Vor genau 50 Jahren – am 2. Oktober 1974 – stürzte der damalige Leiter der Spanischen Hofreitschule, Oberst Hans Handler, während einer Vorführung tot vom Pferd. Er war der letzte Leiter der Hofreitschule, der noch selbst in Vorführungen ritt und die klassische Reitkunst in all ihren Facetten beherrschte.
Oberst Hans Handler mit dem Hengst Siglavy Bona. Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Wehe dem, der vor dem Internet-Zeitalter gelebt und gewirkt hat – denn er ist von der zufälligen Gnade abhängig, dass irgendjemand seine Verdienste hinüberträgt in die neue digitale Welt. Sehr zur Schande dieser Welt ist dies im Falle von Oberst Hans Handler bislang nicht geschehen – kein Wikipedia-Eintrag existiert unter seinem Namen, selbst kleine Artikel oder auch nur Ansätze einer biographischen Würdigung sucht man vergebens, nicht einmal ein Foto ist auffindbar. Selbst auf der Website der Spanischen Hofreitschule – also jener Institution, die Handler so nachhaltig verändert und geprägt hat – findet sich nur ein einziger Satz zu ihm, aber das ist angesichts des aktuellen Zustands dieser Einrichtung nicht wirklich überraschend.
Das Tückische an diesem Umstand aber ist: Wenn selbst Google heute zu einer Person nichts einfällt, könnte leicht der Eindruck entstehen, dass diese Person quasi nicht existiert bzw. nicht wichtig genug war, um irgendwo Beachtung zu finden – ein fataler Trugschluss der heutigen Zeit. Daher soll an dieser Stelle eine längst überfällige ,Ehrenrettung‘ im eigentlichen Sinn des Wortes erfolgen – also der Versuch, die Ehre eines Mannes zu bezeugen, der für Jahrzehnte den Fortbestand, das reiterliche Niveau und das internationale Ansehen der Spanischen Hofreitschule verbürgt und gesichert hatte, obwohl ihm für diese große Aufgabe nur wenige Jahre beschieden waren.
Auch wenn man es heute meist anders sieht, so gilt doch die gute alt(modisch)e Wahrheit: Wer einen Betrieb wie die Spanische erfolgreich leiten will, der sollte zumindest hervorragend reiten und seine MitarbeiterInnen anleiten, beraten, führen und motivieren können. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, der Kompetenz und sogar des Berufsethos – denn man ist AUCH und besonders für kostbare Pferde verantwortlich; neben dem Mitarbeiterstab, dem unersetzbaren Kulturgut, der Wahrung der klassischen Reitkunst, der sportlichen Vorbildwirkung und einem touristischen Leitbetrieb Österreichs ….
Der Letzte seines Standes
Der letzte Herr und Reiter, der allen diesen Ansprüchen gerecht wurde, war ohne jeden Zweifel Oberst Hans Handler. Während sich sein direkter Vorgänger an der Hofreitschule – Alois Podhajsky – durchaus berühmt zu machen verstand, war es niemals Oberst Handlers Intention, sich selbst und der eigenen Popularität zu dienen, sondern stets der ihm anvertrauten Sache. Er war als Leiter der Spanischen Hofreitschule gleichsam der letzte Gralshüter der klassischen Reiterei in ihrer hier typischen, überlieferten Ausprägung – auch das macht Handler und sein Wirken so besonders und einzigartig. Darum soll er hier zumindest ein einziges Mal in jenes ,Licht der Öffentlichkeit’ gerückt werden, das er für sich selbst nie gewollt hat, das ihm aber als prägender historischer Persönlichkeit unbedingt zusteht.
Aus einfachen Verhältnissen
Johann (Hans) Handler stammt – eine nachhaltige Erfahrung für sein ganzes Leben – aus einfachen Verhältnissen und wurde 1912 als ältester Sohn von Johann und Maria Handler in Altenmarkt bei Fürstenfeld (Oststeiermark) geboren. In der kleinbäuerlichen Familie mussten alle Familienmitglieder, einschließlich der Kinder (ein jung verstorbener Bruder, zwei Schwestern) in der täglichen Bewirtschaftung des Hofes ihren Teil der Arbeit erledigen. Beim Eintritt in die Volksschule – mit vollem Arbeitspensum nach dem Unterricht – war sehr früh die geistige und körperliche Zielstrebigkeit des jungen Hans erkannt worden, und mit Unterstützung des Lehrers und seiner Eltern durfte er das Realgymnasium in Fürstenfeld besuchen, das er als Klassenbester 1932 mit der Matura abschloss.
1935: Leutnant Hans Handler in der Dragonerschwadron der Oesterreichischen Kavallerie (Schlosshof – Reitlehrerinstitut). Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Laufbahn beim Militär
Mit geringer finanzieller Unterstützung, aber der vollen Bereitschaft, seinen geistigen und physischen Horizont zu erweitern, begann er seine militärische Laufbahn. Sie führte von der Rekrutenschule über die Gebirgsjäger-Einheit bis zur Wiener Neustädter Militärakademie, wo er seine Interesse und Talent für Pferde entdeckte. Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung im Reitlehrerinstitut Schlosshof erfolgte seine Aufnahme in der österreichischen Kavallerie, was ihn nach dem fatalen Anschluss 1938 zum Rittmeister im Kavallerieregiment 12 in Stuttgart machte. Nach erfolgreichen Teilnahmen in Dressur- und Springbewerben kam es bald zum reiterlichen Ernstfall, dem Kavallerie-Einsatz im Russland-Feldzug. Handler nahm dort an einer der letzten Kavallerieattacken Teil, erlitt eine schwere Verwundung, wurde hoch dekoriert und in die Heimat transferiert.
Bereiter-Anwärter in Wels
1942 erfolgte seine Abkommandierung als Major und temporärer Leiter zur Spanischen Reitschule in Wien, bedingt durch einen Krankheitsausfall von Oberst Alois Podhajsky, dem damaligen Leiter. 1944 erlebte Handler seinen Wiedereinsatz an der Italienischen Front, eine dramatische Verschüttung und schließlich die englische Kriegsgefangenschaft in Ägypten. Kein Wunder, dass er später die Probleme seines Berufs mit einer gewissen inneren Ruhe sehen konnte. 1946 konnte der Heimkehrer die Wiederaufnahme seiner geliebten reiterlichen Tätigkeit als Bereiteranwärter in Wels genießen. Wels war das kriegsbedingte Notquartier der Spanischen Reitschule bis zum erlösenden Staatsvertrag im Jahr 1955.
1943: Temporäre Leitung der Spanischen Reitschule (hier beim Ausritt im Lainzer Tiergarten – 2.v l). Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Differenzen mit Podhajsky
Bis dahin widmete sich Handler der Ausbildung von Hengsten der Schule und dem Unterricht für ausländische, der Schule zahlende Schüler, nahm an allen Gastspielen Teil und perfektionierte weiterhin sein reiterliches Können. Die Glanzzeit der Schule in den Nachkriegsjahren und erfolgreiche Tourneen im Ausland folgten, und endlich konnte man die Rückkehr der Schule nach Wien im Jahr 1955 feiern. Dann allerdings kam es nach mehreren Meinungsverschiedenheiten persönlicher Natur zum Verlust der oberen Bereiterriege. Major Handler ging zum neuentstandenen Bundesheer und fand als Lehrer in der Militär- und Stabsakademie eine neue Rolle, blieb aber daneben weiterhin Ausbilder von Privatpferden in der Freudenau. Auch als Richter und Vortragender war er international gesucht.
1970: Oberst Hans Handler als Leiter der Spanischen Reitschule. Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Leiter der Spanischen Reitschule
1965 erfolgte erneut seine Abkommandierung und Berufung zum Leiter der Spanischen Reitschule, jedoch diesmal nicht als Lückenbüßer, sondern als wahrlich Berufener. Das große Verantwortungsbewusstsein des Bauernsohnes und Offiziers Handler prägte auch seinen Führungsstil, der sachlich, kompetent, menschlich gegenüber dem Pferd und dem Personal und in jeder Hinsicht tadellos war. Handler war der letzte Leiter, der in allen Vorführungen selbst im Sattel aktiv war, der Schulhengste ausbilden und Bereiter anleiten konnte.
Sein Sohn Michael Handler, selbst Reiter und intimer Kenner der Schule, berichtet: „Mit dem frühen Start des Arbeitstages und späteren Büroarbeiten wurde oft auf dem Notbett in seiner Umkleidekammer in der Hofreitschule übernachtet. Die wenigen freien Stunden in der Hofreitschule ermöglichten höchstens, am Nachmittag in der Sommerreitschule auf einem Gartenstuhl seinen Kaffee zu trinken. Das Familienleben kam leider oft zu kurz, denn durch die starken Anforderungen blieb ihm nur begrenzte Zeit mit uns. Gespräche und Gemeinsamkeiten erfolgten mehr auf einer „one-to-one“-Basis. Auch sich gegenüber war er von großer Bescheidenheit; ein Steireranzug, unser VW-Käfer, seine legendäre Wurstsemmel zu Mittag – das waren Zeichen und Ausdruck seiner Lebensauffassung. Man diente der Sache, nicht sich selbst.“
Oberst Handler auf einem frühen Familienfoto (mit Ehefrau Susi und den Kindern Michael, Thomas und Sisi). Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Ein Buch für die Ewigkeit
Als kleine Selbstdarstellung leistete er sich, beinah peinlich berührt von der eigenen Eitelkeit, nämlich ein Buch. Nach den zahlreichen und durchwegs erstklassigen Schriften Podhajskys lag die schriftstellerische Latte für Handler hoch, aber er übersprang mit eleganter Kapriole auch diese. Sein Werk läutete die bis heute schier endlose Serie von „großen, schwarzen Büchern über die Spanische“ ein, zu der jede(r) LeiterIn – und etliche andere – mindestens eines hinzufügten. Mit einer einzigen Ausnahme (Kugler/Biehl) war das vergebliche Liebesmüh, denn mit Handlers ,Opus magnum' war eigentlich alles gesagt, alles gezeigt und beschrieben. Wer sein Buch durchgewälzt hat, weiß alles über die Spanische, was ein Normalsterblicher wissen muss. Auch literarisch haben Handler seine Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis nie verlassen. Das Buch war schnell vergriffen und konnte aufgrund eines Brandes im Verlag Molden der alle Fotovorlagen vernichtete, nicht neu aufgelegt werden. Es bleibt somit eine antiquarische Kostbarkeit und ein bibliophiler Schatz, nicht zuletzt wegen der tollen Fotos von Erich Lessing.
Pflichtbewusst, kompetent, respektiert: Oberst Handler im Büro. Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Prägende Ära
Reiterlich war Handlers bedauerlich kurze Ära als Leiter der Schule geprägt durch seine allgegenwärtige Präsenz bei den Morgenarbeiten, seine Bereitschaft, selbst auf anderen Pferden Korrekturen zu demonstrieren und alle Reiter seines Teams zu motivieren. Es gelang ihm sogar, den (wie er selbst auch) „geflüchteten“ Georg Wahl wieder an die Schule zu holen und damit einen wichtigen reiterlichen Impuls zu setzen, der dem Niveau der Schule gut tat.
Michael Handler erinnert sich noch heute an die beruflichen Zielsetzungen seines Vaters: „Die Rolle der Reitschule als historisches Kulturgut mit weltweiter Bedeutung zu wahren, und dabei die Vermeidung einer Touristenattraktion á la Disneyland. Die Wahrung der Klassischen Reitkunst, mit dem Fokus auf korrekte, historisch überlieferte Ausbildung des Pferdes durch geistige und physische Gymnastizierung. Das Wohl der Reiter und Pferde – mit einem auf ein Minimum geschrumpften Reiterstab sah er die Zukunft der Schule in der Förderung von bestehenden jungen Talenten (Tschautscher, Kottas, Bachinger, Riegler, Krzisch), welche die Schule für Jahrzehnte prägen sollten.“
Eine seiner Stärken war es, bei Staatsempfängen mehrsprachig und charmant zu kommunizieren. Eine andere, vielleicht bedeutendere, war es, stets offen für alle Belange des Personals und besonders für das Wohl der Pferde zu sein. Er hielt penibel Abstand von jeglicher Politik – aber diplomatische Auseinandersetzung mit dem Ministerium bezüglich deren Vorstellungen von vermehrten Einnahmen führte er mit beharrlicher Konsequenz. Und genau diese Beharrlichkeit – sei es im Sattel oder in Verhandlungen zum Schutz „seiner Reitschule“ – sollte beispielhaft und vorbildlich für alle sein, die nach ihm versucht haben, in seinen Stiefeln zu wandeln.
Oberst Hans Handler starb am 2. Oktober 1974 an Herzversagen während einer Vorführung im Sattel seines Schulhengstes Siglavy Beja. Die Vorstellung wurde kurz unterbrochen, dann fortgesetzt. Als man Handler in der Stallburg aufbahrte, sollen seine beiden Hengste laut gewiehert haben.
Trauerzug und Aufbahrung in der Dorfkirche Altenmarkt bei Fürstenfeld. Fotos: Privatarchiv Fam. Handler
Das – ebenso bewegende wie beeindruckende – Begräbnis von Oberst Handler fand in seinem Heimatort Altenmarkt bei Fürstenfeld in der Steiermark statt, von der Aufbahrung in seiner Geburtsstube, zum feierlichen Gottesdienst in der ehrwürdigen Dorfkirche zur Bestattung in dem Familiengrab, wo er seine letzte Ruhe fand.
Oberst Hans Handlers letzte Ruhestätte. Foto: Privatarchiv Fam. Handler
Eine Ära war unwiderruflich zu Ende gegangen.
Martin Haller
Klaus Krzisch, Erster Oberbereiter a.D., über Oberst Hans Handler
Tod in der Reitbahn
Der damalige Bereiter-Anwärter Klaus Krzisch war am schicksalhaften 2. Oktober 1974 ebenfalls in der Halle und ritt im Vorführungsteil ,Junge Hengste und Schulquadrille'. Die damaligen Geschehnisse sind ihm noch vollkommen gegenwärtig:
„Es war eine Mittwoch-Abend Vorführung, und Handler war an diesem Tag in Piber gewesen. Zwischen dem Gestüt in Piber und der Hofreitschule waren ja die Beziehungen lange Zeit schwierig und angespannt – und an diesem Tag war er bei Hofrat Lehrner (damaliger Leiter des Bundesgestüts Piber, Anm.) in Piber und hat mit ihm quasi Freundschaft geschlossen und sich ausgesöhnt. Hofrat Lehrner war übrigens ebenfalls in dieser Vorführung.
Passiert ist das Unglück beim Vorführungsteil ,Alle Gänge und Touren’, in dem Oberst Handler mit seinem Hengst Siglavy Beja geritten ist. Es war während der Galopparbeit – Handler ritt die Diagonale, musste dabei durch die Pilaren durchreiten, und nach den Pilaren ist er plötzlich nach vor gekippt und die Hand ist runtergefallen, und wir alle dachten, dass wohl irgendetwas beim Vorderzeug gerissen war und Handler sich runterbeugt, um das aufzufangen. Dem war aber nicht so – das Pferd ist dann nach den Pilaren stehengeblieben, und Handler ist runtergerutscht und liegengeblieben. Man hat dann über den Lautsprecher durchgesagt, ob im Publikum ein Arzt anwesend wäre – es war auch tatsächlich einer in der Halle, der ist runtergekommen und hat Wiederbelebungsversuche durchgeführt. Auch die Rettung war sehr schnell da und hat Handler noch ins Spital gebracht, aber jede Hilfe kam zu spät, er hatte wohl einen Herzinfarkt erlitten.
Die Vorführung wurde, als man das Unglück realisierte, sofort abgebrochen – sie wurde aber nachher mit Verspätung wieder fortgesetzt. Aber als es passierte, sind wir reingelaufen, haben Oberst Handler dann rausgetragen, auf eine Bank gelegt und mit der Wiederbelebung begonnen, es hat aber alles nichts mehr genützt."
Oberst Handler als Reitschul-Leiter
„Oberst Handler hat an der Reitschule sehr viel verändert. Als ich eingetreten bin – ich war ja noch ein halbes Jahr unter Alois Podhajsky – da haben wir noch auf Strohsäcken in unseren Dienstzimmern geschlafen, hatten zerrissene Sakkos, einfach schrecklich. Das hat Oberst Handler alles geändert – wir haben neues Mobiliar in unseren Zimmern bekommen, neue Betten, neue Matratzen, neues Gewand, er hat sich irrsinnig um uns gekümmert. Ich habe damals 400,– Schilling im Monat verdient, und Oberst Handler hat durchgesetzt, dass wir als Eleven bzw. Bereiter-Anwärter 1.000,– Schilling im Monat bekommen – das war für uns ein Wahnsinn, wir sind uns vorgekommen wie Millionäre! Er war also unglaublich sozial – und natürlich auch reiterlich sehr kompetent. Oberst Handler war ja schon vorher unter Podhajsky an der Schule gewesen, dann aber gab es wohl Differenzen, und Handler ist an die Militärreit-Akademie als Lehrer gegangen. 1965 bewarb er sich für die Leitung der Schule und ist zum Zug gekommen – zum großen Glück des Instituts, wie man heute weiß."
„Oberst Handler hatte die Angewohnheit, dass er oft in Zivilkleidung in die Galerie hinaufgegangen ist und uns beim Training zugeschaut hat. Dort hat er sich Notizen gemacht und hat auch gehört, was die Leute über das Gesehene gesprochen haben. Man hat eigentlich nie gewusst: Ist er jetzt da oder ist er nicht da, er hat sich unter die Menge gemischt und hat das Ganze beobachtet – und ich finde, das war einfach sehr gut. Nachher hat es dann Besprechungen gegeben, wo er gesagt hat: Das müsst ihr so machen, das müsst ihr anders machen, da müsst ihr aufpassen usw."
„Fachlich war er ja unangreifbar, weil er sich einfach exzellent ausgekannt hat – da konnte ihm keiner was vormachen. Es gab ja nach jeder Vorführung eine Besprechung, bei der auch mitgeschrieben wurde – und Handler hat dort ganz ausdrücklich gesagt: Sie können ruhig auch über mich sagen, wenn irgendetwas schlecht war, weil er wusste, wie schwer das Ganze ist und hat auch zugegeben: Auch ich mache Fehler. Er war sehr offen und deswegen hat ihn auch jeder akzeptiert, denn reiterlich konnte man ihm nichts nachsagen."
„Dass Oberst Handler den früheren Bereiter Georg Wahl wieder an die Schule zurückgeholt hat, hat enorm viel an der Reitschule bewirkt, es hat den ganzen Reitstil komplett verändert, es ist unglaublich viel weitergegangen. Wahl hatte eine enorme Erfahrung, weil er lange Jahre beim Zirkus Knie gewesen ist und dort Spezialist für Handarbeit war, das heißt er konnte Courbette, Capriole lehren, Passage, Spanischen Tritt usw. – er hat erstens Ruhe reingebracht und es hat sich zweitens das ganze System der Ausbildung sehr zum Positiven verändert."
Oberst Handler als Mensch
„Oberst Handler war wahnsinnig sozial, weil er selber Kinder gehabt hat und daher auch wusste, wie schwierig es mit Kindern sein kann. Meine erste Begegnung mit ihm werde ich nie vergessen: Ich habe damals noch Stalldienst gehabt, und wir hatten den strikten Befehl, aber einer bestimmten Uhrzeit niemanden mehr in den Stall zu lassen, ausnahmslos niemanden! Eines Tages ist aber gegen 7 oder 8 Uhr abends Oberst Handler mit ein paar Leuten gekommen – ich wusste zwar, dass wir einen neuen Chef haben, hatte ihn aber vorher nie zu Gesicht bekommen und wusste daher auch nicht, wie er ausschaut. Ich habe die Gruppe daher nicht in den Stall gelassen – daraufhin hat Oberst Handler mir gesagt, dass er der neue Chef wäre, hat mir auch einen Ausweis gezeigt, da habe ich mich entschuldigt und natürlich ist er dann mit seinen Leuten durch den Stall gegangen. Das war mein erster persönlicher Kontakt mit ihm."
„Oberst Handler war eine Persönlichkeit, eine natürliche Autorität – und von allen akzeptiert und anerkannt. Sein Auftreten hat Respekt hervorgerufen – er hat die Tradition hochgehalten und war auch international sehr anerkannt. Zugleich war er dem gesamten Personal gegenüber sehr zugänglich, und er war auch sehr fair und verständnisvoll zu uns Jungen und hat auch für die Pfleger sehr viel getan. Er hat für die Schule wirklich viel geleistet, hat die Abläufe und das System der Arbeit optimiert und die Abläufe so gestaltet, dass man auch noch Zeit für die Familie hatte. Er hatte einen starken Sinn für Gerechtigkeit und war sicher einer der besten Chefs, den die Schule je gehabt hat und die ich in meiner langen Laufbahn erlebt habe – er und Dr. Oulehla."
„Eine sehr bezeichnende Geschichte fällt mir noch ein: Oberst Handler war während des Zweiten Weltkriegs ja als Soldat im Kriegseinsatz und ist in Italien mit einem Kameraden verschüttet worden – er, Handler, aber nicht so stark wie sein Kamerad, und es ist Handler gelungen, ihn mit den bloßen Händen wieder auszugraben und so zu retten. Und auch nach dem Krieg hat Handler ihm geholfen und ihm eine Arbeit als Pfleger in der Reitschule verschafft, wo er auch bis zu seiner Pensionierung geblieben ist. Nach dem Krieg hat ja keiner eine Arbeit gehabt, und Handler hat ihn ausfindig gemacht und hat ihn eingestellt in der Schule. Ich glaube, er war aus dem Burgenland, und sein Name war Sücs, wenn ich mich richtig erinnere. So war Oberst Handler."
ZUR PERSON: Klaus Krzisch, geb. 1950, trat im September 1964 als Eleve in die Spanische Hofreitschule ein und durchlief die klassische Hierarchie des Traditionsinstituts: Er avancierte 1970 zum Bereiteranwärter, 1980 zum Bereiter, 1990 zum Oberbereiter und wurde am 1. März 2006 offiziell zum ,Ersten Oberbereiter' ernannt. Nach Differenzen mit der neuen Geschäftsführerin Elisabeth Gürtler wurde Krzisch im Oktober 2009 dienstfrei gestellt und – trotz mehrerer gewonnener Gerichtsverfahren – 2013 zwangspensioniert.