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Winter-Tipps für Praktiker & Selbermacher
05.12.2015 / Wissen

Viele Pferde „stehen sich im Winter krank" – viel Bewegung und Koppelgang stärken Gesundheit und das Immunsystem und sorgen auch dafür, daß keine Langeweile aufkommt.
Viele Pferde „stehen sich im Winter krank" – viel Bewegung und Koppelgang stärken Gesundheit und das Immunsystem und sorgen auch dafür, daß keine Langeweile aufkommt. / Foto: Martin Haller

In der Pferdehaltung ist der Winter fast immer eine Zeit der eingefrorenen Tränken, der Mehrarbeit und der Ratlosigkeit bei unvorhergesehenen Problemen. Horsemanship, Hirnschmalz und ein wenig Kreativität können helfen, seine Pferde gut, gesund und ohne riesige Zusatzkosten durch den Winter zu bringen, wie ProPferd-Autor Martin Haller verrät.

 

Ob groß oder klein, fast jeder Betrieb ist von den alljährlichen, saisonalen Winterproblemen betroffen. Sie wären zum Teil zu verhindern, wenn man rechtzeitig Vorkehrungen träfe oder zumindest einige witterungsbedingte Eigenheiten beachten würde. Hier einige Tipps aus der Praxis, die eventuell nicht ganz neu sind, aber dennoch wert, sich ihrer wieder zu erinnern…

Die Winterfütterung
Pferde haben ein starkes Erbgedächtnis, das seit Urzeiten auf saisonale Reize reagiert. Im Herbst nehmen Robustpferde auch bei gleichem oder sogar weniger Futter zu und legen sich einen Winterspeck zu. Man sollte daraus achten, dass vor allem kleine Ponys nicht adipös werden, da sonst im Frühjahr das Hufrehe-Risiko enorm steigt. ABER: Nichts wärmt ein Pferd besser, als die mikrobielle Verwertung von Grundfutter, also Rohfaser-Verdauung im Dickdarm. Daher ist es unbedingt nötig, im Winter auf ausreichende Versorgung mit faserreichem Raufutter zu achten, am besten über die Futtermittel „gutes Stroh“ und „grobes Heu“. Eine ad libitum-Vorlage wäre ideal, muss aber bei extrem leichtfuttrigen Tieren doch hinsichtlich Menge und/oder Fresszeit begrenzt werden. In vielen Betrieben wird viel Futter durch sorglose Vorgabe verschwendet; die Pferde trampeln es im Winterhalbjahr einfach in den Matsch. Die einfachste Abhilfe schaut so aus: Man lässt auf einer möglichst ebenen Fläche im Herbst eine Fuhre Grädermaterial oder Betonschotter (16er-Körnung) aufbringen und ebnet sie ein (Kosten ca. 20 € pro Tonne). Dann gibt es zwei weitere Möglichkeiten: Man legt eine feste Plane darauf und stellt auf diese einen Beton-Brunnenring von entsprechenden Maßen, also ca. 1,5 m Durchmesser und mindestens 60 cm Höhe (Kosten ca. 200 €). Da kommt das Heu und Stroh hinein, am besten ein Rundballen. Alternativ kann man eine Europalette ringsum mit 10 cm breiten Brettern verschrauben, damit kein Pferd einen Huf hineinstecken kann. Eine Palette ist genau 120 cm lang und 80 cm breit – starke Schrauben verwenden! Die Palette kommt auf die Plane, auf sie der Rundballen. Jeder Rundballen kann gegen Niederschlag mit einem stabilen Sonnenschirm geschützt werden; man schlägt mit einem Gummihammer (!) den spitzen Unterteil genau in die Mitte des Ballens und steckt dann den Schirm darauf – aufspannen und fertig. Die Netzwickelung des Ballens von oben rundum ca. 30 cm herunterziehen, und alle ca. zwei bis drei Tage weiter nach unten rollen. Sobald ein Risiko besteht, dass die Pferde sich verfangen könnten, muss die Wicklung entfernt werden. Abdecken mit einem geeigneten Netz verlängert die Fressdauer und schützt den geöffneten Ballen – sehr empfehlenswert.

Das Tränken im Winter
Die meisten Stallbetreiber sparen – am falschen Platz! Wer auf beheizte Tränksysteme verzichtet, muss schleppen. Pferde saufen im kalten Wetter oft wenig, mitunter zu wenig. Sie brauchen aber wegen des vielen Raufutters mehr Wasser, das natürlich sauber, frisch und eisfrei sein muss. Die Einrichtung einer Begleitheizung ist oft auch im Nachhinein möglich und muss vom Profi ausgeführt werden. Es gibt effiziente Systeme im Fachhandel ab ca. 40 bis 60 € pro Anschluss oder Tränker, dazu kommt ein beheiztes Becken um ca. 100 € oder etwas mehr. Eine Investition, die sich unbedingt lohnt und sicherstellt, dass kein Pferd durstet. In jedem Fall sollte man die Wasserhähne in den Stallanlagen frostfrei machen, damit man notfalls mit Kübeln tränken kann. Wer auf Paddocks oder Koppeln mit Wannen tränkt, der sollte basteln: Man kann zwei Mörteltröge aus dem Baumarkt in unterschiedlichen Größen (Kosten ca. 10 € pro Stück) ganz einfach selbst isolieren. Dazu legt man ein passendes Stück Styropor auf den Boden des größeren Troges und schäumt alles mit Bauschaum (ca. 5 € pro Dose) aus. Dann setzt man den kleineren Trog exakt mittig hinein und schäumt den Zwischenraum aus, bis oben etwas Schaum überquillt, den man nach drei Stunden mit einem Messer glattschneidet. Für einen solchen Wintertrog braucht man ca. eine große Dose Schaum. Den Trog stellt man auf eine kleine Palette, denn Luft isoliert sehr gut, und die meiste Kälte kommt vom Boden. Bei strengem Frost kann man auf das Wasser ein passendes Stück Styropor von mindestens drei Zentimeter Stärke legen, das mittig ein Loch von 15 cm Durchmesser hat, aus dem die Pferde saufen. Friert trotzdem über Nacht alles ein, so braucht man eine Thermoskanne, mit der man heißes Wasser mitbringt und die Tröge oder Selbsttränken auftauen kann – NIE offene Flammen verwenden! Pferde saufen übrigens nachweislich aus größeren Gefäßen mehr als aus kleineren.

Wintersport für Pferde
Bewegungsmangel kann zu allerlei Zuständen führen, z. B. dicke Beine, Kreuzverschlag, Kolik und Husten (tiefe Atmung fehlt) usw. Viele Pferde „stehen sich im Winter krank“. Daher ist es wichtig, für ausreichend Bewegung zu sorgen, auch wenn Wetter und Tagesdauer dagegen sind. Besser, die Pferde mit einem Ballen Stroh und nötigenfalls auch mit einer Decke auf eine Koppel zu stellen, als sie im Stall versauern zu lassen. Nur rund 30 % aller Atemwegserkrankungen haben KEINE virale Ursache, sind also „Verkühlungen“ oder „Staubreaktionen“. Ansteckungen mit Viren sind aber durch „Im-Bett-bleiben“ nicht zu verhindern oder sogar häufiger, weil das Immunsystem schwach wird. Pferde empfinden bis ca. minus 20 Grad Celsius KEINE Kälte – sofern sie sich etwas bewegen können und genug Grundfutter im Bauch haben. Longieren, Schrittmaschine, Auslauf im Paddock und/oder Ausritte im Winter-Wonderland sind also notwendig und angesagt. Draußen wird Pferden leicht fad, wenn sie nicht grasen können, daher müssen die Zäune unbedingt in Ordnung sein, es sollte auch viel Zweige und Altholz zum Knabbern geben. ACHTUNG: Vorher kontrollieren, ob Giftpflanzen dabei sind. Mach mit Deinem Pferd täglich eine Schneeball-Schlacht, das macht Spaß, härtet psychisch ab und sorgt für Bewegung. Aber: Pferde sollten im Winter nicht nass geschwitzt sein, daher nach schweißtreibender Arbeit trocken geführt werden. Abschwitzdecken sind eine gute Sache, funktionieren meiner Meinung nach aber nur, wenn die Qualität stimmt.

Bei anhaltender Schneedecke sollten die Hufeinsen unbedingt runter, denn die braucht man dann nicht. Die Hufe können sich über zwei, drei Monate entspannen und entwickeln – dann halten sie den Beschlag im Sommer besser aus. Die Rutschgefahr auf Schnee ist barhuf minimal, Probleme wie leichte Strahlfäule, Pilzbefall oder brüchiges Horn werden meist im Schnee besser. Vor einem Ausritt kann man die Sohlen mit Huffett auspinseln, das verhindert das Einballen von Schnee (teilweise).

Matsch und Mauke
Das Anlegen von matschfreien Zonen als Ausläufe bei nassem Wetter ist aufwändig, aber erspart enorm viel Kopfzerbrechen, Tierarztkosten und Arbeit (Putzen, Ausmisten etc.). Nach meiner Erfahrung ist es ideal, eine relativ kleine Fläche pro Pferd perfekt zu befestigen und dafür eine relativ große Fläche bei Schönwetter (trockene Kälte, tiefer Schnee, Frost und Sonne…) anzubieten. Auf der kleinen, befestigten Fläche muss das Pferd aber gut gehalten sein – siehe oben unter Fütterung, Tränken und Beschäftigung; und sie muss penibel sauber gehalten sein. Beton- oder Asphaltdecken auf frostfreiem Untergrund oder zumindest verdichtete Schotter- oder Gräderbetten sind geeignet; die Ultima Ratio liegt aber in der fachgerechten Befestigung mit Paddock-Platten oder –gittern. Der Fachhandel bietet Lösungen ab ca. 12 bis 15 € pro Quadratmeter an, wobei hier immer die stabilsten Varianten zu bevorzugen sind. Vor allem Eingänge, Torbereiche, Tränkebereiche und Futterstellen müssen gut befestigt sein, denn da stehen die Pferde am längsten rum.
Nicht immer liegt die weiße Pracht üppig und romantisch über der Landschaft; über Wochen und Monate kämpfen sich Mensch und Pferd durch klebrigen, stinkenden Matsch, vor allem, wenn keine befestigten Winterausläufe vorhanden sind. Mauke ist die gefürchtet Konsequenz – meist eine bakterielle Infektion der Fesselbeugen (Dermatophilus congolensis; Dermatitis), aber auch andere ähnliche Krankheiten sind  bekannt – und sehr lästig (Pilze, Vaskulitis, Räude etc.). Die Bakterien dringen durch nasse und schmutzige Haut leichter ein und vermehren sich explosiv. Die Vorbeugung erfolgt am besten durch penibles Trockenhalten und einen Hautschutz. Das heißt in der Praxis: Vor jedem Auslauf oder Ritt auf die sauberen Fesseln einen üppigen Schutzfilm aus Melkfett, Vaseline oder einer anderen geeigneten Creme auftragen. Nach jedem Schlammbad die Fesseln mit saugenden Tüchern oder Zellstoff gründlich trockenreiben und wenn möglich mit einem Fön trocknen; dann eine antiseptische Lotion oder besser ein Puder auftragen. Alternativ kann man die Beine durch Anlegen von Arbeitsbandagen schützen, die allerdings unbedingt mit Klebeband gesichert sein sollen, wenn man das Pferd allein lässt (eigentlich aber immer). Dass die Bandagen nur kurzzeitig angelegt werden, versteht sich von selbst; also nie bei Pferden, die ganztags oder hauptsächlich draußen leben. Einmal vorhanden, ist Mauke in Konsultation mit dem Tierarzt zu behandeln – nach meinen Erfahrungen sind Eigenbehandlungen – vor allem mit Haus- und Wundermittelchen – erfolglos.

Kleine, böse Gäste
Der Winter treibt das Ungeziefer in die Gebäude, denn auch Maus, Ratte und Co. haben es gerne warm – und futtern allemal mit den Pferden mit. Im Herbst beginnt meist unmerklich die Invasion der Nager und anderer ungebetener Gäste; wenn man sie bemerkt, ist es schon zu spät, denn dann SIND SIE SCHON DA! Wenn man eine Maus im Haus sieht, so sind schon drei andere unbemerkt vorhanden, es ist also höchste Zeit, was zu unternehmen. Warum, so ein Mauserl macht doch nix, oder? Doch, die Viecher koten in sämtliche Nahrungsmittel (pferdisch und menschlich), sie übertragen Krankheiten (Hanta-Virus etc.) und zerstören Elektroleitungen, Futterbehälter und alle Textilien. Ein ungestörtes Mäusepaar kann und wird in einem Jahr 2000 (!) Nachkommen erzeugen. Bleiben die ungestört, dann geht die Kurve steil weiter nach oben; also ist es besser, den Anfängen zu wehren, bevor die Mäuse den Hof übernehmen. Aber wie? Aus Erfahrung sage ich: schnell, gnadenlos und ohne Unterbrechung. Die Mittel der Wahl sind Katzen, die traditionellen Schnappfallen aus Holz (alle anderen, teureren, modernen Systeme sind Flops) und Giftköder. Katzen dürfen aber ebenfalls keinen Zutritt zu Futtermitteln und loser Streu haben, denn auch sie entleeren sich bevorzugt in Schüttgut (losen Hafer, Pellets, Sägespäne etc.). Es ist jedoch viel einfacher, die Katzen fern zu halten, als die Mäuse; über den Hund-Katze-Konflikt kann hier nicht eingegangen werden. Katzen fangen nur dann viele Mäuse, wenn sie halbwegs gut gefüttert werden, also bei Kräften sind; die Idee, die Katzen halb verhungern zu lassen, damit sie gut mausen, ist meist falsch. Viele Katzen geben dann aus Schwäche auf und lungern nur herum.

Mausefallen funktionieren nur gut, wenn man sie extrem fein einstellt und einen klebrigen Köder verwendet, am besten weiche Nuss-Schokolade. Speck- oder Käsestücke sollte man mit einem Pin (von der Pinwand) befestigen, damit die Maus daran ziehen muss. Auch dann ist nur etwa jedes dritte Beködern erfolgreich; Mäuse lernen schnell. Fressködern bewähren sich gut, man sollte sich aber immer genau merken, wo man wie viele davon ausgelegt hat (Liste führen). Sie sollten unter einem Korb oder unter einer schweren Holzkiste liegen, wo „grad eine Maus reinkommt“. Zwar sind sie vergällt und für Haustiere wenig gefährlich, aber sicher ist besser. Das penible Ersetzen der Köder bis zur „vermutlichen Mäusefreiheit“ ist unbedingt nötig, sonst ist man wieder am Anfang des Spiels; auch sollte man die neuralgischen Stellen beködert lassen, wenn grade keine Schädlinge vorhanden sind.

Unbedingte Sauberkeit ist oberstes Gebot. Alle Futtermittel (für Mensch, Pferd, Hund, Katze, Vögel…) sind am besten in dickwandigen Metallbehältern aufzubewahren. Jedes Haferkorn ist für die Mäuse ein Leckerbissen.

Den Kopf halt kühl
… die Füße warm, so machst Du jeden Doktor arm. Ein wahres Sprichwort, aber mit Einschränkungen. Über den Kopf und die Hände verliert man bei extremer Kälte sehr viel Körperwärme, also sind eine leichte Haube und Handschuhe notwendig. Ich bevorzuge ein Stirnband und Handschuhe mit Fingerlöchern, damit ich sie bei sensiblen Arbeiten nicht ausziehen muss. Extrem angenehm sind Handschuhe mit einem Verbindungsband (selber machen), die man ausziehen und um den Hals baumeln lassen kann. So hat man sie griffbereit und verliert sich nicht dauernd. Winterstiefel mit absolut rutschfesten Sohlen sind ein Muss – Unfälle durch Stürze sind vermeidbar. Bei Glatteis helfen Spikes, die man über das Schuhwerk ziehen kann (Kosten ca. 10 €). Etwas mühsam anzulegen, aber im Notfall empfehlenswert – und deutlich besser als mit Beinbruch ins Spital zu müssen. Stiefelwärmer gibt es im guten Sport-Fachhandel, sie sind batteriebetrieben und funktionieren sehr gut; eine Erleichterung während endloser Reitstunden in eisiger Halle. Stiefel lieber eine Nummer größer kaufen und ein Paar Socken extra darunter – das lässt „Spielraum“ für die Zecherln. Überhaupt ist das Prinzip „Zwiebelschale“ noch immer das Beste, wobei der guten Unterwäsche die größte Bedeutung zukommt. Hochwertige Thermo-Wäsche gibt es im Alpin- und Jagdzubehör-Handel, wo man übrigens auch das beste Schuhwerk und die besten Socken für alle Jahreszeiten bekommt. Jäger haben es gerne warm… innen und außen. Übrigens wärmt Schnaps nur subjektiv – Alkohol bei Frost ist Quatsch, weil er die Blutzirkulation hemmt.

Der beste Regenschutz ist ein wasserdichter Poncho, den man schnell an- und ausziehen kann und der volle Bewegungsfreiheit zulässt. Wer gute Jacken bevorzugt, wird beim Segelzubehör fündig – der „Friesen-Nerz“ kleidet auch Reitersleute. Bei Arbeiten in Verkehrsnähe und in der Dunkelheit, die ja ab ca. vier Uhr einfällt, sollte man unbedingt einen Reflektor tragen. Es ist ein Paradoxon, dass man ausgerechnet im Winter, wo Licht und Sichtbarkeit mangelhaft sind, dunkle Kleidung bevorzugt. Gute Reflektoren sind im Reitsporthandel erhältlich, aber auch im KFZ-Zubehörhandel billig zu haben (ab ca. 5 € für einen Gürtel). Sie nützen übrigens nur, wenn man sie auch anlegt. Und hast Du an deinen Hund gedacht? Der läuft ja auch abends mit zur Koppel; auch für den und selbstverständlich für das Pferd gibt es Reflektoren in verschiedensten Formen und Ausführungen.                          Martin Haller

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