Magazin 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Schon gewusst: Wieso schäumen Pferde beim Schwitzen?
06.07.2016 / Wissen

Das Protein Latherin ist ein Hauptbestandteil im Pferdeschweiß und ermöglicht die kühlende Verdunstung durch das an sich wasserdichte Pferdefell hindurch.
Das Protein Latherin ist ein Hauptbestandteil im Pferdeschweiß und ermöglicht die kühlende Verdunstung durch das an sich wasserdichte Pferdefell hindurch. / Foto: Stefan Seiberl

Haben Sie sich jemals gefragt, wieso Ihr Pferd schäumt, wenn es schwitzt? Dafür ist ein bestimmtes Protein verantwortlich, das erstaunliche Eigenschaften hat und passenderweise den Namen Latherin (von engl. lather = der Schaum) trägt.

 

Das Schwitzen zur Kühlung der Hautoberfläche bzw. zur Regulierung der Körpertemperatur ist ein Mechanismus, der auch von Menschen genutzt wird, aber bei Säugetieren ansonsten selten vorkommt und fast ausschließlich den Primaten vorbehalten ist.

Daß auch Pferde schwitzen (können), ist somit an sich schon sehr ungewöhnlich – und wird noch ungewöhnlicher durch die besondere Art und Weise, wie sie es tun: Sie produzieren einen einzigartigen, sehr proteinreichen Schweiß, um die Körpertemperatur zu regulieren – und dabei spielt ein Protein namens Latherin eine zentrale Rolle.

Latherin ist ein Hauptbestandtteil im Pferdeschweiß und funktioniert als ein Tensid. In niedrigen Konzentrationen bewirkt es eine bedeutende Reduktion der Wasseroberflächenspannung und fungiert daher vermutlich als Netzmittel, um die kühlende Verdunstung durch das an sich wasserdichte Pferdefell hindurch zu ermöglichen bzw. zu begünstigen.

Ein Forscher-Team unter der Leitung von Rhona McDonald vom Departartment of Ecology and Evolutionary Biology an der University of Glasgow hat die ungewöhnlichen Eigenschaften von Latherin näher unter die Lupe genommen und die Ergebnisse im Journal PLOS One 2009 veröffentlicht.

Die Regulierung der Körpertemperatur stellt Pferde vor ein grundsätzliches Problem: Sie haben ein dickes, wasserdichtes, haariges Fell, das normalerweise den schnellen Weitertransport von Wasser von der Haut zur Haar-Oberfläche unterbinden würde, der für eine kühlende Wirkung notwendig wäre.

„Um dieses Problem zu lösen“, so die Forscher in ihrer Studie, „scheinen Pferde ein oberflächenaktives, waschmittelähnliches Protein entwickelt zu haben, das sie in einer ungewöhnlich hohen Konzentration in ihrem Schweiß ausscheiden (menschlicher Schweiß ist sehr salzhaltig, aber wenig proteinreich). Dieses Protein – Latherin – wirkt vermutlich dadurch, dass es die Haare – durch Senkung der Wasseroberflächenspannung – gleichsam anfeuchtet und so den Wasserfluss für die Verdunstung erleichtert. Ein Nebeneffekt von Latherin ist eben das Schäumen, das man oft im Fell von schwitzenden Pferden sieht – besonders dort, wo Reibung entsteht.“

Doch der für die Verdunstung und Kühlung so willkommene Effekt von Latherin hätte einen wesentlichen Nachteil: Das Ablagern einer großen Menge an Proteinen im Fell der Pferde wäre ein erhebliches Risiko, da die Proteine für Mikroorganismen (Keime, Bakterien etc.) einen willkommenen Nährboden darstellen würden.

Aber auch für dieses Problem hat die Natur vorgesorgt – indem es Latherin nämlich zugleich auch mit einer antimikrobiellen Wirkung ausgestattet hat. Dazu die Wissenschaftler: „Solch eine duale Funktion würde für Latherin Sinn machen, da das Fell der Pferdes schnell von Mikroorganismen kolonialisiert würde, die potentiell sowohl für das Haar als auch die Haut schädlich sein könnten – der proteinreiche Schweiß würde reichlich Ressourcen für das Überleben der Mikroorganismen liefern." Tatsächlich ist Latherin weitläufig verwandt mit Proteinen, die direkt antimikrobial sind, wenngleich die Forscher eine unmittelbare Interaktion zwischen Latherin und typischen Bakterien nicht feststellen konnten.

Und noch ein Aspekt ist bemerkenswert: Latherin ist ein bereits länger bekanntes Protein, das bei vier geographisch weit verstreuten Equiden-Arten (Pferden, Zebras, Onagern und Eseln) vorkommt und einer Gruppe von Proteinen, die zuvor nur in den Mäulern und dazugehörigen Geweben gefunden wurde, sehr ähnlich ist. Latherin wurde außerdem in den Speicheldrüsen der Pferde festgestellt.

Das Resümee der Forscher: „Einhufer haben somit ein Schleimhautprotein im Mund und in den Speicheldrüsen angelegt, das zwei Zwecken ihrer speziellen Lebensweise dient – nämlich der Notwendigkeit nach schneller und effizienter Wärmeableitung und ihrer Spezialisierung für das Kauen und Verdauen von großen Mengen an Trockenfutter.“ Ein kleines Wunderding also, ohne das die spezifische Lebensweise von Pferden undenkbar wäre!

Die Studie „Latherin: A Surfactant Protein of Horse Sweat and Saliva“ von Rhona E. McDonald, Rachel I. Fleming, John G. Beeley, Douglas L. Bovell, Jian R. Lu, Xiubo Zhao, Alan Cooper und Malcolm W. Kennedy ist im Mai 2009 im Journal PLOS One erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen