Vor allem im Herbst und Winter sorgen schlechte Sichtverhältnisse immer wieder für schwere Unfälle mit ReiterInnen im Straßenverkehr. Hier ein Überblick, welche gesetzlichen Vorschriften ReiterInnen auf öffentlichen Wegen einhalten müssen, um optimal sichtbar zu sein und somit das Unfallrisiko zu minimieren.
Speziell im Herbst und Winter sorgen die kürzeren Tage und die rasch hereinbrechende Dämmerung oft dafür, dass man sich bei einem Ausritt mit der Rückkehr in den Stall verschätzt und noch ein gutes Stück des Weges bei schlechten Sichtverhältnissen zurücklegen muss, oftmals ohne ausreichende Beleuchtung oder Kennzeichnung. Dies sind die gefährlichsten Momente eines Ausritts, denn bei Dämmerung und Dunkelheit gefährden unbeleuchtete ReiterInnen sich und ihre Pferde – und sind auch ein Risiko für andere Verkehrsteilnehmer, wie zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit zeigen.
Doch wie sieht – in Österreich ebenso wie in Deutschland – eigentlich die Gesetzeslage in solchen Fällen aus? Welche Beleuchtungs- und Kennzeichnungspflichten müssen ReiterInnen lt. Straßenverehrsordnung einhalten, wenn sie mit ihren Pferden im Straßenverkehr bzw. auf öffentlichen Wegen unterwegs sind? Wir haben recherchiert und die wichtigsten Grundregeln zusammengefasst.
Gesetzeslage in Deutschland
Vorab ist ausdrücklich festzuhalten, dass die allgemeinen Regeln für den Verkehr auf öffentlichen Straßen und Wegen – so etwa gegenseitige Rücksichtnahme, Einhalten von Sicherheitsabständen und angepasstem Tempo – für alle VerkehrsteilnehmerInnen und somit auch für ReiterInnen gelten, ebenso wie die gesetzlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Und eine dieser Bestimmungen ist die einer „ausreichenden Beleuchtung".
Was dies genau bedeutet und umfasst, kann man u. a. in einer Zusammenstellung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) nachlesen. Darin heißt es u. a.:
„Reiter/Innen müssen während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst einfordern (z.B. Nebel, Schnee, Regen) ausreichend beleuchtet sein (§ 17 StVO).
Zur Beleuchtung müssen mindestens verwendet werden § 28 StVO (2): 1. beim Treiben von Vieh vorn eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht und am Ende eine Leuchte mit rotem Licht, 2. beim Führen auch nur eines Großtieres oder von Vieh eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist. Zusätzliche Leuchtgamaschen am Pferd und reflektierende Kleidung beim Reiter sind sehr zu empfehlen, ebenso die Stifelleuchte (links).
Eine größere Reitergruppe bildet einen "Verband". Im "geschlossenen Verband" (§ 27 StVO) setzen sich die Reiter zu zweit nebeneinander. Der Verband soll nicht länger als 25 m sein. Dicht aufgeschlossen sind das etwa 12 Reiter. 20 Reiter formieren sich z.B. in 2 Verbänden zu je 10 Reitern. Der Abstand zwischen den Verbänden sollte wiederum mindestens 25 m betragen, damit ein Überholen möglich ist. Da der Verband als ein Verkehrsteilnehmer gilt, braucht nicht jeder Reiter beleuchtet sein. Die seitliche Begrenzung geschlossen reitender oder zu Fuß marschierender Verbände muss, wenn nötig (§ 17 Abs. 1 StVO), mindestens nach vorn durch nicht blendende Leuchten mit weißem Licht, nach hinten durch Leuchten mit rotem Licht oder gelbem Blinklicht kenntlich gemacht werden. (Die Beleuchtung muss in eigenem Interesse auch von weitem gut zu sehen sein.) Auch hier ist die Verwendung zusätzlicher Leuchtgamaschen dringend zu empfehlen."
Gesetzeslage in Österreich
Auch in Österreich sieht die StVO eine entsprechende Beleuchtungspflicht für Reiter im Straßenverkehr vor. Wörtlich heißt es im § 79, Absatz 3: „Bei Dämmerung, Dunkelheit, starkem Nebel oder wenn es die Witterung sonst erfordert, müssen Reiter bei Benützung der Fahrbahn, wenn die sonstige Beleuchtung nicht ausreicht durch helleuchtende Laternen an der linken Seite gekennzeichnet sein.“
Im Unterschied zu Deutschland sieht Dr. Reinhard Kaun, gerichtl. beeideter Sachverständiger, diese individuelle Beleuchtungspflicht auch dann gegeben, wenn man in Gruppen unterwegs ist. Er präzisiert: „Auch in Gruppen hat m.A.n. jedes Pferd bzw. jeder Reiter der Beleuchtungspflicht nachzukommen, nur den Spitzenreiter und den Schlussreiter zu beleuchten, wird fachlich (z.B. bei Kurven) nicht ausreichen.“
Und er ergänzt: „Beleuchtung heißt in unseren Breiten: aktives Aussenden von Licht, in der Regel nach vorne – weißes Licht, nach hinten – rotes Licht. Reflektoren können aktive Beleuchtung also nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.“ Als Ergänzung sind sie aber erfahrungsgemäß höchst sinnvoll und effektiv und daher jedenfalls zu empfehlen.
Besonders eindringlich weist Dr. Kaun darauf hin, dass Beeinträchtigungen der Sicht im Regelfall vorhersehbar sind und Reiter sich daher auch entsprechend vorbereiten und ausrüsten müssen: „Auf jedem Handy gibt es eine WetterApp, aus der sich Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und andere Wetterphänomene wie Nebel, Regen, schlechte Sicht) ablesen lassen. Es bricht also im Herbst und Winter die Dämmerung nicht völlig unvorhersehbar herein und in Nebelgebieten muss mit Nebel gerechnet werden.
Die betroffenen Reiter sind meist keine Berufsreiter, die bei „Nacht und Nebel" unterwegs sein müssen – wenn das Risiko groß ist, kann ein „Vergnügungsritt" zu St. Leonhards Ehren auch abgesagt werden. Im Zweifel sind an die Spitze und das Ende klar erkennbare Begleitfahrzeuge zu setzen. Andere Verkehrsteilnehmer müssen auf Grund des § 3 StVO (Vertrauensgrundsatz) sich darauf verlassen können, dass Reiter ihrer Beleuchtungspflicht nachkommen.“
Welche weiteren Regeln, Vorschriften und Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind, wenn man mit seinem Pferd auf öffentlichen Straßen und Wegen unterwegs ist, hat Dr. Reinhard Kaun im Beitrag „Sicheres Reiten & Fahren im Straßenverkehr“ zusammengestellt.