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Der Fliegende Galoppwechsel – Teil 1
24.02.2015 / Wissen

So geht
So geht's: Das Pferd befindet sich im Rechtsgalopp in der Dreibeinstütze. In diesem Moment erfolgt die Hilfengebung über Zügel, Kreuz und Schenkel. / Foto: Stefan Lafrentz
Das Pferd wurde leicht umgestellt...
Das Pferd wurde leicht umgestellt... / Foto: Stefan Lafrentz
...und befindet sich nun in der Einbeinstütze.
...und befindet sich nun in der Einbeinstütze. / Foto: Stefan Lafrentz
In der darauf folgenden Schwebephase springt das Pferd um. Dabei wird das äußere Hinterbein und die Diagonale (inneres Hinterbein - äußeres Vorderbein) gewechselt.
In der darauf folgenden Schwebephase springt das Pferd um. Dabei wird das äußere Hinterbein und die Diagonale (inneres Hinterbein - äußeres Vorderbein) gewechselt. / Foto: Stefan Lafrentz
Das Pferd befindet sich nun im Linksgalopp.
Das Pferd befindet sich nun im Linksgalopp. / Foto: Stefan Lafrentz

Ab der mittelschweren Klasse in der Dressur wird ein Fliegender Galoppwechsel verlangt ProPferd-Autorin Birgit Popp hat zwei renommierte Trainer nach ihrem Trainingsaufbau gefragt.


Der Fliegende Galoppwechsel ist eine Lektion, an die durchaus unterschiedlich herangegangen werden kann. ProPferd hat dazu einen erfolgreichen Dressurtrainer – Hans Max-Theurer, Ausbilder von Ehefrau und Olympiasiegerin Elisabeth Max-Theurer und von Tochter Victoria – sowie den klassischen Ausbilder Andreas Hausberger, Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule Wien, nach ihren Ausbildungsmaximen gefragt und untersucht, ob und wie sich ihr Trainingsaufbau voneinander unterscheidet.

Die Grundlagen

Für beide Ausbilder gilt: Grundlage ist die richtige Vorbereitung, um überhaupt den Fliegenden oder, wie er an der Spanischen Hofreitschule genannt wird, den Sprungwechsel zu erlernen. Andreas Hausberger: „Voraussetzung ist, dass die Pferde im versammelten Konter(Außen)galopp gehen können und den Einfachen Galoppwechsel mit nur einem Zwischenschritt sicher beherrschen. Ist dies der Fall, wird es Zeit für den Sprungwechsel.“  An der ‚Spanischen’ befinden sich die Lipizzanerhengste in der Regel im Alter zwischen sechs und sieben Jahren, wenn mit dem Fliegenden Wechsel begonnen wird. „Dieses Alter gilt aber nur für unsere Hengste. Sportpferde müssen ihn in einer mittelschweren Dressurpferdeprüfung bereits mit fünf Jahren können,“ so Hausberger und er fügt hinzu: „Der Sprungwechsel wird an der ‚Spanischen’ nur auf Trense trainiert. Erst, wenn der Hengst den Wechsel beherrscht, ist er ‚reif’ für die Kandare. Im Normalfall dauert die Phase der Campagneschule dreieinhalb bis vier Jahre und sie geht bis zu den Zweier-Wechseln, danach beginnt in unserem Ausbildungssystem die dritte Phase, die Hohe Schule auf und über der Erde. Zur Hohen Schule auf der Erde zählen Piaffe, Passage, Galopp-Pirouetten und Einer-Wechsel.“

Je nach Veranlagung

Deutlich anders sieht es bei einem Sportpferde-Trainer wie Hans Max-Theurer aus. Bei ihm kommen die Pferde in unterschiedlichem Alter und mit unterschiedlichem Ausbildungsstand in den Stall – daher variiert auch das Alter, in dem er mit dem Erlernen des Fliegenden Galoppwechsels beginnt. Hans Max-Theurer: „Wenn ein Pferd eine gute Schwebephase im Galopp besitzt, dann tut es sich leichter beim Erlernen des Fliegenden Wechsels. Ist der Galopp hingegen eilig, mit festem Rücken oder im Vierschlag gesprungen, dann sind die Voraussetzungen schwieriger. Wenn das Pferd entsprechend vorgebildet ist, mit guter Galoppade geht, die Parade zum Schritt weich annimmt und dabei mit gesenkter Hinterhand Last aufnimmt, dann kann man diese Lektion auch schon mit einem vierjährigen Pferd ausführen. Der Reiter merkt das am besten selbst. Wird er bei der Parade in den Sattel hineingezogen, dann war das Pferd auf der Hinterhand und hat Last aufgenommen. Wird der Reiter hingegen bei der Parade zum Schritt aus dem Sattel gehoben, d. h. bekommt er bei der Parade von hinten einen Schlag versetzt, dann hat das Pferd die Last nicht mit der Hinterhand aufgenommen. In diesem Fall muss man als erstes an der Galoppade und der Schrittparade weiterarbeiten.“

Die Voraussetzungen

Und er fährt fort: „Wenn das Pferd in der Lage ist, gute, weiche Paraden aus dem Galopp in den Schritt auszuführen, dann kann man schon versuchen, einen Fliegenden Wechsel zu probieren. Das Pferd wird mit einer halben Parade vorbereitet, die Halsstellung gewechselt und die Schenkel umgelegt, d. h. der neue äußere Schenkel wird nach hinten gelegt und der neue innere nach vorne an den Gurt. Wenn man einem Pferd den Fliegenden Wechsel beibringt, ist es wichtig, dass die Hilfen sehr klar und deutlich zum neuen Galopp gegeben werden. Wenn das Pferd schon Routine besitzt, dann werden die Hilfen nur mehr zum Zeichen. Man muss die Stärke der Hilfen darauf abstimmen, wie sensibel das Pferd reagiert.“ Der Kandarenzaum kommt dabei auch bei ihm nicht zum Einsatz, „Die Trensenarbeit ist unerlässlich. Bei uns wird fast alles auf Trense gearbeitet. Die Kandare bringt keinen Vorteil für den Fliegenden Wechsel, da man ihn nicht mit Gewalt erzwingen kann. Das Pferd muss die halbe Parade annehmen, das kann ich mit der Kandare nicht unbedingt fördern.“

Wo wird geübt?

Mit der Stelle, an der Max-Theurer die ersten Fliegenden Wechsel übt, ist der Achleitner sehr flexibel: „Der erste Versuch erfolgt häufig von Zirkel zu Zirkel, wobei ich im Bereich der Mittellinie die Hilfe gebe. Wenn ich merke, dass z. B. das Pferd beim Aus-dem-Zirkel-Wechseln die Hinterhand herumschleudert, dann suche ich mir eine andere Stelle, z. B. auf dem zweiten Hufschlag vom Außengalopp zum Innengalopp oder umgekehrt. Ich suche mir Positionen, die dem Pferd am meisten entgegenkommen und für es am einfachsten sind. Erst, wenn das Pferd den Fliegenden Wechsel begriffen hat, verlange ich von ihm, dass es den Wechsel an einem bestimmten Punkt ausführt.“
Andreas Hausberger bevorzugt hingegen die Diagonale, „Ich gehe meistens auf die Diagonale und lasse das Pferd etwa zwei Pferdelängen vorm Erreichen des Hufschlags, also fünf bis acht Meter vorher, umspringen. Gelingt dies nicht sofort, reite ich im versammelten Kontergalopp weiter und versuche es noch einmal Mitte der kurzen Seite. Erst, wenn auch dies nicht gelingt, dann pariere ich zum Schritt durch und reite einen Einfachen Wechsel.“
Bei Hans Max-Theurer wird in Ausnahmefällen auch die Ecke zum Training des Fliegenden Wechsels genutzt, „Wenn Pferde gar nicht auf die Hilfen zum Fliegenden Wechsel reagieren bzw. sie nicht begreifen wollen, dann kann man versuchen, in die Ecke zu reiten, damit das Pferd gezwungen ist, umzuspringen.“
Andreas Hausberger nimmt die Ecke nicht zur Hilfe, weil sie wie eine viertel Volte geritten wird: „Ich kann die Ecke vor allem dazu verwenden, das Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen, sollte es durch den Versuch, einen Fliegenden Wechsel zu reiten, etwas außer Kontrolle geraten sein, und es wieder stärker zu versammeln. Das Pferd sollte aber im Moment des Fliegenden Wechsels generell geradegerichtet sein, das ist in der Ecke nicht machbar, deshalb ist es besser, den erneuten Versuch eines Fliegenden Wechsels erst an der Mitte der kurzen Seite vorzunehmen.“ Mit jungen Pferden reitet er durchaus aber auch mal einen ‚Fliegenden’ beim Touren-Wechsel.

Die Hilfen

Die Hilfen zum Fliegenden Wechsel gibt Andreas Hausberger folgendermaßen: „Das Pferd soll möglichst gerade im Hals bleiben, dann braucht man es für den Wechsel auch nur ganz leicht umstellen. Das übe ich schon beim Einfachen Wechsel. Es ist wichtig, die Stellung und Biegung nicht zu stark zu verändern. Besonders wichtig ist dabei der neue äußere Zügel: Ich lockere den Druck am alten äußeren Zügel und bleibe am alten Inneren dran, damit ich das Pferd mit dem neuen inneren Zügel nicht im Hinterbein blockiere und es mit dem Hinterbein vorspringen kann. Mit dem neuen äußeren Schenkel, der zurückgelegt wird, gebe ich den stärkeren Impuls. Der innere Schenkel, der nach vorne rutscht, bleibt natürlich trotzdem am Pferd anliegen.“

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Buchtipps
Harry Boldt: Das Dressurpferd. Neuauflage 2011, FNVerlag 368 Seiten, ISBN 978-3-88542-760-5, EUR 46,10

Arthur Kottas: Dressur mit Arthur Kottas. Grundsätze und Lektionen der Spanischen Hofreitschule in Wien. Müller Rüschlikon Verlag 2010, ISBN 978-3275017225, EUR 29,90

Richtlinien für Reiten und Fahren, Bd. 1 und 2. FNVerlag. Band 1: Grundausbildung für Reiter und Pferd, ISBN 978-3885422624, EUR 12,80. Band 2: Ausbildung für Fortgeschrittene, ISBN 978-3885422839, EUR 12,80

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