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Adieu, mein Freund: Der schwere Abschied vom Pferd
15.07.2020 / Wissen

Wann ist es Zeit, von seinem Pferd Abschied zu nehmen – das ist die wohl schwerste Entscheidung im Leben eines Pferdebesitzers.
Wann ist es Zeit, von seinem Pferd Abschied zu nehmen – das ist die wohl schwerste Entscheidung im Leben eines Pferdebesitzers. / Symbolfoto: Pixabay

Der Abschied von einem Pferd ist immer mit Schmerz, Trauer und Stress verbunden, doch auch in diesem schweren Moment sollte man seiner Verantwortung als Pferdebesitzer gerecht werden und sich auch über seine rechtlichen Pflichten im Klaren sein.


Ein kleiner Fehler ist dem lieben Gott unterlaufen: Er hat die Lebensdauer von Pferd und Mensch so völlig unterschiedlich bemessen. So kommt es fast zwangsläufig, dass man als Pferdefreund irgendwann den Tod seines/r vierbeinigen Partner/s miterleben muss – auch wenn wir diesen Gedanken aus verständlichen Gründen stets weit von uns wegschieben. Dennoch: Ein Pferd zu besitzen heißt, Verantwortung zu übernehmen und eine Partnerschaft einzugehen, die ein Leben lang währt und die bis zum Tod reichen sollte. Denn auch und gerade im Moment des Abschieds sind wir es unserem vierbeinigen Freund schuldig, ihm beizustehen und ihn nicht allein zu lassen – so schwer das auch fallen mag.

Das hat – wenn man so möchte – menschlich-moralische Gründe, aber auch pragmatische, denn nur so kann man 100 %-ig sicher sein, dass das Pferd tatsächlich einen humanen Tod hatte und dass es bis zur letzten Minute gut und respektvoll behandelt wurde. Es ist heute unbestritten, dass ein Tier in seiner gewohnten Umgebung eingeschläfert werden sollte – und zwar dann, wenn die Lebensqualität des Pferdes irreparabel stark beeinträchtigt und ein pferdegerechtes Leben nicht mehr möglich ist. Bei der Beurteilung dieser Frage spielt der behandelnde Tierarzt eine Schlüsselrolle – wenngleich die letzte Entscheidung der für das Tier verantwortliche Besitzer treffen muss. In jedem Fall ist es, wie auch Tierärztin Dr. Christine Hinterhofer bestätigt, stets eine „ernste, schwierige und individuelle Entscheidung“, die für jedes Pferd gesondert zu treffen ist und die auch nicht mehr zurückgenommen werden kann.

In einer bemerkenswerten Studie aus dem Jahr 2020 wird das zu lange Hinauszögern der Sterbehilfe, das aus unterschiedlichsten Gründen geschehen kann (emotionale Bindung, Gruppenzwang, negative Einstellung zum Tod) sogar als größte Bedrohung des individuellen Pferdewohls bezeichnet. Auch mangelndes Wissen und die Unfähigkeit, klinische Symptome korrekt zu identifizieren und zu verstehen, können dabei eine Rolle spielen. Umso mehr sollte man auf die fachliche Meinung seines Tierarztes hören und auch – so verfügbar – auf die Leitlinien von Tierschutzorganisationen zurückgreifen, die das Erkennen einer sich verschlechternden Lebensqualität erleichtern sollen.

Keine Tötung ohne Grund
Wann man ein Tier einschläfern bzw. nottöten darf, ist auch gesetzlich geregelt, und zwar im Tierschutzgesetz , wie Dr. jur. Elke Standeker, Verfasserin des Buches „Praxiskommentar Tierschutzrecht“ und aktive Sportreiterin, bestätigt. „Laut Paragraph 6, Absatz 1 des Tierschutzgesetzes gilt seit 2005 in einer erstmals einheitlichen Formulierung für ganz Österreich, dass kein Tier ohne vernünftigen Grund getötet werden darf! Der Passus bezieht sich wohl in erster Linie auf veterinärmedizinische Indikationen und nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Pferdeeigentümers. Qualvolles, unheilbares Leiden des Pferdes wird wohl als vernünftiger Grund gelten, nicht hingegen ein Bankrott des Eigentümers. Wenn sich jemand ein gesundes bzw. diensttaugliches Pferd nicht mehr leisten kann oder will, so darf er es nicht einfach mittels Tötung entsorgen, sondern muss eine Alternative suchen, es z. B. verschenken, verkaufen oder einer Schutzorganisation übergeben. Es liegt in der eigenen Verantwortung, sich vor der Anschaffung eines Pferdes zu überlegen, ob dessen Haltung samt Nebenkosten langfristig gesichert sein wird. Hier muss man realistisch sein und eher auf einen Kauf verzichten, als eine Notabgabe zu riskieren.“

Das Einschläfern selbst geschieht für das Pferd auf möglichst schmerzfreie und humane Weise. Tierarzt Horst Steininger erläutert das Prozedere: „Zuerst erhält das Tier ein Narkosemittel und danach – im bewusstlosen Zustand – die Todesspritze, meist einen starken Atemblocker. Es bekommt also nichts mit. Der Vorteil: Man kann hier solange beim Tier bleiben, bis dessen Herz nicht mehr schlägt und so eine Art Sterbebegleitung leisten.“

Gesetzliche Bestimmungen
Der Gesetzgeber sieht grundsätzlich zwei – und offiziell nur diese zwei – legitime Wege, das Leben eines Pferdes (eines Equiden im Sinne der EU-Gesetze) zu beenden: die Tötung (also das „Einschläfern“) durch den Tierarzt mit nachfolgendem Abtransport durch eine Tierkörperverwertung – oder den Verkauf/die Übergabe an einen konzessionierten Schlachtbetrieb als zweite Variante.

Während es früher die Regel war, tote Pferde als Fleisch- oder Tierfutter-Lieferanten zu verwerten, hat sich diese Betrachtungsweise gründlich geändert: Nur noch ein relativ kleiner Teil der Pferde wird heute der Schlachtung zugeführt – was bereits bei der Ausstellung des Pferdepasses entschieden werden muss. Im Pferdepass wird im vorhinein festgelegt, ob das Tier letztlich für die menschliche Nahrungskette bestimmt ist – und daher nur eingeschränkt mit Medikamenten behandelt werden darf – oder nicht. Pferde, die einmal als Nicht-Schlachtpferde eingetragen wurden, können nie wieder den Schlachtpferde-Status erlangen – man kann aber selbstverständlich den Status eines Schlachtpferdes in , Nicht-Schlachtpferd’ ändern.

Der letzte Weg
Für die allermeisten Besitzer und Halter sind ihre geliebten Pferde jedoch Partner in Sport und Freizeit – und eben keine künftigen Fleischlieferanten. Für sie sieht der Gesetzgeber – wie schon erwähnt – nur noch das Einschläfern bzw. Nottöten und die nachfolgende „Entsorgung“ (in diesem Zusammenhang ein hässliches und unpassendes Wort) durch eine Tierkörperverwertungsfirma vor. Aber selbst damit haben einige Pferdebesitzer ein Problem: Die Vorstellung, dass aus dem einstigen treuen Gefährten nun Tiermehl, Schmierfett oder Dünger hergestellt werden soll, behagt nicht jedem, was zwangsläufig zur Frage führt, ob es denn nicht noch andere Möglichkeiten gibt, seinem Pferd die letzte Ruhe zu geben.

Ein Grab im Wald?
Das Schönste wäre doch, sein Pferd oder Pony auf einer Koppel oder im Wald zu begraben. Jedoch: Pferde sind Nutztiere, und diese dürfen gattungsspezifisch keinesfalls auf diese Art und Weise beseitigt werden. Nur für Haustiere (vom Vogerl bis zum Bernhardiner) gilt: In Vorarlberg, Kärnten, Salzburg, Niederösterreich, Tirol, im Burgenland und in der Steiermark ist das Begraben des Haustieres auf dem eigenen Grundstück mit einer behördlichen Genehmigung und mit bestimmten Einschränkungen erlaubt. In Wien und Oberösterreich darf das Tier nicht auf dem eigenen Grundstück begraben werden. Es wird von der Abfuhrpflicht nur dann abgesehen, wenn das tote Tier in einem Tierfriedhof, der eine entsprechende behördliche Genehmigung besitzt, begraben wird. Auf öffentlichem Grund darf überhaupt kein Tierkadaver entsorgt oder vergraben werden. Die Strafen bei Übertretung sind drakonisch, denn eine solche Handlung kann diverse Folgevergehen nach sich ziehen, etwa Verletzung des Wasserschutzes, der Seuchenbestimmungen etc. Die Möglichkeit einer ,Beerdigung’ ihres Vierbeiners ist Pferdebesitzern also definitiv verwehrt.

Asche zu Asche
Lange Jahre war das Einäschern/Kremieren von Pferden hierzulande nur eine theoretische Alternative zur Abholung durch die Tierkörperverwertungsfirmen – und mit erheblichen Hürden verbunden. In Deutschland war es bis vor kurzem sogar gesetzlich verboten, Equiden zu kremieren – in Österreich war dies zwar grundsätzlich erlaubt, aber praktisch undurchführbar, da es keine entsprechend große Verbrennungsanlage gab. In beiden Ländern hat sich dies mittlerweile grundlegend geändert – was nicht zuletzt auf eine markante Veränderung im Bewusstsein vieler Pferdebesitzer hinweist, die sich würdevoll von ihren verstorbenen vierbeinigen Partnern verabschieden möchten, ohne es einer Tierkörperverwertung übergeben zu müssen. Dies hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Pferdekremierungen – und damit auch der Druck auf die politischen Verantwortungsträger – immer größer wurde: Im Februar 2017 trat schließlich in Deutschland eine Gesetzesänderung in Kraft, die das Einäschern von Pferden in einem Tierkrematorium ermöglichte – und schon im Oktober 2017 eröffnete im baden-württembergischen Schwäbisch Hall auch das erste Pferdekrematorium Deutschlands, dem bald ein zweites in Blender (Bundesland Niedersachsen) folgte.

Auch in Österreich kamen die Dinge in Bewegung: In Lebring bei St. Margarethen in der Steiermark eröffnete Anfang Februar 2019 das erste Pferdekrematorium Österreichs –nämlich das Tierkrematorium Lebring. Nach 17 Jahren Tätigkeit in Landscha bei Leibnitz übersiedelte der Betrieb Anfang Jänner 2019 in ein neu errichtetes Gebäude südlich von Graz. Dazu Eduard Reininger: „Mit diesem Neubau sind wir das größte und modernste Tierkrematorium in Österreich, in dem es nun auch erstmals möglich ist, Equiden – Pferde, Ponys und Esel – einzuäschern. Die Tiere werden als Ganzes in die dafür vorgesehene Verbrennungsanlage eingebracht. Auch alle anderen Haustiere werden, wie schon in den Jahren zuvor, stets einzeln eingeäschert – Sammeleinäscherungen bieten wir nicht an.“

Das erste Pferd wurde am 9. Februar eingeäschert. Die Kosten werden auf der Unternehmens-Website mit ca. 900,– Euro für ein 250 kg schweres Pony angegeben, bei Großpferden liegen sie je nach Gewicht zwischen ca. 2.000,– und 3.000,– Euro zzgl. allfälliger Abholungskosten. Neben einer großen Auswahl an größenmäßig passenden Urnen bietet das Tierkrematorium Lebring auch Andenkenschmuck aus der Mähne bzw. dem Schweif des Pferdes an – vom Armband über Glückssträhnen bis zu Medaillons.

Doch es geht noch mehr: Mittlerweile kann man sich von seinem Pferd sogar im wahrsten Sinn des Wortes kostbare Erinnerungsstücke anfertigen lassen: So bietet die oberösterreichische Firma Mevisto in Kirchham die Möglichkeit, Haare und Asche von geliebten Menschen und Tieren – auch von Pferden – mittels eines speziellen Verfahrens in Edelsteine zu verwandeln. Das hat zwar seinen Preis – aber die Vorstellung, seinen einstigen Gefährten als ewiges Andenken bei sich tragen zu können, hat ganz ohne Zweifel ihren Reiz...

Die Sache mit dem Pferdepass
So entsetzlich dies auch klingen mag: Der Tod eines Pferdes ist, wie der Tod eines Menschen, auch ein verwaltungsrechtlicher Vorgang – mit bestimmten Pflichten für den Pferdebesitzer. Diese betreffen insbesondere den Umgang mit dem Pferdepass, der seit 2009 für alle Equiden verpflichtend vorgeschrieben ist. Was zu tun ist, fasst Dr. Eva Natmeßnig vom Bundesministerium für Gesundheit, wie folgt zusammen: „Man gibt den Pferdepass am besten dem Fahrer der Tierkörperverwertung mit, wenn das tote Pferd abgeholt wird. Ist das nicht möglich – weil man z. B. den Pferdepass zuhause hat und das Tier im Stall notgetötet werden musste – gibt man den Pferdepass so rasch wie möglich bei der zuständigen Bezirksbehörde, also Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat, ab.  Tue ich das nicht, mache ich mich strafbar und muss mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 350,– Euro rechnen. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall davon aus, dass das Pferd nicht ordentlich identifiziert war und daher kein Pferdepass vorhanden war.“ Lt. Gesetz ist übrigens auch der Pferdehalter (also z. B. der Betrieb, in dem das Pferd eingestellt war) für die Identifizierung verantwortlich und könnte theoretisch bestraft werden – in der Praxis wird aber, so Dr. Natmeßnig, auf den Pferdebesitzer Bezug genommen.

Was geschieht mit dem Pferdepass weiter? Dr. Natmeßnig: „Der Pferdepass wird ungültig gestempelt/gelocht und von der Bezirksbehörde an die zentrale Pferdekontaktstelle in Wien weitergeleitet. Diese vermerkt den Tod des Pferdes in ihrer Datenbank – die derzeit rund 100.000 Pferde umfasst – und schickt die Pässe an die ausstellenden Stellen (OEPS, Zuchtverbände) zurück – mit dem Vermerk, diese auf Wunsch an die Pferdebesitzer zurückzugeben. Pässe, die nicht von österreichischen Organisationen ausgestellt wurden, gehen an die zuständige Behörde des Mitgliedsstaates“, so Dr. Natmeßnig. Man sieht: Auch im Tod muss alles seine Ordnung haben...
Martin Haller


Infos und Adressen

Tierkörperverwertungen in Österreich

Niederösterreich: Tierkörperbeseitigungsanlage NÖ: Fa. SARIA Bioindustries, Bildereiche 3,
3430 Tulln, zugelassen. Tel. Nr. 02274/64271-0.

Steiermark: Steirische Tierkörperverwertungs-GesmbH, Landscha 8, 8461 Ehrenhausen,
Tel. Nr. 03453/2510.

Oberösterreich: Tierkörperverwertungs-Gesellschaft, 4844 Regau 63, Tel. Nr. 07672/29454-0

Kärnten: Tierkörperentsorgungs-GesmbH, Bolzmannstr. 3, 9020 Klagenfurt, Tel. Nr. 0463/33275.

Burgenland: Burgenländische Tierkörperverwertungsgesellschaft & Co. KG, Industriegebiet 1,
7321 Unterfrauenhaid, Tel. Nr. 02619/7246-0.


Diese Tierkörperbeseitigungsstellen sind „nur“ Sammelstellen:
Wien: Tierkörperbeseitigung Wien, Simmeringer Lände 208 (Alberner Hafen Zufahrtsstraße),
1110 Wien, liefert an die Burgenländische TKV.
Tel. Nr. 01/7676176.

Vorarlberg: Vorarlberger Wiederverwertungs-GmbH in 6842 Koblach, Nägele 3;
liefert nach Tulln, NÖ.

Salzburg: Salzburger Tierkörperverwertung,
Tel. Nr. 06462/3043. In Pfarrwerfen Sammelstelle, liefert an die steirische oder burgenländische TKV.

Tirol: Tiroler Tierkörperentsorgung, 6020 Innsbruck, Bozener Platz 5.


Tierkrematorien für Pferde
Deutschland:
Tierkrematorium dank&treu
mit Standorten in Schwäbisch Hall und Blender
www.dankundtreu.de

Österreich:
Tierkrematorium Lebring
Südbahnweg 23, 8403 Lebring
www.tierkrematorium.at

Mobile Tierbestattung Kukla
(Kooperationspartner des Tierkrematoriums Lebring für Wien, NÖ und Bgld.)
www.mobile-tierbestattung.at

 

Zentrale Pferdedatenbank
Veterinärgrenzkontrollstelle Flughafen Wien
Cargo-Pferdekontaktstelle
1300 Wien
Tel. 0043-1/7007-33484
E-Mail: Gta.wien@bmg.gv.at

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