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Können Pferde Giftpflanzen am Geruch erkennen?
23.09.2024 / News

In freier Wildbahn meiden Pferde unbekannte Pflanzen oder solche mit bitterem oder unangenehmem Geschmack – doch bei domestizierten Pferde scheint dieser natürliche Futtersuchinstinkt beeinträchtigt.
In freier Wildbahn meiden Pferde unbekannte Pflanzen oder solche mit bitterem oder unangenehmem Geschmack – doch bei domestizierten Pferde scheint dieser natürliche Futtersuchinstinkt beeinträchtigt. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Jüngste Forschungsergebnisse aus Polen legen nahe, dass Pferde ihren Geruchssinn zwar nutzen, um giftige Pflanzen zu erkennen – doch dass dies offenbar nicht immer dazu führt, dass sie diese Pflanzen auch tatsächlich meiden.


Viele Pflanzen sind für Pferde giftig und können bei Einnahme ernsthafte Gesundheitsprobleme oder sogar den Tod verursachen. Wie können Pferde also giftige Pflanzen erkennen? In freier Wildbahn meiden Pferde möglicherweise unbekannte Pflanzen oder solche mit bitterem oder unangenehmem Geschmack. Domestizierte Pferde sind dazu aber offenkundig nicht immer in der Lage – überweidete Weiden oder kontaminiertes Heu können sie schädlichen Arten aussetzen und ihren natürlichen Futtersuchinstinkt trüben, wie sich in einschlägigen Untersuchungen gezeigt hat.

Eine Studie von Izabela Wilk und Kollegen an der Universität für Biowissenschaften in Lublin, Polen, ist nun der Frage nachgegangen, ob Pferde giftige Pflanzen allein am Geruch erkennen können.

An der Studie nahmen 20 erwachsene Warmblutstuten und Wallache teil. Die unbekannten Pflanzen, die den Pferden zur Erkundung vorgelegt wurden, waren drei giftige Arten: Eibe (Taxus baccata), Buchsbaum (Buxus sempervirens) und die Gewöhnliche Thuja (Thuja occidentalis), sowie drei ungiftige Arten: Petersilie (Petroselinum crispum), Dille (Anethum graveolens) und Rucole (Eruca sativa).

Jede Pflanze wurde an drei Tagen eine Minute lang in einer kleinen Box präsentiert, zwei Pflanzen täglich. Die Pferde konnten die Pflanzen weder sehen noch berühren und nur den Geruch wahrnehmen. Die Pferde wurden an diese Form der Präsentation gewöhnt und positiv darauf konditioniert, sich der Box zu nähern. Die Intensität der Erkundung wurde anhand der Anzahl der Erkundungsereignisse, der gesamten Erkundungszeit und des Auftretens zusätzlicher Verhaltensweisen wie Kauen gemessen. Die verwendete Methode ermöglichte es, andere Sinne als den Geruchssinn und eine vorherige Erfahrung mit den getesteten Pflanzen von der Analyse auszuschließen.

Die Forscher überwachten dabei die Zeit, die die Pferde mit der Untersuchung jeder Kiste verbrachten und beobachteten auch ihre sonstigen Verhaltensweisen.

Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Die Erkundungszeit in den Versuchen war für giftige Pflanzen kürzer (9,0, 5,5, 3,0 Sekunden) als für ungiftige Pflanzen und 14,5, 7,0, 5,5 Sekunden). Die Unterschiede in der Erkundungszeit von Kisten mit verschiedenen Pflanzen zeigen, dass Pferde neue Gerüche individuell unterscheiden und bei einem neuen Geruch verstärkte olfaktorische Verhaltensweisen zeigen.

Die Pferde verbrachten somit deutlich mehr Zeit mit der Erkundung ungiftiger als mit giftigen Pflanzen (7,0 bzw. 5,0 s). Sie kauten und leckten die Krippe auch deutlich häufiger, wenn ihnen ungiftige Pflanzen präsentiert wurden als giftige (0,24 bzw. 0,13 gegenüber 0,15 bzw. 0,08).

Das Resümee der ForscherInnen: „Die verkürzte und schwächere Erkundung im Fall giftiger Pflanzen könnte darauf hinweisen, dass diese Pflanzen bei den Pferden eine gewisse Zurückhaltung auslösten. Unsere Ergebnisse lassen daher darauf schließen, dass der Geruchssinn der Pferde ein gewisses Potenzial besitzt, giftige von ungiftigen Pflanzen zu unterscheiden, und zwar unabhängig vom Geschmacks-, Tast- und Sehsinn."

Die AutorInnen interpretieren dies so, „dass Pferde neue Gerüche individuell unterscheiden und bei der Begegnung mit einem neuen Geruch verstärkte olfaktorische Verhaltensweisen zeigen. Die längere Erkundungszeit und das häufigere Erkundungsverhalten bei ungiftigen Pflanzen im Vergleich zu giftigen Pflanzen könnten darauf hindeuten, dass erstere attraktiver sind und ein höheres Interesse bei Pferden hervorrufen."

Dies alles deutet darauf hin, dass Pferde möglicherweise in der Lage sind, zwischen neuen Gerüchen zu unterscheiden und sich auf ihren Geruchssinn verlassen, um giftige Pflanzen zu vermeiden. Diese Fähigkeit kann Pferden zwar dabei helfen, Gefahren auszuweichen, sie ist jedoch keineswegs „narrensicher" – und ihre Umgebung spielt eine bedeutende Rolle bei der Exposition gegenüber schädlichen Arten.

So zeigte sich bei einer Studie aus dem Jahr 2021, dass Pferde aus bislang noch unbekannten Gründen giftige Herbstzeitlose im Heu nicht erkennen und keinerlei Vermeidungsverhalten zeigten. Warum das so ist, konnte bislang nicht festgestellt werden, so das damalige Resümee der AutorInnen: „Die Gründe für die Aufnahme von Herbstzeitlose sind bei Pferden nicht vollständig geklärt. Da eine Vergiftung durch Herbstzeitlose aus der routinemäßigen Fütterungspraxis bei Pferden nicht ausgeschlossen werden kann, sind Wiesen mit Herbstzeitlose für die Heuproduktion nicht geeignet.“ (Den vollständigen Artikel zur damaligen Studie kann man hier nachlesen.)

Die Studie „Explorative behaviour in horses when presented with unfamiliar poisonous and non-poisonous plants" von Izabela Wilk, Elżbieta Wnuk, Anna Stachurska, Wiktoria Janicka, Ewelina Tkaczyk, Natalia Kumanowicz und Jarosław Łuszczyński ist im August 2024 in der Zeitschrift ,Applied Animal Behaviour Science' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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