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Tierschutz geht uns alle an!
25.02.2015 / Wissen

Für Pferdefreunde sind Bilder wie diese schwer erträglich...
Für Pferdefreunde sind Bilder wie diese schwer erträglich... / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Schwer vernachlässigt und unterernährt – dieses Pferd ist unverzüglich den zuständigen Behörden (Polizei, Bezirkshauptmannschaft) zu melden.
Schwer vernachlässigt und unterernährt – dieses Pferd ist unverzüglich den zuständigen Behörden (Polizei, Bezirkshauptmannschaft) zu melden. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Diese Hufe wurden monatelang nicht gepflegt – mit dramatischen Folgen.
Diese Hufe wurden monatelang nicht gepflegt – mit dramatischen Folgen. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband
Stacheldrahtzäune sind als Umzäunung für Pferdekoppeln verboten.
Stacheldrahtzäune sind als Umzäunung für Pferdekoppeln verboten. / Foto: Österreichischer Pferdeschutzverband

Welche rechtlichen Möglichkeiten hat man, wenn man Tierquälerei beobachtet – und welche Strafen sieht das Gesetz bei Verstößen gegen den Tierschutz vor? Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner informiert.

 

Bilder von Pferden zu sehen, die vernachlässigt, misshandelt und gequält werden, ist für jeden Pferdefreund verstörend und unerträglich – umso mehr dann, wenn es nicht nur Abbildungen in Zeitungen oder Fernsehsendungen sind, sondern die nackte, grausame Realität. Aber was kann und soll man als Tier- und Pferdefreund tun, wenn man derartige Szenen beobachtet – wie soll man sich verhalten, an wen kann ich mich wenden?
Extreme Fälle von Tierquälerei sind glücklicherweise selten – dennoch zeigen sie, wie wichtig es ist, dass man, als Mensch und als Tierfreund, stets wachsam zu sein – und nötigenfalls mit Zivilcourage einzuschreiten. Das Gesetz bietet dazu einige Möglichkeiten – die Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner für ProPferd zusammengestellt hat.

Prinzip des gelindesten Mittels
Wichtigste gesetzliche Grundlage ist das Tierschutzgesetz (BGBl. I Nr. 118/2004 TSchG i.d.F. BGBl. I Nr. 80/2010) samt den dazu verlautbarten Tierschutzverordnungen. Das Tierschutzgesetz schützt das Tier als Individuum, wobei nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch das Leben jeden einzelnen Tieres als geschütztes Gut gesehen wird und normativ zwei Prinzipien zugrunde gelegt sind:  
Zunächst das „Grundsatz-Ausnahme-Prinzip“, welches regelt, dass einerseits Bestimmungen, durch welche Beeinträchtigungen grundsätzlich zugelassen werden, immer unter Bedachtnahme auf den Schutz des Lebens und des Wohlbefindens, also mit restriktiver Interpretation, zu sehen sind und andererseits das „Gebot der Anwendung des gelindesten Mittels“, welches den Menschen verpflichtet, immer das tierschonendste Mittel anzuwenden, sofern mehrere geeignete Mittel zur Erreichung eines gerechtfertigten Zwecks zur Verfügung stehen.
Durch das Tierschutzgesetz ist dem jeweiligen Halter (Eigentümer, Verwahrer u.dgl. mehr) eine umfassende Obsorgepflicht auferlegt worden.

Was ist Tierquälerei?
In § 5 des TSchG ist das Verbot der Tierquälerei normiert. Auch wenn durch die Tierschutzbestimmungen Leidenszufügungen oder Beeinträchtigung von Tieren nicht generell verhindert werden, so werden sie durch die Regelung des § 5 insoweit verpönt, als diese unbegründet sind. Der Verfassungsgerichtshof (VfSlg 5649) hat dazu ausgeführt, dass die Strafbestimmung wegen Tierquälerei auf dem Grundgedanken beruht, dass die Verursachung sinnloser Leiden an Tieren nur insoweit statthaft sein kann, als die Wahrung berechtigter höherstehender Interessen es notwendig macht; es handelt sich also um den strafrechtlichen Schutz der Tiere gegen ihnen unnötig verursachte Leiden.
§ 5 TSchG stellt somit klar, dass es verboten ist, einem Tier ungerechtfertigte Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen (Abs. 1). Im Absatz 2 werden insbesondere bestimmte unzulässige Verhalten verpönt, wobei wiederum nachstehend Verstöße hervorzuheben sind:
§ 5 Abs. 2:
Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer (u.a.)
7) einem Tier Reiz- oder Dopingmittel zur Steigerung der Leistung von Tieren, insbesondere bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen, zuführt;
9) einem Tier Leistungen abverlangt, sofern damit offensichtlich Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst für das Tier verbunden sind;  
10) ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden oder schwere Angst zufügt;
13) die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird …

Vorsatz oder Fahrlässigkeit?
Im § 222 Strafgesetzbuch (StGB) ist die gerichtlich strafbare Tierquälerei geregelt, die das Tierquälen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen pönalisiert:
§ 222 Abs. 1 StGB: „Wer ein Tier roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt, ist mit einer Freiheitsstrafe …“
Der Unterschied zwischen dem Tierschutzgesetz und dem § 222 StGB liegt auf der inneren Tatseite; denn gerichtlich strafbar ist nur ein Verhalten, das vorsätzlich gesetzt wird. Verwaltungs-(straf-)rechtlich ist jeder zu verfolgen, der die Tat auch nur fahrlässig begeht.

Unnötige Quälerei – oder zulässige Bestrafung?
Schwierig ist es zu unterscheiden, wo Tierquälerei beginnt und die normale „Bestrafung eines Tieres“ endet. Dies kann sicher nur für den Einzelfall und hier nur von Sachverständigen endgültig festgestellt werden. Als Grundregel wird man aber davon ausgehen können, dass jedes unnötige „Bestrafen“, welches Pferden Schmerzen zufügt oder es in Angst versetzt, Tierquälerei bedeutet.
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum StRÄG 1971, 19, wurde dazu folgendes ausgeführt:
„Eine Quälerei ist dann nicht unnötig, wenn sie die Grenzen des Vertretbaren nicht überschreitet und zugleich bewusst als Mittel angewendet wird, um einen vernünftigen und berechtigten Zweck zu erreichen.“ So liegt etwa keine unnötige Quälerei vor, wenn durch die Handlung das Tier zu einer zumutbaren Arbeitsleistung oder zum Gehorsam angehalten wird (z.B. maßvolle Verwendung einer Peitsche oder eines Stockes) oder wenn die Erziehung des Tieres gewisse Zwangsmaßnahmen erfordert (z.B. Anlegen der Kantare bei einem Pferd). Die Frage, was „nötig“ oder „unnötig“ ist, kann nur über die Beantwortung der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Der Begriff der „rohen Misshandlung“ im Sinne des § 222 StGB wird von der Judikatur dahingehend interpretiert, dass die Misshandlung dann als roh angesehen wird, wenn nach dem Ausmaß und der Intensität der gegen das Tier gesetzten Tätlichkeiten und Schmerzen im Zusammenhang mit dem Fehlen eines vernünftigen oder berechtigten Zweckes auf eine gefühllose Gesinnung des Täters geschlossen werden kann (Lewisch (JBl. 1998, 137)).    

Welche Strafen drohen Tierquälern?
Wenn Tierquälerei festgestellt und der Betroffene gerichtlich oder verwaltungsbehördlich zur Verantwortung gezogen wird, kann dies schwerwiegende Folgen für ihn haben. Wird ein Täter wegen § 222 StGB gerichtlich bestraft, so hat er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr zu rechnen; im Zusammenhang mit verwaltungsbehördlichen Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sind Geldstrafen bis zu € 7.500,--, im Wiederholungsfall bis zu € 15.000,-- und in schweren Fällen der Tierquälerei eine Mindeststrafe von € 2.000,-- im § 38 TSchG normiert.
Wurde eine Person wegen Tierquälerei wenigstens einmal gerichtlich oder von der Verwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) mehr als einmal rechtskräftig bestraft, ist die Behörde berechtigt, die Haltung von Tieren für einen bestimmten Zeitraum oder gar auf Dauer zu verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz in Zukunft voraussichtlich verhindert wird (§ 39 TSchG).
So wurde über einen Vorarlberger Pferdehalter, welcher insgesamt 19 Pferde ohne Unterstand, zumindest einen Tag ohne Wasser gehalten und sonst vernachlässigt hat, für die Dauer von 6 Jahren die Tierhaltung untersagt und eine Geldstrafe von mehreren tausend Euro verhängt (VwGH 18.12.2009, 2008/02/0389).

Was kann der Einzelne tun?
Was kann und soll der Einzelne nun tun, wenn er Verstöße gegen das Tierschutzgesetz oder gar Tierquälerei wahrnimmt – wie soll er sich verhalten, welche Schritte soll ich setzen?
Zunächst ist es wichtig, den Vorfall zu dokumentieren, um nicht in Beweisprobleme zu schlittern. Am besten ist es, so möglich, ein Video mit Handy oder Kamera aufzunehmen. Auch Zeugen sind jeweils tunlichst beizuziehen.
Zu dokumentieren ist daher, anbetrachts der gesetzlichen Grundlagen, das Zufügen ungerechtfertigter (übertriebener, unnötiger) Schmerzen oder Schäden, das Verabreichen von Reiz- oder Dopingmitteln, das Überfordern oder das Vernachlässigen.
Sofern eine ausreichende Beweissicherung erfolgt ist, ist eine Anzeige bei der Polizei oder bei der Verwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) einzubringen oder die Polizei zur Unterstützung und Beweissicherung herbeizurufen, die Behörde ist dazu verpflichtet. Die Anzeige kann klarerweise – wie jede sonstige Anzeige – auch anonym gemacht werden.
Wie oben bereits ausgeführt, ist es im Zusammenhang mit Verletzungen der  Bestimmungen des Tierschutzgesetzes meist erforderlich, einen Sachverständigen beizuziehen. Dieser wird von der Behörde in der Person des Amtssachverständigen, also des Amtstierarztes, gesehen und beigestellt. In der Praxis ist es sicher auch ausreichend, den Amtstierarzt vom Verdacht einer Tierquälerei zu verständigen.

Weitere Möglichkeit: ein Sachverständiger
Weil auch der Amtstierarzt zwangsläufig eine subjektive Beurteilung vornimmt, kann es auch hier zu Auffassungsunterschieden kommen. Soferne man der Überzeugung ist, dass Tierquälerei vorliegt, bleibt noch die Möglichkeit, einen gerichtlich zertifizierten Pferdesachverständigen aufgrund dessen Spezialkenntnissen beizuziehen oder aber den jeweiligen Tierschutzverein zu benachrichtigen, und um Hilfestellung zu bitten.
Tierschutz geht uns alle an; im Einzelfall ist es aber aufgrund der tierschutzrechtlichen Bestimmungen letztlich immer eine Auslegungsfrage, was nunmehr Tierquälerei ist oder nicht. Auch wenn im Einzelfall die Beurteilung problematisch oder auch kontrovers ausfallen kann, sollte man stets die Zielsetzung des Tierschutzgesetzes im Auge behalten, wie sie im  § 1 leg.cit. normiert ist:  „Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf“. Und diese Verantwortung trägt jeder von uns.    Dr. Peter Lechner


KASTEN
Tierschutzombudsstellen in Österreich
Mit dem Tierschutzgesetz 2005 wurden auch unabhängige und weisungsungebundene Tierschutzombudsstellen geschaffen, die im Wesentlichen die Aufgabe haben, die Interessen des Tierschutzes zu vertreten – sie stehen somit auch für Fragen rund um den Tierschutz zur Verfügung. (Stand: Februar 2015)

Bundesland Tierschutzombudsmann/frau Tel. E-Mail
Wien Persy Eva-Maria , Dipl.-Ing. MSc MBA, (01) 318 00 76 DW 75079  post@tow-wien.at
Niederösterreich Dr. Lucia Giefing (02742) 9005 DW 15578 post.tso@noel.gv.at
Burgenland Dr.in Gabriele Velich (02682) 600 2189 tierschutzobmann@bgld.gv.at
Oberösterreich Dr.in Claudia Schmied-Wagner (0732) 7720 14281 tierschutzombudsstelle@ooe.gv.at
Steiermark Dr.in Barbara Fiala-Köck (0316) 877-3966 tierschutzombudsfrau@stmk.gv.at
Kärnten Mag.a Dr.in Jutta Wagner 050536/37000 tierschutz@ktn.gv.at
Salzburg Mag. Alexander Geyrhofer (0662) 8042 34 61 alexander.geyrhofer@salzburg.gv.at
Tirol Dr. Martin Janovsky (0512) 508 3249 martin.janovsky@tirol.gv.at
Vorarlberg Dr. Pius Fink (05574) 511 DW 25210 pius.fink@vorarlberg.at

 

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