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Kolik-Symptome erkennen und richtig reagieren: 12 wichtige Fragen
11.05.2015 / Wissen

Wälzen oder längeres Liegen können Hinweise auf eine Kolik darstellen – das Pferd sollte dann kontinuierlich beobachtet werden.
Wälzen oder längeres Liegen können Hinweise auf eine Kolik darstellen – das Pferd sollte dann kontinuierlich beobachtet werden. / Symbolfoto: Simone Aumair
Leichte Bewegung wie etwa Schritt führen ist in der Regel günstig, wenn der Verdacht auf Kolik besteht.
Leichte Bewegung wie etwa Schritt führen ist in der Regel günstig, wenn der Verdacht auf Kolik besteht. / Symbolfoto: Simone Aumair
Pferd in Kolik-Intensivbox mit Infusionsbehandlung und zusätzlicher EKG-Dauerüberwachung.
Pferd in Kolik-Intensivbox mit Infusionsbehandlung und zusätzlicher EKG-Dauerüberwachung. / Foto: Pferdeklinik Tillysburg
Viele Kolikformen können erfolgreich konservativ behandelt werden – in manchen Fällen ist jedoch eine Kolik-OP unvermeidlich.
Viele Kolikformen können erfolgreich konservativ behandelt werden – in manchen Fällen ist jedoch eine Kolik-OP unvermeidlich. / Foto: Pferdeklinik Tillysburg

Kolik ist eine gefürchtete Erkrankung und die mit Abstand häufigste unnatürliche Todesursache bei Pferden. Wie aber erkennt man eine Kolik – und wie verhält man sich als Pferdebesitzer bei Kolik-Verdacht richtig? Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer geben Antwort auf die wichtigsten Fragen rund um Kolik.

 

Unter einer „Kolik“ versteht man Schmerzen im Bauchraum. Diese Schmerzen können in verschiedenen Organen lokalisiert sein und verschiedene Ursachen haben:
•    Darm: Darmkrampf („Spastische“ Kolik), Verstopfungen, Blähungen, Darmverschluss, etc.
•    Magen: Magengeschwüre, Magenüberladung, etc.
•    Blase
•    Niere
•    Eierstöcke
•    Bauchfell
•    Gallengänge
•    Blutgefäße
Es gibt aber auch noch andere Erkrankungen und Zustände, die mit „kolikähnlichen“ Symptomen einhergehen können: z.B. Kreuzschlag, Geburt, Kreislaufprobleme, etc… Woran aber kann man eine Kolik verlässlich erkennen, und wie reagiert man richtig bei Verdachtsfällen? Auf diese und weitere wichtige Fragen geben die Tierärzte Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer Antwort.

1) Wie erkennt man Kolik?
Die Symptome bei Kolik können durchaus vielfältig sein: Appetitlosigkeit bis hin zur völligen Futterverweigerung, Niederlegen, Festliegen, Wälzen, Umsehen nach dem Bauch, Scharren, Schwitzen, Unruhe, beschleunigte Atmung, häufiger Harnabsatz. Aber auch Müdigkeit, auffallend „ruhiges“ Verhalten und längeres Liegen können auf Kolik hindeuten. Bei sehr hochgradiger Kolik kann es auch zum Einnehmen unnatürlicher Stellungen (Hundesitzige Stellung, sägebockartige Stellung) bis hin zum rücksichtslosen „Sich-Hinwerfen“ kommen.

2) Welche Ursachen gibt es für Kolik?
Die mit Abstand häufigste Ursache sind Futter- und Fütterungsfehler
Weitere Ursachen bzw. Kolik begünstigende Faktoren sind:
•    Zahnprobleme
•    Parasiten („Würmer“)
•    Magen („Magengeschwüre“)
•    Infektionen
•    Wetter (insbesondere Wetterumschwünge)
•    Bewegungsmangel
•    Stress

3) Welche Futter- und Fütterungsfehler können zu Kolik führen?
Falsche Futterqualität: Verdorbenes bzw. verschimmeltes Futter (Verstopfungen, Blähungen, Rupturen, Darmentzündungen, Hufrehe,…); zu frisches Heu bzw. zu frischer Hafer (Durchfall, Blähungen, Hufrehe); erwärmtes Grünfutter (Blähungen); faulige Futtermittel (Durchfall, Hufrehe); gefrorene Futtermittel (Durchfall, Hufrehe); Stroh mit hohem Windhalmanteil (Dünndarmverstopfung); Giftpflanzen

Falsche Futterauswahl: Zu rohfaserarme und dafür zu stärkereiche Futtermittel (z.B. Weizen, Roggen,…) – es kommt zu Fehlgärungen, Magen- und Darmkatarrhen, Blähungen, Magenüberladung,…; einseitige Verwendung von rohfaserreichen Futtermitteln (z.B. reine Strohfütterung) – es kommt zu Verstopfungen, v.a. des Blinddarmes und/oder des Grimmdarmes.

Falsche Futterzubereitung: Zu kurz gehäckseltes Stroh (unter 2-3 cm) – Verstopfungen von Dünn-, Blind- und/oder Grimmdarm; zu kurz geschnittenes Gras (z.B. vom Rasenmäher) – Dünndarmverstopfung (verfilzter Darminhalt); nicht eingeweichte Trockenschnitzel – Schlundverstopfung, Magenüberladung, Ruptur.

Falsches Futtermanagement: Zu wenige Mahlzeiten, v.a. auch mit zu großen Mengen leichtverdaulicher Futtermittel (Kraftfutter) – Fehlgärungen im Magen, Übersäuerung des Blinddarms, wechselnde Fresslust, Hufrehe; unkontrollierte, übermäßige Futteraufnahme; plötzlicher Futterwechsel; zu starke körperliche Belastung unmittelbar nach der Fütterung; zu kaltes Wasser für durstige Pferde; zu große Wasseraufnahme während des Fressens; Wassermangel (und vermehrtes Schwitzen).

4) Wie verhalte ich mich bei Kolik?
Eine Kolik ist immer ein Notfall und muss dementsprechend ernst genommen werden. Die Pferde sollten kein weiteres Futter mehr zu sich nehmen (Futter wegnehmen), Wasser darf aufgenommen werden. Ideal ist in den meisten Fällen leichte Bewegung, z.B. Schritt führen. Falls das Pferd nur sehr ruhig ist und nichts frisst, empfiehlt es sich, die Körpertemperatur zu messen (Normal ist 37,5° - 38°), denn immer wieder haben solche Pferde keine Kolik, sondern sie fressen nicht, weil sie Fieber haben. Bei einer Kolik sollte immer ein Tierarzt konsultiert werden.

5) Wie verhalte ich mich bis zum Eintreffen des Tierarztes?
Kein Futter mehr verabreichen bzw. Futter wegnehmen; kontinuierliche Beobachtung des Patienten; leichte Bewegung ist in der Regel günstig (z.B. Schritt führen, selber bewegen lassen auf Reitplatz oder in Reithalle – Pferd darf sich hinlegen und auch wälzen); bei Schwitzen kann das Pferd zugedeckt werden.

6) Worüber sollte man nachdenken?
Kommt eine Einlieferung des Pferdes in eine Klinik in Frage, falls dies sinnvoll und notwendig ist? Für den Fall, dass eine Operation nötig wäre, kommt dies überhaupt in Frage? Wie kann das Pferd schnellstmöglich in eine Klinik transportiert werden? Falls das Pferd im Stall bleibt: Wie kann das Pferd überwacht werden und von wem? Gibt es die Möglichkeit, das Pferd einige Zeit kontinuierlich/regelmäßig zu überwachen – auch in der Nacht?

7) Wird jedes Pferd, das wegen Kolik in eine Klinik kommt, operiert?
Nein, operiert wird nur, wenn es notwendig ist. Aber in einer Klinik kann oft eine umfangreichere und genauere Kolikdiagnostik gemacht werden und dann entsprechend gezieltere Maßnahmen/Therapien durchgeführt werden. Viele Kolikformen können dann durchaus erfolgreich konservativ behandelt werden, z.B. durch die Verabreichung von großen Flüssigkeitsmengen mittels Infusion, etc… Wichtig ist aber, dass das Pferd rechtzeitig in die Klinik gebracht wird. Dies erhöht in der Regel die Heilungschancen erheblich und zwar sowohl für operative als auch für konservative Fälle. Ein Pferd mit Kolik, das nach dem ersten Besuch des Tierarztes nicht geheilt ist, ist im Regelfall ein Patient für die Klinik – es sei denn, dass eine exakte Diagnose gestellt werden kann und die diagnostizierte Kolikform ambulant gut behandelbar ist.

8) Was muss man bei der Fütterung beachten, um Koliken vorzubeugen?
Richtige Fütterung: Besser mehrere kleine Portionen als wenige größere Portionen füttern; Pferde nicht direkt vor dem Reiten füttern; immer zuerst Raufutter (z.B. Heu,…) füttern, dann erst Kraftfutter; nicht zu viel Kraftfutter füttern (Menge sollte sich an der tatsächlichen Arbeitsbelastung des Pferdes ausrichten). Qualitativ gutes Futter und qualitativ gute Einstreu verwenden. Qualitativ gutes Wasser anbieten. Das Pferd sollte 24 Stunden am Tag freien Zugang zu sauberem Wasser haben. Bei kalten Temperaturen empfiehlt es sich, das Wasser zu temperieren, um die Aufnahme von genügend Wasser zu gewährleisten.

9) Was muss ich bei Futterumstellungen beachten?
Etwaige Umstellungen (auch jährlicher Beginn des Koppelganges) sollten immer langsam erfolgen, damit sich das Verdauungssystem des Pferdes (und die darin enthaltene Bakterienflora) allmählich an die neue Fütterung gewöhnen kann. Zu rasche Futterumstellungen sind eine ganz typische Kolikursache.

10) Wie kann man (außer durch korrekte Fütterung) sonst noch Koliken vorbeugen?
•    Regelmäßige Zahnkontrollen (mind. 1x jährlich)
•    Regelmäßige Kotproben und bei Bedarf Entwurmungen
•    Regelmäßige und ausreichende Bewegung

11) Warum sind Parasiten ein Problem?
Parasiten können den Verdauungstrakt erheblich schädigen bzw. die Verdauung stören und zwar durch:
•    Entzündungen des Darmes bzw. der Darmwand (v.a. bei Bandwürmern,…)
•    Verletzungen der Darmgefäße (z.B. Gefäßverschluss – daraus kann ein Absterben von Teilen der Darmwand resultieren)
•    Verstopfungen durch zu viele Parasiten (z.B. bei Spulwürmern,…)

12) Kann man das Entstehen einer Kolik verhindern?
Nein, man kann das Entstehen einer Kolik nicht immer verhindern, aber man kann durch vorbeugende Maßnahmen das Risiko reduzieren; und durch richtiges Verhalten bei Kolik die Heilungschancen verbessern.

Autoren:
Mag. Matthias Koller und Dr. Clemens Mahringer
Pferdeklinik Tillysburg
4490 St. Florian
www.pferdeklinik.at

 

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