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Biotechnologie in der Pferdezucht: Embryotransfer & Co.
31.01.2017 / Wissen

Der Embryotransfer ist mittlerweile eine vielfach angewandte und praxistaugliche Methode in der Pferdezucht geworden. (Fotocredits: Dr. Sven Budik)
Hier ein Pferdeembryo in einem frühen Stadium. (Fotocredits: Dr. Sven Budik)
Hier ein expandierter Pferdeembryo. (Fotocredits: Dr. Sven Budik)

Der Embryotransfer ermöglicht die gleichzeitige Nutzung der Stute in Sport und Zucht und erhöht darüber hinaus die Anzahl der möglichen Nachkommen pro Stute, was bei genetisch besonders wertvollen  Stuten  besonders bedeutend ist.

 

Die Anzahl der Nachkommen pro Zuchtstute auf natürlichem Weg ist – anders als beim Zuchthengst – doch sehr limitiert (in der Größenordnung von maximal um die 20 bei „Vollzeitzuchtstuten“).  Oft wird die Stute aber auch noch zum Reiten verwendet und wird erst später in der Zucht eingesetzt, was dann unter Umständen – je nach Alter und Beginn der Zuchtverwendung – zu Problemen während der Trächtigkeit oder nach der Geburt (Stichwort „unreifes Fohlen“) führen kann. Die häufigste Veränderung bei Stuten, die erst relativ spät zur Zucht verwendet werden, ist die Endometrose, eine degenerative Erkrankung des Endometriums (also der Gebärmutterschleimhaut), die mittels Uterusbiopsie diagnostiziert werden kann.

Der Embryotransfer ermöglicht die gleichzeitige Nutzung der Stute in Sport und Zucht und erhöht darüber hinaus die Anzahl der möglichen Nachkommen pro Stute, was bei genetisch besonders wertvollen  Stuten  besonders bedeutend ist. Praktisch wird die Donorstute in der Rosse besamt oder gedeckt und mittels rektaler und Ultraschalluntersuchung der Zeitpunkt der Ovulation ermittelt. Üblicherweise wird der Embryo am Tag 7 nach der Ovulation (= Tag 0) gespült, da er da am besten manipulierbar ist und die höchsten Überlebenschancen hat. Wichtig ist die Synchronität der Sexualzyklen zwischen Donor- und Empfangerstute. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Empfängerstute einen Tag später als die Spenderstute ovuliert hat.

Eine Pferderasse, die fast nur via Embryotransfer vermehrt wird, ist das Argentinische Polopferd (Polo Argentino). Von guten Polostuten können bis zu 20 Fohlen / Saison via Embryotransfer erzeugt werden. Wenn man nur mit einem Drittel rechnet, ergibt das bei einer Verwendung in fünf Zuchtsaisonen realistisch um die 30 Nachkommen, was für eine Stute doch recht beachtlich ist! In der Polopferdezucht wird der Embryotransfer schon seit vielen Jahrzehnten als wichtigste Reproduktionsbiotechnologie sehr erfolgreich ohne negative Einflüsse angewandt.  

Pferdeembryonen können nach der Gewinnung in geeigneten Medien bis zu 24 h verschickt werden, ohne ihr Entwicklungspotential einzubüßen. Auch bei der Kryokonservierung („Einfrieren im Stickstoff“) sind in der letzten Zeit Fortschritte gemacht worden, die eine Praxistauglichkeit in den nächsten Jahren erwarten lassen. Das würde zu einer zeitlichen wie auch räumlichen Entkoppelung von Donor- und Empfängerstute führen, was die ganze Sache für den Pferdezüchter attraktiver machen würde. Heute sind es vor allem die großen Zuchtbetriebe, die sich des Embryotransfers bedienen, da sie selbst die Empfängerstuten bereitstellen können. Allerdings gibt es auch bereits die Möglichkeit, sich eine Empfängerstute zu mieten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Stute bereits Fohlen zur Welt gebracht hat, gute Muttereigenschaften besitzt und in der Größe adäquat ist, da die Größe des Fohlens von der Größe der Empfängerstute mitbestimmt wird. Generell kann man den Embryotransfer bei der Stute als durchaus praxistauglich bezeichnen, zu beachten ist aber die Notwendigkeit und Verfügbarkeit von passenden Empfängerstuten.

In Rahmen des Embryotransfers besteht auch die Möglichkeit, das Geschlecht des Embryos via Biopsie und Polymerasekettenreaktion (PCR) zu bestimmen. Das „Anstechen“ des Embryos erhöht sogar die Einfrierbarkeit solcher Embryonen, wenn sie nicht direkt übertragen werden sollen. Diese Methode der invasiven Geschlechtsbestimmung wird vor allem in der Polopferdezucht angewandt, wo ja fast ausschließlich weibliche Nachkommen erwünscht sind.

Bei den assozierten Methoden werden Teile die sonst natürlich in der Stute ablaufen in das Labor ausgelagert: Ovum Pick Up (OPU): Die Eizellen werden via ultraschallunterstützter Punktion von der Stute gewonnen; In vitro Maturation (IVM): die Eizellen werden in speziellen Medien im Brutschrank künstlich gereift; intrazytoplasmatische Spermainjektion (ICSI): mittel Mikromanipulation wird eine Samenzelle in die gereifte Eizelle injiziert und damit befruchtet. Im besten Fall beginnt sich der entstandene Embryo zu teilen und kann – wenn er das Blastozystenstadium erreicht hat – auf eine Empfängerstute übertragen werden. Vorteile dieser Methode: Es sind nur ganz wenige Samenzellen notwendig die auch nicht zwingend beweglich sein müssen.

Klonen von Pferden

Das Klonen von Pferden ist eigentlich die Herstellung eineiiger Zwillinge durch Embryosplitten (also Durchtrennen einer frühen Blastozyste und Teilen der Inneren Zellmasse (was sich zum eigentlichen Embryo entwickelt). Beim Kerntransfer werden Eizellen in vitro gereift, entkernt und mit je einer somatischen Zelle (aus Zellkultur) fusioniert. Mit geringer Wahrscheinlichkeit (ca. 2%) entstehen aus diesen rekonstruierten Embryonen Blastozysten, die wiederum auf Empfängerstuten übertragen werden können. Auf diesem Weg wurden Klone von sehr erfolgreiche Wallachen (ET, Calvaro …) erzeugt, um sie nunmehr als Zuchthengste zur Verfügung zu haben. Zu beachten ist, dass bei dieser Methode die Mitochondrien von der fremden Eizelle stammen, was allerdings nur im Falle der Zuchtverwendung einer geklonten Stute relevant wird, da es sich um eine rein maternale Vererbung handelt. Es ist noch zu früh, um den züchterischen Erfolg dieser Methode beurteilen zu können.  

Dr. Sven Budik ist Pferdezüchter, Reproduktionsbiotechnologe und Tierarzt sowie Mitarbeiter der Plattform Besamung und Embryotransfer der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

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