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Hippologische Betrachtungen des Dr. K.: Klare Worte unter Pferdemenschen
08.03.2025 / News

Jeder Pferdemensch hat ein Recht auf klare und verständliche Aufklärung, auf exakte Auskunft über Erfolgs-Chancen von Behandlungen oder Klageabsichten – und ebenso ein Recht, auf Nachfrage seriöse Antwort zu bekommen.


Immer häufiger hört man in diesen Tagen, dass die so sehr in Mode gekommenen Einkäufe und Beratungen über „Internet“ nicht so verlaufen sind, wie der Besteller dies erwartet oder erhofft hatte – geradezu dramatisch – ja manchmal sogar tragisch – kann der Ausgang sein, wenn es sich beim „Kaufobjekt“ um Tiere – meist Pferde, Hunde oder Katzen – handelt, für deren Kauf – rückwirkend gesehen – kein einziges Argument gesprochen hat.

Ein Mensch geht, leider ganz allein,
Und kauft sich neues Schuhwerk ein.
Er tritt zu seinem spätern Schaden
Gleich in den nächsten besten Laden,
wo ihm ein milder Überreder
die Machart anpreist und das Leder.
Und schwörend, dass der Schuh ihm passe,
schleppt er sofort ihn an die Kasse.
Leicht ist es, Stiefel sich zu kaufen,
doch schwer, darin herumzulaufen.


Wie in allen seinen Werken bringt es Eugen Roth im Gedicht „Übereilte Anschaffung“ mit wenigen Worten auf den Punkt: Jeder Kauf sollte mit Vorbedacht und mit Berücksichtigung der Konsequenzen erfolgen; fehlt es Käufern an Fachwissen, ist es keinesfalls Schwäche, beratende Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ich bin sicher, dass es zu keiner Zeit die Möglichkeit zu so schneller Kommunikation gegeben hat (sieht man von Rauchzeichen und Busch-Trommeln mancher Ureinwohner ab)  – ein Segen – wenn die Mittel sinnvoll und mit Anstand genutzt werden; ein Fluch jedoch, wenn bewusster Missbrauch und verwerfliche  Absicht dahinterstecken – denn die vorschnelle und unüberlegte Botschaft oder Antwort über moderne Medien beraubt viele Menschen der Abkühlung, der Überlegung, der es bedurft hätte und die vonnöten war,  bevor ein Brief geschrieben, eine Mail verfasst und eine Telefonnummer gewählt worden wäre.
Aber selbst wenn Personen noch in altmodischer Art ruhig und gesittet – von Angesicht zu Angesicht - miteinander „reden“, ist, scheint es, dass Missverständnisse unvermeidbar sind.


Die Plattform www.pferderechtstag.de stellte in ihrer Aussendung von Ende Februar 2025 einen solchen Fall dar, der (obwohl es dabei um einen Hund ging) auch für Pferdeleute von Interesse ist:
Berichtet wird über einen Beschluss des OLG Dresden vom 06.01.2025 [4U 1192/24]: Ein Hund wurde operiert und überlebte diese Operation nicht, nähere Details über den Grund und das Risiko des Eingriffes werden nicht mitgeteilt. Die Tierärztin, die die Operation durchgeführt hatte, rief die Hundeeigentümerin an, erreichte sie jedoch nicht persönlich und sprach deshalb die Nachricht auf die Mailbox, dass der Hund gestorben ist und dass ihr dies „furchtbar leid“ tue; sie erklärte im Zuge dieser Mitteilung auch, worin die Behandlung bestanden hatte.

Die Hundeeigentümerin fasste diese Mitteilung als ein Schuldeingeständnis der Tierärztin auf; sie brachte in der Folge bei Gericht eine Schadenersatzklage wegen fehlerhafter tierärztlicher Behandlung ein. Obwohl bereits die unteren Instanzen erkennen ließen, dass der Klage kaum Erfolg beschieden sein würde, ging die Hundeeigentümerin (wohl nicht nur aus eigenem Antrieb) bis zum Oberlandesgericht. Der dort bestellte Sachverständige erläuterte in seinem „nachvollziehbaren und gut begründetem Gutachten“ [zit.], dass es keinerlei Belege auf einen Behandlungsfehler seitens der operierenden Tierärztin gäbe, vielmehr habe des Prozedere der gängigen chirurgischen Praxis und dem Niveau des Fachtierarzt-Standards entsprochen.
Das „Bedauern“ über den Tod des Hundes, das die Veterinärmedizinerin ausgesprochen habe, stelle kein Schuldanerkenntnis dar, hielt das OLG fest, überdies sei eine Sprachnachricht zu einem solchen Fall kein rechtlich wirksames Mittel.
Ein Bedauern über einen ungünstigen Behandlungsverlauf stellt per se noch kein Eingeständnis eines Behandlungsfehlers dar.

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Es gibt Menschen, zu denen auch ich mich zähle - die mit gewisser Sorge die regelmäßige Verwendung von sprachlichem Unfug und das Erscheinen (und Gottlob wieder Verschwinden) von „Modewörtern“ beobachten – mit Sorge deshalb, weil sprachliche Modeerscheinungen kaum je dazu beitragen, die Klarheit und Ausdruckskraft unserer Sprache zu schärfen; vielmehr ziehen nichts- oder allessagende Allerwelt-Ausdrücke in den täglichen Sprachbrei ein und werden – um modern und „up to date“ zu wirken – von erstaunlich vielen „Sprechern“ benützt, von Persönlichkeiten sogar, von denen man Kraft ihrer exzellenten Bildung und besonderen gesellschaftlichen Stellung Klarheit und Präzision im sprachlichen Ausdruck erwarten würde und könnte – der homo politicus ist ausdrücklich ausgenommen.
Schwammige, unüberlegte und unbedachte Ausdrucksweise ist – nachvollziehbar im späteren Bedauern „das war nicht so gemeint“ - meist der Quell und die Ursache für Streit und Hader.
Ein „neuer“ Modebegriff unserer Tage ist das Wort „komplex“ – also „vielschichtig; viele sehr verschiedene Dinge umfassend; zusammenhängend; in der ehemaligen DDR auch allseitig, alles umfassend“ (Duden: Das Fremdwörterbuch, Band 5, 1990)  
Im Rahmen von reitsportlichen TV – Übertragungen ist es üblich geworden, dass die am Austragungsort tätigen Entertainer (als Moderatoren oder Sportreporter sind diese Mikrophon-Artisten und Zungenkünstler wohl nur mehr in Einzelfällen zu bezeichnen) die Gladiatoren im Sattel „nach getaner Arbeit“ vor die Kamera holen; innerhalb von etwa 40 Minuten Sendezeit war kürzlich zu hören [zit.]:

– Das Nachgurten ist ein sehr komplexes Problem…
– Die Linie zwischen Hindernis 8 und 9 war sehr komplex…
– Die Turniervorbereitung ist sehr komplex….
– Meine Stute ist unter dem Sattel sehr komplex…
– Nachwuchsförderung ist sehr komplex…

Nun ja, dachte ich bei mir, Pferde sind nun einmal eben sehr komplex – und der korrekte und gekonnte Umgang mit ihnen ist „vielschichtig, in vielen Facetten zusammenhängend – und – viele, sehr verschiedene Dinge umfassend“ – es liegt im Vermögen und in der guten Absicht eines Jeden, darin ein komplexes Problem zu sehen, um den „Komplex Pferd“ zu verstehen.
 
Wenn jedoch das Wort „komplex“ nicht angebracht ist, weil eigentlich „kompliziert“ gemeint ist, dann ist ein „Aneinandervorbei-Reden“ gewünschtes oder beabsichtigtes Ergebnis – und wäre vermeidbar durch gezielte Nachfrage und dem Ersuchen um klare Auskunft.
Keine „person responsible“ sollte sich mit einem Wörterbrei abspeisen lassen, egal von wem – nicht von vermeintlich hippologisch Begnadeten, reiterlich Erleuchteten, rechtlich Versierten oder medizinisch Gesegneten.
Jeder Pferdemensch hat - in meinen Augen - ein Recht auf klare und verständliche Aufklärung, auf exakte Auskunft über Erfolgs-Chancen von Behandlungen oder Klageabsichten und ebenso ein Recht, auf Nachfrage seriöse Antwort zu bekommen; andrerseits darf sich dieses Recht kein Pferdemensch durch eigene Schuld beschneiden lassen, indem Vorgangsweisen vorschnell zugestimmt wird, die nicht verstanden wurden.
Umfassende, gründliche und Risikoeinschätzung nicht aussparende Aufklärung muss das Handlungsfundament unserer Zeit sein - das bedingt jedoch den Glauben und das Vertrauen zu echten und anerkannten Fachleuten – abseits von Halbgebildeten und Guru-haften Einflüsterern.
„Echte Fachleute“ – unabhängig von Geschlecht, Beruf oder Berufung sind in meinen Augen solche, die in verständlicher und einfacher Sprache das, was sie zu tun beabsichtigen, erklären können; Gefahr geht regelmäßig von all jenen aus, die dem „einfachen Pferdemenschen“ etwas nicht erklären können und wollen, weil „die Sache zu komplex oder zu kompliziert“ ist.

 

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Es war nicht das erste Mal, zwei gute Bekannte gingen einen Weg gemeinsam, die eine im Sattel ihres Pferdes, die andere zu Fuß daneben her. Das nicht sehr große, im Kaltblut-Typ stehende Pferd und die Fußgängerin konnten ihr Tempo gut aufeinander abstimmen, mit etwa 4-5 km/h war niemand behindert oder überfordert. Die Reiterin besaß ebenso Erfahrung mit Pferden wie ihre Begleiterin zu Fuß, die Strecke, die man zurückzulegen beabsichtigte, war bekannt; es versprach also, kurzweilig zu werden, bis die Beiden an einer Stelle ihres Weges ein Fahrzeug mit einem Anhänger ausmachten, auf den Holzscheite geladen wurden. Da diese Arbeiten mit Geräuschen verbunden waren, ersuchten die beiden Frauen durch Zuruf, die Arbeiter möchten doch, bitte, bis sie die Stelle passiert hätten, mit ihren Arbeiten aufhören.

Dieser Bitte kamen die beiden Männer nach. Als die Reiterin und neben ihr die Fußgängerin durch die Engstelle zwischen Fahrzeug und Anhänger auf einer Seite und einem Weidezaun auf der anderen Seite gingen, gab es ein Geräusch, das nach Ansicht der Reiterin (in der später vorgebrachten Klage) dadurch entstanden war, dass, sinngemäß:  die beiden arbeitenden Männer zu früh und ohne jedwede Rücksicht auf die Reiterin bzw. deren Pferd die lärmenden Verladearbeiten fortgesetzt haben. Als Folge dieser, von den beiden Arbeitern verursachten Lärmerzeugung erschrak das ansonsten ruhige Pferd, ging durch, stieß die zu Fuß gehende Begleiterin nieder und warf die Reiterin ab.
 
 
Die beiden Männer, welche der Beladetätigkeit nachgegangen waren, sahen sich plötzlich als Beklagte vor Gericht und bestritten die Behauptung der Klage.
Die Forderungen der klagenden Partei für Schadenersatz und Schmerzensgeld bewegten sich in beträchtlicher Höhe eines fünfstelligen Betrages und es hatte zunächst den Anschein, als könnte ein Vergleich im Bereich der Hälfte der Forderung erzielt und festgeschrieben werden. Der Vergleich erwuchs infolge eines Rückziehers der klagenden Partei jedoch nicht in Rechtskraft, weshalb das Verfahren fortgesetzt wurde, mit der Absicht, den ursprünglich geforderten, hohen Entschädigungsbetrag durchzusetzen.
Der bestellte Sachverständige führte an Ort und Stelle eine Vorfall-Rekonstruktion durch, die zutage brachte, dass die zu Fuß gehende Begleiterin der Reiterin am Beginn der Einengung des Weges zwischen dem Fahrzeug und dem Weidezaun den linken Trensenring und den Zügel ergriffen hatte und das Pferd hinter sich nachzog.

Schmerz an der Lade und im Kiefergelenk

 

 Quetsch-Effekt an Lippen und Mundschleimhaut

 

Kiefergelenk eines Pferdes

 

Hinten rechts: Geräuschentwicklung beim „Start“ zum Durchgehen

 

Zu diesem Zeitpunkt hat die Reiterin dieses schnarrende Geräusch von hinten gehört, das Geräusch kam plötzlich und war sehr laut. Es kam von hinten rechts. Links vor der Reiterin war ihre Begleiterin, die das Pferd geführt hat. Zugleich mit diesem plötzlichen Geräusch scheute das Pferd.

Die zu Fuß gehende Begleiterin schilderte als Zeugin die Situation so, dass sie jedenfalls im Bereich der Engstelle das Pferd hinter sich genommen hat und es an der Reittrense gehalten hat, als plötzlich von hinten ein Geräusch entstanden ist – sie hat dabei das Pferd an der Trense gehalten, dann ist das Pferd losgegangen.  Sie war sicher, in der Engstelle in den Trensenring gegriffen zu haben. Das erwähnte Geräusch konnte sie nicht den Arbeitern zuordnen, denn diese sind vom Holzstapel herunter und wieder hinauf; dabei entstanden keine auffälligen Geräusche. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie den Trensenring in der Hand.

Relevanz für das Gutachten:
Griff in den Trensenring, Auftreten des Geräusches und Losgehen des Pferdes werden als annähernd simultane Ereignisse geschildert.

Die Befunderhebung durch den bestellten Sachverständigen, an Ort und Stelle mit Rekonstruktion des gesamten Vorfalls mit dem Pferd ergab:

– Zwischen Weidezaun und KFZ mit Anhänger entstand eine Engstelle.

– Als sich die Klägerin und ihre Begleiterin (nunmehr als Zeugin) noch mitten in der Engstelle befanden, haben sie dann dieses schnarrende Geräusch von hinten gehört. …es war so ein kratzendes Geräusch, es war plötzlich und sehr laut. Es kam von hinten rechts.

– Links vor der Klägerin war die Zeugin, die das Pferd geführt hat. Durch dieses plötzliche Geräusch scheute das Pferd, die Zeugin hat noch versucht das Pferd am Trensenring zurückzuhalten.

– Das Pferd hatte davor überhaupt keine Auffälligkeiten gezeigt.

– Die Zeugin hat allerdings beim Vorbeireiten an dem Fahrzeug die Reittrense in den Händen gehalten, sie hing reflexartig an der Trense …. Die Reiterin hatte die Zügel angezogen. Es ist nur ein Zügel gerissen.

Die Begleiterin der Klägerin, nunmehr als Zeugin vom Sachverständigen ergänzend und informativ befragt, gab an:

– Das Pferd war nicht unruhig.
– Jedenfalls hat sie die Reittrense gehalten beim Vorbeigehen an dem Fahrzeug. Da hatte sie nämlich das Pferd hinter sich.
– Sie schätzte, dass die Engstelle eineinhalb bis zwei Meter breit war.
– Jedenfalls hat sie im Bereich der Engstelle das Pferd hinter sich genommen und an der Reittrense gehalten.
– Plötzlich kam es von hinten zu einem Geräusch.
– Sie hat das Pferd an der Trense gehalten.
– Es gab das Geräusch und dann ist das Pferd losgegangen.
– In diesem Zeitpunkt hatte sie den Trensenring in der Hand.
– Das Pferd ist immer Schritt gegangen.

 

 

Auftrag des Gerichts und Gutachten

1.    Wie hat sich der Unfall ereignet?
a.    Wurde das Pferd der Klägerin durch Geräusche, die die Beklagten im Rahmen ihrer damaligen Tätigkeit verursachten,
– erschreckt
– aufgescheucht
– gereizt, so dass es als Folge davon die Zeugin niederstieß und die Klägerin abwarf?
– Hätten die Beklagten bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen können, dass das Pferd infolge ihrer lärmenden Tätigkeiten zu einem schädigenden Verhalten veranlasst werden kann?
b.    War der Sturz der Klägerin eigenverschuldet?

Gutachten:
a.    Aus fachlicher Sicht ist kein, durch die Beklagten verursachtes Geräusch nachvollziehbar, das den Kriterien Reizen, Antreiben, Erschrecken oder Aufscheuchen zugeordnet werden könnte.
b.    Soweit nachvollziehbar, haben die Beklagten dem Wunsch der Klägerin, die Arbeiten vorübergehend einzustellen, für einen ausreichend langen Zeitraum entsprochen und somit durch gehörige Aufmerksamkeit kein schädigendes Verhalten durch das Pferd provoziert.
c.    Die Klägerin hat durch ein Verhalten, das nicht den üblichen Regeln der Reiterei entspricht, das nachfolgende Unfallgeschehen billigend in Kauf genommen.
Eine Grundregel für Reiter besteht nämlich darin, dass bei Erkennen einer möglichen risikoreichen Situation abgesessen werden muss. Ihrer eigenen Angabe zufolge war die Klägerin am Unfalltag körperlich sowohl in der Lage abzusitzen und 25 m später wieder aufzusitzen. Sie hätte ihr Pferd korrekt am nicht verhängten Zügel durch die Engstelle führen können. Da eine Widersetzlichkeit, Unruhe oder Nervosität des Pferdes nicht nachvollziehbar war und das Pferd im Schritt ging, wäre so ein sicheres Passieren der „Engstelle“ möglich gewesen. Die Klägerin hätte außerdem der Zeugin nicht gestatten dürfen, das Pferd am linken Zügel bzw. linken Trensenring zu ergreifen. Ist eine kritische Situation vorhersehbar, muss ein Halfter mit Führstrick mitgeführt werden, ansonsten darf eine Hilfsperson ein Pferd ausschließlich am Backenstück ergreifen und führen.
Das angesprochene „Geräusch“ ist mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Pferd selber verursacht worden: Geräusch und Durchgehen werden als (nahezu) simultane Ereignisse geschildert, andere Lärmquellen sind nicht nachvollziehbar und ein – schmerzbedingter - „spontan startender, beschlagener rechter Hinter-Huf“ kann der beschriebenen Geräuschqualität „von rechts hinten kommend“ fachlich zugeordnet werden.    Festzuhalten ist, dass mangels einer erkennbaren Unruhe, Nervosität oder Widersetzlichkeit oder Tempoerhöhung (aus dem Schritt) des Pferdes der grobe Griff in den linken Trensenring schmerzauslösend, somit kausal, jedoch  unnötig und im Ergebnis kontraproduktiv war und der Reiterin die Kontrolle über das Pferd entzog – einfaches „Voran-Gehen“ hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit genügt, um die „Engstelle“ problemlos zu durchmessen.

    Als Neben-Befund der Unfallrekonstruktion ist festzustellen, dass nicht das     Pferd, sondern die Klägerin und die Zeugin der „Engstelle“ beklommen gegenüberstanden.

 

Symbolfoto Dr. Kaun

2.    Haben die Beklagten das Pferd durch Antreiben und somit vorsätzliches Hetzen zur Schädigung veranlasst?

Gutachten:
Aus fachlicher Sicht sind keine aktiven Handlungen nachvollziehbar, die der obigen Fragestellung entsprechen.

3.    Haben die Beklagten das Pferd gereizt, sei es aus Mutwillen, Willkür oder sonstiger sachlich unberechtigter Einstellung oder durch ein sonstiges fahrlässiges Verhalten zur Schädigung veranlasst?

Gutachten:
Im Sinne der Fragestellung sind keine Kriterien nachvollziehbar, die diesen Punkten entsprechen würden.

4.    Bestand zwischen dem Verhalten der Beklagten und der Schädigung ein unmittelbarer und zeitlicher Zusammenhang?

Gutachten:
Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Verhalten der Beklagten und dem Durchgehen des Pferdes mit all seinen Folgen ist weder erkennbar noch nachvollziehbar.


5.    Hat die Klägerin für die entsprechende Beaufsichtigung des Pferdes gesorgt und war sie am Unfalltage körperlich in der Lage, mit dem Tier die Reitanlage zu verlassen?

Gutachten:
Die Klägerin hat der Zeugin nicht augenblicklich klar untersagt, das Pferd am Zügel bzw. Trensenring zu erfassen und hinter sich herzuziehen; spätestens als dies eintrat, hätte sie absitzen und das Pferd selber am Zügel führen müssen.
Ihrer eigenen Angabe zufolge hatte die Klägerin keinerlei gesundheitliche Einschränkungen für einen Ausritt oder im Gelände ab- und wieder aufzusitzen.


6.    Hat das Pferd bei der Annäherung an das KFZ-Zugfahrzeug der beklagten Partei ein Anzeichen von Unruhe gezeigt?

Gutachten:
Soweit nachvollziehbar zeigte das Pferd keinerlei Unruhe, war nicht auf die Beklagten fokussiert und ging einen ruhigen Schritt.


7.    Hat die Klägerin diese Unruhe erkannt, insbesondere hätte sie daraufhin einen alternativen Weg wählen können und müssen?

Gutachten:
Nach Mitteilung der Klägerin und der Zeugin war das Pferd (nicht einmal ansatzweise) unruhig. Als Alternative wird auf das bereits Gesagte – Absitzen und am Zügel vorbeiführen – verwiesen.


8.    War das Pferd für Ausritte ob des- behaupteten -schreckhaften und unberechenbaren Wesens völlig ungeeignet?

Gutachten:
Das bei der Befundaufnahme verfahrensgegenständliche Pferd ist weder schreckhaft noch nervös und ist deshalb innerhalb der üblichen und normalen Bandbreite von Pferdeverhalten einzuordnen. Das Erkenntnis des OGH, dass Pferde „unberechenbare und von ihren Trieben und Instinkten getriebene Lebewesen“ sind, hat sich verwirklicht, indem das Pferd auf grobe und schmerzhafte Behandlung arttypisch durch „Flucht“ reagierte.

Auf Grund des erstatteten Gutachtens zog die klagende Partei die Klage zurück.  


Ein Mensch, der sich ein Schnitzel briet,
bemerkte, dass ihm das missriet.
Jedoch, da er es selbst gebraten,
tut er, als wär` es ihm geraten,
und um sich nicht zu strafen Lügen,
isst er´s mit herzlichem Vergnügen.

Einem eigenen Fehler mit Großmut und Gelassenheit zu begegnen, hat in diesem Gedicht der Lyriker Eugen Roth wohl meisterhaft dargelegt.

Eugen Roth (* 24. Januar 1895 in München; † 28. April 1976 ebenda) war ein deutscher Lyriker und populärer Autor meist humoristischer Verse. Mit seinen heiter-nachdenklichen „Ein Mensch“-Gedichten und Erzählungen gehört er zu den meistgelesenen Lyrikern im deutschsprachigen Raum (Wikipedia)

 

Gutachten, Entscheidungen, Patientenberichte, PPTs, Bilder und Lichtbilder, Grafiken sowie Literatur stammen aus dem Privatarchiv und ex libris Dris. Kaun.

Meine Aufsätze, Publikationen, Betrachtungen und Kommentare zur Klinisch angewandten, forensischen und ethischen Hippologie stellen, wenn nicht anders gekennzeichnet, meine persönliche Meinung dar und sollen Pferdeleuten unserer Tage zur persönlichen Orientierung und helfen und dienen.
Personen aus dem kommerziellen Umfeld der Pferdewelt (Veranstalter von Kursen und Lehrgängen, Autoren, Publizisten, Sachverständige oder Rechtsberufe) mögen die von Anstand und gutem Benehmen diktierte Regel, nicht zu stehlen, respektieren und deshalb Quellen gemäß der Zitiervorschriften benennen.
Sollten Leser meiner Schriften Einzelnes vertiefen wollen, so kann – unter den angeführten Bedingungen – aus dem reichen Fundus der Downloads von Unv. Lektor VetRat Mag. et Dr. med. vet. Reinhard Kaun auf www.pferd.co.at geschöpft werden – auch persönliche Kontaktaufnahme unter tierarztdr.kaun@pferd.co.at ist möglich – in sozialen Medien wird nicht verkehrt.   

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