Magazin 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Schon gewusst: Stoffwechsel von Hauspferden ist extrem anpassungsfähig
16.07.2016 / Wissen

Der Organismus von Shetland-Ponys ist äußerst flexibel und kann sich an jahreszeitliche Schwankungen und Nahrungsmangel sehr gut anpassen.
Der Organismus von Shetland-Ponys ist äußerst flexibel und kann sich an jahreszeitliche Schwankungen und Nahrungsmangel sehr gut anpassen. / Foto: Martin Haller

Domestizierte Pferde haben sich – wie ihre wildlebenden Vorfahren – eine extreme Anpassungsfähigkeit an ihre Umwelt- und Lebensbedingungen bewahrt und können bei Futtermangel ihre Herzfrequenz und Körpertemperatur deutlich absenken.

 

Warmblütige Tiere können im allgemeinen auch bei Kälte weiter „fuktionieren", müssen dazu aber ihre Körpertemperatur aufrechterhalten, was einen entsprechend höheren Energieaufwand mit sich bringt. Um diesen Aufwand möglichst gering zu halten, haben einige Spezies die Fähigkeit entwickelt, ihre Körpertemperatur abzusenken – wobei man bisher davon ausging, dass Tiere diese Eigenschaft als Folge ihrer Domestizierung allmählich verlieren würden bzw. in vielen Fällen bereits verloren hätten.

Studien bei Przewalski-Pferden – der einzigen Wildpferde-Art, die bis heute überlebt hat – haben gezeigt, dass sie sich diesen umweltabhängigen „Kontrollmechanismus" über ihre Körpertemperatur erhalten haben. Die Wissenschaftlerin Lea Brinkmann und ihre Kollegen von der Universität Göttingen, Deutschland, haben daraufhin untersucht, ob diese Eigenschaft auch bei domestizierten Pferden noch immer vorhanden ist. Sie führten eine Studie durch, um zu sehen ob Shetland-Ponys, eine der frühesten domestizierten Pferderassen, ihre Körpertemperatur unter Nahrungsmangel noch immer senken könnten. Das Team untersuchte eine Gruppe von 10 Ponys über ein Jahr und kontrollierte dabei die Temperatur unter der Haut und im After, den Herzschlag, den Zustand und die Aktivität. Sie bemerkten, dass im Sommer die Unterhaut-Temperatur nächtens absank, in der Dämmerung am niedrigsten war und mittags einen Hochstand aufwies. Laut Team sei das übereinstimmend mit einem flachen Tages-Stoffwechsel. Zu Winterbeginn teilte man die Ponys in zwei Gruppen: Eine erhielt die volle Rationen, die andere eine kontrollierte Diät von nur rund 30% der Nahrung der ersten Gruppe.

Die Gruppe auf Diät hatte an kalten Tagen deutlich (um bis zu 1,1 Grad) tiefere Hauttemperaturen als die Kontrollgruppe, besonders bei unter Null Grad Außentemperatur. Durchschnittliche Herzschlagsrate und Bewegungsfreude folgten dem selben Muster wie die Begleittemperaturen. Der Herzschlag sank bei den Diät-Ponys deutlich ab, von 52,8 Schlägen pro Minute im Sommer auf 29 im Winter. Das war ein eklatanter Unterschied zu den normal gefüttterten Ponys und weist auf einen niedrigen Stoffwechsel hin. Auch waren die Ponys deutlich weniger aktiv als im Sommer: In der heißen Jahreszeit konnte man bei den Ponys bis zu 25.000 Bewegungsimpulse pro Tag messen – zu Winterende waren es nur noch 7.000.

Das Resümee der Forscher war daher eindeutig: „Unsere Ergebnisse zeigen bei den untersuchten Shetlandponys deutliche Anzeichen eines Winter-Stoffwechsels, der durch niedrige Herzfrequenz und Unterhauttemperatur angezeigt wird", so die Wissenschaftler. „Domestizierte Pferde haben sich ganz offensichtlich die Fähigkeit erhalten, ihren Stoffwechsel an jahrezeitliche Schwankungen sowie an das Futterangebot anzupassen."

Die Studie „Adaptation strategies to seasonal changes in environmental conditions of a domesticated horse breed, the Shetland pony (Equus ferus caballus)" (übersetzt: ,Anpassungsstrategien einer domestizierten Hauspferderasse, des Shetlandponys, an saisonale Veränderungen der Umweltbedingungen' )von Lea Brinkmann, Martina Gerken und Alexander Riek ist im Jahr 2012 im ,Journal of Experimental Biology' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen