Im Umgang mit Pferden gelten die Naturgesetze ebenso wie die traditionellen Regeln guter Hippologie: Eine kleine Auswahl an Entgleisungen – weg von den Bahnen der Achtung vor und der Sorge für ein Pferd – zeigt: Die wichtigsten Hüter des Pferdewohls sind Reiter und Pferdebesitzer jeglichen Geschlechts und Alters.
Es gibt im Leben und in der Natur Gesetzmäßigkeiten, die nicht zu umgehen, weil sie unausweichlich sind:
Kein „Reitender“ – welchen Geschlechts, welcher politischen Überzeugung, welcher Religion und welcher „cancel culture“ zugehörig oder anhängend, wird erstlich bezweifeln, dass bei einer unfreiwilligen Trennung vom Pferde der Boden die Landefläche sein wird, auch wenn diese Person in hohem Bogen aus dem Sattel geflogen ist, also zuerst himmelwärts gestrebt ist – das Newton`sche Gravitationsgesetz bestimmt sich aus Fallhöhe, Fallgeschwindigkeit und Fallzeit; die Fallbeschleunigung beträgt in unseren Breiten – abhängig von der Gravitationskraft 9,81 m/Sekunde. Ein Sturz vom Pferd wird rettungsdienstlich als „Sturz aus großer Höhe“ qualifiziert (Notarzt-Indikation) und es können reine Fall-Geschwindigkeiten von 25 – 28 km/h erreicht werden. Zur Erinnerung für Helm-Lose: bei einem Frontal - Aufprall des Schädels mit 40 km/h tritt das Gehirn durch die Augen aus!
Hier wirken also die Kraft und Unerbittlichkeit der Naturgesetze – unabhängig davon, ob man an sie glaubt – Galileo Galilei (1564-1642) hat viele von ihnen erkannt, untersucht und formuliert, treu seiner Maxime: „Messen, was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht messbar ist!“ – ein Prinzip, das auch den Autor dieser Zeilen sein gesamtes Leben als Veterinärmediziner und Gerichtsgutachter begleitet hat. Messbare Größen werden vorhersagbar, abschätzbar, manche lassen sich deshalb in der Schwere ihrer Wirkung abfedern.
Im Gegensatz zu Naturgesetzen, die ihre Wirkung immer und allerorts entfalten, unabhängig davon, ob jemand an sie glaubt oder jemand sie beachtet, sind Regeln gesellschaftliche Übereinkünfte und Leitlinien, die für bestimmte Situationen und jeweils definierte Rahmen aufgestellt wurden, die man leicht überstrapazieren, aber ebenso leicht missachten kann – denn Regelverstöße haben (zunächst) keine lebensbedrohenden Konsequenzen – ein Regelverstoß ist meist auch ein Rechtsverstoß.
Vor einigen Jahren war ich eingeladen, auf einem internationalen Tierärztekongress in Lausanne (CH) neben meinen Ausführungen zur „Forensischen Hippologie“ einen Vortrag zum Thema „Der Stimulus und die Antwort des Pferdes“ zu halten und stellte bei dieser Gelegenheit auch die „Arndt-Schulzsche Regel“ vor – eine (zunächst unbewiesene) Annahme über die Reaktion des menschlichen oder tierischen Körpers auf Reize.
Diese Regel ist nach dem Psychiater Rudolf Arndt und dem Pharmakologen Paul Friedrich Schulz benannt, beide lehrten an der Medizinischen Fakultät der Universität Greifswald und publizierten ihre Hypothese im Jahre 1899.
Es gibt keinen Zweifel, dass ein absolut „Reiz loses“ Leben in einem ebensolchen Umfeld Pferde (und Menschen) negativ formt und stumpf werden lässt, die Absonderung von einer „Reiz vollen“ Welt macht Pferd (und Mensch) absonderlich, hingegen eine vernünftige, sinnvolle und für das Pferd verständliche Reiz-Entfaltung hilft dem Pferde (und dem Menschen) physisch, psychisch und mental zu wachsen – der guter Trainer kommt aber immer mit moderaten Reizen aus – denn er weiß instinktiv und aus Erfahrung, dass ohne Trainingsreiz nichts bewirkt wird, jede Übertreibung aber fatale Wirkung hat.
Ein „Reiz“ der besonderen Art – und deshalb immer, augenblicklich und konsequent zu erforschen und abzustellen, ist der „Schmerzreiz“ – der im Akutfall als Alarmglocke schrillt, bei Chronizität aber zermürbend, katabol und an der Substanz zehrend wirkt: Schmerz ist der Schrei des Gewebes nach fließender Energie – oberstes Prinzip von Tierschutz muss es deshalb sein, alles Denk- und Menschenmögliche zu verhindern, dass Pferde Schmerz erleiden müssen – und ich rede hier nicht von Unfällen, Verletzungen oder Krankheiten, sondern von den alltäglichen verborgenen oder missachteten Schmerzfügungen als aktives Tun oder passive Unterlassung.
Der stündliche und tägliche Schutz von Pferden vor unnötigem und vermeidbarem Schmerz fokussiert auf so banal erscheinende Punkte wie die die folgenden, denn – „dort wo weh tut, tuts am wehsten!“
– schlecht angepasste Gebisse und/oder Führen mit Quetschung der Lefzen und Unterkiefer (Nussknacker - Effekt)
– schlecht angepasste Stallhalftern, Reitzäume oder Reithalfter
– schlecht angepasstes Martingal oder andere Hilfszügel
– Zäumungsfehler jedweder Art
– grobe Zügelhand oder gleichbleibende Anlehnung
– unpassender oder defekter Sattel
– drückendes Brustblatt oder Kummet
– zwickender Sattelgurt und Gurtenlagen
– ReiterInnen mit schwankendem und instabilem Sitz
– mangelhafte Pflege von Schlauch und Vagina
– suboptimaler Hufbeschlag
– falsche Fütterung
– grobe, lieblose Umgangsformen wie Longieren mit Kopflonge („polnische Bremse“) oder Longierbrille
– Nicht-Erkennen oder Ignorieren von Ungemach und mangelndem Wohlbefinden mit Verlust von Losgelassenheit und Rittigkeit.
– kalter und liebloser Umgang ohne wechselseitige Bindung.
Es bleibt sich gleich von Eugen Roth.
Ein Mensch, der schrecklich Zahnweh hat,
gibt gern dem frommen Wunsche statt,
es möchte seines Schmerzens Quelle
verlagern sich an andre Stelle.
Er hält sich nämlich für gewiss,
nichts quäle so wie das Gebiss.
Gerührt von seinen bittren Tränen,
entfährt der Teufel seinen Zähnen
und rückt den frei gewordnen Schmerz
dem Wunsch entsprechend anderwärts.
Der Mensch, nunmehr mit Hämorrhoiden,
ist ausgesprochen unzufrieden
und sucht den Teufel zu bewegen,
den Schmerz von neuem zu verlegen.
Dass man die gute Absicht sehe,
schlüpft nun der Teufel in die Zehe,
der Mensch, geschunden ungemindert
fühlt sich noch obendrein behindert,
im Bette muss er liegen still
und kann nicht hingehn, wo er will.
Jedoch nach den gehabten Proben,
lässt er den Schmerz geduldig toben-
und das beruhigt ihn am ehsten:
Denn, wo’s grad weh tut, tut’s am wehsten!
Die im Folgenden dargestellte kleine Auswahl an Entgleisungen, weg von den guten Bahnen der Achtung vor und der Sorge für ein Pferd zeigt, in Verbindung mit den traditionellen Regeln guter Hippologie:
– die wichtigsten Tierschützer sind die Pferdebesitzer, Pferdeeigentümer, Reiterinnen und Reiter, Fahrerinnen und Fahrer, Voltigierer jeden Alters und jeden Geschlechts, die es zu jeder Zeit selbst in der Hand haben, von ihren Pferden vermeidbare Missempfindungen und Schmerz fernzuhalten …………
– In der zweiten Reihe der Tierschützer stehen all jene Personen jedweder geschlechtlichen Ausprägungen, die von Berufswegen mit Pferden zu tun haben: Reitlehrer, Hufschmiede, Sattelhändler, und alle jene, die eine therapeutische oder medizinische Ausbildung durchliefen; sie sollten, ja müssen Garanten für Korrektheit und Aufklärung, aber auch für schonungslose Offenheit bei Fehlern und Missständen sein…………
– In der dritten Reihe ist ein Personenkreis in der Pflicht, der häufig erst mittelbar oder indirekt mit Tierschutz bei Pferden konfrontiert ist: Amtstierärzte, Polizeibeamte, Sachverständige, Rechtsvertreter und Staatsanwälte und Strafrichter; sie sind Garanten dafür, dass Grobheiten, Schmerzzufügung, vermeidbare und unnötige qualvolle Zustände sowie die Unterlassung von deren Behebung ermittelt, geahndet und bestraft werden.
Eine gültige Wahrheit, die auch für Zweifler nicht mehr bewiesen werden muss und nicht negiert werden kann, ist das Dritte Newton'sche Axiom, also das Wechselwirkungsprinzip von actio et reactio: zu jeder Kraft wirkt eine Gegenkraft.
Menschen, die am Reit- und Fahrsport teilnahmen und bei denen das Wohlergehen der Pferde nicht an erster Stelle stand, hat es, seit ich mich erinnern kann, immer gegeben, und natürlich Jahrhunderte zuvor:
Sie waren in der Szene meist als „nicht astrein“ bekannt und man hatte ein fokussiertes Augenmerk auf sie – die Verbände reagierten und schufen weitere „Garanten“ - international FEI Tierärzte (ich wurde 1984 installiert), FEI Chief Stewards (meine Bestellung 1994) und national: der Österreichische Pferdesporttierarzt wurde 1990 etabliert. Das Ziel war, auch ohne unbedingt penetrant darauf hinweisen zu müssen, den geregelten Pferdesport auch vom veterinärmedizinischen Standpunkt sauber, fair und dem individuellen, altersentsprechenden Leistungsvermögen der Sportpferde zu gestalten und so das Wohlbefinden der Pferde zu gewährleisten.
Dabei blieb die sogenannte Freizeitreiterei stets eine Großteils unbekannte Größe, bei der das Spektrum von unsinniger Verzärtelung, subtilem Missbrauch bis zur offensichtlichen Tierquälerei reichte – immer standen (meist von Gottes Gnaden) ernannte Tierschützer offensichtlichen Tierquälern gegenüber: re-actio contra actio – oft mit dünner, dilletantischer Beweislage und dafür mit umso mehr gefühlsbetonten Eindrücken – zu wenig Material für eine Verurteilung durch ein Strafgericht.
Doch gab es beachtliche Unterschiede zur Gegenwart unserer Jahre; Tierschützer schützten keinen „Beruf“ vor, den man mangels anderer Qualifikationen auf die Visitenkarte schrieb, Tierschützer zu sein klebte man nicht mit Pickerl auf das Auto oder als Tierschützer legte man sich nicht bei Sommerhitze und in alberner Verkleidung vor Pferdestandplätzen auf die Straße, sondern man ergriff den Wassereimer und half, Pferde zu tränken und zu kühlen – man tat dies aus Mitgefühl und Einsicht, nicht aus Geltungssucht und Störwillen – die Parallele zur Klimabewegung ist unübersehbar.
In der Zeit von Postings und Selfies und der Jagd nach Followern muss heute jeder bühnenreif darstellen, welch guter Mensch man doch selbst ist – und so ist es nicht verwunderlich, dass diejenigen Berufsgruppen, die ehemals aus ihrer Profession, ihrer Haltung, ihrer Überzeugung und einem inneren und anerzogenen Bedürfnis folgend, auf das Wohlbefinden von Tieren, Pferden, achteten, in der neuen und veränderten Zeit plakativ und vordergründig „Tierschutz-Botschafter“ werden; die Welt der Pferde kann sich kaum noch erwehren vor der Flut von Initiativen, die vorgeben, sich um Pferde zu kümmern, allerdings rein theoretisch und (vielfach) auf pseudo-akademischem Niveau: die Berufsschichten sind die gleichen wie früher: Menschen aus medizinischen, therapeutischen und rechtsnahen Berufen, Pferdesportler, Reitlehrer und diplomierte Möchtegerns – Personen, mangels Persönlichkeit, sind aber dieselben.
Es ist chic und en vogue geworden, sich um das Leid von Tieren zu kümmern; geradezu groteske Werbungen („Tierwohl wie Heu“) flimmern zu diesem Thema über die Mattscheiben, keine (Gratis)Zeitung, die nicht eine Kolumne brächte, und besonders beliebt werden nun (natürlich kostenpflichtige) Publikumsveranstaltungen, fernab vom Stall, in feinen Festsälen, die sich dem Wohlbefinden von Pferden widmen -in Pferderechtsveranstaltungen referieren ebenjene Personen, die auch als Sachkundige oder Rechtsnahe dem offensichtlichen Tierquäler als Sekundanten vor Gericht zur Seite stehen und durch aalglatte und nichtssagende Expertisen und Behauptungen die Strafgerichte der Möglichkeit berauben, Pferdeschinder „sine dubio“ der Gerechtigkeit zuzuführen – wichtig ist alleine: Für Erfrischungen und kleine Köstlichkeiten danken wir dem Sponsor XY.
Wohlergehen von Pferden spielt sich im Stall, auf dem Feld der Ehre, beim Ausritt, Training und in der täglichen Begegnung mit wahren Pferdemenschen ab – nicht in der pinkelfeinen Kongresshalle mit anschließendem (kostenlosen) Buffet.
Die hier dargestellten Fotos stammen aus der Praxis und dem Archiv von Dr. Kaun und stellen (zunächst) exemplarisch drei Themenbereiche dar, die von besonders unfreundlicher und schmerzhafter Relevanz sind:
– Angriffe auf das hochsensible Pferdemaul,
– qualvoller Unfug beim Führen von Pferden und das leidige Thema
– „Hufbeschlag“ – Hufschmiede können nur so gut sein, wie Pferdebesitzer ihnen die Bedürfnisse ihrer Pferde klarmachen.
Pferd mit panischem Gesichtsausdruck
Verletzung durch eine Kandare im Maulwinkel
Aus einer Auswertung von Statistiken der DRV ist der Anteil der Beanstandungen – Verletzung am Pferdemaul – an der Gesamtzahl überproportional am größten, nämlich fast 70 % (!!!). [P. Witzmann, Der praktische Tierarzt 10/2022]: Ursachen sind scharfe Gebisse, zu enggeschnallte Reithalfter, zu kurzgeschnallte Backenstücke beim Reitzaum und eine harte („lebhafte“) Reiterhand- sowohl bei Reiterinnen wie bei Reitern.
Die gängigen Regeln (Zwei Finger am Nasenrücken, eine Falte im Mundwinkel) sollten gelehrt und beachtet werden – über den ISES-Keil wurde schon mehrfach berichtet.
Knebelgriff beim Führen verursacht Schmerz……
…der Nussknacker-Effekt wirkt unangenehm auf die Laden und das Gaumendach
Ohne Worte – weil sprachlos!
Das Führen von Pferden will gelernt sein (siehe dazu auch diesen Beitrag) – gelernt vom Pferd, gelernt auch vom Menschen. Der Knebelgriff – fälschlicherweise für einen Sicherheitsgriff gehalten – mit harter Zügelführung direkt an den Unterkieferästen führte in den Armeen vergangener Tage immer wieder zu Maulverletzung und zu fortschreitender Hartmauligkeit, weil die Laden zunächst entzündet, dann aber unempfindlich wurden: der berittene Soldat, der Kavallerist also, verbracht weniger Zeit im Sattel als man meinen könnte – bei langen Märschen musste er – zur Schonung seines vierbeinigen Kameraden - zu Fuß neben dem Pferde hergehen, und dabei „hing er mit schwerer rechter Zügel-Hand dem Tier im Maule“, was dieses fortschreitend abstumpfte. Deshalb erfanden findige Zeugmeister das „Reithalfter“ als Ergänzung des Reitzaumes, der Kavallerist konnte sich mit seiner Rechten am Kehlriemen festhalten, der Druck ging aufs Genick und nicht auf die Lade – mit der Linken führte er den Zügel – bedauerlicherweise ist diese „tragende“ Funktion eines Reithalfters in Vergessenheit geraten und „das Ding an sich“ zu widersinniger Anwendung verkommen: Verhinderung von Abkauen (und Losgelassenheit), Verhinderung von offenen Nüstern und freier Atmung.
Grundlage der weiten und offenen Nüstern und somit einer freien, ungehinderten Atmung sind die Nasenknorpel – jeder Pferdemensch sollte sie einmal bewusst ertastet haben: bitten Sie Ihre Tierärztin oder Ihren Tierarzt bei der nächsten Visite, ihnen dabei zu helfen!!
Der Mensch unserer Zeit hat gelernt, zu delegieren, das heißt, er gibt gerne Funktionen ab, und will sich somit auch inhaltlich nicht mehr damit auseinandersetzen und beschäftigen: mein Tierarzt, mein Anwalt, mein Trainer, mein Reitlehrer, mein Hufschmied….! Delegieren bedeutet aber Vertrauensvorschuss bei wissender Kontrolle – denn ohne Wissen ist Kontrolle sinnlos!
Eine wiederholte Kontrolle der Hufe und des Beschlages sollte mehrmals in jeder Beschlagperiode erfolgen:
– Hufrillen in der Glasurschicht der Hufwand
– Liegen die Hufe satt am Eisen auf und wachsen nicht über den Tragrad der Eisen
– Sind die Nieten gut versorgt
– Ist die Fußung plan
– Ist ausreichend Zehenrichtungvorhanden, speziell bei den Vordereisen
– Die alten, abgenommenen Eisen müssen kontrolliert werden
– Der Hufschmied soll Ihnen die Scheuerrinne zeigen
Vorbereitung eines neuen Vordereisens – Brechen des inneren Randes gegen Einhauen und Herunter-Reißen der Eisen.
Nach Zubereitung der Eisen im Feuer und am Amboss müssen die Nagellöcher nachgestanzt werden, sonst haben die Hufnägel keine Führung.
Verquollenes Nagelloch in Großaufnahme – der Hufnagel kommt nicht dort heraus wo er soll.
Die Zwicke von Hufnägeln in Großaufnahme: oben sieht man eine verbogene Zwicke, die ins „Leben“ geht – Ursache ist eine Vernagelung infolge nicht nachgestanzter Nagellöcher.
Die Zehenrichtung ist eine fundamentale Zubereitung speziell der Vordereisen – wie bei Jogging-Schuhen muss das freie Abrollen am „Amboss“ vorbereitet werden – geschieht dies nicht, muss das Pferd das Eisen ablaufen (rechts), was sowohl das Pferd wie auch das Eisen schwächt und den freien Gang stört, ja den Schritt „vernichtet“!
Eine Zehenrichtung (rechts) wie bei Jogging-Schuhen erleichtert und verbessert die Gänge des Pferdes, der Schritt wird erkennbar verbessert.
Abgenommene, alte Hufeisen sollten nicht achtlos weggeworfen werden, sie erzählen sehr viel:
– Links: die Scheuerrille als Zeichen eines funktionierenden Hufmechanismus geht weit über den Tragrand hinaus und beweist, dass das Hufeisen zu eng gelegt worden ist – das ist wie Gehen mit zu kleinen Schuhen.
– Rechts: Es ist keine Scheuerrille erkennbar, die Hufeisen-Schenkel weisen ein Gefälle nach innen aus, wodurch der Hufmechanismus blockiert ist – eine Tierquälerei par excellence!!!
Zur Förderung des Hufmechanismus, der entscheidend ist für die freien und guten Gänge eines Pferdes ist, sollen die Schenkel des Hufeisens an der, dem Hufe zugewandten Seite ein erweiterndes Gefälle nach außen aufweisen und poliert werden.
Wird ein Pferd „warm“ beschlagen, darf das Eisen beim Aufbrennen nur „dunkel-kirschrot“ glühen – hellere Glut oder gar Weißglut schädigt den Huf. Das Aufbrennen gibt die letzte Passform, darf aber die plane Vorbereitung der Sohle nicht ersetzen.
Bei der überwiegenden Zahl der Pferde genügend drei Nägel innen und drei Nägel außen - als Grundregel gilt: eine Senkrechte auf die Strahlspitze markiert die Nagelgrenze und den weitesten Teil des Hufes, dahinter muss sich der Huf beim Auffußen erweitern können.
Die hier dargestellten Kriterien sind die Mindestforderungen, die an einen pferdegerechten Hufbeschlag zu stellen sind – diese Forderungen zu erfüllen, muss im Bestreben eines jeden Pferdemenschen liegen. Entgegen dem Geschwätz mancher Hufschmiede genügt es den meisten Pferden, wenn sie „gut und korrekt hingestellt werden“ – zwanghafte Verkäufer orthopädischer Beschläge sind nicht zwingend gute Hufschmiede.
Ein Bekannter, den ich kürzlich zufällig traf, konfrontierte mich mit der Frage, warum ich mir die Kolumnen auf ProPferd, die doch mit sehr viel Arbeit für Konzept, Text und Bildauswahl verbunden sei und obendrein kein Honorar bringe, antue. Meine Antwort war einfach: Ich möchte aus Menschen mit Pferden Pferdemenschen formen; Menschen mit Wissen, mit Verantwortungsbewusstsein und mit korrektem, hippologisch fundiertem Verhalten gegenüber dem Pferde.
Ich musste meinem Gegenüber jedoch einräumen, dass ich schon manchmal Zweifel an der Sinnhaftigkeit meines Tuns auf ProPferd hatte – aber vor wenigen Tagen erlebte ich auf TV ein Interview mit Reinhold Messmer, der kürzlich seinen achtzigsten Geburtstag beging, also etwa sechs Monate älter ist als ich es bin, und der unermüdlich unterwegs ist, um den Menschen den Unterschied zwischen echtem, traditionellen und naturnahem Alpinismus und vordergründiger, seichter, touristischer Kletterei nahezubringen, deren Ziel das Selfie mit dem Gipfelkreuz ist.
Eine Bitte: Meine Aufsätze, Publikationen und Kommentare sollen Pferdeleuten unserer Tage zu Orientierung, Selbsteinschätzung und Beziehung zu Pferden dienen. Personen, die kommerziell mit Pferden Kontakt haben, mögen die von Anstand und Benehmen vorgegebenen Regeln respektieren, Quellen anführen und korrekt zitieren – danke!
Sollten Leser meiner Aufsätze einzelne Themen vertiefen wollen, so kann auch - unter den oben angeführten Bedingungen - aus dem reichen Fundus der kostenlosen Downloads auf www.pferd.co.at geschöpft werden.