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Sicherheit in der Reitbahn
04.07.2016 / Wissen

In der Reitbahn müssen elementare Sicherheitsregeln eingehalten werden.
In der Reitbahn müssen elementare Sicherheitsregeln eingehalten werden. / Foto: Archiv

Unfälle in der Reitbahn – ob im Freien oder in einer Halle – sind keine Seltenheit und beschäftigen regelmäßig Gerichte und Sachverständige. Dr. Reinhard Kaun hat die wichtigsten Sicherheitsregeln zusammengefasst.

 

Hallen– und Bahnregeln existieren zwar seit mehr als hundert Jahren, werden aber selten oder kaum beachtet, weil sie weiten Reiterkreisen unbekannt sind. Reitlehrer und Trainer aller Stile sind angehalten, Jugendliche und Reitanfänger immer wieder auf die unfallverhindernde Bedeutung der Bahnregeln hinzuweisen.

Derjenige Reiter, der einer klassischen Ausbildung folgt, bewegt sich seit Jahrhunderten in der Reitbahn und weiß, wie wichtig Bahnregeln für ein gedeihliches Nebeneinander von Pferd und Reiter auf begrenztem Raume sein können und sind.

Reitweisen, die ihre Wurzeln nicht in der Reitbahn oder auf dem Exercierplatz haben, wie Working Equitation oder Westernstil, sind als „Arbeitsreitstile der Rinderarbeit“ naturgemäß zunächst in einer Reitbahn etwa eingeengt, was solange keine Schwierigkeiten bereitet, als Reiter und Pferde dieser Reitweisen unter sich sind. Speziell das sozial höchst verträgliche Quarter Horse fühlt sich in der Regel selbst dann nicht beengt, wenn es mit 15 oder 20 Artgenossen auf engstem Raum gearbeitet wird.

Problematisch kann eine Situation aber dann werden, wenn Pferde, speziell Warmblutpferde, die in klassischer oder englischer Manier geritten werden, in der Reitbahn auf Pferde treffen, die in anderen Reitweisen beheimatet sind, die andere als die gewohnten Lektionen ausführen und deren Gangmuster vom gewohnten Bild klassischer Ausbildung abweicht.

In diesen Fällen, in denen unterschiedliche Reitweisen und Arbeitsstile im begrenzten Raum einer Reitbahn aufeinander treffen, ist gegenseitige Rücksicht die beste Unfallverhütung.

Es scheint deshalb angezeigt, eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten und der Sicherheit dienenden Bahnregeln aufzuzeigen:

– In der Reitbahn dürfen sich „zu Fuß“ nur Unterrichtspersonen aufhalten.

– Gespräche vom Sattel aus mit Personen an der Bande oder auf den Tribünen sind zu unterlassen, weil sie für Andere störend sind.

– Die Reitbahn kann mit berittenem oder geführtem Pferde betreten werden. In jedem Fall wird vernehmbar gegrüßt.

– Wird das Pferd an der Hand geführt, darf bei englischer Zäumung der Zügel nicht am Halse verhängt sein, sondern muss mit beiden Händen geführt werden, das western gezäumte Pferd wird in der Regel am linken Zügel geführt, während der rechte Zügel am Knauf versorgt ist.

– Der Reiter, der im Sattel oder mit geführtem Pferd die Bahn betritt, hat sicher zu stellen, dass er von allen in der Bahn befindlichen Reitern bemerkt wird. Üblicherweise ruft er dazu „Tor frei“ und wartet die die Antwort „Tor ist frei“ ab.

– Dieser Vorgang ist auch bei Verlassen der Bahn einzuhalten – speziell ist auf diese Kontaktaufnahme zu achten, wenn nur mehr ein einzelnes Pferd in der Bahn verbleibt.

– Auf- und Abgesessen wird auf der Mittellinie und nicht beim Eingang.

– Unkorrektes Verhalten einzelner Reiter kann vom „Dienst ältesten“ Reiter in der Bahn oder von einem Reitlehrer ermahnt werden.

– Beim Reiten in der Bahn begegnen einander grundsätzlich die linken Hände der Reiter (wie im Straßenverkehr!).

– Der Reiter auf der linken Hand hat Vorrang, ebenso der Reiter am Hufschlag.

– Beim Reiten einer großen Tour (Volte) hat der Hufschlag freizubleiben.

– Schritt wird auf dem 2. Hufschlag (mindestens 2 m von der Wand/Bande entfernt) geritten.

– Auf dem Hufschlag wird bei Anwesenheit anderer Reiter in der Bahn nie zum Halt durchpariert.

– Vorreiten, d.h. Überholen eines anderen Reiters, ist nicht gestattet – es muss prinzipiell abgewendet werden.

– Für Longierarbeit ist das Einverständnis der in der Bahn Reitenden einzuholen; es dürfen nicht mehr als zwei Pferde zeitgleich longiert werden.

– Pferdedecken und Kleidungsstücke sowie andere Utensilien (Handy, Getränkeflaschen, Fliegenmittel usw.) sollten nicht auf der Bande oder innerhalb der Bahn abgelegt werden, wenn andere Reiter oder deren Pferde dadurch irritiert werden.

– Rauchen im Sattel ist nicht nur unsportlich, sondern auch gefährlich und haftungsrelevant, die Kippe auf dem Boden des Reitplatzes zu entsorgen ist schlechtes Benehmen pur.

– Rauchen in der Reitbahn oder Reithalle ist prinzipiell zu unterlassen – auch von Lehrpersonal, Zuschauern oder Besuchern.

– Im Umfeld des Pferdebereichs (Koppeln, Wiesenwege, kleine Rasenstücke) sind Zigarettenkippen durch sofortiges - für Pferde gefahrloses - Entfernen zu entsorgen.

– Mist des eigenen Pferdes ist unverzüglich nach beendeter Arbeit aus der Reitbahn zu entfernen.

– Will ein Reiter sein Pferd nach der Arbeit wälzen lassen, hat er das Einverständnis der in der Bahn befindlichen Reiter einzuholen.

– Sicherheitsabstände:
   o Bei offener Aufstellung (nebeneinander) ca. 2.5 m von Bügel zu Bügel
   o Bei geschlossener Aufstellung: Bügel an Bügel
   o Im Schritt mindestens eine Pferdelänge
   o Im Trabe mindestens zwei Pferdelängen
   o Im Galopp mindestens drei Pferdelängen
   o 1 Pferdelänge = ~ 3 m.
   o 1 Pferdebreite = ~ 80-100 cm.

– Reiter, die sich nicht in klassischen Hufschlagfiguren bewegen, haben auf solche, die zeitgleich auf der Basis klassischer Figuren arbeiten, Rücksicht zu nehmen.

– Westernreiter, die für höhere Prüfungen trainieren, sollten Mitreiter in der Bahn über ihre geplanten Lektionen (Spin, sliding stop, Roll back) in Kenntnis setzen, bevor deren Pferde beunruhigt werden.

NACHSATZ: Ich möchte festhalten, dass sich meine Vorschläge nicht auf Turnierverhältnisse bezogen haben, ferner, dass mir sowohl Rassismus und Fanatismus in Bezug auf Pferdesport zutiefst zuwider sind. Es gibt im Grunde nur gute Reiter oder schlechte Reiter – welcher Reitstil jeweils gepflogen wird, ist dabei unerheblich. Gute Reiter erkennt man u.a. auch daran, dass sie auf andere Reiter und deren Pferde im Stall, in der Reitbahn, im Gelände, aber auch am Turnier Rücksicht nehmen. Ihr Dr. Reinhard Kaun


Univ.Lektor VR Mag. Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (Sachverständigenbüro für klinische und forensische Veterinärmedizin, Tierhaltung & Pferdewissenschaften) Kontakt: 2070 Retz, Herrengasse 7, Web: www.pferd.co.at | www.pferdesicherheit.at

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