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Pferdequäler bleibt unbehelligt – heftige Kritik an Schweizer Tierschutzbehörden
06.08.2017 / News

Die Aufnahmen einer ehemaligen Mitarbeiterin zeigen erschütterndes Tierleid am Hof von Ulrich K. – doch die Behörden sind bis zum heutigen Tag nicht eingeschritten.
Die Aufnahmen einer ehemaligen Mitarbeiterin zeigen erschütterndes Tierleid am Hof von Ulrich K. – doch die Behörden sind bis zum heutigen Tag nicht eingeschritten. / Foto: Verein gegen Tierfabriken/Schweiz

Der Fall eines rechtskräftig verurteilten Tierquälers sorgt in der Schweiz für landesweite Empörung: In der Kritik stehen zunehmend die Behörden, die auch zwei Wochen nach einer neuerlichen Anzeige nicht eingeschritten sind.

 

Es sind Bilder wie aus einem Albtraum, die am 24. Juli der Kantonspolizei Thurgau samt einer Strafanzeige gegen einen Landwirt und Pferdezüchter in Hefenhofen überreicht wurden: Sie zeigen ausgemergelte, bis auf die Knochen abgemagerte Pferde, die im eigenen Kot stehen, schimmliges Futter erhalten und z. T. schwere, unbehandelte Verletzungen haben. Zu sehen ist aber auch noch Schlimmeres – nämlich die Kadaver mehrerer toter Pferde, die einfach liegengelassen wurden – es sind Fotos, die einem die Kehle zuschnüren und die Pferdefreunden die Tränen in die Augen treiben.

Die insgesamt 142 Aufnahmen, die der Strafanzeige beigefügt waren, stammen – wie die Tageszeitung ,Blick' vor wenigen Tagen berichtete – von einer ehemaligen Mitarbeiterin, die über sechs Monate hinweg heimlich das Tierleid auf dem Hof von Ulrich K. dokumentiert hat. Sie gibt an, dass in diesen sechs Monaten nicht weniger als 13 Pferde verstorben sind und z. T. tagelang inmitten der übrigen Herde liegengelassen wurden.

Was Tierschützer an diesem drastischen Fall so besonders empört, ist aber nicht nur das offenkundige und dokumentierte Leid der Pferde, das diese über Monate oder sogar Jahre erdulden mussten. Es ist auch der Umstand, dass es sich bei Ulrich K. um einen landesweit bekannten Tierquäler handelt, der die Behörden seit vielen Jahren beschäftigt und der trotz rechtskräftiger Verurteilung nach wie vor Tiere halten darf. Und das bis zum heutigen Tag.

Der Fall von Ulrich K. füllt bereits mehrere dicke Gerichtsordner, wie der Schweizer ,Verein gegen Tierfabriken' (VGT) in einer umfangreichen Dokumentation zeigt. Bereits im Jahr 2008 hatte das Bezirksgericht Thurgau Ulrich K. zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, weil er eine Stute beim Beschlagen zu Tode gequält hatte. Schon damals hätte – wie der VGT kritisch anmerkt – ein Tierhalteverbot durch das Veterinäramt erlassen werden können, zumal die Verurteilung im Jahr 2010 durch das Bundesgericht endgültig bestätigt und damit auch rechtsgültig wurde. Doch das Veterinäramt blieb untätig – auch nach weiteren Anzeigen wegen Tierquälerei in den Jahren 2010, 2012 und 2014.

Erst im Jahr 2016 wurde bekannt, dass das Thurgauer Veterinäramt im Jahr 2014 ein Teil-Tierhalteverbot gegen Ulrich K. verhängt hatte – doch die Maßnahme blieb ohne weitere Folgen, weil das Veterinäramt auf eine Vollstreckung, sprich: die Durchsetzung dieses Verbots, bis zum heutigen Tag verzichtete. Nach Rechtsmeinung des VGT habe das Veterinäramt damit seine Amtspflichten verletzt: „Es liegt nicht im Ermessen des Veterinäramtes, ob es rechtskräftige Tierhalteverbote vollstrecken will oder nicht. Ein Tierhalteverbot zu erlassen und es dann nicht zu vollstrecken, macht keinen Sinn." Später wehrte sich Ulrich K. mit juristischen Mitteln gegen eine drohende Vollstreckung und stellte ein sogenanntes ,Fristwiederherstellungs-Begehren', um das Tierhalteverbot doch noch anfechten zu können.

Für den VGT ist klar: „K. spielt seit zehn Jahren auf Zeit und mit den Behörden Katz und Maus, zieht alles querulatorisch bis vor das Bundesgericht, und der Kanton zahlt diesem Tierquäler und Sozialhilfebezüger diese missbräuchlichen Gerichtsverfahren." In der Kritik stehen dabei nicht nur der Thurgauer Kantonstierarzt Paul Witzig, sondern auch Regierungsrat Walter Schönholzer vom Department für Inneres und Volkswirtschaft des Kantons Thurgau, der politisch für das Veterinäramt verantwortlich ist.

Faktum ist, dass Ulrich K. bis zum heutigen Tage – trotz rechtskräftiger Verurteilungen, zahlloser Anzeigen und trotz der Ende Juli vorgelegten neuen Beweise – Pferde auf seinem Hof hält und diesen sogar durch die Polizei schützen lässt, um empörte Tierschützer fernzuhalten. Die Geduld der Behörden mit Ulrich K. scheint jedenfalls grenzenlos – nicht so jedoch die Geduld der Tierschützer und der interessierten Öffentlichkeit: Nach Bekanntwerden der neuen Strafanzeige gegen den Landwirt formiert sich seit wenigen Tagen entschlossener Widerstand: Man will das Leiden der Pferde am Hof von Ulrich K. endlich beenden und auch die Untätigkeit der Behörden nicht länger hinnehmen.

Markus Holzer vom ,Verein Brennpunkt Schweiz' hat am 4. August eine Online-Petition mit dem Titel „Rettet die Pferde vor Ulrich K." ins Leben gerufen, das sich an das Veterinäramt Thurgau richtet und in der die Behörde aufgefordert wird, „unverzüglich alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um dem Treiben dieses Tierquälers Einhalt zu gebieten und die noch lebenden Pferde zu retten und in Sicherheit zu bringen."

Die Petition hatte ein enormes Echo – innerhalb von nur zwei Tagen wurden mehr als 14.000 Unterstützungs-Unterschriften gesammelt, und es werden stündlich mehr. Auch Radiosender und TV-Stationen berichten über den Fall des verurteilten Tierquälers – und stellen immer unverhohlener die Frage, wieso die Behörden das Tierleid noch immer nicht beendet haben. Auf Facebook formierte sich innerhalb weniger Stunden eine Gruppe mit rund 5.500 Mitgliedern, die eine sofortige Abnahme der Tiere durch das Veterinäramt verlangen.

Am gestrigen Samstag (5. August 2017) demonstrierten rund 300 wütende Tierschützer auf dem Bahnhofplatz von Frauenfeld und forderten die sofortige Schliessung des Betriebs von Ulrich K. Sie skandierten: „Nein zur Tierquälerei. Stoppt Ulrich K.! Nehmt ihm die Tiere weg!" Eine Kundgebungsteilnehmerin meinte zur Tageszeitung ,Blick': „Ich bin völlig schockiert, dass so etwas in der Schweiz möglich ist. Wir müssen dem ein Ende setzen. Nur wenn wir alle aufstehen, können wir das stoppen!" Und eine andere ergänzte: „Ich schäme mich für den Thurgau!" Und sie forderten auch den Rücktritt von Kantonstierarzt Paul Witzig und von Regierungsrat Walter Schönholzer.

Der öffentliche Image-Schaden – nicht zuletzt auch für die Thurgauer Behörden – ist längst immens, zumal gestern bekannt wurde, dass die Horrorbilder, die der Strafanzeige beilagen, authentisch und aktuell sind, wie der zuständige Generalstaatsanwalt bestätigte. Der öffentliche Druck ist mittlerweile so groß, dass der in der Kritik stehende Thurgauer Regierungsrat Walter Schönholzer für morgen Montag (7. August 2017) die Einrichtung einer Task-Force ankündigte. Diese soll sich des Falls annehmen und auch das weitere Vorgehen festlegen. Man darf gespannt sein, was diese Task-Force in ihrer ersten Sitzung beschließt – die Schweizer Öffentlichkeit wird es aufmerksam beobachten.

Einer der prominentesten Tierschützer der Schweiz – Antoine F. Goetschel von ,Global Animal Law' – sieht jedenfalls die Behörden am Zug und verweist auf den Artikel 24 des Schweizerischen Tierschutzgesetzes. In diesem heißt es: „Wird festgestellt, dass Tiere vernachlässigt oder unter völlig ungeeigneten Bedingungen gehalten werden, so schreitet die zuständige Behörde unverzüglich ein. Sie kann die Tiere vorsorglich beschlagnahmen und auf Kosten der Halterin oder des Halters an einem geeigneten Ort unterbringen; wenn nötig lässt sie die Tiere verkaufen oder töten. Sie kann dafür die Hilfe der Polizeiorgane in Anspruch nehmen."

Goetschel versteht nicht, weshalb die Behörden bislang noch nicht eingeschritten sind – und damit ist er wohl nicht allein ...

Hier geht's zur Online-Petition „Rettet die Pferde vor Ulrich K."

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