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Mitreiter gesucht: 10 wichtige Punkte bei Reitbeteiligungen
09.03.2015 / Wissen

Eine Reitbeteiligung ist eine schöne Sache – doch bei Minderjährigen muss ein Mitreiter-Vertrag von den Eltern genehmigt und unterschrieben werden.
Eine Reitbeteiligung ist eine schöne Sache – doch bei Minderjährigen muss ein Mitreiter-Vertrag von den Eltern genehmigt und unterschrieben werden. / Foto: Simone Aumair
Vertrag Mitreiter.pdf

Eine Reitbeteiligung bzw. Mitreitgelegenheit ist prinzipiell eine feine Sache – vorausgesetzt, man klärt die wesentlichen Fragen schon im Vorfeld. ProPferd-Mitarbeiterin Mimi Skolud hat sie zusammengestellt.

 

Eine Mitreitgelegenheit bedeutet, dass der Pferdebesitzer dem Mitreiter die Benützung seines Pferdes (entgeltlich) gestattet. Um beide Seiten – Mitreiter und Besitzer – abzusichern, ist es in jedem Fall ratsam, diese Vereinbarung in Form eines schriftlichen Vertrages abzuschließen und nicht auf Handschlagqualität zu vertrauen, so kann man etwaigen Missverständnissen und Streitigkeiten vorbeugen. Speziell dann, wenn sich Besitzer und Mitreiter vorher schon besser kennen, wird die Notwendigkeit eines schriftlichen Vertrages häufig unterschätzt. Halten Sie daher soviele Details wie möglich schriftlich fest – denn rein theoretisch kann jeder nicht ausdrücklich geklärte Punkt später Anlass für Meinungsverschiedenheiten und sogar gerichtliche Auseinandersetzungen sein.

1. Aufs ABGB achten
Vor dem Gesetz ist ein Mitreitvertrag grundsätzlich als Mietvertrag zu werten, er enthält aber auch Elemente eines Verwahrungs- bzw. Obsorgevertrages. Das bedeutet aber auch: Wenn keine anderweitigen Bestimmungen vereinbart wurden, kommt der Inhalt des ABGB über Miete bzw. Pacht von beweglichen Sachen zum Einsatz – schon allein aus diesem Grund sollte man z. B. Dinge wie ,Weitervermietung‘ (siehe Punkt 3) oder auch ,Kündigungsfrist‘ (siehe Punkt 4) jedenfalls vertraglich regeln, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Zudem ist es ratsam, eine sogenannte „Schriftlichkeitsklausel“ zu vereinbaren: Diese besagt im Wesentlichen, dass Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen – und nicht  mündlich verfügt werden dürfen.
Wie bei anderen Mietverträgen ist es empfehlenswert, den Vertrag mindestens in doppelter Ausführung zu unterfertigen, so dass sowohl der Besitzer als auch der Mitreiter ein Exemplar bei sich aufbewahren kann. Eine notarielle Beglaubigung der Unterschriften ist jedoch nicht notwendig.

2. Nutzung des Pferdes
Es sollte unbedingt klar vereinbart werden, wann und wie oft der Mitreiter das Pferd nutzen darf (z. B.: an drei Tagen in der Woche). Hier sollte natürlich eine Zeitangabe gewählt werden, die der Mitreiter auch tatsächlich einhalten kann und will. Ebenfalls ist es notwendig, den Umfang der Nutzung zu klären: Darf das Pferd nur in der Reitbahn geritten werden, aber nicht im Gelände, darf der Mitreiter auf Turnieren starten etc. Natürlich ist auch die Person, die das Pferd nutzen darf anzugeben bzw. gegebenenfalls auszuschließen, dass jemand außer der befugten Person das Pferd pflegen, reiten o. ä. darf (genaueres dazu siehe nächster Punkt). Schlussendlich muss auch die finanzielle Seite definiert werden, wobei verschiedene Varianten denkbar sind: Entweder man vereinbart einen fixen monatlichen Betrag für die Reitbeteiligung – oder eine Beteiligung in einem bestimmten Verhältnis an den anfallenden Kosten (wobei unbedingt festzuhalten ist, an welchen Kosten genau – z. B. 30 % der Einstellgebühr, 50 % der Hufschmiedekosten etc.). Auch Mischformen sind möglich – also z. B. ein monatlicher Fixbetrag plus 50 % der Hufschmiedekosten. Prinzipiell darf der ,Preis‘ einer Reitbeteiligung nur im Einvernehmen verändert werden oder wenn eine diesbezügliche Klausel (Wertsicherung, Anpassungklausel an sonstige variable Kosten wie z. B. Einstellgebühr, Futter etc.) vereinbart wurde. Auch hier gilt: lieber jede Kleinigkeit im Vertrag vorher festhalten, als später streiten!

3. Weitervermietung
Ein Horror-Szenario für jeden Pferdebesitzer ist folgender Punkt: Laut ABGB § 1098 sind die Mieter und Pächter berechtigt „die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand (= Untermiete bzw. -pacht) zu geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrag nicht ausdrücklich untersagt worden ist“. Das heißt, es muss ausdrücklich im Vertrag untersagt sein, dass der Mieter das Pferd untervermieten darf, bzw. sich der Vermieter das Recht vorbehält, die Personen, die sein Pferd reiten dürfen, selbst auszuwählen. Ansonsten wird es für den Eigentümer schwer, einen etwaigen Untermieter los zu werden.

4. Kündigung/Auflösung
Ein weiterer „Gefahrenpunkt“ ist die Kündigungsfrist. Das ABGB § 1116 schreibt nur eine 24-stündige Kündigungsfrist für bewegliche Sachen (in diesem Fall das Pferd) vor. Dies ist jedoch für beide Seiten sehr kurz anberaumt. So muss dem Besitzer die Möglichkeit gegeben werden, sich einen neuen Mitreiter zu suchen. Umgekehrt muss dem Mitreiter die Gelegenheit geboten werden, ein neues Mitreitpferd zu finden. So sollte man im Vertrag dezidiert eine Kündigungsfrist und -termin abklären (z. B.: ein Monat, kündbar immer auf das Monatsende).
Andererseits ist es ebenfalls ratsam, im Vertrag Auflösungsgründe festzuhalten, damit der Besitzer im Falle schwerer Vertragsverstöße (z. B.: grob unleidliches Verhalten des Mitreiters gegenüber dem Vermieter, tierschutzwidriges Verhalten) die Möglichkeit hat, das Mitreit-Verhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden.
Stirbt das Pferd, endet das Mitreitverhältnis damit automatisch. Falls aber der Eigentümer sein Pferd veräußert, so übergibt er auch seinen Mitreiter an den neuen Besitzer! Dieser kann das bestehende Vertragsverhältnis innerhalb von 24 Stunden (siehe oben) auflösen. Es sei denn, dass eine andere Kündigungsfrist vereinbart wäre.

5. Haftpflicht
Weiters sollte vertraglich geregelt werden, was bei Unfällen mit dem Pferd geschieht. Hier ist es vorrangig wichtig, eine Haftpflichtversicherung zu haben bzw. mit dieser auch das Mitreiterrisiko abzudecken – d. h. die Versicherung gilt dann sowohl für den Besitzer als auch für den jeweiligen Mitreiter. Der Mitreiter ist auf jeden Fall über eine bestehende Haftpflichtversicherung und deren Umfang aufzuklären!
Grundsätzlich ist es so, dass Schäden, die ein Mitreiter durch das Pferd erleidet oder die das Pferd in Obhut des Mitreiters verursacht, in die Haftung des Pferdehalters einfließen – also von der Haftpflichtversicherung abgedeckt sind. Daher ist es BESONDERS wichtig, ein Fremd-, Gast- und Mitreiterrisiko mitzuversichern und die Anzahl der Mitreiter anzugeben. Sollte der Mitreiter mit dem Pferd grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich handeln (z. B. willkürlich durch ein erntereifes Weizenfeld zu reiten), ist für den Mitreiter Vorsicht geboten. Die Haftpflicht des Pferdebesitzers übernimmt zwar die Kosten für den Schaden, es ist aber möglich bzw. sogar wahrscheinlich, dass die Versicherung im nachhinein beim Mitreiter regressiert – d. h. sich das Geld von ihm zurückholt!

6. Haftungsausschluss
Es ist möglich und auch empfehlenswert, einen Haftungsausschluss zu vereinbaren. Ein Haftungsausschluss ist prinzipiell aber nur zwischen zwei Konsumenten (Privatpersonen) möglich, nicht zwischen Konsument und Unternehmer (z. B. Züchter, Reitstallbesitzer etc.). Legt man einen Haftungsausschluss schriftlich fest, bedeutet das, dass der Mitreiter bei etwaigen durch das Pferd verursachten Schäden (ausgenommen gesundheitliche, körperliche Schäden), die nicht durch die Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt werden, darauf verzichtet, gegenüber dem Besitzer Ansprüche zu stellen.

7. Rund um die Gesundheit
Der Paragraph 1096 ABGB besagt, dass Mietgegenstände „im brauchbaren Zustand“ übergeben und erhalten werden müssen. Wenn dies nicht der Fall ist, so muss der Mieter während der Dauer der Unbenützbarkeit keinen Mietzins leisten. Stürzt also das Pferd bei einem Ausritt mit dem Besitzer und ist danach vier Wochen lahm, hat der Mitreiter keine Zahlungspflicht. Allerdings kann dies im Vertrag durchaus anders vereinbart werden – z. B. dass der Mitreiter trotz Lahmheit einen Teil der Miete zahlen muss.
Dem Gesetzestext nach, müsste der Mitreiter prinzipiell für Stallgebühr, Tierarzt und Hufschmied etc. aufkommen (ABGB § 1099: „Bei Vermietungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermieter.“). Doch wie anfangs erklärt wurde, ist der Vertrag kein reiner Mietvertrag und daher ist die Situation beim klassischen „Mitreit-Verhältnis“ oft anders. Dies muss jedoch – wie schon gesagt – genau vertraglich geregelt werden, sonst tritt das ABGB in Kraft. In der Praxis wird es häufig so gehandhabt, dass Mitreiter nur einen Beitrag für die Nutzung zahlen – Kosten für Hufschmied, Tierarzt etc. aber zu Lasten des Besitzers fallen, dies kann aber je nach Wunsch von Besitzer und Mitreiter auch anders vereinbart werden.

8. Eigenheiten & Unarten
Es ist sowohl im Interesse des Besitzers, als auch des Mitreiters, über Eigenheiten und Unarten des Pferdes Bescheid zu wissen und auch im Vertrag festzuhalten – z. B., dass das Pferd sich vor Hunden fürchtet oder vor Traktoren die Flucht ergreift. Der Besitzer hat eine Warn- und Aufklärungspflicht gegenüber dem Mitreiter. Sollte diese Pflicht verletzt werden, ist der Mitreiter allenfalls berechtigt, den Vertrag aufzuheben. Hat der Besitzer verabsäumt, den Mitreiter über z. B. Buckeln, Steigen oder Durchgehen zu informieren und der Mitreiter verunglückt mit dem Pferd, kann der Besitzer außerdem schadenersatzpflichtig sein.

9. Zubehör
Wenn der Mitreiter das Zubehör schuldhaft beschädigt, so muss er für den Ersatz aufkommen. Beim ganz normalen Verschleiß, dem z. B. Sattel, Zaum etc. ausgesetzt sind, muss der Eigentümer dafür die Kosten übernehmen. Es sei denn, es wurde im Vertrag anders vereinbart.

10. Unter 18?
Um den Reiterpass zu erlangen, muss der Reiter mindestens acht Jahre alt sein. Um Mitreiter bei einem Pferd zu werden, ist der Reiterpass rechtlich nicht erforderlich aber dringend anzuraten. Der Reiterpass gilt als Nachweis, dass man fähig ist, ein Pferd im Gelände unter Kontrolle zu haben. Allerdings: Eltern haften für ihre Kinder d. h. bei Abschluss eines gültigen Vertrages muss dieser von den Eltern genehmigt und unterfertigt werden! Weiters ist bei Minderjährigen insgesamt eine erhöhte Sorgfaltspflicht anzuwenden!
Lassen Sie sich durch die Dinge, die es im Vorhinein zu beachten und klären gibt, nicht abschrecken. Ist alles vertraglich gut geregelt, ist die Mitreitgelegenheit ein wunderbares Konstrukt, dass sowohl für die Besitzer als auch für die Mitreiter von großem Vorteil ist!

Wir bedanken uns bei Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner (www.dierechtsanwaelte.com) für die juristische Unterstützung!


Checkliste
Wichtige Punkte für Vermieter/Besitzer
– Gegen Untervermietung absichern
– Kündigungsfrist festlegen – Pferdehalterhaftpflichtversicherung mit Mitreiter-/Fremdreiterrisiko abschließen
– Mustervertrag benützen
– Schäden an Zubehör im Vertrag absichern

Wichtige Punkte für Mieter/Mitreiter
– Reiterpass sollte vorhanden sein
– Wenn unter 18, müssen die Eltern das Rechtsgeschäft genehmigen
– Musterverträge benützen*

* Einen von Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner entworfenen Mustervertrag zum Thema Reitbeteiligung finden Sie auf dieser Seite zum Download (siehe oben).

 

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