Magazin 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Diagnose: Spat!
21.04.2015 / Wissen

Fortgeschrittenes Stadium: Spat führt zu Arthrose und häufig auch zu Knochenwucherungen.
Fortgeschrittenes Stadium: Spat führt zu Arthrose und häufig auch zu Knochenwucherungen. / Foto: Martin Haller
Auch deutliche Fehlstellungen begünstigen das Auftreten von Spat.
Auch deutliche Fehlstellungen begünstigen das Auftreten von Spat. /
Während eines akuten Schubes hilft ein Angussverband mit Crab Apple, Beinwell-/Arnikatinkur.
Während eines akuten Schubes hilft ein Angussverband mit Crab Apple, Beinwell-/Arnikatinkur. / Foto: Archiv
Gesunde, vitaminreiche Leckerlis können mithelfen, einer Spat-Erkrankung vorzubeugen.
Gesunde, vitaminreiche Leckerlis können mithelfen, einer Spat-Erkrankung vorzubeugen. / Foto: Archiv

Spat ist eine der häufigsten und gefürchtetsten Gelenkserkrankungen bei Pferden. Wie man sie frühzeitig erkennen und behandeln kann, hat Tierärztin Dr. Barbara Mandler-Fritz für ProPferd zusammengestellt.

 

Unter dem geläufigen Begriff „Spat“ versteht man eine Entzündung im Bereich der Knochen, der Knochenhaut (Periost), der Spatsehne und des zugehörigen Schleimbeutels im Sprunggelenk. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu einem Gelenksverschleiss (Arthrose) und häufig auftretender Ausbildung von Knochenwucherungen an der Innenseite – so genannten Exostosen. Diese engen die natürlichen Spalten zwischen den einzelnen gelenkbildenden Knochen des Sprunggelenkes immer mehr ein, bis sich der Gelenksspalt gänzlich verschließt und das Gelenk versteift ist. Hiervon besonders betroffen sind vor allem die innenseitig gelegenen kleinen gelenksbildenen Knochen, die dem ständigen Einwirken von Zug-/Druck- und Drehkräften ausgesetzt sind.

Erste Anzeichen erkennen
Spat zählt zu den schleichenden degenerativen Krankheiten, deren Diagnose meist erst im Zuge akuter Entzündungsschübe erfolgt, d. h. wenn das Pferd lahm geht und das Bein schont. Meist ist das betroffene Sprunggelenk vermehrt warm und geschwollen. Möglicherweise ist vorher bereits aufgefallen, dass das Pferd zu Beginn der Bewegung steif wirkt und sich das Gangbild erst nach einiger Zeit normalisiert, es die Hinterbeine nicht richtig hebt, da die Anwinkelung bereits Schmerzen bereitet. In so einem Fall schlurft es, neigt dadurch vermehrt zum Stolpern und hat vor allem auf unebenem Boden erhebliche Probleme. Durch das Dahinschleifen der Hufspitze wird diese vermehrt abgenutzt und die Hufwand erscheint nach außen gewölbt. Zudem versuchen betroffene Pferde zu vermeiden, das Gewicht auf die Hinterhand zu verlagern, treten hinten meist kürzer (fehlender Schub), und führen die Hinterbeine nicht gerade, sondern in einer zur Seite hin ausladenden Bewegung nach vorne, wodurch das Gelenk falsch belastet wird. All das führt in weiterer Folge zu einer verspannten, verringerten, schmerzempfindlichen Rücken-/ und Kruppmuskulatur und letztlich zu einem Beckenschiefstand. Solche Pferde haben massive Probleme beim Geben der Hinterhand im Rahmen der Hufpflege.

Die Ursachen
Spat hat eine ganze Reihe möglicher endo- und exogener Ursachen. Besonders anfällig sind natürlich Pferde, die einer ständigen extremen Belastung in den Gelenken ausgesetzt sind, wie Traber, Spring-, Western-Fahr- oder Dressurpferde. Ein abnorm angelegtes Sprunggelenk (sehr flach, schwach oder schmal), und Fehlstellungen der Hintergliedmaße (säbelbeinig, kuhhessig, fassbeinig) sind prädisponierende Faktoren für das Auftreten von Spat. Auch stumpfe Traumata, wie z. B. Tritte – oder Störungen im Calcium-Stoffwechsel können die Erkrankung auslösen.
Oft wird der Grundstein für eine Spaterkrankung bereits im Fohlenalter gelegt. Hier ist die ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen (Calcium-Phosphor Verhältnis!) und Spurenelementen entscheidend für die Knochenqualität. Damit das Fohlen stabile Knochen bilden kann und  nicht zu schnell wächst, sollte es keinesfalls zuviel Kraftfutter (Eiweiß!) – und anstelle der Pferdemüslis lieber gesunde, vitaminreiche Leckerlis (in Maßen – nicht in Massen!), je nach Vorliebe z. B. Karotten, in Spalten geschnittene Äpfel, Mandarinen, Bananen und/oder ein mit etwas Honig angerührtes Naturjoghurt bekommen. Für alle, die jetzt den Kopf schütteln: probieren Sie es einfach aus.

Überlastung vermeiden
Neben der Fütterung ist eine schonende, altersgerechte Belastung von großer Bedeutung, um Schäden an Knochen und Gelenken zu verhindern. Leider gibt es immer noch viele Menschen, die meinen, ein Pferd müsse bereits mit zwei Jahren eingefahren und/oder zugeritten sein. Meines Erachtens genauso gesundheitsschädlich, überfordernd und sinnbefreit wie einen dreijährigen Deckhengst bereits voll in der Zucht einzusetzen. Ein Pferd braucht Zeit, um sich körperlich und geistig an die geforderten Belastungen zu gewöhnen und ihnen entsprechen zu können. Genauso wichtig ist es aber auch, Verletzungen auszukurieren, um wieder ein voll einsatzfähiges Pferd zu haben.
Fehlstellungen der Hufe sollten frühestmöglich durch korrekte Hufbearbeitung und/oder -beschlag korrigiert werden, um die physiologische Belastung der Gelenke zu erhalten. Dies wird auch durch ausreichend Bewegung garantiert, da so die Gelenksschmiere (Synovia) den Knorpel ausreichend mit Nährstoffen versorgen kann, was besonders für bereits erkrankte Tiere sehr wichtig ist. Da sich diese durch die fehlende Anwinkelung der Hinterbeine nicht mehr so gut bewegen können und sich besonders beim Aufstehen schwer tun, ist ein gut eingestreuter, rutschfester Untergrund sehr wichtig.

Diagnose-Verfahren
Die Diagnosestellung „Spat“ erfolgt durch den Tierarzt aufgrund des Vorberichtes (Anamnese), durch vergleichendes Betrachten und Betasten der Sprunggelenke, durch Beurteilung der vorliegenden Lahmheit und eine Reihe weiterer  Untersuchungsmöglichkeiten.
Bei der so genannten „Spat- oder Beugeprobe“ wird das betroffene Gelenk 1-2 Minuten stark gebeugt und das Pferd sogleich im Trab weggeführt. Die Probe gilt als positiv, wenn es die ersten Schritte auf dem gebeugten Bein lahm geht. Zur genauen Lokalisation der Lahmheit können zusätzlich Leitungsanästhesien gelegt werden; d. h. es werden vom Huf beginnend aufwärts unterschiedliche Beinabschnitte lokal betäubt.
Bei der Röntgenuntersuchung werden im allgemeinen vier Aufnahmen von verschiedenen Richtungen gemacht, um möglichst alle gelenksbildenden Knochen beurteilen, und eventuelle Knochenzubildungen erkennen zu können.  
Die Ultraschalluntersuchung ermöglicht es, entzündungsbedingte Veränderungen an der Gelenkskapsel und/oder am Schleimbeutel festzustellen.
Im Zuge der Szinthigraphie werden dem Patienten radioaktiv markierte Moleküle injiziert, die sich im Bereich von Entzündungen ansammeln. Durch Kontrolluntersuchungen kann man diese dann ausmachen und so z. B. Spat im Frühstadium erkennen. Diese Methode ist allerdings sehr teuer und bedingt immer einen mehrtägigen Klinikaufenthalt.
Computer- und Kernspintomographie ermöglichen eine genaue Abklärung, welche der gelenkbildenden Knochen von der Erkrankung betroffen sind. Allerdings muss auch hier das Pferd in eine Klinik und zudem in Vollnarkose gelegt werden, was zusätzliche Risiken in sich birgt. Das gleiche gilt für die Arthroskopie, eine Gelenksspiegelung.

Stadien einer Spaterkrankung
Die Behandlung hängt vom Stadium der Erkrankung ab. So wird der akute Schub als Stadium I bezeichnet. Klinische Zeichen sind starke Lahmheit, Schmerzen und ein geschwollenes, meist vermehrt warmes Gelenk. Hier geht es vorrangig darum, Schmerzen und Entzündungssymptome zu lindern.
Stadium II bezeichnet das Frühstadium, d. h. das Pferd zeigt einen klammen Gang, die Gelenksspalten sind aber noch nicht durch Exostosen eingeengt. Therapieziel ist hier einerseits die Entzündungshemmung und andererseits den bereits geschädigten Gelenksknorpel optimal zu versorgen.
Stadium III wird auch Spätstadium genannt, da der Gelenksknorpel bereits weitgehend zerstört ist und die Gelenke zu verknöchern beginnen. In diesem Fall steht die Schmerzausschaltung an oberster Stelle, gefolgt von Bemühungen, die Versteifung des Gelenkes durch durchblutungsfördernde Einreibungen oder hochfrequente Wärmetherapie, bzw. unter Umständen auch operativ zu beschleunigen. Besonders wichtig ist hier die begleitende Maßnahme, die Innenseite des Sprunggelenkes durch einen speziellen Beschlag zu entlasten.


Was man selbst tun kann...
Neben der tierärztlichen Therapie kann der Pferdehalter auch selbst einiges tun, um die Symptome einer Spaterkrankung zu lindern.

– Sorgen Sie für eine ausgewogene, gesunde Ernährung OHNE zucker- und kleberhaltige Futtermittel, da deren Abbauprodukte sich vor allem in den Gelenken ablagern. Bieten Sie regelmäßig Obst und Gemüse an, um die Verdauung zu unterstützen, und geben Sie täglich 4–5 EL Apfelessig (5%) über das Futter.

– Je nach Stadium der Spaterkrankung können Sie – aber bitte immer in Absprache mit der/dem behandelnden TÄ/TA! – weitere Zusatzfuttermittel verwenden. In Stadium I hat sich Ingwer mit seiner entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkung sehr bewährt. Erste Erfolge sind bereits nach einigen Tagen zu bemerken. Die Anfangsdosis liegt bei 5 g täglich und kann bis auf 50 g gesteigert werden. Vorsicht! Bei zu lang andauerndernder Behandlung entfaltet der Ingwer seine knorpelaustrocknende Wirkung.

– Teufelskralle muss über mindestens 2 Wochen in einer Tagesdosis von 20 g verabreicht werden, um ihre entzündungshemmende und knorpelschonende Wirkung zu entfalten. Letzteres bewirkt auch die Gabe von täglich 2-3 EL (chemisch hergestelltem) Gelatine Hydrolysat – allerdings muss diese mindestens 6 bis 8 Wochen lang gefüttert werden um einen Erfolg zu erzielen.

– Weidenrinde wirkt aufgrund der in ihr enthaltenen Salicylsäure (ähnlich dem Wirkstoff von Aspirin) schmerzlindernd und entzündungshemmend und sollte in einer Tagesdosis von 20 g verfüttert werden.

– Für Behandlungen in Stadium II eignet sich z. B. die bereits genannte Teufelskralle, oder Grünlippmuschel-Extrakt, der eine stark entzündungshemmende Wirkung hat und auch die Versorgung des Knorpels verbessert. Manche Pferde verweigern die Aufnahme allerdings aufgrund seines recht intensiven Eigen-geruches.

– Während eines akuten Schubes verschafft ein Angußverband mit einigen Tropfen Crab Apple, Beinwell-/ und Arnikatinktur dem Pferd Linderung.

– Auch Umschläge mit Topfen sorgen für Kühlung und Hemmung der Entzündung. Ein Krautwickel kühlt erst, erwärmt sich dann und gibt diese Wärme wieder an das Pferdebein ab. Nach maximal 8 Stunden muss er jedoch abgenommen werden. Auch eine Heilerdepackung , der Sie jeweils 3 Tropfen Crab Apple und Rock Water beimengen, oder ein Wickel mit weißer Ichtyolsalbe erzielt denselben Effekt.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen