Er hat Österreichs Pferdeszene über viele Jahrzehnte tatkräftig mitgestaltet und dabei in vielen Bereichen Pioniertaten gesetzt: Der Tierarzt, Sicherheitsexperte und gerichtlich beeidete Sachverständige Dr. Reinhard Kaun feiert seinen 80. Geburtstag – wir gratulieren herzlich!
Gewiss gibt es nur wenige, die auf ein so reichhaltiges, bewegtes und arbeitsreiches Leben zurückblicken können: Wie kaum ein anderer hat Dr. Reinhard Kaun die Entwicklung der österreichischen Pferde- und Pferdesportszene in den letzten fünf Jahrzehnten geprägt und tatkräftig mitgestaltet, hat auf vielen Fachgebieten Akzente gesetzt und Spuren hinterlassen. Die Liste seiner Leistungen und Meriten ist nahezu unübersehbar – und auch, wenn es pathetisch klingen mag, darf man mit Fug und Recht sagen, dass er sein Leben in den Dienst des Pferdes und des Pferdewohls gestellt hat, und das mit Konsequenz und Entschiedenheit.
Reinhard Kaun wurde am 18. März 1945 in Markt St. Florian bei Linz geboren und studierte – nach Volksschule und Realgymnasium – an der damaligen Tierärztlichen Hochschule (heute Vetmeduni Vienna) in der Linken Bahngasse im 3. Wiener Gemeindebezirk, wo er 1970 zum Dr. med. vet. promovierte.
Promotion zum Doktor der Veterinärmedizin (Wien 1970): Promotor Univ. Prof. Dr.med., Dr. med. vet. Otto Überreiter, der begnadete Chirurg und Augenspezialist und hochgeschätzte Universitätslehrer.
Nach zweijähriger Tätigkeit beim Aufbau des ersten privaten Tiergesundheitsdienstes einer Hamburger Firma in Linz machte er sich als freiberuflicher Tierarzt im Salzkammergut selbstständig und spezialisierte sich bald auf Kleintiere und insbesondere Pferde. Sein spezielles Interesse galt dabei physikalischen und naturheilkundlichen Methoden, was dazu führte, dass rasch der „austherapierte“ Patient im Fokus stand – neue und in der Veterinärmedizin noch unbekannte Therapiemethoden fanden Eingang in die Pferdemedizin. Neben der Kleintierklinik in Altmünster führte Dr. Kaun in Pinsdorf bei Gmunden das Pferdespital PRO EQUO, wo auch ein Fortbildungszentrum für Pferdeleute betrieben wurde.
Georgiritt Micheldorf: Albert Pointl, Hans Wolf, Reinhard Kaun
Anfang der achtziger Jahre kam Kaun, der schon im Reitsport ein breites Aufgabengebiet gefunden hatte, durch Pferdeleute wie Ewald Welde, Helmut Kolouch, Albert Pontl und speziell DI MMag.DDr. Rudolf Rautschka zum gerade wieder aufblühenden Fahrsport, wo er im Aufbau einer geregelten, turniertierärztlichen Betreuung und einer strikten Dopingkontrolle eine wichtige Aufgabe sah und auch ausfüllte.
Mit der Gründung der Austrian Driving Society im Jahr 1985 fügte Dr. Kaun mit namhaften Pferdemenschen wie w.HR Dr. Heinrich Lehrner, KR Sepp Michelfeit, w.HR Dr. Georg Kugler, Hans A. Krasensky, Ewald und Milos Welde sowie DDr. Rautschka uva. eine Gruppe von Persönlichkeiten zusammen, die mit dem Stil und der Elegancè des österreichischen Fahrsports ein Pendant zum Niedergang dieser Werte im Turniersport schufen und dies in einer Reihe viel beachteter Concours d'Elegance, Villen- und Schlösserfahrten und anderer kultureller Veranstaltungen demonstrierten, bei denen neben den bereits Genannten unter anderem Namen wie Alexander Graf Mensdorff-Pouilly, Antal Graf Szechenyi, Graf von der Schulenburg und Sir John Miller – der damalige Stallmeister der englischen Königin - auf der Teilnehmerliste standen.

Gründungsvorstand der Austrian Driving Society (vl): Hans A. Krasensky, Ing. Wilfried Past, Ewald Welde, Charly Iseli, DI Peter Höppler, w.HR Dr. Heinrich Lehrner (Gründungspräsident) w.HR Dr. Georg Kugler, KR Sepp Michelfeit, Dr. Reinhard Kaun (Gründungsgeneralsekretär).
Zusammen mit Dr. Rautschka und dem Nestor der österreichischen Pferdetierärzte, w. HR Dr. Eberhard Zach wurde die tierärztliche Turnierbetreuung im Jahre 1984 auf internationales Niveau gehoben, nachdem Kaun von der Federation Equestre Internationale zum „offiziellen Tierarzt der FEI“ bestellt worden war.
Dr. Kaun hatte mittlerweile die Ausbildungen zum „Richter für Gespann-Prüfungen“ auf nationaler und internationaler Ebene in Windsor (GB) und Szilvasvarad (H) abgeschlossen, als er dann in den neunziger Jahren auf höchster tierärztlicher Funktionärsebene Europa- und Weltmeisterschaften begleitete.
Für dieses Engagement wurde ihm – auf Initiative von w.HR Dr. Eberhard Zach – vom österreichischen Bundespräsidenten im Jahre 1999 der Berufstitel „Veterinärrat“ verliehen; bereits 1990 war er von der Tierärztekammer als „Fachtierarzt für Pferde“ installiert worden.
Ernennung zum „Veterinärrat“ durch den Bundespräsidenten – Überreichung des Dekretes durch den LH von OÖ, Dr. Josef Pühringer
Ende 1989 begann sich ein neues, zusätzliches Arbeitsfeld aufzutun, das bis heute zur großen Leidenschaft Kauns zählt: die Arbeit als Gerichtsgutachter. Auf Grund des großen Beeidungsumfanges und seiner Fokussierung auf Forensik wurde und wird er nach wie vor bei Rechtsstreitigkeiten Österreichweit und im benachbarten Ausland von Gerichten als Sachverständiger bestellt.
Im Jahre 1995 entwickelte Reinhard Kaun das Konzept zur Ausbildung von Pferdesanitätern, also einer Ausbildung von Laien zum raschen Erste Hilfe Einsatz bei Notfällen mit Pferden. Bis zum Jahre 2014 wurden insgesamt österreichweit über 1000 Personen ausgebildet, viele davon von Kaun persönlich in seinem Pferdespital PRO EQUO.
Eine der ersten Notfallübungen 1996 mit der FF Wiesen.
Dieser Ausbildungsmodus führte zur engen Zusammenarbeit mit Feuerwehren und Rotem Kreuz, die bis heute, auch unter dem neuen Ausbildungsleiter Dr. Andreas Sendlhofer (Klagenfurt)anhält und gepflegt wird.
In logischer Folge und nach dem Vorbild der Humanmedizin etablierte Dr. Kaun 2005 die Ausbildung zum Fire & Emergency VET, eine Weiterbildung für Tierärzte in den Belangen von Equine Emergency Care, sowie des Notfall- und Katastrophenmanagements. Bedauerlicherweise ist eine Weiterführung dieser Ausbildungsschiene im Sinne des Gründers nach 2013 nicht gelungen.
Speziell das Gebiet der forensischen Veterinärmedizin und die Zusammenarbeit mit Ermittlungsorganen der Polizei und der Kriminalämter war und ist Dr. Kaun ein großes Anliegen, wobei der Fokus auf Missbrauch von Tieren, illegalem Tierhandel, Tierquälerei und Versicherungsbetrug liegt.
Im Zuge einer mittlerweile bald 40 Jahre währenden Tätigkeit als Gerichtsgutachter, wobei der Themenkreis rund ums Pferd einen gewichtigen Teil der Gutachtensaufträge darstellte, etablierte Dr. Kaun Anfang des Jahres 2018 mit einer gleichnamigen Publikation den Begriff der „Forensischen Hippologie“ als Spezialfach der Pferdewissenschaften, mit dem Ziele, die Jahrtausende alte „Lehre und Wissenschaft vom Pferde“ gerichtsverwertbar in den juridischen Alltag unserer Zeit einzuführen, also aus Befund & Wissenschaft Schlüsse zu ziehen, die zu lebensnahen Gerichtsentscheidungen führen können. Vor allem sollte, so Dr. Kaun, „mit diesem Schritt auch der Wildwuchs an Pseudo-Hippologen eingedämmt werden, die ohne wesentliche Eigenerfahrung ihr Wissen am Schreibtisch ausbreiten und aus Tertiärliteratur oder fragwürdigen Gurus beziehen."
Befunderhebung bei einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Betrug und Tierquälerei.
Nicht unerwähnt bleiben darf auch seine umfangreiche publizistische Tätigkeit – Dr. Kaun ist Autor von Fachartikeln in nationalen und internationalen Pferdezeitschriften und Medien von Blaulichtorganisationen, und auch unser bescheidenes Fachforum ProPferd schätzt sich glücklich, ihn seit vielen Jahren als ständigen Autor gewonnen zu haben.
Dafür – und für vieles andere – ein großes und aufrichtiges Dankeschön: Alles Gute – ad multos annos, lieber Hr. Dr. Kaun!