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Wasser – das Lebenselixier für Pferde
19.05.2015 / Wissen

Ein kleiner Ausflug in den Bach ist nicht nur erfrischend, sondern auch eine willkommene Gelegenheit für die Wasseraufnahme.
Ein kleiner Ausflug in den Bach ist nicht nur erfrischend, sondern auch eine willkommene Gelegenheit für die Wasseraufnahme. / Foto: Irene Gams
Manche Pferde nutzen das Abspritzen nach der Arbeit gerne als Trinkgelegenheit.
Manche Pferde nutzen das Abspritzen nach der Arbeit gerne als Trinkgelegenheit. / Foto: www.karinhaas.com
Speziell bei heißen Temperaturen ein Genuss – ein kühlendes Bad in einem Bach oder See.
Speziell bei heißen Temperaturen ein Genuss – ein kühlendes Bad in einem Bach oder See. / Foto: www.karinhaas.com
So nicht! Eine Tränke muss jeden Tag gründlich gereinigt werden.
So nicht! Eine Tränke muss jeden Tag gründlich gereinigt werden. / Foto: Archiv
Gut so: Nur saubere Tränken gewährleisten eine einwandfreie Wasserqualität ohne Keime und Kontaminationen.
Gut so: Nur saubere Tränken gewährleisten eine einwandfreie Wasserqualität ohne Keime und Kontaminationen. / Foto: Archiv

Neben optimaler Fütterung ist auch die Versorgung mit ausreichend geeignetem Tränkwasser eine grundlegende Voraussetzung für Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsbereitschaft unserer Pferde. Dr. Stefanie Handl hat alles Wissenswerte rund um das wichtigste Lebensmittel zusammengestellt.

 

Wasser muss allen Tieren grundsätzlich immer zur Verfügung stehen, das sagt schon der Gesetzgeber. Gerade weil es so selbstverständlich und alltäglich ist, wird dem Tränkwasser aber nicht immer die notwendige Beachtung in der Pferdehaltung geschenkt. Hier also einige wichtige Fakten zum Wasserbedarf und zur Wasserqualität.
 
Der Wasserhaushalt des Pferdes
Der Körper des erwachsenen Pferdes besteht zu 2/3 aus Wasser, der eines Fohlens sogar zu 3/4. Wasser ist wesentlicher Bestandteil sämtlicher Körperflüssigkeiten, wie Blutplasma (besteht zu 90-95 % aus Wasser), Lymphe, Verdauungssekrete, Urin, Schweiß, Tränenflüssigkeit, und viele andere. Die Menge an Wasser im Verdauungstrakt hängt von der Zusammensetzung des Futters ab: Strukturreiches, aber nicht verholztes Material (Gras, junges Heu) bindet mehr Wasser als Kraftfutter oder Stroh („Heubauch“, „Grasbauch“). Einen geringen Wassergehalt haben das Skelett und das Fettgewebe.

Jeden Tag verliert das Pferd unvermeidlich Wasser. Die größten Mengen werden über den Harn abgegeben. Die Ausscheidung der so genannten harnpflichtigen Substanzen ist lebensnotwendig; der Harn kann nur bis zu einem gewissen Grad konzentriert werden. Andererseits bewirkt eine hohe Zufuhr an Stoffen, die über den Harn ausgeschieden werden müssen, ein größeres Harnvolumen und dadurch einen Wasserverlust (z. B. hohe Mengen an Eiweiß und Mineralstoffen). Die tägliche Harnmenge beträgt bei üblicher Fütterung und durchschnittlichen Umgebungstemperaturen 1–3 l/100 kg Körpergewicht.
 
Täglicher Wasserbedarf
Die Menge an Wasser, die mit dem Kot abgegeben wird, hängt stark von der Fütterung ab. Der Wassergehalt des Kotes variiert zwischen 60 und 80 %. Das bedeutet, das Pferd verliert pro Tag 0,3–3,5 l je 100 kg Körpergewicht. Bei Durchfall steigt der Wasserverlust natürlich stark an, denn dann kann der Kot zu 90 % oder mehr aus Wasser bestehen. Besonders bei Fohlen kann dies, zusammen mit einem Verlust an Elektrolyten, zu Kreislaufbelastung führen!

Beachtlich ist auch der Wasserbedarf von säugenden Stuten: Sie geben mit der Milch täglich 2–4 l Wasser pro 100 kg Körpergewicht ab. Die größte Milchmenge produziert eine Stute übrigens gegen Ende des ersten Monats nach der Geburt.

Eine Besonderheit des Pferdes gegenüber anderen Tieren ist das Schwitzen, das auch zu einem hohen Wasserverlust führen kann: Schwitzt ein Pferd von 600 kg leicht (Sattellage und Hals tw. klebrig, Flanken dunkel), verliert es 1–4 l Wasser. Schwitzt dasselbe Pferd schwer (Sattellage, Hals und Flanken komplett nass, feuchte Falten über den Augen, Schaumbildung zwischen den Schenkeln) verliert es etwa 10–12 l Wasser. Zu beachten ist, dass auch bei ungenügender Zufuhr an Wasser (und auch Elektrolyten) die Schweißproduktion nicht reduziert werden kann. Wenn ein stark schwitzendes Pferd kein Wasser zu trinken bekommt, kann es daher einen Kreislaufkollaps erleiden.

Der tägliche Trinkwasserbedarf eines Pferdes kann nicht pauschal angeben werden, er hängt von verschiedenen Faktoren ab:
– Umgebungstemperatur
– Arbeit
– Temperament
– Flüssigkeitsaufnahme mit dem Futter (Gras, Silage oder Rüben sind viel wasserhaltiger als Heu, Stroh und Kraftfutter)
– unvermeidbare Verluste über Harn (Menge harnpflichtiger Substanzen) und Kot (Verdaulichkeit des Futters)
– Milchleistung bei säugenden Stuten

Durchschnittlicher täglicher Trinkwasserbedarf von Pferden
Fohlen 7–10 Liter pro 100 kg Körpergewicht
Erwachsenes Pferd:  
– Erhaltung 3–5 Liter pro 100 kg Körpergewicht
– leichte Arbeit 5–7 Liter pro 100 kg Körpergewicht
– schwere Arbeit 7–10 Liter pro 100 kg Körpergewicht
Säugende Stute: 8 Liter pro 100 kg Körpergewicht

(aus: Meyer u. Coenen, 2014)

Da während und nach dem Fressen viel Wasser mit den Verdauungssekreten in den Magen-Darm-Kanal einströmt, steigt nach dem Fressen auch das Durstgefühl. Entsprechend sinkt die Harnproduktion in den ersten zwei Stunden nach Beginn einer Mahlzeit. Der meiste Harn wird 5–6 Stunden nach Beginn der Fütterung produziert.

Tränketechnik
In der Praxis haben sich Selbsttränken bewährt. Doch sind Selbsttränken auch nicht wartungsfrei: Die sich ansammelnden Futterreste verderben in der feuchten Umgebung sehr rasch, deswegen müssen Tränken täglich gereinigt werden. Auch die Funktion der Tränke wird am besten täglich überprüft.

In der Box sollte die Tränke gegenüber der Krippe angebracht werden, damit das Pferd möglichst wenig während dem Fressen trinkt und so die Tränke verschmutzt. Damit das Pferd sie optimal bedienen kann, wird die Tränke in der Höhe von 0,3–0,4 x Widerristhöhe angebracht. Das bedeutet, dass eventuell die Tränke umgebaut werden muss, wenn eine Pferd in eine Box umzieht, dessen vorheriger Bewohner größer oder kleiner war! Wenn ein Pferd in einen anderen Stall wechselt oder die Tränke erneuert wird, muss man sicher gehen, dass das Pferd die Tränketechnik erkennt und sie ihm ggf. mehrmals zeigen. Sicherheitshalber kann man anfangs zusätzlich Wasser im Kübel anbieten.

Bei Gruppenhaltung ist ein Selbsttränkebecken für ca. 15 Pferde nötig, bei Trogtränken reicht ein Trog für 20 Pferde. Auf der Weide muss der Boden rund um die Tränke befestigt sein, damit er im Sommer nicht matschig und im Winter eisig ist. Im feuchten Schlamm können nämlich Schnecken leben, die Zwischenwirte des Leberegels sind. Der Trog muss für möglichst viele Pferde gleichzeitig frei zugänglich sein und sollte nicht durch einzelne ranghohe Tiere blockiert werden können. Er sollte aber auch nicht mitten auf der Weide oder in einer „Laufstrecke“ stehen, damit er spielenden oder flüchtenden Pferden nicht zur Stolperfalle wird.

Im Kaltstall, im Auslauf und auf der Weide müssen die Tränken vor Frost geschützt werden. Alternativen zu beheizten Leitungen sind Balltränken oder freistehende beheizte Tröge.

Fällt die Tränke aus, müssen die Pferde mind. 3 Mal, besser noch 5 Mal täglich (im Sommer auf jeden Fall) mit frischem Wasser versorgt werden, sodass sie sich satt trinken können. Damit der Kübel nicht umgeworfen werden, kann er in eine Halterung an der Wand gehängt oder in die Krippe gestellt werden.

Zuwenig und Zuviel
Pferde haben ein „gesundes Durstgefühl“ und nehmen instinktiv so viel Wasser auf, wie sie brauchen. Nur nach schwerer Belastung und bei Krankheit muss man ein Pferd daher zum Trinken motivieren. Trinkt ein sonst gesundes Pferd mit gutem Appetit auffallend wenig, obwohl die Tränke funktioniert, kann dies mehrere Ursachen haben:
– das Pferd bekommt viel wasserreiches Futter (Weidegras, Silage)
– die Tränke ist verunreinigt
– es könnten Kriechströme von elektrischen Leitungen vorliegen
– die Tränke hat Splitter oder scharfe Kanten
– das Wasser riecht oder schmeckt unangenehm (manche Pferde reagieren empfindlich auf eisenhaltiges oder gechlortes Wasser)

Anzeichen von Dehydration
Bei Wassermangel sinkt als erstes die Futteraufnahme! Das Eindicken des Darminhaltes ist ein großes Risiko für eine Kolik.  Dehydrierte Pferde zeigen zudem deutliche Anzeichen von Teilnahmslosigkeit bzw. Abgeschlagenheit, starker Flüssigkeitsverlust (z. B. starkes Schwitzen ohne die Möglichkeit zu Trinken; Blutverlust) kann sogar zum Schock führen. Eine langfristig geringe Wasseraufnahme erhöht die Wahrscheinlichkeit für Harnsteine und Nierenerkrankungen. Jedoch auch ein übermäßiges Durstgefühl – und dadurch erhöhte Harnproduktion – kann ein Krankeitsanzeichen sein, z. B. für Leber- und Nierenerkrankungen. Das ist ein Grund, den Tierarzt zu rufen! 

Den Wasserhaushalt und die Kreislaufsituation kann man selbst so überprüfen: Wenn man eine Hautfalte am Hals hochzieht, sollte sie sofort wieder glatt werden (bei älteren Pferde dauert das natürlicherweise etwas länger) und nicht stehen bleiben. Die Schleimhaut im Maul soll immer feucht und blassrosa sein. Wenn man mit dem Finger dagegen drückt,  verschwindet  bei einem gesunden Pferd der weiße Fleck sofort wieder. Bei stark ausgetrockneten Pferden wirken auch die Augen trocken und eingesunken.

Stark erhitzte und erschöpfte Pferde dürfen keine großen Mengen Wasser, vor allem kein kaltes Wasser, rasch in sich hineinschütten – das kann zu einer Krampfkolik führen. Besser ist es, erst kleine Portionen anzubieten, bis das Pferd sich beruhigt und abgekühlt hat. Man kann ein Pferd beim Trinken bremsen, in dem man etwas Heu oder Stroh  auf die Wasseroberfläche gibt.

Anforderungen an das Tränkwasser
Für das menschliche Trinkwasser gibt es eine „Trinkwasserverordnung“ der EU, die Anforderungen und Grenzwerte festlegt. Vergleichbare Vorschriften existieren für Tränkwasser für Tiere nicht. Tränkwasser fällt auch nicht unter die Futtermittelverordnung, da es ja nicht speziell für Tiere hergestellt und vermarktet wird. Laut Futtermittelhygieneverordnung muss Tränkwasser „geeignet“ sein, das bedeutet, es muss
– schmackhaft sein, so dass die Tiere freiwillig genügende Menge aufnehmen,
– verträglich sein, das bedeutet, es darf keine Stoffe enthalten, die auf die Gesundheit der Tiere (und auf eventuell  aus den Tieren produzierte Lebensmittel) nachteilig oder schädlich wirken, und es muss
– verwendbar sein – es darf auf Leitungen und Tränkeeinrichtungen keine nachteiligen Einwirkung haben; wenn es zur Zubereitung von Futter verwendet wird (z. B. Mash), darf es auch dieses nicht beeinträchtigen.
Darüber hinaus müssen die Tränkanlagen so gebaut sein, dass eine Kontamination des Wassers so gering wie möglich gehalten wird; sie müssen regelmäßig gewartet und gereinigt werden.

Verunreinigung vermeiden
Wenn das Trinkwasser für die Pferde aus dem öffentlichen Versorgungsnetz stammt, ist die Qualität in der Regel einwandfrei. Es kann aber zu Verunreinigung auf dem Hof durch defekte Leitungen kommen! Bei hofeigenen Quellen oder Brunnen sind Verunreinigungen möglich durch Düngung oder Gülle (hohe Gehalte an Kalium und Natrium; Kontamination mit Fäkalkeimen). Durch bakteriellen Abbau von organischem Material entstehen Ammoniak und Schwefelwasserstoff – das Wasser schmeckt faulig. Hohe Konzentrationen an Natrium, Kalium, Eisen und Sulfat erzeugen ebenfalls einen unangenehmen Geschmack. So ist bei einem Eisengehalt von über 2 mg/l die Wasseraufnahme bei Tieren schon oft vermindert. Ein hoher Kalziumgehalt wirkt sich vor allem auf die Technik negativ aus, da es zu Kalkablagerungen kommen kann.
Hinsichtlich der mikrobiologischen Qualität wird möglichst Trinkwasserqualität angestrebt. Dass bedeutet:  Aerobe Gesamtkeimzahl max. 1.000 koloniebildende Einheiten (KBE)/l bei 37 °C bzw. max. 10.000 KBE/l bei 20 °C; frei von E. coli und coliformen Keimen in 10 ml; frei von Salmonellen und Campylobacter in 100 ml.

Dr. Stefanie Handl ist Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik, Diplomate ECVCN und hat jahrelang Erfahrung in der Ernährungsberatung im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Vetmeduni Wien. Sie bietet unter www.futterambulanz.at auch eine professionelle Ernährungsberatung für Tiere an.

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