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Haftpflichtversicherungen für Pferde – darauf kommt's an!
25.03.2015 / Wissen

Das Verhalten von Pferden ist nie 100 % vorhersehbar – mit einer Haftpflichtversicherung kann man sich vor Schadenersatzforderungen schützen.
Das Verhalten von Pferden ist nie 100 % vorhersehbar – mit einer Haftpflichtversicherung kann man sich vor Schadenersatzforderungen schützen. / Foto: Martin Haller

Eine Haftpflichtversicherung fürs Pferd ist für jeden Pferdehalter empfehlenswert – viele Ställe verlangen sie von ihren Einstellern sogar. Worauf man dabei achten sollte, hat ProPferd-Autorin Mimi Skolud recherchiert.

 

Im September 2006 kam es auf der Wiener Außenringautobahn bei Heiligenkreuz zu einem folgenschweren Unfall: Drei Pferde waren in der Nacht aus einer Koppel eines Bauernhofes ausgebrochen und auf die Autobahn gelaufen. Ein vollbesetztes Auto kollidierte mit zwei Pferden und überschlug sich mehrmals. Zwei Menschen starben, drei weitere wurden schwer verletzt – auch zwei Pferde kamen ums Leben.

Vorfälle wie dieser – der natürlich besonders tragisch verlief – sind der Albtraum jedes Pferdehalters und verursachen quälende Fragen: Was passiert, wenn mein Pferd irgendwann ausbricht und Personen- oder Sachschäden entstehen? Und wie kann ich mich vor den anfallenden Kosten schützen?

Schutz vor Schadenersatz

Die gängigste Möglichkeit, sich vor Schadenersatzforderungen zu schützen, ist der Abschluss einer Pferdehalterhaftpflichtversicherung. Schadenersatzpflichtig ist man immer dann, wenn durch Verschulden bzw. durch Vernachlässigung etwa einer Aufsichts- oder Verwahrungspflicht ein Schaden entstanden ist. Diesen würde – bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme – die Haftpflichtversicherung abdecken. Im eingangs erwähnten Beispiel wäre es z. B. denkbar, dass die Pferde aufgrund unzureichender oder sorgloser Verwahrung ausbrechen konnten – eindeutig ein Verschulden des Pferdehalters, der nach dem AGBG §1320 verantwortlich wäre: „Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat.“ Sprich: Der Pferdehalter müsste in diesem Fall für sämtliche Schäden, Schadenersatzforderungen, Schmerzensgeld, Kosten für Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte bzw. sogar dauerhafte Pflegekosten etc. aufkommen. Eine Privatperson allein wäre dazu kaum in der Lage – in diesem Fall ist eine Pferdehaftpflichtversicherung buchstäblich von existentieller Bedeutung. 

Deckungssumme

Womit wir beim vielleicht wichtigsten Punkt angelangt wären: der Versicherungssumme. Ein Hauptproblem vieler Pferdehalterhaftpflichtversicherungen ist eine zu niedrig angesetzte Deckungssumme. 1,5 Millionen Euro, wie von einigen Versicherungen standardmäßig angeboten, wären in einem Fall wie dem oben beschriebenen viel zu wenig. Auch bei einem sogenannten Serienschaden, d. h. eine Ursache erzeugt mehrere Geschädigte, zahlt die Versicherung die Deckungssumme nur einmal aus – sämtliche Ansprüche müssen daraus befriedigt werden. Alle darüber hinausgehenden Kosten müsste dann wieder der Tierhalter selbst übernehmen. Viele Experten empfehlen deshalb eine Versicherungssumme von mindestens 5 Millionen Euro, um auch größere Schadenssummen abdecken zu können. Nur zum Vergleich: Bei der gesetzlich vorgeschriebenen KFZ-Haftpflicht beträgt die Mindestversicherungssumme 7.000.000,– Euro – und selbst hier gibt es Fälle, in denen diese Summe nicht zur Deckung der verursachten Schäden ausreicht. Eine höhere Versicherungssumme bedeutet aber selbstverständlich auch höhere Prämien.

Fremdreiter & Mietsachschäden

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Abdeckung des sogenannten Fremdreiterrisikos. Öfter als man glaubt kommt es in der Praxis vor, dass der Pferdehalter sein Pferd einer anderen Person zum Ausritt oder zur Pflege überlässt („Geh, mach mir bitte mein Pferd, ich komm nicht aus dem Büro weg!“) – in diesen Fällen ist es wichtig, dass die Haftpflicht auch die Schäden versichert, die durch diese dritten Personen (Fremdreiter) entstehen. Das gleiche gilt für Reitbeteiligungen bzw. Mitreiter.

Auch sogenannte „Mietsachschäden“ – das sind z. B. Schäden an gemieteten Boxen, Stallungen – sind ein relevanter Punkt. Diese treten in der Praxis ebenfalls häufig auf – und sind meist nicht automatisch in der Pferdehaftpflicht inkludiert. Eine Expertin der Winter Versicherungsmakler Ges.m.b.H. dazu: „Bei Sachschäden ist darauf zu achten, dass die Versicherung bei Schäden an geliehenen oder gemieteten Sachen und Gebäuden, dazu gehören auch Pferdeanhänger, normalerweise keine Haftung übernimmt, außer dieser Punkt ist im Versicherungsvertrag ausdrücklich geregelt.“ Freilich gilt auch hier: Je mehr Risiken ich in die Haftpflicht einschließen möchte, umso höher wird die Prämie ausfallen.

Die Prämienhöhe

Womit wir bei einem heiklen Thema angelangt wären – dem lieben Geld. Wie hoch die Prämie für eine Pferdehaftpflichtversicherung ausfällt, hängt letztlich von folgenden Faktoren ab:
– Wie hoch ist die Deckungssumme? (je höher, umso höher die Prämie)
– Wie umfassend ist die Deckung? (je mehr Risiken inkludiert sind, umso höher die Prämie)
– Gibt es Selbstbehalte bzw. Sublimits? (d. h. ein Deckungslimit für eine bestimmte Schadensart, meist in Prozenten der Versicherungssumme angegeben, z. B. Flurschäden – 1 %)

Auch die Frage, um welches Pferd es sich genau handelt, kann einen Einfluss auf die Prämienhöhe haben – so sind bei manchen Gesellschaften Fohlen, Jungpferde oder Gnadenbrotpferde günstiger zu versichern als etwa aktive Turnierpferde.

Das digitale Zeitalter mit seinen vielen schlauen Online-Vergleichsportalen macht es heute relativ einfach, mehrere Versicherungsangebote miteinander zu vergleichen (etwa www.financescout24.de, www.comfortplan.de und www.vergleichen-und-sparen.de – um nur drei davon anzuführen). Zudem gibt es Makler, die sich auf Pferdehaftpflichtversicherungen spezialisiert haben und einen umfassenden Überblick über die gültigen Tarifangebote geben. Im Prinzip gilt: Je mehr Leistungen inkludiert sind und je höher die Deckungsssumme gewählt wird, umso höher klettert man auf der Tarif-Leiter. Dennoch sollte man in jedem Fall vergleichen – denn es gibt z. T. erhebliche Prämienunterschiede auch bei durchaus ähnlicher Versicherungsleistung. Scheinbar regelt der Markt doch nicht alles...

Nicht zu vergessen sind auch Varianten, bei der die Pferdehalterhaftpflicht in die Haushaltsversicherung integrierbar ist (z. B. von Zurich connect) – gegen eine entsprechende Aufzahlung. Es macht aber keinen substantiellen Unterschied, ob das Pferd bei der Haushaltsversicherung mitversichert ist und eine höhere Prämie bezahlt werden muss – oder ob man das Tier extra versichert.

Übernahme von Gerichtskosten

Erwähnenswert ist noch ein weiterer Aspekt: Die Aufgabe der Pferdehalterhaftpflichtversicherung ist nicht nur die Deckung berechtigter, sondern auch die Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche – z. B. wenn man nach einem Unfall auf Schadenersatz geklagt wird, obwohl man sich keiner Schuld bewusst ist. In diesem Fall übernimmt die Pferdehalterhaftpflicht die Kosten des Gerichtsverfahrens sowie Aufwendungen für Rechtsanwälte, Sachverständige etc. – und zwar unabhängig davon, ob mich schlussendlich doch ein Verschulden trifft oder nicht. Auch aus diesem Grund ist eine solche Versicherung zweifellos eine gute Sache, die jedem Pferdebesitzer dringend ans Herz zu legen ist – im eigenen Interesse.    Mimi Skolud


CHECKLISTE PFERDEHAFTPFLICHT
Wichtige Punkte, die man beim Abschluss einer Pferdehalterhaftpflichtversicherung beachten sollte:

1. Die Versicherung immer bei einem Makler abschließen und nicht bei der Versicherung selbst. Der Makler hat dem Kunden gegenüber Aufklärungspflicht und ist auch haftbar, wenn er dem Kunden einen nicht seinen Bedürfnissen entsprechenden Vertrag vermittelt hat bzw. Aufklärungspflichten verletzt hat

2. Stets mehrere Versicherungsangebote miteinander detailliert vergleichen

3. Deckungssumme hoch genug ansetzen

4. Prüfen, ob etwaige Selbstbehalte bzw. Sublimits vorliegen

5. Deckungsumfang detailliert abklären, dabei besonders auf folgende Punkte achten:
Mitversicherung von Fremdreiterrisiko und Reitbeteiligung, Mietsachschäden an Boxen, Pferdeanhängern, Reitutensilien etc., Haftpflichtansprüche von Reitbeteiligten und Fremdreitern gegen den Versicherungsnehmer sollten mitversichert sein, auf Wunsch auch die Teilnahme an Turnieren etc.

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