Diese Studie gibt Anlass zur Sorge: Eine aktuelle Untersuchung unter Leitung der Universität Glasgow konnte nachweisen, dass Pferde in Asien mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert wurden, wobei diese Infektionen asymptomatisch blieben.
Die von Professor Pablo Murcia vom Zentrum für Virusforschung (Centre for Virus Research) der Universität Glasgow geleitete Forschung in Zusammenarbeit mit einem internationalen Wissenschaftlerteam aus den USA und der Mongolei umfasste Antikörpertests an Pferdeherden in der Mongolei. Die nun im Fachjournal ,Emerging Infectious Diseases’ veröffentlichten Ergebnisse zeigen asymptomatische Infektionen in mongolischen Pferdeherden.
Die ForscherInnen testeten Pferdeherden in zwei unterschiedlichen mongolischen Regionen: einem Feuchtgebiet mit einer hohen Wildvogelpopulation und einem Trockengebiet mit geringer Vogeldichte. Die Ergebnisse zeigten höhere Expositionsraten in der Feuchtgebietsregion. Hervorzuheben ist, dass es keine Berichte über frühere Ausbrüche von Atemwegserkrankungen bei den Pferden gab, was darauf hindeutet, dass die Infektionen asymptomatisch übertragen wurden.
Diese Ergebnisse bestätigen, dass sich die Vogelgrippe auf andere Arten, einschließlich Pferde, ausbreiten kann. Während die Pferdeinfluenza typischerweise durch den Subtyp H3N8 verursacht wird, zeigt der Nachweis von H5N1, dass die Vogelgrippe auch Pferde infizieren kann.
Die Studie gibt Anlass zur Sorge hinsichtlich einer Übertragung zwischen verschiedenen Arten, insbesondere in landwirtschaftlichen Umgebungen, in denen Pferde infiziertem Vieh ausgesetzt sein können. Seit März 2023 breitet sich die H5N1-Grippe bei Milchkühen in mehreren US-Bundesstaaten rasant aus. Beunruhigend ist, dass 30 % der weltweiten Pferdepopulation in Nordamerika leben und viele Pferde in landwirtschaftlichen Betrieben wahrscheinlich mit H5N1-infizierten Tieren in Kontakt kommen.
Darüber hinaus ist bereits bekannt, dass Pferde das Virus H3N8 übertragen. Da nach der vorliegenden Studie auch klar ist, dass sie ebenso mit der Vogelgrippe infiziert sein können, müssen diese Tiere überwacht werden, um einer Viruskombination mit unbekannten Folgen vorzubeugen, so die ForscherInnen.
Professor Pablo Murcia, Hauptautor der Studie vom MRC-University of Glasgow Centre for Virus Research, dazu: „Eine Grippe-Pandemie ist ein seltenes Ereignis. Pandemien wurden durch die Neuzusammenstellung von Viren verschiedener Spezies ausgelöst. Die Grippe-Pandemie 2009 beispielsweise wurde durch ein Schweinevirus verursacht, das genetisches Material von Vogel-, Menschen- und Schweinegrippeviren enthielt. Dies war das Ergebnis einer komplexen Reihe von Ereignissen, darunter Koinfektionen von Schweinen mit diesen verschiedenen Viren, gefolgt von natürlicher Selektion.“
Prof. Murcia weiter: „Auch Pferde haben ihren eigenen Grippestamm, die sogenannte Pferdegrippe, die in Nordamerika endemisch ist. Mit der raschen Ausbreitung der Vogelgrippe unter Rindern in den USA könnte die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Pferde mit infizierten Kühen in Kontakt kommen und dass sich Pferde sowohl mit Vogel- als auch mit Pferdegrippeviren infizieren. Dadurch erhöht sich das Risiko der Entstehung neuer Viren mit unbekannter Pathogenität, die möglicherweise nicht nur für Pferde, sondern auch für andere Säugetiere, einschließlich des Menschen, eine Bedrohung darstellen.“
Die AutorInnen empfehlen abschließend serologische Untersuchungen in Betrieben, in denen Pferde gehalten werden. Solche Studien würden ihrer Meinung nach die frühzeitige Erkennung von Viren unterstützen, ein umfassendes Bild der sich verändernden Ökologie von Vogelgrippeviren liefern und Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung des Auftretens von Grippe unterstützen.
Diese Studie unterstreicht die Notwendigkeit für:
– verbesserte Überwachung von Grippeinfektionen bei Pferden, insbesondere in Regionen mit hoher Wildvogeldichte oder signifikantem Kontakt mit infiziertem Vieh;
– verstärkte Biosicherheitsmaßnahmen zur Reduzierung der Übertragung zwischen Arten in landwirtschaftlichen Umgebungen;
– weitere Forschung zu den Mechanismen der Übertragung der Vogelgrippe und dem Potenzial für die Entstehung neuer Viren.
Hintergrund: Das Vogelgrippe-Virus H5N1 hat sich insbesondere in den letzten Jahren weltweit stark verbreitet – auch in Europa und Nordamerika – was bei Fachleuten zunehmende Besorgnis hervorruft, da das Virus sich auch unter Säugetieren ausbreiten kann. Im März 2024 berichteten US-amerikanische Gesundheitsbehörden, dass in Texas und Kansas weltweit erstmals A/H5N1 bei Milchkühen nachgewiesen wurde und dass es einen Übergang des Virus auf einen Menschen gab, der in der Folge daran verstarb. Zwar wurde bislang keine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung von H5N1 festgestellt, ForscherInnen zeigten sich jedoch angesichts der hohen Verbreitungszahlen alarmiert: Die Befürchtung ist, dass sich das Vogelgrippevirus mit einem Erreger der Humangrippe kreuzen und so eine neue weltweite Pandemie mit unabsehbaren Folgen auslösen könnte.
Die Studie „Evidence of Influenza A(H5N1) Spillover Infections in Horses, Mongolia" von Batchuluun Damdinjav, Savitha Raveendran, Laura Mojsiejczuk, Ulaankhuu Ankhanbaatar, Jiayun Yang, Jean-Remy Sadeyen, Munir Iqbal, Daniel R. Perez, Daniela S. Rajao, Andrew Park, Mafalda Viana und Pablo R. Murcia ist im Januar 2025 im Fachjournal ,Emerging Infectious Diseases' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.