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Sind Apfelkerne gefährlich für mein Pferd?
07.05.2019 / Wissen

Äpfel sind ein beliebtes und in normalen Mengen auch unbedenkliches Leckerli.
Äpfel sind ein beliebtes und in normalen Mengen auch unbedenkliches Leckerli. / Foto: Archiv

Äpfel sind ein klassisches Leckerli für Pferde, das in nahezu jedem Reitstall gern als vitaminreiche Belohnung verabreicht wird. Doch sind Äpfel und vor allem die darin enthaltenen Apfelkerne für Pferde wirklich völlig unbedenklich? Eine US-Ernährungsspezialistin gab dazu interessante Antworten.

 

Eine Pferdebesitzerin hatte sich mit der Frage an das Pferdeportal TheHorse.com gewandt, ob Apfelkerne denn tatsächlich für Pferde gefährlich sein können, weil diese angeblich Amygdalin bzw. Blausäure enthalten. Sie füttere jedem ihrere Pferde einen halben Apfel pro Tag – und möchte sichergehen, ihnen damit auch etwas Gutes zu tun.

Die Ernährungsspezialistin Dr. Clair Thunes aus Arizona gab zwar Entwarnung – ein halber Apfel pro Pferd sei absolut unbedenklich – sie bestätigte jedoch, dass die Apfelkerne tatsächlich die Substanz Amygdalin enthalten. Wenn die Kerne vom Pferd zerkaut und verdaut werden, wird dieser Inhaltsstoff im Zuge des Stoffwechsels in Cyanwasserstoff bzw. Cyanid (also Blausäure) umgewandelt – und diese kann in höheren Dosierungen auch bei Pferden Vergiftungssymptome hervorrufen, da sie wie beim Menschen die Sauerstoffversorgung der Zellen beeinträchtigt. Der Körper ist zwar in der Lage, gewisse Mengen an Blausäure abzubauen – wird aber zuviel Blausäure aufgenommen, können unterschiedliche Vergiftungserscheinungen auftreten. Die Symptome bei akuter Vergiftung reichen beim Menschen von Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel und Krämpfen über Blausucht bis hin zu Herz- und Lungenversagen, Koma und Tod. Bei Kindern können bereits sehr geringe Mengen schwere Vergiftungen auslösen. Bei Pferden kann eine Vergiftung mit Blausäure ebenfalls zu Krämpfen und Atemnot und in Extremfällen auch zum Tod führen.

Allerdings müssen dafür sehr große Mengen aufgenommen werden, wie dieses Rechenbeispiel verdeutlicht: Ein Apfel kann bis zu 20 Kerne beinhalten, das entspricht rund 15 g. Ein Gramm Apfelkerne kann – zerkaut und verstoffwechselt – etwa 0,06 bis 0,24 mg Blausäure liefern – somit käme man bei einem Apfel mit ca. 15 g Kernen auf eine Cyanid-Menge von 0,9 bis 3,6 mg Cyanid. Beim Menschen wird eine Menge von ca. 0,5 bis 3,5 mg pro kg Körpergewicht als gesundheitlich kritisch eingestuft – d. h. eine 70 kg schwere Person müsste etwa eine Menge von 28 bis 224 mg Cyanid aufnehmen, um ernste Vergiftungserscheinungen hervorzurufen, und das ist weitgehend unrealistisch – es sei denn, man legt es bewusst auf eine Vergiftung an oder nimmt aus Unwissenheit große Mengen gemahlener Apfelkerne zu sich.

Auf Pferde umgelegt gilt Ähnliches: Es müsste – so Dr. Clair Thunes – „eine riesige Menge“ von Apfelkernen aufgenommen werden, damit sich beim Pferd negative gesundheitliche Folgen einstellen. Es gilt aber zu bedenken, dass Äpfel natürlich nicht die einzige mögliche Cyanid-Quelle sind: Auch die Kerne anderer Früchte – so etwa Pfirsiche, Zwetschen und Marillen  – können Amygdalin enthalten und in Blausäure umgewandelt werden (ganz abgesehen davon, dass die Kerne dieser Früchte auch deutlich größer als Apfelkerne und sehr faserig sind, die Pferde könnten somit an ihnen ersticken oder auch Verstopfungen erleiden – daher Finger weg davon!).

Vergiftungen durch Blausäure sind im Pferdebereich glücklicherweise sehr selten – freilich aber auch niemals gänzlich auszuschließen. So sorgte vor etlichen Jahren der Bericht von Mitarbeitern der Vetmeduni Wien über eine Cyanid-Intoxikation für einiges Aufsehen: Bei einem vierjährigen Ponywallach war es nach Aufnahme großer Mengen an Kirschen zu Krämpfen, Atemnot, Herzrasen und einer Übersäuerung des Blutes (Laktatazidose) gekommen. Wegen einer gleichzeitig vorliegenden Verstopfung des Ileums (letzter Abschnitt des Dünndarms, Anm.) musste der Wallach operiert werden. Wenige Stunden später wurde das Tier eingeschläfert, um ein weiteres Leiden zu vermeiden. Eine nach dem Tod durchgeführte toxikologische Untersuchung des Magen-Darm-Inhalts bestätigte den Verdacht einer Cyanidvergiftung, wie das Portal ,Animal Health Online’ berichtete.

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