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Lamas und Alpakas zur Wolfabwehr: Weidepartner mit Beschützerinstinkt
26.08.2020 / Wissen

Was viele nicht wissen: Lamas und Alpakas haben eine angeborene Abneigung gegen Hunde – und werden daher in vielen Ländern zum Schutz vor Wölfen eingesetzt.
Was viele nicht wissen: Lamas und Alpakas haben eine angeborene Abneigung gegen Hunde – und werden daher in vielen Ländern zum Schutz vor Wölfen eingesetzt. / Foto: Archiv Martin Haller

Ein Schafbauer aus Tirol setzt seit kurzem auf einen Herdenschutz besonderer Art: Anstelle von Hunden sollen zwei Lamas seine Tiere vor Wolfattacken schützen – eine Idee, mit der er sich bei Kollegen nicht unbedingt beliebt macht, die aber funktionieren könnte und sogar für Pferdebetriebe eine Überlegung wert wäre.

 

Bereits vor einiger Zeit haben wir darüber berichtet, dass sich die aus Südamerika stammenden Lamas und Alpakas hervorragend als Weidepartner für Pferde eignen, mit denen sie sich – nach einer gegenseitigen Gewöhnungsphase – glänzend verstehen und problemlos halten lassen. Längst sind die bisweilen exotisch anmutenden Neuweltkameliden auch in unseren Breiten populär geworden und haben sich einen fixen Platz als Haustiere bzw. Nutztiere mit vielfältigen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten erobert: Neben der Grünlandpflege werden Lamas und Alpakas vorwiegend zur Zucht sowie als Trekkingtiere für Lama- und Alpaka-Wanderungen eingesetzt. Auch in der tiergestützten Therapie leisten sie unschätzbare Dienste – ihre sanften Augen und das weiche Fell sprechen vor allem Kinder positiv an. Und so ganz nebenbei lässt sich aus ihrem Fell hochwertige Wolle gewinnen, aus der sich eine Vielzahl von Produkten herstellen lässt – von Thermo-Schuheinlagen bis zu Bettdecken-Füllungen.

Die beiden Rassen werden alle Jahre geschoren, sind relativ robust und erfordern nur geringen Aufwand in Haltung und Pflege. Sie begnügen sich mit einem einfachen Offenstall und Weidegang, sowie etwas Heu und Stroh. Die Hufnägel müssen regelmäßig beschnitten werden, Wurmkuren und Impfungen entsprechen etwa jenen bei Pferden. Die vorgeschriebenen Mindestflächen für Stall, Auslauf und Weide sind beim Verein LARA (Lama-Alpaka Register Austria, www.lamas.at) zu erfragen; sie richten sich nach der 1. Tierhaltungsverordnung.

Neuweltkamelide sind noch stärker als die echten Kamele geneigt, sich bei Stress oder (vermeintlicher) Gefahr durch gezieltes Spucken zu wehren. Das tun sie sowohl Artgenossen als auch artfremden „Gegnern“ gegenüber. Man tut also gut daran, sich ihnen ruhig und freundlich zu nähern und sie nicht zu erschrecken. Mit Pferden kommen sie gut aus, allerdings brauchen diese immer eine kontrollierte Gewöhnungsphase, denn Pferde sind allen Kamelen gegenüber meist misstrauisch. In Weidegesellschaft geschieht es oft, dass die Lamas innerhalb der gemischten Herde rasch an die Spitze der Rangordnung steigen. Als Zaun genügt meist ein ca. 130 cm hoher, einwandfreier E-Zaun mit fünf Lagen, Stacheldraht ist ebenso wie beim Pferd verboten.

Lamas als Wolfabwehr
Das Pilotprojekt des Tiroler Landwirts Thomas Schranz, über das vor kurzem der ,Standard’ berichtete, weist auf eine weitere nützliche Eigenschaft der Neuweltkameliden hin, die bislang nur wenigen Eingeweihten bekannt war: Lamas und Alpakas haben eine natürliche Abneigung gegen Hundeartige – und stellen sich ihnen mit erstaunlicher Wehrhaftigkeit und sogar Aggressivität entgegen. Diese Eigenart hätte noch vor einigen Jahren wenig Beachtung gefunden hätte – doch die zunehmende Ausbreitung des Wolfs und die sich häufenden Berichte über Angriffe auf heimische Nutztiere – insbesondere Schafe und Ziegen – haben die Dinge gründlich geändert, und so setzt der Tiroler Thomas Schranz als einer der ersten in Österreich seine zwei Lamas Heidi und Peter zum Herdenschutz für seine Schafe ein, um sie vor den Attacken umherstreifender Wölfe zu schützen.

Schranz plädiert für Herdenschutz statt Wolfabschuss, um es plakativ zu sagen – eine Forderung, die seit vielen Jahren auch der Verein ,CHWOLF’ in der Schweiz erhebt und sich aus diesem Grund auch gegen das geplante neue Schweizer Jagdgesetzt ausgesprochen hat, über das am 27. September 2020 abgestimmt wird. Denn auch in der Schweiz geht – ebenso wie in Deutschland und Österreich – der Zeitgeist eher in eine andere Richtung: Immer mehr Landwirte und Viehhalter sprechen sich für ein schärferes Vorgehen gegen die wachsenden Wolfpopulationen aus und fordern einen größeren gesetzlichen Spielraum, um Problemwölfe rascher und leichter ,entnehmen’ – sprich: abschießen zu können.

Auch in Tirol wird diese Forderung immer lauter – und findet innerhalb der Landwirtschaft immer mehr Anhänger: Thomas Schranz gilt vielen als „Nestbeschmutzer“, weil für ihn der Herdenschutz der einzig gangbare Weg ist – dafür setzt er neben zwei imposanten Kangals auch seine Lamas ein, um neue Wege im Herdenschutz aufzuzeigen und auf alternative Lösungen hinzuweisen. Denn immer wieder kommt es zu Zwischenfällen mit Herdenschutzhunden auf Almen, etwa mit Mountainern und Wanderern, die selbst Hunde mitführen. Lamas und Alpakas wären eine weitgehend risikolose und für den Menschen ungefährliche Alternative.

Erfahrung aus anderen Ländern
Das weiß man in anderen Ländern übrigens schon länger: Schon vor einigen Jahren hat der Schweizer Bruno Horn eine umfangreiche Bestandsaufnahme über „Herdenschutz mit Lamas und Alpakas“ durchgeführt – und aufgezeigt, dass man etwa in den USA, Kanada oder Australien schon seit vielen Jahren auf die ,Bewachung’ von Nutztier-Herden durch die wehrhaften Neuweltkameliden setzt. In den USA etwa werden Lamas bereits seit den 1980er Jahren zum Schutz vor Kojoten, streunenden Hunden, Wölfen und anderen Wildtieren eingesetzt. Viele Beispiele und auch etliche systmatische Studien konnten dabei nachweisen, dass Lamas und Alpakas sehr zuverlässig vor Kojoten, Dingos, Wildhunden und Wölfen schützen – in den USA soll ein Lama sogar einen Bären so eingeschüchtert haben, dass dieser wieder ohne Beute abzog.

Detailliert hat Bruno Horn analysiert, worauf die Schutzwirkung von Lamas und Alpakas genau beruht: Dies sei auf ein „Zusammenspiel verschiedener Verhaltensweisen" zurückzuführen, so Horn – etwa darauf, dass „ein Wolf ein Opportunist ist. Dies ist seine Überlebensstrategie. Er setzt seine Kräfte vorsichtig ein und vermeidet wenn immer möglich Kämpfe, welche ihn schwächen würden. Das heisst: er holt sich sein Futter dort, wo es am Einfachsten, mit möglichst wenig Aufwand, erreichbar ist. Das sind in erster Linie junge oder alte und schwache oder kranke Tiere, welche nicht effizient flüchten können. Diese Verhaltensweise ändert sich, wenn der Hungerdruck zu gross wird: Je mehr Hunger er hat, desto mehr Energie wird er aufwenden und desto mehr Risiken wird er eingehen, um ans Futter zu kommen. Daraus folgt, dass es für uns wichtig ist, unsere Schafherden so zu schützen, dass es für den Wolf einfacher und sicherer ist, Wildtiere anstelle von Schafen zu jagen."

Diesen Verhaltensmustern aber entsprechen Lamas und Alpakas ganz und gar nicht, wie Bruno Horn weiter ausführt:

– Lamas sind gross und stolz, der Kopf ist weit oben verglichen mit einem Wolf. Dies wirkt grundsätzlich abschreckend

– Lamas sind neugierig. Anstatt davonzurennen gehen sie auf den Wolf zu. Diese Verhaltensweise ist für den Wolf neu und verunsichert ihn. Das Jagd- und Hetzverhalten, welches durch die flüchtenden Schafe ausgelöst wird, wird durch die Lamas unterbrochen.

– Lamas sind sehr herdentreu und omnipräsent. Sie sind überall, in der Herde, auf erhöhten Punkten mit guter Übersicht, am Patrouillieren. Dies ist ebenfalls eine Verhaltensweise, welche den Wolf verunsichert. Der Wolf, der sein Ziel vor dem Angriff immer über längere Zeit beobachtet, um die Risiken einzuschätzen und eine Strategie zu entwickeln, sieht die Lamas immer wieder an den unterschiedlichsten Orten, was es für ihn sehr schwierig macht.

– Bei Gefahr können Lamas Warnrufe ausstossen. Das können langanhaltende, durch Mark und Bein gehende Schreie sein. Dies ist eine weitere Verunsicherung des Wolfes.

– Und die letzte Stufe: Sie spucken und schlagen mit den Vorderläufen auf den Angreifer ein."

Die Schutzwirkung von Lamas und Alpakas bestehe darin vor allem in der abschreckenden Wirkung, die allein schon durch ihre Präsenz erreicht wird, es ist also größtenteils ein passiver Schutz. Aufgrund der Erfahrungen in den USA, Kanada und Australien sei die Chance groß, so Bruno Horn, dass Lamas und Alpakas auch vor dem Wolf einen guten Schutz bieten können – der Wolf sei zwar größer und schwerer als Kojote und Dingo, aber immer noch viel kleiner und leichter als das Lama, und er hätte eine ähnliche Jagdstrategie. Sein Fazit: „Lamas kosten einen Bruchteil eines Hundes, bescheren viel weniger Aufwand und Probleme in der Haltung und geniessen die höhere Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Hirten/Schafhaltern." Und – so darf man hinzufügen – wohl auch bei Pferdehaltern ...

Die Analyse „Herdenschutz mit Lamas und Alpakas" von Bruno Horn steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Kommentare

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1) Scvet: Geht s noch? Wie kann man solch einen ausreichend widerlegten Schwachsinn schreiben? Sollen jetzt zusätzlich zu Schafen, Pferden, Rindern auch noch ein paar Lamas verfüttert werden?
Montag, 25. März 2024
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