Rekonstruktion eines möglichen Unfallherganges führt zunächst zwingend zur Frage der tatsächlichen Unfall-Stelle.  Von den angebotenen Varianten erscheint dem bestellten forensisch-hippologischen SV die vom Kläger angebotene als die fachlich glaubhaftere, mit der Begründung, dass sich nach der Version des Klägers zum Unfallzeitpunkt  zu seiner rechten Hand ein mannshohes Maisfeld befunden hat, wodurch beim Überholen durch den Traktor mit den Anhängern für das Pferd der visuelle Eindruck einer „Schlucht“ entstanden ist und ein Ausbrechen auf Grund der räumlichen engen Begrenzung nicht einmal versucht wurde. Dieser Eindruck mochte sich für das Pferd noch verstärkt haben, als nach dem zunächst noch relativ sicheren Abstand zum Zugfahrzeug die hohen, auf Tuchfühlung fahrenden Anhänger das Pferd buchstäblich in eine Enge getrieben haben.

Der Verkehrs-SV D.I.H. führte als Bedarfsbreite für ein berittenes Pferd 80–100 cm an und vertrat die Ansicht, dass die Knie des Reiters den meisten Platz beanspruchten.

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass ein schlanker Reiter auf einem schlanken Pferd, wie vorliegend mit Westernsattel, eine Bedarfsbreite von 70-75 cm aufweist, und obendrein die Kniee des Reiters 20-25 cm unterhalb einer fiktiven Horizontalen zur Verletzungsstelle positioniert waren und deshalb mit den vorragenden Teilen des Anhängers nicht in Berührung kommen konnten. Falsch ist die Feststellung, dass der Verletzungsbereich am Pferd durch das Knie des Reiters abgedeckt gewesen wäre, da ein Reiter auf der Mittelhand des Pferdes sitzt, die Verletzungsstelle sich aber an der dorsalen linken Hinterhand befand. Zudem ist ein normal proportioniertes Pferd – wie das verfahrensgegenständliche – an der Hinterhand um etwa 20 % breiter als an der Vorhand.

Gezogene Anhänger können nur dann spurtreu sein, wenn sie – wie z.B. bei Pferdeanhängern - mit dem Zugfahrzeug über eine Kugel verbunden sind; die übliche Anhängevorrichtung bei Traktoren per Steckdorn erlaubt, besonders bei Bodenunebenheiten, ein Deichselspiel und somit ein seitliches Schlenkern des Anhängers.  Dazu kommt, dass ein sich im Schritt vorwärts bewegendes Pferd leichte Schwankungen der Balance aufweist, je nachdem welches Hinterbein gerade Last aufnimmt – selbst bei vollkommen spurtreuen Pferden entspricht dies dem Bewegungsmuster.

Das offensichtlich aus der Situation abzuleitende, unvermeidbare Touchieren des Pferdes mit dem Anhänger, das der beklagte Traktorfahrer als „leichten Ruck“ bemerkt hat, bedufte jedoch einer gewissen Heftigkeit, berücksichtigt man die Tonnage von Traktor mit Anhängern gegenüber dem Gewicht des Pferdes.

Die Höhendifferenz zwischen der Verletzungsstelle am Pferd (148 cm) und dem mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmenden verletzenden Teil des (unbeladenen) Anhängers (150 cm) lässt sich mit dem Gewicht der Ladung erklären.

Der Version des Beklagten, der zwar einen „leichten Ruck“, nicht jedoch den Unfall bemerkt hat, zur Unfallstelle, nämlich dort wo Blutspuren auf der Straße zu beobachten waren, ist fachlich nicht schlüssig. Sowohl der Kläger wie auch der erstbehandelnde Tierarzt geben den Grad der Blutung mit „gering“ an; das bedeutet, dass nicht sofort an Berührungsstelle von Pferd und Anhänger mit einer Blutspur zu rechnen war, sondern erst nach 100 – 200 m, nach Stehenbleiben und Absitzen des Reiters ein „Träufeln“ begonnen hat, vorher sickerte Blut ins Deckhaar.

Mit hoher Sicherheit ist die Annahme richtig, dass das mannshohe Maisfeld rechts das Pferd in der „Gasse“ hielt, die Version des Beklagten, ein Rübenfeld mit freier Sicht sei dort gewesen, war nicht glaubhaft – eine Feststellung konnte dazu nicht getroffen werden.

Im Gegensatz zur Darstellung des (pferdefremden) Verkehrs-SV drängt sich ein in die Enge getriebenes Pferd nicht zum bedrohlichen Subjekt hin, sondern versucht durch vorwärtsdrängendes Fluchtverhalten den Abstand zu vergrößern.

Der Beklagtenvertreter führte eine mangelhafte Ausrüstung des Pferdes ins Treffen, weil die Stute – seiner Ansicht nach unfallverhindernd- nicht mit Scheuklappen ausgerüstet war. Dem ist aus hippologisch - SV-Sicht entgegen zu halten, dass Scheuleder als gebräuchliches Equipment von Reitpferden niemals verwendet werden, sie sind vielmehr fester Bestandteil eines Fahrzaums bei bespannten Pferden und haben dort den ausschließlichen Zweck, ein „Schielen“ nach der (vorwärtstreibenden) Peitsche in der Hand des Kutschers zu verhindern, nicht jedoch den Blick des Pferdes nach vorne oder zur Seite einzuengen.

Da das Pferd beim Vorbeifahren des Zugfahrzeuges keine besorgniserregende Reaktion zeigte – weder Kläger noch Beklagter berichten davon – konnte und musste der Reiter auch nicht „entgegenwirken“; er tat ganz offensichtlich (instinktiv) das Richtige: er begrenzte das Pferd mit seinen Schenkeln, gab ihm Anlehnung an das Gebiss und ließ es vorwärts gehen.

Gutachten:

– Die Höhe der Behandlungskosten ist auch dem Grunde nach schlüssig und nachvollziehbar.
– Die unfallkausale Wertminderung des Pferdes wird auf ATS 74.000.00
(ca.€ 5500.00) geschätzt.
– Der Unfall ereignete sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an der vom Kläger bezeichneten Stelle.
– Scheuklappen sind kein Bestandteil eines Reitzaumes, ihre Verwendung bei Reitpferden ist weder üblich noch geboten. Am rekonstruierten Unfallhergang hätte eine Verwendung von Scheuklappen nicht verhindernd gewirkt.
– Die korrekte Reaktion eines Reiters in einer Situation – wie sie rekonstruierbar war – besteht im behutsamen Annehmen der Zügel, Unterstützung der Balance des Pferdes durch vorsichtiges Anlegen der Schenkel und in beherztem Vorwärtsreiten.

[zit.]
Die leichte Hand
„Es ist was Eigenes um die Hand des Reiters. „Merkwürdig“, hört man oft sagen, „wie dieser schmächtige X. mit jedem Pferde fertig wird und mit welcher Leichtigkeit er die diffizilsten Pferde, ja selbst solche herumtummelt, die der Y., der doch auch  ein sehr guter Reiter ist, nur mit dem Aufwande seiner ganzen Kraft zu mäßigen im Stande ist.“

„Das macht die leichte Hand“, lautet die Antwort für gewöhnlich, „ ein Etwas, das man nicht lernen kann und das niemand zu lehren im Stande ist.“

Auch die Engländer hört man oft sagen: „Die gute Hand müsse angeboren sein.“

Ich kann dem nicht ganz beistimmen. Die gute Hand ist meiner Ansicht nach nicht mehr und nicht weniger angeboren wie alle anderen Talente, und sie unterliegt ganz denselben Gesetzen.
Niemand wird leugnen, dass man durch gut geleitete Gymnastik kräftige Männer heranbilden kann, deshalb wird doch ein gewöhnlich gebauter Mensch niemals durch fleißiges Üben den zum Athleten geborenen Riesen überholen können.

Ebenso kann jeder in musikalischer Beziehung mittelmäßig begabte Mensch mittels Ausdauer und guten Fingerübungen ein ganz geschulter Clavierspieler werden, es wird aber keinem vernünftigen Lehrer einfallen, aus ihm einen List heranbilden zu wollen, wenn er nicht dazu geboren ist.

So geht es, glaube ich, mit allen Begabungen.

[…..]

Die fünf Grundzüge der „Leichten Hand“ sind:

1. Ein ruhiger, von den Zügeln unabhängiger Sitz.
2. Das Bewusstsein und die Erkenntnis dessen, das dasjenige, was man das Maul des Pferdes nennt, viel weniger im Maule selbst, als in Gleichgewicht und Balance des Pferdes zu suchen ist.
3. Eine feinfühlige, schnelle Auffassung, die jede kleinste Störung im Ursprung bemerkt und ihr zuvorkommt.
4. Eine Frage, die zeitweise an das Pferd zu stellen ist, ob es denn bereit wäre, dem Zügel zu gehorchen.
5. Eine stete Aufmerksamkeit, die endlich so zur Gewohnheit wird, dass sie auch unwillkürlich rege bleibt.“

Denes Graf Czechènyi in „Verschiedenes über Reiten und Fahren“, BECK Wien 1891

 

Die schöne Jagd, Hunt & Sons, 1866; F.L. Wilder: Sport for Gentlemen; 1974 Thames and Hudson, London
 

Gutachten, Fotos, Grafiken und Literatur: Archiv und ex libris Dris. Kaun.
Eine Bitte: Meine Aufsätze, Publikationen und Kommentare sollen Pferdeleuten unserer Tage zur Orientierung, Selbsteinschätzung und Beziehung zu Pferden dienen. Personen, die kommerziell mit Pferden Kontakt haben, mögen die,  von Anstand und Benehmen vorgegebenen Regeln respektieren, Quellen anführen und korrekt zitieren – danke!

August 2024

 

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